Skip to content

Haftpflichtversicherung – Beschädigung Schaufensterscheibe

Haftpflichtversicherer zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Urteil (Az: 3 U 21/10) vom 02. Juli 2010 entschieden, dass ein Haftpflichtversicherer Schadenersatz für die Beschädigung einer Schaufensterscheibe zahlen muss. Die Beklagte hatte ursprünglich die Eintrittspflicht abgelehnt, da sie annahm, dass die versicherte Person vorsätzlich gehandelt hatte. Das OLG hat jedoch festgestellt, dass keine vorsätzliche Handlung vorlag und somit die Eintrittspflicht der Beklagten nicht ausgeschlossen ist.

Direkt zum Urteil Az: 3 U 21/10 springen.

Keine vorsätzliche Handlung des Schädigers festgestellt

Das OLG Frankfurt am Main hat in seiner Entscheidung die Feststellungen des Landgerichts zur Frage des Vorsatzes des Schädigers für unzureichend befunden. Die Beklagte als Haftpflichtversicherer wäre darlegungs- und beweispflichtig gewesen. Das Gericht hat festgestellt, dass die versicherte Person die Beschädigung bzw. Zerstörung der Schaufensterscheibe nicht gewollt hat und somit kein Vorsatz, auch kein bedingter Vorsatz, vorliegt.

Schadenersatz umfasst auch Zwangsvollstreckungskosten

Die Beklagte wurde darüber hinaus verurteilt, auch die Zwangsvollstreckungskosten zu tragen. Diese Kosten wurden als adäquat verursacht angesehen, da die Klägerin erst durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in die Lage versetzt wurde, gegenüber der Beklagten deren Eintrittspflicht geltend zu machen. Die Beklagte hat durch ihr eigenes Verhalten diese Kosten selbst mit veranlasst, indem sie den Deckungsschutz abgelehnt und die versicherte Person nicht bei der Verteidigung gegen den von dritter Seite geltend gemachten Anspruch unterstützt hat.

Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit

Das Gericht hat die Kostenentscheidung auf § 91 ZPO gestützt und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO hergeleitet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach §§ 543 Abs. 2 ZPO waren in diesem Fall nicht erfüllt.

Benötigen Sie Hilfe in einem ähnlichen Fall? Jetzt Ersteinschätzung anfragen oder Beratungstermin vereinbaren: 02732 791079.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Frankfurt/Main – Az: 3 U 21/10 – Urteil vom 02.07.2010


1. Das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.11.2009 (2-04 O 297/09) wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteil, an die Klägerin 5.582,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.635,50 € seit dem 21.02.2009, aus 489,44 € seit dem 01.09.2009 und aus 388,76 € seit dem 11.06.2009 zu zahlen, sowie weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 181,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt als Glasversicherer eines Hauseigentümers die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Schädigers wegen Beschädigung einer Schaufensterscheibe in Anspruch, nachdem sie sich im Anschluss an einen von ihr erwirkten Vollstreckungsbescheid den Freistellungsanspruch des Schädigers gegen die Beklagte im Wege der Pfändung hat überweisen lassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, 313. Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Nach dem Ergebnis der vor dem Einzelrichter des Senats durchgeführten ergänzenden Beweisaufnahme durch Anhörung der bei der Beklagten versicherten Person, die den streitgegenständlichen Schaden an einer Schaufensterscheibe verursacht hat, steht fest, dass diese nicht vorsätzlich gehandelt hat. Damit ist die Eintrittspflicht der Beklagten aus dem Haftpflichtversicherungsverhältnis entgegen ihrer und der Meinung der Vorinstanz nicht ausgeschlossen. Die Beklagte hat vielmehr in vollem Umfang für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden einzustehen, da unstreitig andere Gesichtspunkte der Eintrittspflicht der Beklagten nicht entgegenstehen.

1. Die Feststellungen des Landgerichts zur Frage vorsätzlichen Handelns des Schädigers im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 AHB, dessen Feststellung zum Wegfall der Eintrittspflicht der Beklagten führen würde, sind unzureichend gewesen. Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit die Beklagte als Haftpflichtversicherer (Prölss / Martin / Voit / Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 4 AHB Rn 84). Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Vorsatz des Schädigers auch die Schadensfolgen umfassen muss (ständige Rechtsprechung, BGH VersR 1998, 1011 = NJW-RR 1998, 1321), jedoch bedarf es auch einer konkreten Feststellung zur Frage der vorsätzlichen Herbeiführung des Schadens; dabei sind auch Umstände, die die Schuldfähigkeit beeinträchtigen (BGH a. a. O., Juris Rn 11) im Rahmen der Abgrenzung von grober Fahrlässigkeit zu bedingtem Vorsatz zu berücksichtigen. Vorliegend hatte das Erstgericht deshalb auch der Frage nachzugehen, inwieweit der bei der Beklagten versicherte Schädiger im Affekt in seiner Einsichts- und Hemmungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen ist. Das Landgericht ist selbst ist zutreffend davon ausgegangen, dass solche Umstände bei der Beurteilung der Schuld maßgeblich seien; dass gilt folglich auch für die hier zu beurteilenden Schuldformen grober Fahrlässigkeit oder bedingten Vorsatzes.

2. Im Ergebnis konnte die Frage einer Affekthandlung vorliegend jedoch auf sich beruhen, weil nach dem Ergebnis der vom Landgericht unterlassenen Anhörung des bei der Beklagten versicherten Schädigers mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden konnte, dass dieser die Beschädigung bzw. Zerstörung der Schaufensterscheibe nicht gewollt hat. Dafür sprach entgegen der Annahme des Landgerichts bereits der Umstand, dass sich die nach vorausgegangenen Auseinandersetzungen innerhalb einer Gruppe von Jugendlichen beim Schädiger aufgebaute Wut oder Aggressionen weder gegen den Inhaber des Sonnenstudios, dessen Schaufensterscheibe beschädigt wurde, noch gegen den Hauseigentümer, sondern gegen insbesondere eine Person aus der Jugendgruppe gerichtet hat, die sich bereits entfernt hatte. Aus den ausführlichen und freimütigen Angaben des Versicherten der Beklagten war zu entnehmen, dass dieser sowohl nach seiner allgemeinen Persönlichkeit als auch in der damals gegebenen Situation, soweit diese noch zu rekonstruieren war, nicht den Willen hatte, fremdes Eigentum zu beschädigen oder dies auch nur in Kauf zu nehmen. In der Anhörung war deutlich erkennbar, dass der Jugendliche auf Befragen offen antwortete, ohne darauf zu achten, inwieweit seine Angaben sein Verhalten in einem günstigeren oder schlechteren Licht erscheinen ließen. Deshalb führten seine Angaben zu der sicheren Überzeugung, dass hinsichtlich der streitgegenständlichen Beschädigung Vorsatz, auch bedingter Vorsatz auszuschließen ist.

3. Entgegen der Meinung der Beklagten umfasst der von ihr zu tragende Gesamtschaden auch die „Zwangsvollstreckungskosten“. Diese bestehen vorliegend allein in den Kosten für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Blatt 25 ff d.A.), der die Klägerin erst in die Lage versetzt hat, gegenüber der Beklagten deren Eintrittspflicht gegenüber ihrer versicherten Person geltend zu machen. Diese Kosten sind durch den Schadenfall folglich ebenso adäquat verursacht wie die Kosten für die anwaltliche Vertretung und die Erwirkung eines Vollstreckungsbescheids gegen den Schädiger, wodurch die Voraussetzungen für die Pfändung und Überweisung erst geschaffen wurden. Die Beklagte hat durch ihr eigenes Verhalten diese Kosten selbst mit veranlasst, indem sie den Deckungsschutz abgelehnt und die versicherte Person nicht bei der Verteidigung gegen den von dritter Seite geltend gemachten Anspruch unterstützt hat (§ 150 Abs. 1 VVG alter Fassung).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EG ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach §§ 543 Abs. 2 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos