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Handynutzung – auch bei ablesen der Telefonnummer

OLG Hamm

Az.: 2 Ss OWi 402/06

Beschluss vom 12.07.2006

Vorinstanz: AG Schwerte – Az.: 5 OWi 880 Js 11/06 OWi (6/06)


Auf den Antrag des Betroffenen vom 14. März 2006 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerte vom 14. März 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 12. Juli 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur – allein zulässigen – Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, 2, 4 Satz 3 OWiG).

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Zusatz:

Da der Betroffene zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,- EUR verurteilt worden ist, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nur zur Fortbildung des materiellen Rechts oder wegen der Versagung rechtlichen Gehörs zuzulassen.
Mit einer Verfahrensrüge kann der Betroffene somit nicht gehört werden; sie ist unzulässig und somit unbeachtlich.
Soweit der Betroffene mit ihr zugleich auch die Versagung rechtlichen Gehörs rügen will, indem das Amtsgericht abweichend von der noch im Bußgeldbescheid festgesetzten Bußgeldhöhe von 70,- EUR eine Geldbuße von 100,- EUR festgesetzt hat, ohne den Betroffenen zuvor darauf hinzuweisen, kann es dahinstehen, ob diese Rüge in der gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG i.V.m.
§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO erforderlichen Form erhoben worden ist (vgl. auch Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 79 Rdnr. 27 d und § 80 Rdnr. 16 i). Jedenfalls wäre dadurch das rechtliche Gehör nicht verletzt, zumal das Gericht nicht verpflichtet ist, den Rechtsfolgenausspruch vorab bekannt zu geben, worauf die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat.

Die auf die erhobene Sachrüge vorzunehmende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt nicht zur Aufdeckung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts gebietet.
Nach den allein zugrunde zu legenden Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der Betroffene sein privates Mobiltelefon als Führer einer Sattelzug-maschine mit Anhänger während der Fahrt in die Hand genommen, um aus diesem eine dort gespeicherte Telefonnummer auszulesen, die danach in das im Fahrzeug befindliche dienstliche Mobiltelefon, das sich in einer Freisprech-einrichtung befand, einzugeben, um mit diesem dann das Telefonat selbst zu führen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 1 a StVO ist dem Fahrzeugführer jedoch die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält. Es ist hinreichend geklärt, dass unter „Benutzung“ im Sinne der genannten Vorschrift jegliche Nutzung der möglichen Funktionen eines Mobiltelefons zu verstehen ist, bei der das Gerät in der Hand gehalten wird. Nach gesicherter und ständiger Rechtsprechung des Senats und der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Vorstellung des Verordnungsgebers umfasst ein Benutzen im Sinne der genannten Vor-schrift daher sämtliche Bedienfunktionen des Mobiltelefons, nicht nur das Telefonieren selbst (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 25. November 2002 in 2 Ss OWi 1005/02 = NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98 = DAR 2003, 473 = VRS 104, 222 – wie im vorliegenden Fall betreffend das Ablesen einer gespei-cherten Notiz -, vom 6. Juli 2005 in 2 Ss OWi 177/05 = NJW 2005, 2469 = NZV 2005, 548 = NStZ 2005, 707 = DAR 2005, 639 = VRS 109, 129 – betref-fend das Ablesen der Uhrzeit vom Display des in die Hand genommenen Geräts – sowie vom 1. Dezember 2005 in 2 Ss OWi 811/05 = StraFo 2006, 123 – betreffend den Versuch der Entgegennahme eines Telefongesprächs während des Wartens vor einer Rotlicht zeigenden Ampel bei laufendem Motor -).
Dieser Rechtsprechung haben sich auch die anderen Senate für Bußgeldsachen des hiesigen Oberlandesgerichts angeschlossen (vgl. Beschlüsse des 1. Senats für Bußgeldsachen vom 6. März 2006 in 1 Ss OWi 124/06, des 3. Senats für Bußgeldsachen vom 24. März 2006 in 3 Ss OWi 909/05 und 3 Ss OWi 1/06 sowie vom 6. April 2006 in 3 Ss OWi 214/06 und schließlich des 4. Senats für Bußgeldsachen vom 10. November 2005 in 4 Ss OWi 776/05 und vom 22. November 2005 in 4 Ss OWi 805/05).

Der Senat sieht auch im Hinblick auf die teilweise an dieser Rechtsprechung geäußerte Kritik (vgl. Scheffler in NZV 2006, 128 ff.) keine Veranlassung, diese Rechtsprechung aufzugeben. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die hier in Rede stehende Benutzung des Mobiltelefons weitaus intensiver ist als beispielsweise das ebenfalls für die Tatbestandserfüllung ausreichende Ablesen der Uhrzeit vom in die Hand genommenen Mobiltelefon.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht insbesondere auch die Entscheidung des OLG Köln vom 23.August 2005 in NJW 2005, 3386 = NZV 2005, 547 der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen, da in dem dort entschiedenen Fall das Mobiltelefon ohne jegliche weitere Benut-zung aufgenommen worden ist, um es lediglich von einem Ablageort an einen anderen zu legen. Ein derartiger Sachverhalt würde aber auch nach der Rechtsprechung des Senats den Tatbestand des § 23 Abs. 1 a StVO nicht erfüllen.

Auch die vorliegende Festsetzung der Geldbuße auf 100,- EUR begegnet – unbeschadet der deutlichen Überschreitung des Regelsatzes von 40,- EUR nach dem bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog, der allerdings die Gerichte nicht bindet (vgl. den o.g. Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2005) – in Anbetracht der zahlreichen Voreintragungen aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht keinen Bedenken (vgl. auch den o.g. Beschluss des 4. Senats für Bußgeldsachen vom 10. November 2005).

Schließlich wirft auch der Umstand, dass das angefochtene Urteil weder in der Urteilsformel noch in den Gründen die Schuldform erkennen lässt, keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, die zur Fortbildung des materiellen Rechts die Zulassung der Rechtsbeschwerde erforderlich macht (vgl. zur – regelmäßigen – Schuldform des Vorsatzes bei Verstößen der vorliegenden Art den zuvor genannten Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2005 und den Beschuss des 4. Senats für Bußgeldsachen vom 10. November 2005, ferner OLG Jena, NZV 2005, 108 = NStZ-RR 2005, 23 = DAR 2005, 228 = VRS 107, 472).

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