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Grundstückskaufvertrag –  Rücktrittsrecht bei Geltendmachung einer Störung der Geschäftsgrundlage

OLG München – Az.: 8 U 1051/18 – Beschluss vom13.11.2018

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 27.02.2018, Aktenzeichen 1 O 623/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Passau sowie dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.665.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 22.08.2018 (Bl. 159/ 174) angekündigt, übt der Senat sein eingeschränktes Ermessen („soll“) dahingehend aus, dass er die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 27.02.2018 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweist.

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte (nunmehr) auf Rückabwicklung von Grundstücksgeschäften in Anspruch.

Die Kläger betreiben eine Landwirtschaft und sind Eigentümer diverser Grundstücke. Die Beklagte betreibt eine Tonwarenfabrik und eine Ziegelei.

Mit notariellem Vertrag vom 24.03.2005 (Anlage K 1) sowie Nachtragsvereinbarung vom 21.07.2005 (Anlage K 2) veräußerten die Kläger zwei landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Flurnummer …60 und Flurnummer …62 vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Passau, H., BI. …92) an die Beklagte zum Gesamtpreis von 506.200,00 €. Vor der Veräußerung der Grundstücke gab es eine Besprechung der Parteien am 22.03.2005, deren Teilnehmer und genauer Inhalt strittig sind.

Dem hiesigen Verfahren ging ein Vorprozess am Landgericht Passau, Az.: 3 0 968/08, voraus: Mit Klageschrift vom 04.12.2008 verlangte der Kläger zu 1) – ermächtigt zur alleinigen gerichtlichen Geltendmachung aufgrund Abtretungserklärung der Klägerin zu 2) vom 03.12.2008 – von der Beklagten Anpassung des Kaufpreises durch Erhöhung um 2,165 Mio €, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte zur Zahlung der entsprechenden Summe mit Erteilung einer Abbaugenehmigung durch die Regierung von Oberbayern verpflichtet sei. Er trug dazu (wie auch im hiesigen Verfahren) vor, dass er bei den Preisverhandlungen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass die Nutzung der Grundstücke zentraler preisbildender Faktor sei. Weil die Beklagte einen beabsichtigten Lehmabbau verneint habe, sei nur ein Kaufpreis für landwirtschaftliche Nutzflächen vereinbart worden. Daran habe sich die Beklagte jedoch nicht gehalten. Ende April 2005 erfuhr der Kläger, dass die Beklagte auf den gekauften Grundstücken Probebohrungen durchgeführt hatte. Da diese abbauwürdigen Ton ergaben, stellte die Beklagte daraufhin beim Bergamt S. Antrag auf Zulassung zum Betriebsplan. Aus einem Zeitungsartikel vom 12.11.2005 in der P. N. Presse (Anlage K 3 im dortigen Verfahren) erfuhr der Kläger, dass die Beklagte auf den gekauften Grundstücken Lehmabbau beabsichtige, um ihren Rohstoffbedarf langfristig zu sichern (Bl. 8 im dortigen Verfahren). Mit Urteil vom 17.6.2010 (Blatt 305/321 im dortigen Verfahren) wies das Landgericht Passau nach umfangreicher Beweisaufnahme die Klage im Haupt- und Hilfsantrag ab, da die Kläger die Voraussetzungen von § 313 Abs. 1 BGB nicht hätten beweisen können. Insbesondere sei ihnen der Nachweis nicht gelungen, dass ein Verwendungszweck der Kaufgrundstücke als landwirtschaftlich verwendeter Tauschgrund Geschäftsgrundlage der Parteien insbesondere für die Kaufpreisbemessung geworden sei. Der gegen den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) als Drittwiderbeklagte erhobenen Teilwiderklage der Beklagten auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten gab das Landgericht teilweise statt. Gegen das Urteil des Landgerichts Passau legten sowohl der Kläger zu 1) als auch die Klägerin zu 2) als Drittwiderbeklagte sowie die Beklagte Berufung ein. Mit Urteil vom 02.12.2010 (Blatt 497/506 im dortigen Verfahren) gab das OLG München, Az.: 8 U 3618/ 10, der Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten bezüglich der Teilwiderklage statt und wies diese ab. Im Übrigen wurden die Berufungen zurückgewiesen, die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtete sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zum BGH, der diese mit Beschluss vorn 29.09.2011 (Az. V ZR 730/11) zurückwies. In den Gründen führte der BGH zunächst aus, dass zwar das rechtliche Gehör des Klägers bei der Zurückweisung der Berufung verletzt worden sei, da die Zurückweisung ohne rechtlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO nicht auf fehlende Schlüssigkeit und Substantiierung hätte gestützt werden dürfen, und ergänzte unter Rz. 6: „Es fehlt aber an der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers. Aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann der Kläger die begehrte Rechtsfolge nicht herleiten. Er verlangt nach erfolglosen Verhandlungen über eine Anpassung des Kaufpreises dessen Anhebung um das Fünffache. Eine derartige Anhebung ist – anders als die Beschwerde meint – für die Beklagte nicht zumutbar im Sinn von § 313 Abs. 3 S. 1 BGB sei. In diesem Fall erlaubte die fehlende Geschäftsgrundlage dem Kläger als dem benachteiligten Teil zwar den Rücktritt vom Vertrag, nicht aber eine Anpassung. Die Zumutbarkeit ist in beide Richtungen zu prüfen, und bei Äquivalenzstörungen darf nur dann nicht auf den Rücktritt verwiesen werden, wenn insgesamt die Aufrechterhaltung der Vertragsbeziehung die bessere Lösung ist (MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 313 Rn. 70, 105). Daran fehlt es schon deshalb, weil der Beklagten eine wirtschaftliche Entscheidung aufgedrängt würde, die sie in dieser Form nicht getroffen hat. Die Anpassung würde den Vertrag grundlegend umgestalten und wäre aus diesem Grund ein erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit. Dagegen ist der Kläger durch die Möglichkeit des Rücktritts hinreichend geschützt, selbst wenn das Verhalten der Beklagten – wie die Beschwerde meint – als arglistige Täuschung zu werten wäre.“

Anlässlich eines Presseartikels vom 12.10.2016 (Anlage K 8), in dem es um ein neues Konzept zum Lehmabbau durch die Beklagte und deren „seit rund einem Jahrzehnt laufenden Planungen“ ging, trat der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 14.10.2016 an die Beklagte heran und teilte dieser mit, dass er aufgrund der Aufnahme des Rohstoffabbaus durch die Beklagte einen fairen Ausgleich für geboten halte (Anlage K 9). Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2016 (Anlage K 10) erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf die Ausführungen des BGH im Beschluss vorn 29.9.2011 den Rücktritt von den streitgegenständlichen Kaufverträgen, verwies dabei auf die Unverjährbarkeit des Rücktrittsrechts und den Ausschluss des Verwirkungseinwandes angesichts des (arglistigen) Verhaltens der Beklagten beim Kaufvertragsabschluss.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Passau vom 27.02.2018 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Änderungen oder Ergänzungen haben sich in der Berufungsinstanz nicht ergeben.

Das Erstgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein den Klägern etwaig gemäß § 313 Abs. 3 S. 1 BGB zustehendes Rücktrittsrecht jedenfalls bei Ausübung des Rücktritts mit Schreiben vom 23.12.2016 in analoger Anwendung von § 218 BGB verfristet gewesen sei.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung und rügen eine Rechtsverletzung durch das Erstgericht. Das Rücktrittsrecht als solches sei unverjährbar, eine analoge Anwendung von § 218 BGB verbiete sich, da die Voraussetzungen für eine Analogie nicht gegeben seien und im Übrigen auch vor dem Hintergrund von § 213 BGB keine Verjährung eingetreten sei.

Im Berufungsverfahren beantragen die Kläger (Bl. 137):

Die Sache wird unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Passau vom 27.02.2018 und des Verfahrens an das Landgericht Passau zurückverwiesen.

Hilfsweise:

Das Urteil des Landgerichts Passau vom 27.2.2018 wird abgeändert und die Beklagte zur Herausgabe, Rückauflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung an den im Grundbuch des Amtsgerichts Passau für H. eingetragenen Grundstücken Fl.Nr. …60 (H. L., Ackerland zu 6,1483 ha) und Fl.Nr. …62 (E., Ackerland zu 10,5862 ha) auf die Kläger verurteilt, Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 506.200 €.

Die Beklagte beantragt (Bl. 136), die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 27.02.2018 hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg im Sinn von § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Davon ist der Senat nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage überzeugt. Er würde in der Sache nicht anders entscheiden als das Erstgericht. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts und seinen Hinweisbeschluss vom 22.08.2018, wo er seine leitenden Erwägungen insbesondere zur Verwirkung des im Streit stehenden Rücktrittsrechts bzw. der Unwirksamkeit des Rücktritts zum Ausdruck gebracht hat. Der hierauf erwidernde Schriftsatz der Kläger vom 01.10.2018 (Bl. 175/ 182) ist nicht geeignet, ihrer Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

Vorab sei klargestellt, dass der Senat seine Entscheidung nicht (mehr) auf die Frage stützt, ob vorliegend die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB gegeben sind. Zwar ist aufgrund der Urkundenlage weiterhin von der Richtigkeit des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Vorprozess auszugehen. Eine aufgrund des Antrags der Kläger an sich gebotene Wiederholung der Beweisaufnahme vor dem erkennenden Senat ist jedoch nicht erforderlich, da die Berufung aus anderen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits bindende, von den Klägern mehrfach ins Feld geführte, eindeutige „Vorgaben aus dem BGH – Beschluss des Vorprozesses“ vermag der Senat nicht zu erkennen, da sich der BGH im Jahr 2011 lediglich mit der Schlüssigkeit/ Substantiiertheit des Klagevorbringens und allgemein mit der Thematik befasst hat, dass eine Vertragsanpassung in der vom Kläger gewünschten Form wegen Unzumutbarkeit ausscheidet und allenfalls ein Rücktritt in Betracht kommt.

1. Verwirkung des Rücktrittsrechts

Die Kläger, die 11 Jahre lang an dem streitgegenständlichen Vertrag festgehalten haben, haben unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Einzelfalls ihr mit Schreiben vom 23.12.2016 ausgeübtes Rücktrittsrecht verwirkt.

a.) Einwendung der Verwirkung des Rücktrittsrechts nach § 313 Abs. 3 BGB

Die rechtsvernichtende Einwendung der Verwirkung ist grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (Palandt-Grüneberg, § 242 BGB, Rn. 96), die Beklagte hat sich hierauf aber auch mit Klageerwiderung vom 20.11.2017 (Bl. 45 ff.) berufen.

Nach h.M. (BeckOGK/ Martens, § 313 BGB, Rn. 152f.; BeckOK/ Lorenz, § 313 BGB, Rn. 93; MüKo/ Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 112; NK-BGB/Krebs/Jung, § 313 BGB, Rn. 137) kann die durch eine (angebliche) Grundlagenstörung benachteiligte Partei ihren Anspruch auf Rücktritt verwirken, wenn sie den Vertrag gleichwohl zu unveränderten Bedingungen fortsetzt bzw. daran festhält und so zu erkennen gibt, dass sie von ihrem Recht aus § 313 Abs. 3 s. 1 BGB keinen Gebrauch machen will.

b.) Voraussetzungen der Verwirkung im Allgemeinen

Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich nicht vereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 501/ 15, Rn. 21). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Hinweisbeschluss vom 23.01.2018, Az.: XI ZR 298/ 17, NJW 2018, 1390, Rn. 9 m.w.N.; Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 501/ 15, NJW 2016, 3518, Rz. 40; Urteil vom 23.01.2014, Az.: VII ZR 177/ 13, NJW 2014, 1230, Rz. 13; Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/ 11, NJW 2014, 2646, Rz. 39) ist ein Recht als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen seiner illoyal verspäteten Geltendmachung verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der erstmaligen Geltendmachung des Rechts längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Beurteilung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde, und im Hinblick darauf entweder wirtschaftliche Dispositionen getroffen oder sich auf andere Weise auf die Fortdauer des Status quo eingerichtet hat (Münchener Kommentar/ Schubert, § 242 BGB, Rn. 393). Zeit- und Umstandsmoment können dabei nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Ob eine Verwirkung vorliegt, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an dem Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 501/ 15, NJW 2016, 3518, Rz. 18).

c.) Voraussetzungen der Verwirkung im vorliegenden Fall

Unter Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Einzelfalls haben die Kläger ihr etwaiges Rücktrittsrechts nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB verwirkt.

aa.) Zeitmoment

Im Rahmen des sog. Zeitmoments ist maßgeblich, anders als beim Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB, aber in Anlehnung an die diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 501/ 15, NJW 2016, 3516), nicht das Zustandekommen des streitgegenständlichen Kaufvertrages nebst Nachtragsvereinbarung am 24.03.2005/ 21.07.2005, sondern der Zeitpunkt, in dem etwaige, im Rahmen des § 313 BGB relevante Umstände zutage getreten sind. Denn erst ab dann konnte ein etwaiger Anspruch nach § 313 BGB entstehen und konnten diesbezügliche Rechte ausgeübt werden.

Anzuknüpfen ist mithin auf der Grundlage des unstreitigen Klägervortrages an deren Kenntniserlangung im April 2005 von den Probebohrungen der Beklagten auf den gekauften Grundstücken und der anschließenden Antragstellung auf Zulassung beim Bergamt S. zum Betriebsplan bzw. spätestens an die Kenntniserlangung der Kläger von einem beabsichtigten Rohstoffabbau der Beklagten auf den erworbenen Grundstücken aus dem Zeitungsartikel vom 12.11.2005. Denn ab diesem Zeitpunkt war den Klägern unstreitig eine etwaige Absicht der Beklagten, die Grundstücke nicht ausschließlich als Tauschflächen bzw. landwirtschaftlich zu nutzen, bekannt, so dass sich die aus ihrer Sicht wesentlichen Vorstellungen zum Verwendungszweck der Grundstücke bzw. der Kaufpreisbildung als falsch im Sinn von § 313 Abs. 2 BGB herausgestellt haben. Folglich hätten sie ab diesem Zeitpunkt von etwaigen Rechten nach § 313 BGB Gebrauch machen und aus Gründen prozessualer Vorsicht auch hilfsweise eine Vertragsauflösung begehren können (Erman/ Bötticher, § 313 BGB, Rn. 44a; MüKo/ Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 121). Infolgedessen ist nicht relevant, dass die Parteien von 2008 bis 2011 über drei Instanzen einen Vorprozess über eine Vertragsanpassung geführt haben, denn dies ändert nichts an dem Vorgesagten. Auch kommt dem Beschluss des BGH vom 29.09.2011 keine besondere Bedeutung für das Zeitmoment zu, denn die Ausübung des Rücktrittsrechts ist gesetzlich nicht geknüpft an eine vorangegangene rechtskräftige Feststellung der Unzumutbarkeit der von den Klägern begehrten Vertragsanpassung. Auch kann es nicht auf den zweiten Zeitungsartikel vom 12.10.2016 ankommen, da die Kläger bereits mit dem Zeitungsartikel vom 12.11.2005 Kenntnis von den Absichten der Beklagten erlangt hatten.

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Da die Kläger den Rücktritt erst mit Schreiben vom 23.12.2016 erklärt haben, sind mithin seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rücktritts spätestens im November 2005 11 Jahre verstrichen. Dass dies ein sehr langer Zeitraum ist, zeigt sich nicht zuletzt auch daran, wenn man sich vor Augen führt, dass die beweispflichtigen Kläger, wenn es darauf entscheidungserheblich angekommen wäre, mittels Zeugen den Beweis einer Störung der Geschäftsgrundlage hätten führen müssen, die sich vor 11 Jahren zugetragen haben soll.

bb.) Umstandsmoment

Auch das sog. Umstandsmoment ist vorliegend zu bejahen; denn die Beklagte durfte insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Kläger, obwohl in dem Beschluss des BGH vom 29.09.2011 ausdrücklich erwähnt, von dem Rücktrittsrecht mehr als fünf Jahre keinen Gebrauch gemacht haben, darauf vertrauen, dass sie dieses auch nicht mehr ausüben werden. Bei einem solchen höchstrichterlichen Fingerzeig obliegt es einem etwaigen Rücktrittsberechtigten, im Interesse der Rechtssicherheit innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist zeitnah eine Entscheidung über die Ausübung des Gestaltungsrechts zu treffen. Jedenfalls eine Geltendmachung mehr als fünf Jahre nach einer höchstrichterlichen Entscheidung und mehr als 11 Jahre nach Kenntniserlangung von einer etwaigen Störung einer Geschäftsgrundlage ist als illoyal verspätet, mithin treuwidrig anzusehen.

Dem schutzwürdigen Vertrauen der Beklagten steht – entgegen dem Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 01.10.2018 (Bl. 178) – auch das Schreiben des Klägers vom 20.12.2006 (Anlage K 14) nicht entgegen, wo dieser dem Komplementär der Beklagten mitgeteilt hat, dass er „keine weiteren Ansprüche“ geltend machen werde, sofern sich „an der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen“ keine Änderung ergebe. Denn diese Ankündigung ist durch den im Jahr 2008 begonnenen Vorprozess verbraucht/ überholt.

Hinzu kommt, dass die Beklagte nach dem eigenen Vortrag des Klägers (Bl. 9) nach Abschluss des Vorverfahrens ihre Absicht des Rohstoffabbaus nicht aufgegeben, sondern das Genehmigungsverfahren unverändert weitergeführt, mithin Dispositionen im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Vertrages getroffen hat. Dieses Vorgehen der Beklagten zeigt, dass sie darauf vertraut hat, dass die Kläger von einem etwaigen Rücktrittsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden, denn dafür, dass sie entgegen jeder wirtschaftlichen Vernunft sozusagen sehenden Auges ins Blaue hinein weitere Dispositionen/ Investitionen getätigt haben, sind keine Anhaltspunkte vorgetragen bzw. ersichtlich.

cc.) Einwand des eigenen treuwidrigen Verhaltens der Beklagten

Auch der Einwand der Kläger, wonach die Beklagte selbst sich bei den Vertragsverhandlungen treuwidrig verhalten habe, steht der Annahme der Verwirkung des Rücktrittsrechts vorliegend nicht entgegen. Denn es liegt kein Sachverhalt inmitten, in dem der Schuldner selbst „sich unredlich verhalten und dadurch die verspätete Geltendmachung des gegen ihn gerichteten Rechts veranlasst hätte, wie es in dem von den Klägern zitierten Urteil des BGH vom 27.06.1957 (Az.: II ZR 15/56, NJW 1957, 1358, 1359) der Fall war. Das von den Klägern in Bezug genommene Verhalten der Beklagten ist zeitlich bei den Vertragsverhandlungen angesiedelt und hat den Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts durch die Kläger in keiner Form beeinflusst.

2. Unwirksamkeit des Rücktritts analog § 218 BGB

Zudem geht auch der Senat, ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, davon aus, dass der nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB von den Klägern am 23.12.2016 erklärte Rücktritt analog § 218 BGB unwirksam ist. Eine Hemmung der Verjährung gemäß § 213 BGB durch den vorangegangenen, zur Durchsetzung einer Vertragsanpassung von den Klägern geführte Rechtsstreit kommt nicht in Betracht.

a.) Erhebung der Einrede

Die Beklagte hat sich mit Klageerwiderung vom 20.11.2017 (Bl. 45) auf die Unwirksamkeit des Rücktritts analog § 218 Abs. 1 BGB berufen und damit von diesem Recht, das in der Literatur teilweise als eigenes Gestaltungsrecht, teilweise als Einrede qualifiziert wird (zum Meinungsstand: BGH, Urteil vom 08.12.2009, Az.: XI ZR 181/ 08, NJW 2010, 1284, Rn. 40 m.w.N.), Gebrauch gemacht.

b.) Analoge Anwendung von § 218 Abs. 1 BGB

Gemäß § 218 Abs. 1 BGB ist der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung verjährt ist.

Auch wenn ein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB als Gestaltungsrecht (und damit nicht als „Anspruch“ im Sinn von § 194 BGB) grundsätzlich keiner Verjährung unterliegt, sind bei der Ausübung dieses Gestaltungsrechts nach Auffassung des Senats in analoger Anwendung des § 218 Abs. 1 BGB die Fristen der §§ 195ff. BGB zu beachten, so dass dieses nur innerhalb dieser Verjährungsfristen wirksam ausgeübt werden kann (so auch die h.M. in der Literatur: Bamberger/Roth-Unberath, § 313 BGB, Rn. 95; BeckOGK/Martens, § 313 BGB, Rn. 153; BeckOK/Lorenz, § 313 BGB, Rn. 93; MüKo/Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 111; NK-BGB/Krebs/Jung, § 313 BGB, Rn. 137).

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 218 Abs. 1 BGB im Sinne einer teleologischen Extension auf das Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB sind vorliegend gegeben:

Unter einer Analogie versteht man die Übertragung der für einzelne bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand, von dem angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung nach den Grundsätzen, von denen er sich bei Erlass der herangezogenen Normen hat leiten lassen, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre (Palandt/ Grüneberg, Einleitung vor § 1 BGB, Rn. 48 m.w.N.).Die in § 313 BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahr 2002 kodifizierten Rechtsgrundsätze sind von der Rechtsprechung zwar als gesetzliche Ausformung des Gedankens von Treu und Glauben, § 242 BGB, entwickelt worden. Das in § 313 Abs. 3 S. 1 BGB durch den Gesetzgeber aufgenommene Recht zum „Rücktritt“ gab es bis dahin in dieser Form nicht. Als Rechtsfolgen hatte die Rechtsprechung vielmehr die Anpassung des Vertrages und notfalls dessen Auflösung bzw. Rückabwicklung vorgesehen. Das Problem einer zeitlichen Begrenzung eines etwaigen Rückwicklungsanspruchs stellte sich mithin in der heutigen Form nicht.

Bei dem Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB handelt es sich um einen rechtsähnlichen Tatbestand wie den Rücktritt, den der Gesetzgeber bei der Kodifizierung von § 218 BGB vor Augen hatte; denn auch eine wie auch immer geartete Störung der Geschäftsgrundlage geht aus Sicht des Gläubigers mit einem nicht vertragsgemäßen Verhalten des Schuldners im weiteren Sinn einher.

Auch wenn es sich bei § 218 BGB um eine bezüglich sonstiger Gestaltungsrechte, wie z.B. dem Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB, dem Anfechtungsrecht nach § 121 ff. BGB und dem Kündigungsrecht z.B. nach § 314 BGB, nicht analogiefähige Sondervorschrift handelt, ist eine Analogie bezüglich des streitgegenständlichen Rücktrittsrechts bei einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Grundsätze, von denen sich der Gesetzgeber bei Erlass der §§ 218, 313 BGB hat leiten lassen, zulässig und geboten. Die Ausgangslage ist hier eine andere als bei dem Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem höchstrichterlich geklärt ist, dass eine analoge Anwendung von § 218 BGB ausscheidet. Das Widerrufsrecht wurde, anders als das Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB, das erst vor einigen Jahren in das Gesetz überhaupt aufgenommen wurde, wiederholt vom Gesetzgeber geändert, ohne dass dieser eine zeitliche Begrenzung für geboten erachtet hat (Überblick bei Lechner, Zur Beibehaltung des ewigen Widerrufsrechts für Finanzdienstleistungen, WM 2015, 2167ff.). Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber auch im Fall des § 313 Abs. 3 S. 1 BGB ein sog. „ewiges“ Rücktrittsrecht konstituieren wollte, was im Übrigen auch schwerlich mit dem Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit vereinbar wäre. Es spricht aber die Interessenlage der Vertragsparteien (einerseits das Interesse der Partei, die den geschlossenen Vertrag für unzumutbar erachtet, auf zügige Loslösung vom Vertrag, andererseits das Interesse des Geschäftsgegners auf Rechtssicherheit) dafür, eine zeitliche Begrenzung der Ausübung auch dieses Rücktrittsrechts durch Anwendung von § 218 Abs. 1 BGB analog vorzunehmen.

c.) Verjährung des zugrunde liegenden Rückabwicklungsanspruchs

Für die Verjährung des etwaigen Anspruchs auf Rückübertragung von Eigentum an einem Grundstück erachtet auch der Senat, im Einklang mit der Rechtsauffassung des Erstgerichts, vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 03.12.2014, Az.: XII ZB 181/ 13 (NJW 2015, 1014), eine Anwendung der (großzügigeren) zehnjährigen Verjährungsfrist des § 196 BGB für sinnvoll und geboten (so auch BeckOGK/Martens, § 313 BGB, Rn. 151). Wie der BGH, auch für den Senat nachvollziehbar, ausführt, stellt § 196 BGB allein auf den Anspruchsinhalt, nicht aber auf den Anspruchsgrund ab und ist damit auch auf einen Rückübertragungsanspruch im Rahmen von § 313 BGB anwendbar. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Rückübertragung auf einen Anpassungsanspruch oder einen Rücktritt vom Vertrag zurückgeht.

Gemäß § 218 Abs. 1 BGB analog i.V.m. § 196 BGB begann die Verjährungsfrist vorliegend am 12.11.2005 zu laufen, mithin an dem Tag, an dem die Kläger aufgrund eines Zeitungsartikels davon Kenntnis erlangt haben, dass die Beklagte zur Deckung ihres Rohstoffbedarfs auf den gekauften Grundstücken Lehmabbau beabsichtigte. Denn damit erwies sich für die Kläger erkennbar deren Vorstellung, dass die Beklagte die erworbenen Grundstücke ausschließlich und sozusagen für immer nur als landwirtschaftliche Tauschflächen verwenden würde, als falsch. Der diesbezüglichen Feststellung des Erstgerichts, S. 10 der Urteilsgründe, sind die Kläger in ihrer Berufungsbegründung auch nicht entgegen getreten.

Die Verjährungsfrist endete demnach am 12.11.2015, wie vom Erstgericht zutreffend berechnet, so dass es auf die ab Mitte 2017 von den Parteien geführten Verhandlungen (als etwaigen die Verjährung hemmenden Tatbestand nach § 203 BGB) nicht ankommt.

d.) Keine Hemmung der Verjährung gemäß § 213 BGB

Der Ablauf der Verjährungsfrist des § 196 BGB wurde vorliegend auch nicht aufgrund des Vorprozesses gehemmt.

Eine Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch den Vorprozess trat aufgrund der verschiedenen Streitgegenstände nicht ein (dort: Leistungsklage auf Zahlung von 2.165.000 € wegen Vertragsanpassung/ hier: Klage auf Herausgabe, Rückauflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung wegen Rücktritt vom Vertrag). Um denselben Sachverhalt kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil ansonsten auch über die Rückabwicklung bereits im Vorprozess rechtskräftig entschieden worden wäre. Die Kläger können sich auch nicht auf den Tatbestand der Verjährungshemmung gemäß § 213 BGB berufen:

aa.) § 213 BGB dehnt die Wirkung verjährungshemmender Maßnahmen (§§ 203 ff. BGB) auch auf Ansprüche aus, „die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind“. Für den Fall der Klageerhebung bedeutet dies, dass sich unter den genannten Voraussetzungen die gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Streitgegenstand beschränkte Hemmungswirkung auch auf nicht streitgegenständliche Ansprüche erstreckt, soweit diese wahlweise oder alternativ zu dem verfolgten Anspruch bestehen. Ein Gläubiger, der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolgt, soll nach dem Willen des Gesetzgebers davor geschützt werden, dass inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vorneherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben sind oder auf die er stattdessen übergehen kann (BT-Drucks. 14/ 6040, S. 121). Der Schuldner selbst sei einem solchen Fall nicht schutzbedürftig, da er durch die Hemmung hinsichtlich des einen Anspruchs hinreichend gewarnt sei und sich auf die Rechtsverfolgung hinsichtlich der übrigen Ansprüche einstellen könne (BT-Drucks., aaO).

Die von § 213 BGB erfassten Ansprüche müssen sich nach dem Willen des Gesetzgebers gegen den gleichen Schuldner richten, müssen aus „demselben Grunde“ gegeben sein, auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gehen und es muss sich um Fälle handeln, in denen das Gesetz von vorneherein mehrere Ansprüche dem Gläubiger zur Wahl stellt, sog. Elektive Konkurrenz, § 213 Alt. 1 BGB, oder es ihm ermöglicht, in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen überzugehen, sog. alternative Konkurrenz, § 213 Alt. 2 BGB (BT-Drucks. 14/ 6040, S. 122; BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 99/ 16, Rz. 20 m.w.N. und 28).

Zwei Ansprüche beruhen auf „demselben Grund“ im Sinn von § 213 BGB, wenn sie aus demselben, durch das Anspruchsziel geprägten Lebenssachverhalt abgeleitet sind, der die Grundlage für das Entstehen der beiden Ansprüche darstellt (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 99/ 16, Leitsatz und Rz. 26).

Für die Frage, ob ein von § 213 Alt. 1 BGB erfasster Fall elektiver Konkurrenz mehrerer Ansprüche vorliegt, ist ausgehend von den Gesetzesmaterialien allein darauf abzustellen, ob das Gesetz dem Gläubiger von vorneherein und generell mehrere, einander ausschließende Ansprüche zur Auswahl stellt (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 99/ 16, Rz. 21; BGH, Urteil vom 29.04.2015, Az.: VIII ZR 180/ 14, Rz. 27 m.w.N.).

Für die Annahme der zweiten Fallgruppe von § 213 BGB kommt es darauf an, ob sich aus dem Gesetz selbst von vorneherein die Alternativität der Ansprüche ergibt (MüKo/ Grothe, § 213 BGB, Rn. 4; Jauß, Verjährung bei elektiver und alternativer Anspruchskonkurrenz, Juristische Ausbildung 2018, 598, 601).

bb.) Wortlaut und Gesetzesgenese sprechen im vorliegenden Fall gegen die Annahme einer Hemmung der Verjährung des Rücktrittsrechts nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB bzw. der durch den Rücktritt begründbaren Ansprüche nach § 213 BGB durch den auf Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB gerichteten Vorprozess:

Die Kläger gehen gegen die Beklagte zwar aus „demselben Grund“ im Sinne der von ihnen vorgetragenen Störung der Geschäftsgrundlage vor, sie verfolgten mit dem Vorprozess aber nicht das gleiche wirtschaftliche Interesse: Mit der auf Zahlung von (weiteren) 2.165.000 € gerichteten Leistungsklage verfolgten die Kläger das wirtschaftliche Interesse der Herstellung einer ihrer Auffassung entsprechenden Leistungsäquivalenz. Mit der Klage auf Herausgabe der Grundstücke, Rückauflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung dagegen erstreben sie wirtschaftlich die Wiederherstellung des vor Vertragsschluss bestehenden Zustandes, die auch keineswegs sozusagen automatisch oder gar selbstverständlich mit einer weiteren Vermögensmehrung von insgesamt (2.165.000 € + 500.000 € =) 2.665.000 € einherging. Die mit den beiden Klagen verfolgten wirtschaftlichen Interessen sind mithin weder vollständig noch teilweise noch im Kern identisch, so dass schon deshalb eine Ablaufhemmung der Verjährung nach § 213 BGB ausscheidet.

Abgesehen davon besteht, wie vom Erstgericht zutreffend auf S. 11/ 12 der Urteilsgründe ausgeführt, zwischen dem Anpassungsanspruch nach § 313 Abs. 1 BGB und dem Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB keine sog. elektive Konkurrenz; denn ein Rücktritt vom Vertrag kommt nur dann in Betracht, wenn eine Anpassung des Vertrages nicht möglich oder einem Teil, wie hier, nicht zumutbar ist. Der Gläubiger hat also gerade keine Wahl zwischen den beiden Rechten.

Auch die zweite Fallgruppe von § 213 BGB greift vorliegend nicht ein, denn es liegt gerade keine Konstellation inmitten, bei der ein Gläubiger alternativ bzw. an Stelle der Anpassung den Rücktritt verlangen könnte. Die Vertragsaufhebung ist vielmehr nur nachrangig/ subsidiär vorgesehen (BT-Drucks. 14/ 6040, S. 176; BGH, Urteil vom 30.09.2011, Az.: V ZR 17/ 11, NJW 2012, 373, Rn. 25 m.w.N.). Diese Rechtslage ist gerade nicht vergleichbar mit dem Fall eines Gläubigers, der zunächst Herausgabe einer Sache begehrt und sodann wegen zu Tage tretender Unmöglichkeit der Herausgabe an Stelle dessen Schadensersatz begehrt.

Da es gerade keinen Schutz des von einer Störung einer Geschäftsgrundlage (angeblich) betroffenen Gläubigers gibt, der zunächst eine Vertragsanpassung begehrt und sodann zum Rücktrittsrecht übergeht, wird in der Literatur auch empfohlen, dass ein Gläubiger angesichts der Unbestimmtheit der Tatbestandsvoraussetzungen des § 313 Abs. 3 S. 1 BGB sein Anpassungsbegehren mit einer ausnahmsweise zulässigen, hilfsweisen Ausübung des Gestaltungsrechts verbindet (Erman/ Böttcher, § 313 BGB, Rn. 44a; MüKo/Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 121).

III.

Auch die weiteren Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO liegen vor: Die Rechtssache hat keine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil, § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Es liegt ein von den Umständen des vorliegenden Einzelfalls geprägter Lebenssachverhalt inmitten, für dessen entscheidungserhebliche Rechtsfragen bereits richtungsweisende, höchstrichterliche Orientierungshilfen gegeben sind. Gründe, aufgrund derer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorliegend geboten gewesen wäre, § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils sowie des vorliegenden Beschlusses erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (analog).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde nach Anhörung der Parteien in Anwendung von § 3 ZPO, §§ 47, 48 GKG auf der Grundlage des von den Klägern behaupteten objektiven Verkehrswertes der verfahrensgegenständlichen Grundstücke bestimmt.

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