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Grundstückskaufvertrag – Schadensersatz bei fehlender Bebaubarkeit/Erschließung des Grundstücks

LG Dessau-Roßlau – Az.: 2 O 704/19 – Urteil vom 19.03.2021

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist für die Beklagte und den Streithelfer der Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags; und beschlossen:

Der Streitwert des Verfahrens wird festgesetzt auf 917.100,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten nach Abschluss eines Grundstückskaufvertrags Schadensersatz wegen behaupteter nachvertraglicher Pflichtverletzungen.

Die Klägerin ist Eigentümerin von Flächen auf der Halbinsel X. Es handelt sich hierbei um die Flurstücke # und # der Flur #, Gemarkung Z, und das Flurstück # der Flur #, Gemarkung X. Die drei im Eigentum der Klägerin stehenden Flurstücke auf der Halbinsel X mit einer Gesamtgröße von # qm gehören zum Gebiet der Gemeinde M.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine kommunale Gesellschaft, deren Gesellschafter der Landkreis A.-B. und die Stadt B.-W. sind. Gesellschaftszweck der Beklagten war die touristische Entwicklung des Gebiets rund um den Y-See. Die Beklagte erwarb hierzu in den Jahren zwischen 1990 und 2000 die Halbinsel X. Anschließend verkaufte sie die von ihr erworbenen Flächen an verschiedene private Erwerber. Mittlerweile befindet sich die Beklagte in Liquidation.

Die Gemeinde M. verfolgte das Ziel, die Halbinsel für bauliche Vorhaben zu öffnen und touristisch weiterzuentwickeln. Hierzu entwickelte sie im Jahr 2000 den Bebauungsplan „Halbinsel X“. Im Mai 2011 trat die 3. und bislang letzte Änderung des Bebauungsplans in Kraft. Mit der Änderung sollte eine Intensivierung der baulichen Nutzung einhergehen, wobei durch die Gemeinde insbesondere beabsichtigt wurde, neue Angebote für Gastronomie und Hotelwesen zu schaffen.

Nach dem Inkrafttreten der 3. Änderung des Bebauungsplans verkaufte die Beklagte mit notariellem Kaufvertrag vom #.#.2011 unter der Urkundsnummer # (Anlage K 1) die vorgenannten Flurstücke an die Klägerin. Der Kaufvertrag wurde von der Notarin C. D. beurkundet. Bei der Beurkundung war für die Klägerin neben dem jetzigen Geschäftsführer auch der Zeuge und frühere Geschäftsführer U. R. anwesend. Die Beklagte wurde während der Vertragsanbahnung und der Beurkundung von ihrem damaligen Geschäftsführer, dem Streithelfer der Beklagten, L. B., vertreten. Im Kaufvertrag nahmen die Parteien mittels eines Lageplans Bezug auf den Bebauungsplan in der Fassung der 3. Änderung.

Die von der Klägerin erworbene und in ihrem Eigentum stehende Fläche ist im Bebauungsplan vom Mai 2011 als Sondergebiet für den Fremdenverkehr dargestellt. Ausweislich der Anlage K 2 liegt sie unmittelbar neben den Flächen, die im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsflächen mit der Zweckbestimmung „verkehrsberuhigter Bereich“ ausgewiesen sind. Aus der 3. Änderung des Bebauungsplans geht hervor, dass die Lage der Fläche gezielt dem auf der Halbinsel vorhandenen Parkplatz zugeordnet wurde.

Im notariell beurkundeten Grundstücksvertrag trafen die Parteien unter anderem folgende Regelungen:

V. Weitere Vereinbarungen

1. Der Verkäufer sichert dem Käufer die Nutzung von bereits vorhandenen Parkplätzen im Umfang von ungefähr 60 Plätzen zu. Ferner wird dem Käufer die Nutzung des vorhandenen Strandabschnitts zugesichert. Die beiden Nutzungsvereinbarungen sind in gesonderten Verträgen bis spätestens zum 30.08.2011 abzuschließen. Die separate Erschließung der Trasse in Uferlage von X bis Z, die u.a. zur Ver- und Entsorgung des Kaufgrundstücks notwendig ist, erfolgt in Verantwortung der Gemeinde M. und hat bis 31.12.2012 fertiggestellt zu sein.

2. Der Verkäufer übernimmt keine Garantie für die Richtigkeit der im Grundbuch angegebenen Grundstücksgröße, ebenso nicht für seine Bebaubarkeit. Die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks sind ausgeschlossen. Das Kaufobjekt wird daher in dem Zustand übernommen, wie dem Käufer durch eingehende Besichtigung bekannt ist unter Ausschluss der Garantie.

Die Klägerin wurde als Eigentümerin des geplanten Hotel-Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Gesonderte Verträge zur Nutzung der bereits vorhandenen Parkplätze wurden zwischen den Parteien nicht abgeschlossen.

Der Bebauungsplan der Gemeinde M. in der Fassung der 3. Änderung aus dem Mai 2011 ist in tatsächlicher Hinsicht realisiert. Die vorgesehenen Verkehrsflächen für Wirtschaftsweg, Parkplätze und Buswendeschleife sind vollumfänglich hergestellt und existieren seit vielen Jahren. Bislang fehlt es aber an der straßenrechtlichen Widmung dieser Flächen für die Öffentlichkeit.

Am 27.03.2019 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde M. die ausstehende öffentliche Widmung der Verkehrsflächen sowie den Entwurf der dafür erforderlichen Widmungsverfügung. Die Gemeinde M. ist gewillt, die straßenrechtliche Widmung so zu vollziehen, wie es der Bebauungsplan in der Fassung der 3. Änderung vorsieht. Dem tatsächlichen Erlass der Widmungsverfügung steht bislang jedoch entgegen, dass die Gemeinde nicht über das der Straße dienende Grundstück verfügen kann. Die entsprechenden Flurstücke # und # gehören zum Eigentum des Kommunalen Zweckverbands Bergbaufolgelandschaft Y. Der Zweckverband hat der straßenrechtlichen Widmung bislang nicht zugestimmt.

Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte schuldhaft ihre nachvertraglichen Pflichten aus dem Grundstückskaufvertrag vom #.#.2011 verletzt und die fehlende öffentliche Widmung und fehlende Genehmigungsfähigkeit des geplanten Bauvorhabens zu verantworten habe.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Beklagte den gemeinsamen Vertragszweck, namentlich die Errichtung eines Hotels, durch nachfolgende Grundstücksverkäufe verhindert habe. Insoweit seien sich die Parteien bei Vertragsschluss darüber einig gewesen, dass die Beklagte alles Erforderliche tun werde, um die Umsetzung des Bebauungsplans in der Fassung der 3. Änderung voranzutreiben.

Der Bebauungsplan sei auch Gegenstand des Notarvertrags gewesen. Die Beklagte habe gewusst, dass die Klägerin zur Errichtung des Hotels auf die gesicherte Erschließung des Grundstücks angewiesen gewesen sei. Sie habe ihr diesbezüglich die öffentliche Widmung der angrenzenden Wege, Straßen und Parkplätze zugesichert. Die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Beklagte für die Widmung der angrenzenden Verkehrswege Sorge tragen werde. Indem sie nunmehr die für die öffentlichen Verkehrsflächen vorgesehenen Grundstücke an andere private Erwerber verkauft hat, habe sie die öffentliche Zuwegung und bauliche Nutzung des klägerischen Grundstücks ausgeschlossen und den klägerischen Grundbesitz praktisch völlig entwertet. Es sei völlig ungewiss, ob die Gemeinde M. die öffentliche Widmung zukünftig noch vornehmen könne.

Die Klägerin meint, dass die Beklagte zumindest nebenvertraglich dazu verpflichtet gewesen sei, den Käufern der angrenzenden Flächen und Grundstücke die Verpflichtung aufzuerlegen, auf Verlangen der Gemeinde der Widmung als öffentliche Verkehrsfläche zuzustimmen. Sie habe sich darauf verlassen können, dass die Beklagte beim weiteren Abverkauf ihrer Grundstücke die Umsetzung des Bebauungsplans durch die Gemeinde M. und die damit einhergehende bauliche Nutzung des streitgegenständlichen Kaufgrundstücks sicherstelle.

Durch die nachvertragliche Pflichtverletzung sei der Klägerin ein Schaden in Höhe von 917.000,00 € entstanden. Der Schaden resultiere daraus, dass sie tatsächlich über ein nutzloses Grundstück verfüge. Hingegen wäre das Hotelgrundstück mit einem rechtlich gesicherten Anschluss an das öffentliche Straßennetz mindestens 917.000,00 € wert.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 917.100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte und der Streithelfer der Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen und verweist im Wesentlichen auf die Regelungen des Notarvertrags vom #.#.2011, wonach die Klägerin das Kaufobjekt unter Ausschluss einer Garantie für die Bebaubarkeit des Grundstücks in dem Zustand übernommen hat, wie es ihr durch eingehende Besichtigung bekannt gewesen ist.

Sie meint, dass sie nicht dazu verpflichtet gewesen sei, die öffentliche Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen sicherzustellen. Eine entsprechende Regelung lasse sich aus dem Notarvertrag nicht entnehmen. Sie habe der Klägerin auch zu keiner Zeit die straßenrechtliche Widmung zugesichert. Die nach wie vor fehlende Widmung der angrenzenden Flächen habe sie nicht zu vertreten, da sie auf diese gar keinen Einfluss habe nehmen können. Die Umsetzung des Bebauungsplans liege ausschließlich in der Kompetenz der Gemeinde M.. Aus diesem Grund hätten die Parteien im Notarvertrag auch geregelt, dass die Erschließung der von der Klägerin erworbenen Fläche in die Verantwortung der Gemeinde M. falle.

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Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie ihren vertraglichen Pflichten ohnehin nachgekommen sei. Sie habe die an die Flurstücke der Klägerin angrenzenden Flächen den Anrainer-Kommunen, insbesondere auch der Gemeinde M., zum Kauf angeboten, ehe sie diese anschließend an private Dritte veräußert hat. Die Gemeinde habe zu dieser Zeit kein Interesse an dem Erwerb der Flächen und Parkplätze gehabt und auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet. Insoweit nunmehr die öffentliche Widmung der an die Flurstücke angrenzenden Parkplätze durch die Verkäufe erschwert sei, habe dies auch die Klägerin zu verantworten, da sie die ihr vertraglich eingeräumte Option, gesonderte Nutzungsverträge zu den Parkplätzen abzuschließen, nicht genutzt habe. Für die Planung und Realisierung ihres Vorhabens sei allein sie verantwortlich.

Ferner behauptet die Beklagte, dass das Grundstück der Klägerin auch über andere im Eigentum des Zweckverbands Y stehende Flurstücke an öffentliche Verkehrsflächen angeschlossen werden könne. Darüber hinaus erhebt sie die Einrede der Verjährung. Demnach sei der Anspruch zum 31.12.2014 verjährt.

Die Beklagte hat ihrem ehemaligen Geschäftsführer, L. B., mit Schriftsatz vom 06.11.2020 (Bl. 63 ff. d. A.) den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 27.11.2020 (Bl. 72 ff. d. A.) auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen U. R., C. D., L. B. und R. S.. Bezüglich des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 09.10.2020 (Bl. 55 ff. d. A.) Bezug genommen. Im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.02.2021 (Bl. 124 ff. d. A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Verhandlungsprotokoll vom 19.08.2020 (Bl. 42 f. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin kann von der Beklagten keinen Schadensersatz wegen der fortdauernden fehlenden Bebaubarkeit des von ihr mit Notarvertrag vom #.#.2011 erworbenen Grundstücks verlangen.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen einer nachvertraglichen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB kommt schon dem Grunde nach nicht in Betracht, da die Beklagte nach der Vertragserfüllung keine sich aus dem Notarvertrag ergebenden Haupt- oder Nebenpflichten verletzt hat.

Die Verletzung nachvertraglicher Pflichten im Sinne der § 280 Abs. 1 i. V. m. § 281 ff. BGB liegt vor, wenn die nach der Vertragserfüllung im Rahmen des Zumutbaren grundsätzlich weiterbestehende Pflicht, alles zu unterlassen, was den Vertragszweck gefährden könnte und nichts zu unternehmen, was dem Gläubiger die durch den Vertrag gewährten Vorteile entziehen könnte, durch den Schuldner verletzt wird (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., Rdnr. 7 zu § 280 mwN). Bei einem Grundstückskaufvertrag kann eine nachvertragliche Pflichtverletzung angenommen werden, wenn der Verkäufer dem Käufer die Nichtbebauung des Grundstücks zusagt, die Pflicht zur Nichtbebauung aber nicht auf den Rechtsnachfolger überträgt oder er andererseits die Bebaubarkeit zusagt, schließlich aber durch eigene nachfolgende Aktivitäten eine Bebauung bzw. Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verhindert.

Ein Schadensersatzanspruch setzt allerdings voraus, dass die Parteien entsprechende nachvertragliche Pflichten vereinbart haben oder diese zumindest übereinstimmend vereinbaren wollten. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

1.

Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte sich vertraglich dazu verpflichtet hat, für die gesicherte Erschließung des streitgegenständlichen Kaufgrundstücks zu sorgen.

a)

Soweit die Klägerin behauptet, dass die Beklagte im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom #.#.2011 erklärt habe, die öffentliche Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen voranzutreiben und zu ermöglichen, kann dies dem Vertragstext nicht entnommen werden. Insoweit enthält der Notarvertrag keine Regelung, aus der hervorgeht, dass die Beklagte nach der Vertragserfüllung für die zum Zeitpunkt des Kaufvertrags noch ausstehende straßenrechtliche Widmung und somit für die Bebaubarkeit der von der Klägerin erworbene Fläche sorgen werde. Dem steht in tatsächlicher Hinsicht bereits entgegen, dass die öffentliche Widmung von Flächen und die Umsetzung des Bebauungsplans allein in den Verantwortungsbereich der zuständigen Gemeinde M. fällt. Mithin war es der Beklagten nicht möglich die öffentliche Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen selbst vorzunehmen oder ohne Zutun der Gemeinde M. unmittelbar für diese zu sorgen. Dies war offensichtlich auch der Klägerin bewusst. Insoweit sind sich die Parteien ausweislich der Regelung in Abschnitt V., Ziff. 1. des Notarvertrags darüber einig gewesen, dass die Erschließung der Trasse, die u. a. zur Ver- und Entsorgung des streitgegenständlichen Grundstücks notwendig ist, in die Verantwortung der Gemeinde M. fällt. Es ist nicht zu erkennen, inwieweit die Beklagte auf die Umsetzung des Bebauungsplans und die Bebaubarkeit des Grundstücks rechtlich habe Einfluss nehmen sollen.

Auch der Vortrag der Klägerin, dass die Beklagte bei den darauffolgenden Abverkäufen ihrer weiteren Grundstücke zumindest dazu verpflichtet gewesen sei, den jeweiligen Käufern eine Auflage zur Zustimmung im Hinblick auf die öffentliche Widmung zu erteilen, lässt sich in Anbetracht des Inhalts des Notarvertrags vom #.#.2011 nicht nachvollziehen. Die Beklagte hat sich innerhalb des Vertrags nicht dazu verpflichtet, nach der Vertragserfüllung von weiteren Verkäufen der benachbarten Grundstücke abzusehen.

Dem Vertragstext zufolge war sie auch nicht dazu angehalten, den Käufern der angrenzenden Grundstücke Auflagen zu erteilen. Der Kaufvertrag beinhaltet keine Regelungen zu etwaigen Verkäufen benachbarter Grundstücke. Demzufolge war die Beklagte berechtigt, weitere Flächen auf der Halbinsel X ohne wertmindernde Auflagen an andere private Erwerber zu verkaufen.

b)

Darüber hinaus steht der Annahme einer nachvertraglichen Pflichtverletzung eindeutig der Wortlaut des Notarvertrags entgegen. Die Parteien haben in Abschnitt V., Ziff. 2. des Kaufvertrags ausdrücklich eine Übernahme der Garantie für die Bebaubarkeit des Grundstücks ausgeschlossen. Insofern hat die Klägerin die von ihr erworbenen Flurstücke in dem ihr aus der Besichtigung bekannten Zustand übernommen. Das heißt, dass die Klägerin bei Vertragsschluss ein Grundstück in Kenntnis der fehlenden gesicherten Erschließung bzw. fehlenden öffentliche Zuwegung erworben hat. Auch vor dem Hintergrund dieser Regelung wird erkennbar, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin gerade keine nachvertraglichen Pflichten übernommen hat. Sie hat weder die straßenrechtliche Widmung durch die Gemeinde M. noch die Bebaubarkeit des Grundstücks und die geplante Errichtung eines Hotels vertraglich zugesichert.

c)

Es kann auch dahinstehen, ob der Bebauungsplan der Gemeinde M. in der Fassung der 3. Änderung tatsächlich Gegenstand des Vertrags geworden ist. Dagegen spricht zwar bereits der Umstand, dass der Kaufvertrag lediglich unter Abschnitt II. Bezug auf einen Lageplan als Anlage nimmt. Unter Berücksichtigung des vertraglichen Wortlauts und Gesamtkontexts ist anzunehmen, dass die Beifügung des Lageplans einzig und allein zur effektiven Beschreibung und konkreten Lagebestimmung des streitgegenständlichen Grundstücks dienen sollte. Doch selbst wenn die Parteien, wie von der Klägerin behauptet, bei Vertragsschluss übereinstimmend von der vertraglichen Einbeziehung des Bebauungsplans aus dem Mai 2011 ausgegangen sein sollten, kann daraus nicht hergeleitet werden, dass sich die Parteien darüber einig gewesen seien, dass die Beklagte die Umsetzung dieses Bebauungsplans ihrerseits voranzutreiben habe. Dagegen spricht, dass die Beklagte in keiner Textpassage des Notarvertrags eine Verantwortung im Hinblick auf die Umsetzung des Bebauungsplans übernommen hat.

d)

Zuletzt ergibt sich eine entsprechende nachvertragliche Verpflichtung der Beklagten auch nicht daraus, dass der streitgegenständliche Grundstückskaufvertrag vom #.#.2011 in Abschnitt II., Ziff. 5. auf den zur Akte gereichten notariellen Kaufvertrag vom #.#.2003, UR-Nr. #, zwischen der Beklagten und der LMBV Bezug nimmt. Denn mit der unter Abschnitt II., Ziff. 5. des Notarvertrags geregelten Weitergabeverpflichtung hat ausschließlich die Klägerin als Käuferin des Grundstücks Verpflichtungen gegenüber der LMBV übernommen. Entsprechende Verpflichtungen der Beklagten ergeben sich aus dieser Vereinbarung indes nicht. Darüber hinaus geht aus dem notariellen Kaufvertrag vom #.#.2003 (Anlage B 1) ohnehin keine ausdrückliche Verpflichtung zur Sicherstellung der öffentlichen Widmung hervor.

2.

Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist auch nicht erkennbar, dass die Parteien außerhalb des Vertragstexts mündliche Absprachen zur Ermöglichung der straßenrechtlichen Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen getroffen haben. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte oder der Streithelfer der Beklagten als deren ehemaliger Geschäftsführer der Klägerin zugesichert haben soll, dass die öffentliche Widmung durch die Beklagte vorangetrieben oder gar gewährleistet wird. Vielmehr steht nach der Durchführung der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte für die Erschließung des Kaufgrundstücks und die Umsetzung des Bebauungsplans keinerlei Risiko übernommen hat.

Insoweit können den Verkäufer eines Grundstücks rechtlich auch über die beurkundeten Haupt- und Nebenpflichten hinaus weitere nachvertragliche Pflichten treffen, wobei diese sich unter anderem aus den zwischen den Parteien im Rahmen der Vertragsanbahnung getroffenen Absprachen ergeben können. Im Streitfall sind solche nicht beurkundeten und dem Wortlaut der notariellen Urkunde vom #.#.2011 entgegenstehenden Nebenpflichten zwischen den Kaufvertragsparteien aber nicht mündlich vereinbart worden. Insofern ist es der diesbezüglich darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin im Rahmen der Beweisaufnahme nicht gelungen, mündliche Zusicherungen der Beklagten nachzuweisen. Sie hat auch nicht dargelegt, dass die Parteien konkrete Absprachen über eine Risikoverteilung hinsichtlich der Erschließung des Baugrundstücks getroffen hätten.

Nach der Vernehmung der Zeugen R., D. und B. ist das Gericht davon überzeugt, dass die Parteien keine konkreten Gespräche über eine Risikoverteilung für den etwaigen Fall einer fehlenden Erschließung des von der Klägerin erworbenen Grundstücks geführt haben. Die Zeugin D., welche den streitgegenständlichen Notarvertrag beurkundete, konnte bestätigen, dass solche von der Klägerin behaupteten Gespräche zumindest während der unmittelbaren Vertragsanbahnung und Beurkundung nicht stattgefunden haben. Sie hat glaubhaft ausgeführt, dass der Notarvertrag eine Regelung zur Risikoverteilung enthalten hätte, wenn diese zwischen den Parteien konkret thematisiert worden wäre. Insoweit es an einer vertraglichen Regelung fehle, lässt sich daraus schließen, dass detaillierte Gespräche über die Vertragsumsetzung und die Erschließung des Grundstücks nicht geführt worden.

Die Ausführungen der Notarin D. stehen ohne Weiteres im Einklang mit den Darstellungen des Streithelfers der Beklagten, der in seiner Position als ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten unmittelbar an den Vertragsverhandlungen und dem Vertragsschluss beteiligt gewesen ist. Dieser hat glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass die Beklagte bei den jeweiligen Bauvorhaben nur eine begleitende Aufgabe übernommen hat und zu keiner Zeit Verpflichtungen im Hinblick auf die Erschließung von Bauvorhaben und Baugrundstücken übernommen hat oder übernehmen konnte. Insoweit hat der Zeuge im Rahmen seiner Einvernahme nochmals darauf hingewiesen, dass die Umsetzung von Bebauungsplänen und die Erschließung von Grundstücken niemals in die Zuständigkeit der Beklagten fiel und sie sich insoweit klar von Kommunen abgegrenzt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Zeugen B., niemals mündliche Zusicherungen gegenüber der Klägerin zur Erschließung des Grundstücks gemacht zu haben, plausibel und überzeugend. Die von der Klägerin angeführten Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen B. teilt die Kammer nicht. Denn unabhängig davon, dass der Zeuge als Streithelfer der Beklagten ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits haben dürfte, konnten Widersprüche oder Ungenauigkeiten innerhalb seiner Zeugenaussage nicht festgestellt werden. Damit haben sowohl die Zeugin D. als auch der Zeuge B. die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe im Rahmen der Vertragsgespräche die Haftung für die Umsetzung des Bebauungsplans und die öffentliche Erschließung des Grundstücks übernommen, widerlegt. Dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Risikoübernahme der Beklagten ausgegangen sind, ist nicht ersichtlich.

Zur Überzeugung der Kammer ergibt sich eine Risikoverteilung zu Lasten der Beklagten auch nicht aus der Zeugenaussage des ehemaligen Geschäftsführers der Klägerin R.. Zwar hat dieser zunächst ausgeführt, dass die Parteien sich bei Anbahnung und Beurkundung vom #.#.2011 darüber einig gewesen seien, dass die Beklagte die Umsetzung des Bebauungsplans durch die Gemeinde M. sicherstelle und dafür sorgen werde, dass diese die noch fehlende straßenrechtliche Widmung vornehmen könne. Allerdings steht eine entsprechende Zusicherung nicht nur im Gegensatz zu den Aussagen der Zeugen D. und B., sondern auch im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Zeugen R. selbst. Insoweit konnte dieser anschließend keine konkreten Angaben dazu machen, wann und durch wen eine solche Zusicherung von Seiten der Beklagten vor der Vertragsunterzeichnung erfolgt sein soll. Darüber hinaus ist aus der Aussage des Zeugen R. hinreichend deutlich geworden, dass die Erschließung des Grundstücks zwischen den Parteien nicht detailliert thematisiert wurde, da diese wohl übereinstimmend von der zukünftigen Erschließung ausgegangen sind. Dahingehend hat der Zeuge zwar bestätigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihrerseits angenommen hat, dass die Beklagte für die öffentliche Widmung der Flächen Sorge tragen würde. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Vorstellung der Klägerin auf vorherigen Zusicherungen der Beklagten beruhte. Stattdessen lässt sich der Einvernahme des Zeugen R. entnehmen, dass die Klägerin hinsichtlich der Umsetzung des Bebauungsplans keinerlei Probleme sah und dementsprechend nicht davon ausging, dass die Erschließung des Grundstücks unter Umständen nicht funktionieren könne. Das Gericht ist davon überzeugt, dass diese Annahme durch eine Fehlvorstellung der Klägerin entstanden ist. Der Zeuge R. hat auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Beklagten diesbezüglich auch bestätigt, dass sich die vermeintliche Zusicherung der Beklagten seinem Verständnis zufolge nur auf die vertragliche Regelung des Abschnitts V., Ziff. 1, bezog.

Im Übrigen kann dahinstehen, dass der Zeuge R. als früherer Geschäftsführer der Klägerin bei Vertragsschluss im Jahr 2011, wie er bekundet hat, irrtümlich davon ausgegangen ist, dass die Beklagte als ein Unternehmen öffentlicher Hand aufgetreten sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, war der Klägerin ausweislich der Einlassung des Zeugen R. doch bewusst, dass gerade nicht die für die öffentliche Widmung verantwortliche Gemeinde M., sondern die Stadt B. und der Landkreis A.-B. Gesellschafter der Beklagten waren.

Für die Kammer steht daher nicht zuletzt aufgrund der vorgenannten Ausführungen des Zeugen R. fest, dass die Parteien bei den Vertragsverhandlungen und der Vertragsbeurkundung keine vom Wortlaut des Notarvertrags abweichenden mündlichen Vereinbarungen im Hinblick auf die Umsetzung des Bebauungsplans getroffen haben und in dem Notarvertrag das von den Parteien tatsächlich Gewollte festgehalten wurde.

3.

Da es sowohl an einer vertraglichen Vereinbarung als auch an einer mündlichen Zusicherung der Beklagten fehlt, kann grundsätzlich offenbleiben, inwieweit es nach der beidseitigen Vertragserfüllung in der Hand der Beklagten lag, der Gemeinde M. die straßenrechtliche Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen zu ermöglichen. Diesseits ist jedoch anzumerken, dass die Kammer eine nachvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten im Ergebnis der Beweisaufnahme auch dann nicht zu erkennen vermag, wenn sich die Parteien über eine entsprechende nachvertragliche Nebenpflicht der Beklagten einig gewesen wären.

Insofern ist durch die Vernehmung der Zeugin S. hinreichend klar, dass die Beklagte im Rahmen des ihr Zumutbaren ohnehin alles Erforderliche für die Umsetzung des Bebauungsplans durch die Gemeinde M. getan hat. Die Zeugin S. hat glaubhaft geschildert, dass die Beklagte die Grundstücksflächen auf der Halbinsel X zunächst den Anrainer-Kommunen zur Ausübung des Vorkaufsrechts angeboten hat, wobei der Zweckverband Y, dem auch die Gemeinde M. angehört, nur einzelne Grundstücksflächen erwerben wollte. Der nachfolgende Verkauf der an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Flächen an private Investoren erfolgte durch die Beklagte erst nachdem der Zweckverband keinen Gebrauch von der Ausübung seines Vorkaufsrechts bezüglich dieser der öffentlichen Widmung dienenden Flächen gemacht hat. Daraus wird erkennbar, dass die Beklagte der Gemeinde M. die straßenrechtliche Widmung zumindest ermöglicht hat. Dass der Zweckverband zum damaligen Zeitpunkt keinen Gebrauch von seinem Vorkaufsrecht gemacht und die Gemeinde die öffentliche Widmung der angrenzenden Verkehrsflächen nicht unmittelbar vollzogen hat, kann nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Denn die Beklagte konnte die rechtliche Umsetzung des Bebauungsplans in der Fassung der 3. Änderung, wie bereits ausgeführt, nicht ohne die erforderliche Mitwirkung der Gemeinde M. vorantreiben.

4.

Aus alledem folgt, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits dem Grunde nach ausscheidet. Die Einwendungen zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs können daher ebenso dahinstehen wie die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung.

II.

Darüber hinaus kann die Klägerin von der Beklagten auch keine Anpassung des notariellen Grundstückskaufvertrags wegen dem Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB verlangen. Insoweit gelangen für den vorliegenden Streitfall aus mehreren Gründen weder § 313 Abs. 1 BGB noch § 313 Abs. 2 BGB zur Anwendung.

1.

Nach § 313 Abs. 1 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Voraussetzung der Vertragsanpassung ist, dass einem Vertragspartner das Festhalten am unveränderten Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, nicht mehr zugemutet werden kann.

Hierbei sind Geschäftsgrundlagen die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei vor dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien sich aufbaut (BGH, Urt. vom 27.09.1991, DNotZ 1992, 300). Insoweit die Parteien etwas ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht haben, kann dies im Hinblick auf den Vorrang der Vertragsauslegung nicht mehr unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage beurteilt werden.

Vor diesem Hintergrund kommt eine nachträgliche Anpassung des Vertrags im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB schon wegen des Wortlauts der vertraglichen Vereinbarungen unter Abschnitt V. Ziff. 1. und Ziff. 2 nicht in Betracht.

Insofern haben die Parteien die Übernahme einer Garantie für die Bebaubarkeit des Grundstücks eindeutig ausgeschlossen. Zudem wurde im Vertrag ausdrücklich festgehalten, dass die separate Erschließung der Trasse, die unter anderem zur Versorgung und Entsorgung des Kaufgrundstücks notwendig ist, in Verantwortung der Gemeinde M. zu erfolgen hat. Da sowohl die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks als auch die voraussichtliche Erschließung des Grundstücks zum Vertragsinhalt geworden ist, scheidet eine Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB nach Auffassung der Kammer von vornherein aus.

Im Übrigen wären die Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB aber auch bei einer Außerachtlassung des entgegenstehenden Vertragsinhalts nicht erfüllt. Denn insoweit müssen die zur Grundlage des Vertrages gewordenen Umstände sich nach Abschluss des Vertrags verändert haben, wobei für eine Vertragsanpassung eine schwerwiegende und zugleich nicht vorhersehbare Veränderung eingetreten sein muss. Hingegen kann § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich keine Anwendung finden, wenn sich durch die geltend gemachte Störung ein Risiko verwirklicht hat, welches eine Partei übernommen hat (vgl. BGH, Urt. vom 09.05.2012, NJW 2012, 2733). Insoweit begründen vorausgesehene Änderungen in der Regel keine Recht aus § 313 (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., Rdnr. 23 zu § 313 mwN). Da die Klägerin mit dem Notarvertrag vom #.#.2011 ein Grundstück erworben hat, dessen Erschließung und Bebaubarkeit zum Kaufzeitpunkt noch nicht gesichert war, stellt sich bereits die Frage, inwieweit die fehlende Umsetzung des Bebauungsplans objektiv vorhersehbar gewesen ist. Schließlich war der Klägerin ihrem eigenen Vortrag zufolge bewusst, dass die zukünftige Bebaubarkeit der von ihr erworbenen Flächen maßgeblich vom weiteren Tätigwerden der Gemeinde M. abhängen wird. Die Frage, ob zum Kaufzeitpunkt absehbar gewesen ist, dass die Erschließung des Grundstücks Probleme bereiten könnte, kann zwar offenbleiben, da eine Anpassung des Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB in Einzelfällen auch dann möglich ist, wenn beide Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die objektiv vorhersehbare Entwicklung nicht eintreten werde (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., Rdnr. 23 zu § 313 mwN).

Insofern kann nach dem Vortrag der Parteien auch angenommen werden, dass diese bei Vertragsschluss wohl übereinstimmend von der späteren Bebaubarkeit des Grundstücks ausgegangen sein dürften. Gleichwohl lag das Risiko der ungewissen Erschließung des Grundstücks dennoch allein bei der Klägerin, da beim Kauf von Bauerwartungsland grundsätzlich der Käufer das Risiko der Bebaubarkeit trägt (BGH NJW-RR 1995, 1105). Anders ist es nur, wenn sich aus dem Gesamtinhalt des Vertrags oder den Erörterungen bei Vertragsschluss ergibt, dass insoweit ausnahmsweise der Verkäufer risikobelastet sein soll (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. Rdnr. 37 zu § 313 mwN). Eine entsprechende Risikoübernahme der Beklagten ergibt sich jedoch, wie bereits unter Ziff. I. ausgeführt, weder aus dem Gesamtkontext des Vertrags noch aus den hierzu geführten Gesprächen zwischen den Parteien im Vorfeld des Vertragsschlusses. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Parteien gerade nicht übereinstimmend von einer Risikoverteilung zu Lasten der Beklagten ausgegangen sind und dahingehende Absprachen und Zusicherungen nicht erfolgt sind.

Zuletzt spricht gegen die Anwendbarkeit des § 313 Abs. 1 BGB auch der Umstand, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich schon nicht in Betracht kommt, wenn der zugrundeliegende Vertrag – wie hier – bereits von beiden Vertragsparteien vollständig erfüllt wurde (vgl. BGH, Urt. vom 15.11.2000, NJW 2001, 1204).

2.

Dem klägerischen Vortrag und Hinweis aus der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2020 (Bl. 42 f. d. A.) entsprechend war im vorliegenden Einzelfall allenfalls eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 2 BGB denkbar. Im Ergebnis der Beweisaufnahme sind aber auch die Voraussetzungen des Fehlens der Geschäftsgrundlage zu verneinen.

Gemäß § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Hiervon werden Fälle umfasst, in denen die subjektive Geschäftsgrundlage fehlt, die Parteien also einem gemeinschaftlichen Irrtum über einen für die Willensbildung wesentlichen Umstand unterlagen. Dem steht es gleich, wenn die falsche Vorstellung einer Partei, der die andere Partei nicht widersprochen hat, in dem den Vertrag zugrundeliegenden gemeinsamen Geschäftswillen aufgenommen worden ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., Rdnr. 38 zu § 313).

Grundlage für eine Vertragsanpassung kann demnach auch sein, dass die Parteien des Kaufvertrags einem gemeinsamen Irrtum über die öffentlichen Voraussetzungen für die Bebaubarkeit des verkauften Grundstücks oblegen haben (vgl. BGH NJW 1978, 695). Diesbezüglich scheiden Rechte aus § 313 Abs. 2 BGB aber aus, wenn die eingetretene Störung ausschließlich in die Risikosphäre einer Partei fällt (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., Rdnr. 19 ff., 38 zu § 313 BGB). Demzufolge muss die Störung das von der insoweit benachteiligen Partei zu tragende Risiko erkennbar überschreiten.

Dies vorangestellt haben sich keine wesentlichen Vorstellungen, die zur gemeinsamen Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausgestellt. Durch die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen ist ersichtlich geworden, dass die Parteien gerade nicht einvernehmlich davon ausgegangen sind, dass die Beklagte für die straßenrechtliche Widmung durch die Gemeinde M. Sorge tragen werde. Insofern dies der Vorstellung der Klägerin entsprochen hat, wurde diese Fehlvorstellung mangels entsprechender Zusicherung auch nicht durch die Beklagte veranlasst. Die einseitige Fehlvorstellung der Klägerin wurde jedenfalls nicht zum gemeinsamen Geschäftswillen aufgenommen.

Die Klägerin hat ein zum Kaufzeitpunkt nicht bebautes und rechtlich nicht an die Öffentlichkeit angeschlossenes Grundstück erworben. Die objektiv vorliegende Möglichkeit einer zukünftigen Nichtbebaubarkeit dieser Fläche ist allein in ihre Risikosphäre gefallen. Die Beklagte hat in Bezug auf die Umsetzung des Bebauungsplans und die Erschließung des Grundstücks kein Risiko übernommen. Für sie war auch nicht erkennbar, dass die Klägerin irrtümlicherweise von einer entsprechenden Risikoübernahme von Seiten der Beklagten ausgegangen ist. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 2 BGB fehlt es somit in jeglicher Hinsicht an dem Vorliegen einer Geschäftsgrundlage.

III.

Die Zinsforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung. In Ermangelung eines Schadensersatzanspruchs kann die Klägerin keine Zinsen von der Beklagten beanspruchen.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in §§ 48 GKG, 3 ZPO.

V.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Streithelfers der Beklagten vom 09.03.2021, der Klägerin vom 11.03.2021 sowie der Beklagten vom 12.03.2021 wurden von der Kammer im Rahmen der Entscheidungsfindung berücksichtigt. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 156 ZPO wurde jedoch von der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mangels entsprechendem Anlass abgesehen.

 

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