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Handlungsvollmacht – Wirksamkeit der Beschränkung

Was, wenn die vermeintliche Sicherheit eines 20-Jahres-Pachtvertrags plötzlich zerbricht? Ein Landgericht musste klären, ob eine beliebte Event-Location ihre mühsam aufgebaute Existenz räumen muss. Im Zentrum des Streits stand eine weitreichende Unterschrift, die der Vermieter plötzlich für ungültig erklärte und die sofortige Räumung forderte.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 172/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Kiel
  • Datum: 28.10.2022
  • Aktenzeichen: 17 O 172/21
  • Verfahrensart: Klageverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Pachtrecht, Vertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Klägerin, der Träger des „…“, ist die Vermieterin/Verpächterin einer Event-Location und Gastronomie. Sie wollte das Mietverhältnis beenden und die Räumlichkeiten zurückerhalten.
  • Beklagte: Die Beklagte ist die Mieterin/Pächterin der Event-Location. Sie bestand auf der Gültigkeit des Mietvertrags und seiner langfristigen Verlängerung.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin und die Beklagte schlossen einen Mietvertrag über eine Event-Location. Streitpunkt war die Wirksamkeit einer langfristigen Vertragsverlängerung auf 20 Jahre, die durch einen Mitarbeiter der Klägerin unterzeichnet wurde. Die Klägerin erklärte die Anfechtung und Kündigung des Vertrages, da sie die Verlängerung für unwirksam hielt.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob das Miet-/Pachtverhältnis aufgrund der 20-jährigen Vertragsverlängerung wirksam fortbesteht oder ob es durch Anfechtung, Kündigung oder Formmängel beendet wurde. Dies betraf insbesondere die Vertretungsmacht des Unterzeichners auf Seiten der Klägerin und die Einhaltung der Schriftform.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht entschied, dass der Hauptmietvertrag wirksam ist und nicht beendet wurde. Die Klage der Klägerin auf Räumung der Kernflächen des Objekts wurde größtenteils abgewiesen. Die Beklagte muss lediglich einige bestimmte Räumlichkeiten und Gegenstände räumen, die nicht ursprünglich im Vertrag enthalten waren.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die 20-jährige Vertragsverlängerung wirksam ist, da der Vertreter der Klägerin diese nachweislich vereinbarte und das Schriftformerfordernis erfüllt wurde. Die zahlreichen Kündigungen der Klägerin wurden als unbegründet abgewiesen. Nur Räumlichkeiten und Gegenstände, die nicht explizit vom ursprünglichen Vertrag oder dessen wirksamer Verlängerung umfasst waren, müssen geräumt werden.
  • Folgen: Der langjährige Mietvertrag bleibt bestehen. Die Klägerin muss den Großteil der Prozesskosten tragen, da sie mit ihrem Anliegen weitgehend unterlegen war. Die Beklagte muss nur die nicht vertraglich vereinbarten Zusatzflächen und Gegenstände räumen und herausgeben.

Der Fall vor Gericht


Streit um 20-Jahres-Vertrag: Warum ein Restaurant trotz Kündigung bleiben durfte

Wer ein Restaurant pachtet, hofft auf eine lange und sichere Zukunft. Ein langfristiger Vertrag gibt Planungssicherheit für Investitionen und den Aufbau eines treuen Kundenstamms. Doch was passiert, wenn der Vermieter nach Jahren der Zusammenarbeit plötzlich behauptet, eine entscheidende Vertragsverlängerung sei völlig ungültig? Genau diese Frage musste das Landgericht Kiel klären. Es ging um eine beliebte Event-Location, einen langjährigen Pachtvertrag und eine Unterschrift, die plötzlich alles infrage stellte.

Hände unterschreiben 20-Jahre Event-Gastronomie-Pachtvertrag mit Kugelschreiber
Unterschrift unter 20-Jahres-Pachtvertrag für Event-Gastronomie: Scheinbare Einigung führt zum Vertragsstreit. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht musste entscheiden, ob eine Gastronomin ihre mühsam aufgebaute Existenz räumen muss oder ob die Verlängerung ihres Vertrages um 20 Jahre rechtens war. Um das zu verstehen, müssen wir uns die Geschichte dieses Vertrages von Anfang an ansehen.

Der Pachtvertrag und die Wende nach sechs Jahren

Im Jahr 2014 schloss eine Gastronomin, die wir hier als die Beklagte bezeichnen, einen Pachtvertrag mit dem Betreiber einer öffentlichen Anlage, der Klägerin. Ein Pachtvertrag ist ähnlich wie ein Mietvertrag, umfasst aber oft nicht nur Räume, sondern auch das Recht, ein bestehendes Geschäft mit Inventar zu betreiben. Vertragsgegenstand war eine Event-Gastronomie mit Café und Terrassen. Der Vertrag lief zunächst nur für ein knappes Jahr, enthielt aber Optionen zur Verlängerung.

In den folgenden Jahren funktionierte die Zusammenarbeit gut. Die Gastronomin nutzte ihre Optionen, und der Vertrag wurde mehrfach verlängert, immer für ein oder zwei Jahre. Alle diese Verlängerungen wurden für die Vermieterin von demselben Mann unterzeichnet: einem langjährigen Werkleiter, den wir hier als den Zeugen M. bezeichnen. Er war das Gesicht der Vermieterin für die Gastronomin. Im Jahr 2017 wurde der Vertrag sogar so geändert, dass er sich automatisch um ein Jahr verlängert, wenn nicht eine der beiden Seiten rechtzeitig kündigt.

Die folgenschwere Verlängerung: Ein Vertrag für 20 Jahre

Im Mai 2020 kam es dann zu einer entscheidenden Wendung. Der Zeuge M. und die Gastronomin unterzeichneten einen Nachtrag zum Vertrag. Doch diesmal ging es nicht um eine Verlängerung um ein oder zwei Jahre. Der Vertrag sollte nun fest für 20 Jahre laufen, bis zum Jahr 2040. Eine enorme Sicherheit für die Gastronomin, aber auch eine sehr lange Bindung für die Vermieterin. Kurz darauf, nur wenige Monate später, änderte sich die Haltung der Vermieterin radikal.

Sie erklärte, die Unterschrift ihres Werkleiters M. sei wertlos. Er habe gar nicht die Befugnis gehabt, einen derart weitreichenden Vertrag abzuschließen. Seine interne Vertretungsmacht – also die Erlaubnis, im Namen der Firma zu handeln – sei auf Geschäfte bis zu einem bestimmten Wert begrenzt gewesen. Die Vermieterin erklärte die Anfechtung des Vertrages. Eine Anfechtung ist ein juristisches Mittel, mit dem man eine eigene Willenserklärung rückwirkend für ungültig erklären kann, zum Beispiel wegen eines Irrtums oder einer Täuschung. Zusätzlich kündigte sie den Pachtvertrag und forderte die Gastronomin auf, die Räumlichkeiten zum Jahresende zu verlassen.

Die Kernfrage für das Gericht: War der Vertrag vom 15. Mai echt?

Hier wurde es kompliziert, denn es gab nicht nur einen, sondern zwei fast identische Nachträge. Einen vom 14. Mai 2020 und einen weiteren vom 15. Mai 2020. Die Vermieterin argumentierte, nur der Vertrag vom 14. Mai sei ihr bekannt und dieser sei aus verschiedenen Gründen unwirksam. Das Dokument vom 15. Mai, das die Gastronomin vorlegte, sei eine Fälschung, die erst nachträglich für den Prozess erstellt worden sei.

Aber warum sollte es überhaupt ein zweites Dokument geben? Die Gastronomin erklärte dem Gericht den Ablauf. Ein Freund von ihr, der sich mit Immobiliengeschäften auskennt, habe sich den Vertrag vom 14. Mai angesehen. Ihm sei aufgefallen, dass darin ein wichtiger formaler Punkt fehlte: ein Verweis auf alle früheren Vertragsänderungen. Bei langjährigen Mietverträgen in Deutschland gibt es eine strenge Regel, die sogenannte Schriftform. Sie besagt, dass alle wesentlichen Vereinbarungen schriftlich festgehalten und miteinander verbunden sein müssen, damit der Vertrag nicht einfach vorzeitig gekündigt werden kann.

Die Aussagen der Zeugen: Eine Kette von plausiblen Ereignissen

Um herauszufinden, was wirklich passiert war, hörte das Gericht mehrere Zeugen an. Die Geschäftsführerin der Gastronomin schilderte nachvollziehbar, wie sie nach dem Hinweis ihres Freundes sofort den Werkleiter M. anrief. Dieser habe zunächst gemeint, das sei nicht so wichtig, sich aber dann überzeugen lassen. Am nächsten Tag, dem 15. Mai, habe sie in seinem Büro eine korrigierte Version des Vertrags unterzeichnet, die nun den entscheidenden Verweis auf die früheren Nachträge enthielt.

Auch der Freund der Gastronomin bestätigte diese Geschichte als Zeuge. Er erklärte sachlich, wie ihm der formale Mangel auffiel und er dies der Geschäftsführerin mitteilte. Seine Aussage wirkte auf das Gericht glaubhaft. Schließlich bestätigte auch der Werkleiter M. selbst den gesamten Vorgang. Er räumte ein, dass er sich mit der rechtlichen Notwendigkeit solcher Verweise nicht ausgekannt habe, aber auf Bitten der Gastronomin die korrigierte Fassung am 15. Mai unterschrieben habe.

Warum die Einwände der Vermieterin nicht überzeugten

Die Vermieterin versuchte, die Glaubwürdigkeit des Werkleiters M. zu erschüttern. Er habe nach seiner Kündigung ein Motiv, der Firma zu schaden. Außerdem habe er die Geschäftsleitung nie über den korrigierten Vertrag informiert. Das Gericht sah das anders. Es hielt es für plausibel, dass der Werkleiter M., der seit 26 Jahren eigenverantwortlich handelte, die internen Wertgrenzen falsch verstand und dachte, sie gelten nur für Ausgaben, nicht für Verträge, die Einnahmen bringen.

Auch das Argument, das Dokument vom 15. Mai sei eine Fälschung, wies das Gericht als reine Spekulation zurück. Der Stempel und die Unterschrift sahen echt aus. Dass das Papier in den Akten der Vermieterin fehlte, beweist nichts. Das Gericht stellte fest, dass nach dem Ausscheiden des Werkleiters viele Personen Zugriff auf die Unterlagen hatten. Nur weil ein Papier in einem vielleicht unübersichtlichen Ordner fehlt, bedeutet das nicht, dass es nie existiert hat. Das Gericht war daher überzeugt: Der Vertrag vom 15. Mai 2020 ist echt und wurde von beiden Seiten wirksam unterschrieben.

Die rechtliche Hürde der „Schriftform“: Warum ein kleiner Satz alles änderte

Mit der Echtheit des Dokuments war eine wichtige Hürde genommen. Aber war der Vertrag damit auch „wasserdicht“? Hier kommt die bereits erwähnte Schriftform ins Spiel (§ 550 BGB). Diese Vorschrift soll Käufer von Immobilien schützen. Sie sollen aus den schriftlichen Unterlagen genau ersehen können, welche langfristigen Mietverträge auf sie übergehen. Daher muss ein langfristiger Mietvertrag alle wesentlichen Punkte – wie Mietgegenstand, Dauer und Miete – in einer einheitlichen Urkunde enthalten. Änderungen müssen entweder in einem neuen, vollständigen Vertrag festgehalten oder im Änderungsdokument klar mit dem ursprünglichen Vertrag verknüpft werden.

Man kann sich das wie eine Kette vorstellen. Der ursprüngliche Vertrag ist das erste Glied. Jede spätere Änderung ist ein weiteres Glied. Damit die Kette hält, müssen alle Glieder fest miteinander verbunden sein, etwa durch klare Verweise. Fehlt eine solche Verbindung, kann die Kette – und damit der langfristige Vertrag – leicht „brechen“. Das bedeutet, der Vertrag gilt dann als unbefristet und kann mit der gesetzlichen Frist ordentlich gekündigt werden. Genau das hatte der Freund der Gastronomin befürchtet. Der Nachtrag vom 15. Mai heilte dieses Problem, weil er ausdrücklich auf den „Mietvertrag vom 27.02.2014 mit folgenden Nachträgen“ Bezug nahm. Damit war die Kette geschlossen, die Schriftform gewahrt und der Vertrag nicht mehr aus diesem Grund kündbar.

Die Welle der Kündigungen: Warum keine davon das Vertragsverhältnis beendete

Die Vermieterin hatte jedoch nicht nur eine, sondern gleich eine ganze Reihe von Kündigungen ausgesprochen. Sie versuchte, das Vertragsverhältnis aus verschiedenen anderen Gründen fristlos zu beenden. Eine fristlose Kündigung ist nur bei sehr schweren Vertragsverstößen möglich, die es einer Seite unzumutbar machen, am Vertrag festzuhalten.

Doch auch hier hatte die Vermieterin keinen Erfolg. Eine Kündigung stützte sie auf einen angeblichen Verstoß gegen das Vergaberecht, was aber von einem höheren Gericht bereits verneint worden war. Andere Kündigungsgründe, wie die angebliche unerlaubte Entfernung einer Stahlfigur oder die Untervermietung von Räumen, konnte die Vermieterin nicht ausreichend beweisen oder sie waren nicht schwerwiegend genug für eine fristlose Kündigung. Auch die Verdachtskündigung, weil das Dokument vom 15. Mai eine Fälschung sein könnte, scheiterte, da das Gericht ja gerade vom Gegenteil überzeugt war. Somit blieben alle Kündigungen wirkungslos.

Ein teilweiser Sieg: Welche Räume die Gastronomin räumen musste und warum

Das Gericht entschied also, dass der Pachtvertrag mit der Laufzeit bis 2040 wirksam ist. Die Gastronomin durfte in ihrer Haupt-Location bleiben. Die Klage auf Räumung wurde in diesem Punkt abgewiesen. Das bedeutet, das Gericht hat dem Hauptanliegen der Vermieterin nicht stattgegeben.

Allerdings hatte die Klage in einem kleinen Teil doch Erfolg. Die Gastronomin hatte im Laufe der Jahre ihre Geschäftstätigkeit ausgeweitet und nutzte zusätzliche Räume im Erd- und Obergeschoss sowie Zelte und einen Container im Außenbereich. Diese Bereiche waren im ursprünglichen Vertrag von 2014 nicht erwähnt. Es konnte auch nicht bewiesen werden, dass sie später wirksam in den langfristigen Vertrag aufgenommen wurden. Daher entschied das Gericht, dass die Gastronomin für diese speziellen Flächen keinen gültigen Pachtvertrag hat und sie deshalb räumen und an die Vermieterin herausgeben muss. Alle im ursprünglichen Vertrag genannten Räume und das dazugehörige Inventar durfte sie aber behalten.



Die Schlüsselerkenntnisse

Aus diesem Urteil lernen wir drei wichtige Lektionen: Erstens können auch langjährige Mitarbeiter rechtsgültige Verträge für ihr Unternehmen abschließen, wenn sie dies jahrelang getan haben und es normal erscheint – selbst wenn interne Grenzen überschritten werden. Zweitens ist bei langfristigen Miet- und Pachtverträgen die korrekte schriftliche Form entscheidend: Alle Änderungen müssen klar auf vorherige Verträge verweisen, sonst kann der Vermieter leichter kündigen. Drittens zeigt das Urteil, dass fristlose Kündigungen nur bei wirklich schweren Vertragsverstößen möglich sind – bloße Verdächtigungen oder Vermutungen reichen nicht aus. Die Quintessenz ist, dass Gerichte Verträge schützen, wenn sie ordnungsgemäß zustande gekommen sind und beide Seiten sich daran gehalten haben, selbst wenn eine Partei später bereut und den Vertrag loswerden möchte.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

 

Was bedeutet es, wenn jemand für ein Unternehmen einen Vertrag unterzeichnet?

Wenn eine Person für ein Unternehmen einen Vertrag unterzeichnet, bedeutet das, dass das Unternehmen selbst durch diese Unterschrift rechtlich gebunden wird. Es ist also nicht die Person privat der Vertragspartner, sondern die Firma. Damit ein Vertrag das Unternehmen wirksam bindet, muss die unterzeichnende Person jedoch berechtigt sein, das Unternehmen zu vertreten. Diese Berechtigung nennt man Vertretungsbefugnis. Nicht jeder Mitarbeiter darf Verträge für ein Unternehmen abschließen.

Wer darf ein Unternehmen rechtlich binden?

Die Befugnis, ein Unternehmen zu vertreten und damit Verträge zu unterzeichnen, liegt in der Regel bei bestimmten Personen oder ist diesen speziell übertragen worden:

  • Die Geschäftsführung oder der Vorstand: Dies sind die gesetzlichen Vertreter eines Unternehmens. Bei einer GmbH ist dies der Geschäftsführer, bei einer Aktiengesellschaft (AG) der Vorstand. Ihre Vertretungsbefugnis ist sehr umfassend und ergibt sich direkt aus ihrer Position. Sie sind im Handelsregister eingetragen.
  • Der Prokurist: Eine Prokura ist eine umfassende geschäftliche Vollmacht. Ein Prokurist darf fast alle Arten von Geschäften für das Unternehmen abschließen, außer zum Beispiel Immobilien zu verkaufen oder das Unternehmen zu belasten, es sei denn, er hat dafür eine besondere Erlaubnis. Die Prokura muss im Handelsregister eingetragen sein. Prokuristen unterschreiben oft mit dem Zusatz „ppa.“ (per procura).
  • Der Handlungsbevollmächtigte: Eine Handlungsvollmacht ist weniger umfassend als eine Prokura und oft auf bestimmte Geschäfte oder Geschäftsbereiche beschränkt. Sie wird nicht im Handelsregister eingetragen. Ein Handlungsbevollmächtigter darf in der Regel nur Geschäfte tätigen, die zum gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens gehören. Sie unterschreiben oft mit „i.V.“ (in Vollmacht) oder „i.A.“ (im Auftrag).

Wie erkennen Sie die Befugnis einer Person?

Als Vertragspartner ist es wichtig zu wissen, ob die Person, die den Vertrag unterzeichnet, auch tatsächlich berechtigt ist, das Unternehmen zu binden. Hier sind Anhaltspunkte, wie Sie dies einschätzen können:

  • Handelsregisterauszug prüfen: Die gesetzlichen Vertreter (Geschäftsführer, Vorstände) und Prokuristen sind im Handelsregister eingetragen. Sie können online oder beim zuständigen Amtsgericht einen Handelsregisterauszug einsehen. Dies ist die sicherste Methode, um die allgemeine Vertretungsbefugnis zu überprüfen.
  • Art der Unterschrift: Achten Sie auf Zusätze wie „ppa.“ (Prokura) oder „i.V.“ / „i.A.“ (Handlungsvollmacht). Diese Zusätze geben einen Hinweis auf die Art der Vollmacht.
  • Rückfrage im Unternehmen: Im Zweifel können Sie direkt im Unternehmen nachfragen oder sich die Vollmacht schriftlich bestätigen lassen.
  • Umfang des Geschäfts: Bei sehr großen oder ungewöhnlichen Geschäften sollten Sie besonders sorgfältig prüfen, ob die unterzeichnende Person die entsprechende Befugnis besitzt.

Wenn jemand einen Vertrag ohne die notwendige Vertretungsbefugnis für ein Unternehmen unterzeichnet, wird der Vertrag das Unternehmen in der Regel nicht wirksam binden. Die Person, die ohne Befugnis unterschrieben hat, kann dann persönlich für den entstandenen Schaden haften.


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Warum ist die schriftliche Form bei langen Miet- oder Pachtverträgen so wichtig?

Die schriftliche Form bei Miet- und Pachtverträgen, die für eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen werden, ist gesetzlich vorgeschrieben und von großer Bedeutung. Wenn ein solcher Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen wird oder spätere Änderungen nicht korrekt schriftlich festgehalten werden, hat dies eine gravierende Folge: Der Vertrag gilt dann nicht für die ursprünglich vereinbarte lange Laufzeit, sondern kann von beiden Seiten jederzeit ordentlich gekündigt werden, als wäre er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Die eigentlich beabsichtigte langfristige Bindung entfällt also.

Der Schutzgedanke hinter der Schriftform

Der Gesetzgeber hat diese strenge Regelung eingeführt, um vor allem einen sogenannten Erwerberschutz zu gewährleisten. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen eine Immobilie, die vermietet oder verpachtet ist. Sie treten als neuer Eigentümer automatisch in die bestehenden Miet- oder Pachtverträge ein. Ohne die Schriftform könnten Sie als Käufer nicht einfach durch Einsicht in die Vertragsdokumente feststellen, welche genauen Bedingungen (wie Laufzeit, Miet- oder Pachtzins, Rechte und Pflichten) für das Miet- oder Pachtverhältnis gelten. Der Gesetzgeber möchte verhindern, dass Sie sich auf mündliche Absprachen oder unvollständige Unterlagen verlassen müssen.

Die schriftliche Form sorgt für Klarheit und Rechtssicherheit. Sie ermöglicht es jedem, der später in den Vertrag eintritt – sei es als Käufer der Immobilie oder als Erbe – die vollständigen und verbindlichen Bedingungen des Vertrags direkt aus dem Dokument zu erkennen. Das schützt den neuen Eigentümer vor Überraschungen und macht die Rechte und Pflichten für alle Parteien transparent.

Was alles schriftlich sein muss und die Folgen bei Fehlern

Damit die Schriftform als erfüllt gilt und die langfristige Bindung erhalten bleibt, müssen nicht nur die wesentlichen Vertragsinhalte (wie Vertragsparteien, Miet-/Pachtobjekt, Miet-/Pachtzins und die genaue Laufzeit) schriftlich festgehalten sein. Auch alle späteren Änderungen, die einen wesentlichen Punkt des Vertrages betreffen, müssen ebenfalls schriftlich fixiert werden.

Ein häufiger Fehler ist, dass ein langfristiger Vertrag zwar ursprünglich schriftlich abgeschlossen wurde, spätere Änderungen (z.B. eine Mieterhöhung, die Änderung der Pachtfläche oder eine Verlängerung der Laufzeit) jedoch nur mündlich vereinbart oder nicht ausreichend klar mit dem ursprünglichen Vertrag verknüpft werden. Fehlt diese korrekte schriftliche Fixierung oder die logische Verknüpfung der Dokumente, kann dies zur Folge haben, dass der Vertrag – obwohl er eigentlich auf Jahre geschlossen wurde – plötzlich mit den gesetzlichen Fristen kündbar ist. Das bedeutet, dass die Parteien das Recht verlieren, sich auf die lange Laufzeit zu berufen, und der Vertrag wesentlich früher beendet werden könnte, als ursprünglich beabsichtigt.

Für Vermieter und Mieter, Verpächter und Pächter bedeutet dies, dass bei Verträgen über ein Jahr größte Sorgfalt bei der schriftlichen Fixierung und allen späteren Anpassungen erforderlich ist, um die langfristige Bindung nicht ungewollt zu gefährden.


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Wann kann ein bereits unterschriebener Vertrag nachträglich angefochten werden?

Ein bereits unterschriebener Vertrag ist grundsätzlich bindend und muss von allen Parteien eingehalten werden. Dies ist die Grundlage für Vertrauen und Sicherheit im Rechtsverkehr. Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen ein Vertrag nachträglich angefochten werden kann. Das bedeutet, er wird so behandelt, als wäre er von Anfang an ungültig gewesen. Dies ist aber nur unter sehr spezifischen, gesetzlich geregelten Bedingungen möglich und nicht, weil man einfach seine Meinung geändert hat oder ein Fehler entdeckt wurde, der die eigene Motivation für den Vertragsabschluss betrifft.

Gründe für eine Anfechtung

Die wichtigsten Gründe, die eine Anfechtung eines Vertrages ermöglichen, sind:

  • Irrtum: Ein Irrtum liegt vor, wenn eine Partei bei der Abgabe ihrer Erklärung etwas anderes sagen oder schreiben wollte, als sie tatsächlich gesagt oder geschrieben hat, oder wenn sie sich über eine wesentliche Eigenschaft eines Vertragspartners oder der Vertragssache geirrt hat.
    • Stellen Sie sich vor, Sie tippen versehentlich „1000 Euro“ statt „100 Euro“ in einen Vertrag – das wäre ein Erklärungsirrtum, weil Sie etwas anderes erklärt haben, als Sie wollten.
    • Oder Sie sagen, Sie verkaufen Ihr „Auto“, meinen aber Ihr „Motorrad“, weil Sie sich im Begriff geirrt haben – das wäre ein Inhaltsirrtum, weil Sie die Bedeutung Ihrer eigenen Erklärung falsch verstanden haben.
    • Ein Eigenschaftsirrtum liegt vor, wenn Sie sich über eine wesentliche Eigenschaft einer Person oder Sache irren, die für den Vertragsschluss entscheidend war. Denken Sie an den Kauf eines angeblich echten Kunstwerks, das sich als Fälschung herausstellt. Der Irrtum muss sich auf eine Eigenschaft beziehen, die für den Vertrag von grundlegender Bedeutung ist. Ein einfacher „Motivirrtum“, wie die Enttäuschung über die Farbe eines gekauften Pullovers, berechtigt nicht zur Anfechtung.
  • Arglistige Täuschung: Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn eine Vertragspartei die andere Partei vorsätzlich in die Irre führt, um sie zum Abschluss des Vertrages zu bewegen. Das bedeutet, es werden bewusst falsche Angaben gemacht oder wichtige Tatsachen verschwiegen, die dem anderen bekannt sein müssten.
    • Ein anschauliches Beispiel: Ein Verkäufer verschweigt bewusst schwerwiegende Mängel an einem Gebrauchtwagen, von denen er weiß, dass sie den Käufer vom Kauf abhalten würden.
  • Widerrechtliche Drohung: Wenn eine Vertragspartei zum Vertragsabschluss gezwungen wird, indem ihr widerrechtlich gedroht wird, kann der Vertrag angefochten werden. Die Drohung muss so schwerwiegend sein, dass die betroffene Person unter normalen Umständen den Vertrag nicht geschlossen hätte.
    • Ein Beispiel hierfür: Eine Person wird unter Androhung körperlicher Gewalt zur Unterschrift eines Vertrages gezwungen.

Ablauf und Fristen der Anfechtung

Die Anfechtung muss der anderen Vertragspartei gegenüber erklärt werden. Das bedeutet, die Partei, die den Vertrag anfechten möchte, muss der Gegenseite mitteilen, dass sie den Vertrag wegen eines der genannten Gründe anfechtet.

Wichtig sind auch die Fristen für die Anfechtung:

  • Bei einem Irrtum muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen, nachdem der Irrtum entdeckt wurde. „Unverzüglich“ bedeutet dabei ohne schuldhaftes Zögern, also so schnell wie möglich.
  • Bei arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung beträgt die Frist ein Jahr. Diese Frist beginnt, sobald die Täuschung entdeckt oder die Drohung beendet wurde.

Wirkung einer erfolgreichen Anfechtung

Wird ein Vertrag wirksam angefochten, gilt er als von Anfang an nichtig. Das bedeutet, rechtlich gesehen hat es diesen Vertrag nie gegeben. Bereits erbrachte Leistungen, wie beispielsweise gezahlte Geldbeträge oder übergebene Gegenstände, müssen dann gegenseitig zurückgewährt werden.

Für Sie bedeutet das: Ein unterschriebener Vertrag ist ein starkes und verbindliches Dokument. Eine Anfechtung ist ein Sicherheitsmechanismus des Gesetzes für Ausnahmefälle, der nur bei Vorliegen sehr klar definierter und nachweisbarer Umstände greift, um schutzwürdigen Interessen Rechnung zu tragen.


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Unter welchen Bedingungen kann ein langfristiger Geschäftsvertrag außerordentlich gekündigt werden?

Ein langfristiger Geschäftsvertrag kann außerordentlich gekündigt werden, wenn ein sogenannter „wichtiger Grund“ vorliegt. Die außerordentliche Kündigung ist auch als fristlose Kündigung bekannt und stellt ein ernstes Mittel dar, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für eine der Vertragsparteien unzumutbar geworden ist.

Was ist ein wichtiger Grund?

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn das Vertrauen zwischen den Vertragspartnern so stark gestört ist oder eine Vertragspflicht so gravierend verletzt wurde, dass man von der kündigenden Partei nicht erwarten kann, den Vertrag bis zum regulären Ende fortzusetzen. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen langfristigen Vertrag über die Lieferung von Waren. Wenn der Lieferant wiederholt und trotz Mahnung nicht liefert oder die Qualität derart schlecht ist, dass Ihre eigene Produktion stillsteht, könnte dies ein wichtiger Grund sein.

Solche Gründe ergeben sich oft aus:

  • Schwerwiegenden Pflichtverletzungen: Zum Beispiel wiederholte, erhebliche Nichtzahlung, dauerhafte Nichterfüllung wesentlicher Leistungen oder das bewusste Zufügen von Schaden.
  • Massiver Vertrauensbruch: Dies kann geschehen, wenn ein Vertragspartner vertrauliche Informationen missbraucht oder strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Vertrag begeht.
  • Unvorhersehbaren Ereignissen: Gelegentlich können Ereignisse außerhalb der Kontrolle der Parteien (wie Insolvenz der Gegenseite oder dauerhafte Betriebsschließung) die Fortsetzung unmöglich machen.

Die „Unzumutbarkeit“ und Interessenabwägung

Ob ein wichtiger Grund vorliegt, wird immer anhand des Einzelfalls und nach einer Interessenabwägung beurteilt. Hierbei wird geprüft, welche Interessen die kündigende Partei hat, den Vertrag zu beenden, und welche Interessen die andere Partei daran hat, dass der Vertrag fortgeführt wird. Es wird also gewogen, ob es der kündigenden Partei wirklich nicht zugemutet werden kann, bis zum regulären Vertragsende zu warten.

Die Rolle der Abmahnung

Oftmals ist vor einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Eine Abmahnung ist wie eine „gelbe Karte“: Die kündigende Partei weist die andere Partei auf die Pflichtverletzung hin und fordert sie auf, diese innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Erst wenn die Pflichtverletzung trotz Abmahnung nicht beseitigt wird oder so schwerwiegend ist, dass eine Abmahnung sinnlos erscheint (z.B. bei einem schweren Vertrauensbruch), kann außerordentlich gekündigt werden.

Frist zur Kündigung

Nachdem der wichtige Grund bekannt wird, muss die außerordentliche Kündigung in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist erklärt werden – oft sind dies zwei Wochen. Wenn diese Frist versäumt wird, kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung in Bezug auf diesen spezifischen Vorfall verloren gehen. Die Kündigung muss dabei klar und unmissverständlich erklärt werden.

Unterschied zur ordentlichen Kündigung

Die ordentliche Kündigung ist die normale Beendigung eines Vertrags unter Einhaltung der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfristen. Sie benötigt keinen wichtigen Grund. Die außerordentliche Kündigung hingegen ist eine Ausnahme und dient dazu, ein Vertragsverhältnis bei schwerwiegenden Problemen sofort zu beenden, auch wenn eigentlich noch eine lange Restlaufzeit bestehen würde.

Für Sie bedeutet das, dass eine außerordentliche Kündigung nur in wirklich schwerwiegenden Ausnahmefällen möglich ist und hohe Anforderungen erfüllt werden müssen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Pachtvertrag

Ein Pachtvertrag ist ein spezieller Vertrag, bei dem der Pächter das Recht erhält, ein Grundstück, Gebäude oder ein Geschäft – meist inklusive Inventar und Betriebsmitteln – gegen Zahlung eines Pachtzinses zu nutzen und daraus Erträge zu erzielen. Anders als ein reiner Mietvertrag umfasst der Pachtvertrag häufig auch das Nutzungsrecht für das Geschäft oder die landwirtschaftliche Nutzung. Im vorliegenden Fall erlaubt der Pachtvertrag der Gastronomin, die Event-Gastronomie inklusive Inventar zu betreiben. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in den §§ 581 ff. die Grundlagen des Pachtvertrags.

Beispiel: Jemand pachtet ein Restaurant und darf dort Speisen verkaufen; er zahlt regelmäßig den Pachtzins an den Eigentümer.

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Vertretungsmacht (insbesondere interne Vertretungsmacht)

Die Vertretungsmacht beschreibt das Recht einer Person, für eine juristische Person (z. B. ein Unternehmen) rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, etwa Verträge zu schließen. Die interne Vertretungsmacht ist die Befugnis, die jemand innerhalb des Unternehmens hat – also welche Geschäfte er nach den internen Regeln oder Weisungen abschließen darf. Fehlt eine solche Erlaubnis, ist der Vertrag für das Unternehmen grundsätzlich nicht wirksam. In dem Fall ging es um die Frage, ob der Werkleiter M. die Befugnis hatte, den 20-Jahres-Vertrag zu unterschreiben oder ob seine Vertretungsmacht auf einen bestimmten Wert oder Umfang beschränkt war.

Beispiel: Ein Mitarbeiter darf innerhalb seines Aufgabenbereichs Waren bestellen, aber keine langfristigen Mietverträge abschließen, wenn ihm das intern verboten ist.

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Schriftform (§ 550 BGB)

Die Schriftform ist eine gesetzlich vorgeschriebene Form, die verlangt, dass bestimmte Verträge – speziell langfristige Miet- oder Pachtverträge über mehr als ein Jahr – schriftlich abgeschlossen und die wesentlichen Vertragsbedingungen zusammenhängend niedergeschrieben werden (§ 550 BGB). Ziel ist, Klarheit und Rechtssicherheit für alle Vertragsparteien und Dritte zu schaffen. Fehlt die korrekte Schriftform oder eine klare Verknüpfung bei Änderungen, gilt der Vertrag als unbefristet und kann ordentlich mit gesetzlicher Frist gekündigt werden. Im Fall wurde durch den Nachtrag vom 15. Mai die Schriftform gewahrt, indem alle vorherigen Änderungen eindeutig einbezogen wurden.

Beispiel: Ein Mietvertrag über zwei Jahre muss schriftlich abgeschlossen sein; eine mündliche Verlängerung ohne Verweis auf den ursprünglichen Vertrag ist unwirksam.

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Anfechtung eines Vertrags

Die Anfechtung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Vertragspartei ihren eigenen Vertrag rückwirkend für nichtig erklären kann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, etwa ein Irrtum, eine Täuschung oder widerrechtliche Drohung (§§ 119, 123 BGB). Die Anfechtung muss rechtzeitig erklärt werden und bewirkt, dass der Vertrag von Anfang an keine Wirksamkeit entfaltet. Im vorliegenden Fall versuchte die Vermieterin, den Vertrag wegen fehlender Vertretungsmacht und möglicherweise fingierter Unterschrift anzufechten, um sich von der langfristigen Bindung zu lösen.

Beispiel: Jemand unterschreibt einen Vertrag im Irrtum über den Inhalt und erklärt die Anfechtung, um den Vertrag rückwirkend aufzuheben.

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Fristlose Kündigung (außerordentliche Kündigung)

Die fristlose Kündigung ist eine sofortige Beendigung eines Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund, wenn eine Fortsetzung für eine Partei unzumutbar ist (§ 543 BGB). Sie setzt schwerwiegende Pflichtverletzungen oder erhebliche Störungen des Vertrauensverhältnisses voraus. Vor der fristlosen Kündigung ist meist eine Abmahnung notwendig, außer der Grund ist so schwerwiegend, dass eine Abmahnung entbehrlich ist. Im Fall scheiterte die Vermieterin mit fristlosen Kündigungen, da die Gründe bzw. Beweise nicht ausreichten, um eine sofortige Beendigung zu rechtfertigen.

Beispiel: Ein Mieter zerstört vorsätzlich die Mietsache – der Vermieter darf dann fristlos kündigen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 550 BGB (Form von Mietverträgen): Diese Vorschrift schützt insbesondere Erwerber von Immobilien und sorgt für Rechtssicherheit bei langfristigen Mietverträgen, die für mehr als ein Jahr abgeschlossen werden. Sie verlangt, dass alle wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niedergelegt und miteinander verknüpft sein müssen. Fehlt diese sogenannte Schriftform, kann der Vertrag nicht langfristig gekündigt werden, sondern gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist dann mit der gesetzlichen Frist kündbar. Dies soll verhindern, dass Käufer später durch ihnen unbekannte mündliche Absprachen belastet werden. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Einhaltung des § 550 BGB war entscheidend für die Wirksamkeit der 20-jährigen Pachtvertragsverlängerung. Da der zweite Nachtrag vom 15. Mai 2020 einen expliziten Verweis auf alle früheren Vertragsänderungen enthielt, wurde die Schriftform gewahrt und der Vertrag blieb langfristig bindend.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 164 ff. BGB (Stellvertretung): Die Paragraphen zur Stellvertretung regeln, wann eine Person eine rechtliche Handlung (wie das Unterschreiben eines Vertrages) wirksam für eine andere Person oder ein Unternehmen vornehmen kann. Voraussetzung ist, dass der Stellvertreter eine entsprechende Befugnis, die sogenannte Vollmacht, besitzt und dies auch klar macht. Handelt jemand ohne oder außerhalb seiner Vollmacht, ist der Vertrag für den Vertretenen in der Regel zunächst nicht bindend, es sei denn, der Vertretene genehmigt das Geschäft nachträglich. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin argumentierte, der Werkleiter M. habe nicht die Befugnis besessen, einen derart weitreichenden 20-Jahres-Vertrag abzuschließen. Das Gericht musste prüfen, ob seine Unterschrift die Vermieterin dennoch wirksam band.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 119 BGB und 123 BGB (Anfechtung von Willenserklärungen): Die Anfechtung ermöglicht es, eine eigene Willenserklärung, die zur Grundlage eines Vertrages wurde, rückwirkend für unwirksam zu erklären. § 119 BGB betrifft Fälle, in denen sich die erklärende Person über den Inhalt der Erklärung (Inhaltsirrtum) oder über eine verkehrswesentliche Eigenschaft geirrt hat (Eigenschaftsirrtum). § 123 BGB ermöglicht die Anfechtung bei arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. Eine erfolgreiche Anfechtung lässt den Vertrag von Anfang an als nichtig erscheinen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vermieterin erklärte die Anfechtung des Vertrages und wollte ihn damit von Beginn an für ungültig erklären. Sie stützte dies auf die angebliche Unbefugnis des Werkleiters und den Verdacht der Fälschung des Nachtrags vom 15. Mai 2020.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 543 BGB (Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Diese Vorschrift erlaubt es Miet- und Pachtparteien, ein Vertragsverhältnis fristlos zu beenden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Miet- oder Pachtverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies sind meist schwerwiegende Pflichtverletzungen der anderen Vertragspartei. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vermieterin sprach mehrere fristlose Kündigungen aus, um das Pachtverhältnis vorzeitig zu beenden. Das Gericht prüfte, ob die von der Vermieterin vorgebrachten Gründe ausreichten, um eine fristlose Kündigung nach § 543 BGB zu rechtfertigen.
  • Zivilprozessordnung (ZPO), insb. §§ 286 ZPO und 371 ZPO (Beweiswürdigung und Beweisaufnahme): Die ZPO regelt das Verfahren vor Zivilgerichten und damit auch, wie Beweise erhoben und bewertet werden. § 286 ZPO statuiert den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, wonach das Gericht nach freier Überzeugung entscheidet, ob eine Behauptung als wahr oder unwahr anzusehen ist. §§ 371 ff. ZPO behandeln die Zeugenvernehmung als eine wichtige Bewismittelart. Das Gericht bildet sich seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis der Verhandlung, insbesondere aus den Aussagen der Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Darstellung. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützte seine Entscheidung, dass der Nachtrag vom 15. Mai 2020 echt und wirksam war, maßgeblich auf die Beweiswürdigung der Zeugenaussagen. Die detaillierten Schilderungen der Zeugen wurden als glaubhaft und plausibel bewertet, was die Behauptung der Fälschung durch die Vermieterin widerlegte.

Das vorliegende Urteil


LG Kiel – Az.: 17 O 172/21 – Urteil vom 28.10.2022


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