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Hat WEG-Mieter einen Anspruch auf Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum?

AG Schöneberg, Az.: 18 C 147/12

Urteil vom 26.04.2013

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Schöneberg – 18 C 147/12 – vom 11.09.2012 bleibt aufrecht erhalten.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 512,55 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2012 zu zahlen.

3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 11.09.2012 darf nur gegen Zahlung einer Sicherheit in dieser Höhe fortgesetzt werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 01.07.1995 Mieterin der Wohnung P.straße in B., 4. OG links, welche im Eigentum der Beklagten steht. Der Bruttowarmmietzins betrug im Jahre 2012 bis einschließlich Juni 2012 358,88 € und erhöhte sich zum 01. Juli 2012 auf 405,66 €.

Hat WEG-Mieter einen Anspruch auf Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum?
Symbolfoto: ISerg/Bigstock

Mit Schreiben des B. Mietervereins e.V. vom 04.06.2012 forderte die Klägerin gegenüber der Hausverwaltung der Beklagten die Beseitigung der Undichtigkeit sämtlicher Fenster der Wohnung, die Instandsetzung der Wohnungseingangstür, welche sich verzogen habe und nicht mehr dicht abschließe, sowie die Beseitigung von konkret genannten Mängeln am Balkon sowie betreffend den Anwasserdruck bis zum 25.06.2012. Gleichzeitig behielt sich die Klägerin in diesem Schreiben Minderungsansprüche in Höhe von 15 % der Bruttowarmmiete vor und forderte die Beklagten auf, den bis dahin aufgelaufenen Minderungsbetrag für die Monate Februar 2012 bis Mai 2012 an die Beklagte auszuzahlen. Da die Beklagten hierauf nicht reagierten, wurde die Hausverwaltung der Beklagten mit weiterem Schreiben des Berliner Mietervereins e.V. vom 04.10.2012 aufgefordert, die Minderungsquote von 15 % für die Mängel zu bestätigen und den zwischenzeitlich aufgelaufenen Minderungsbetrag für die Zeit von Februar 2012 bis Oktober 2012 unter Fristsetzung bis zum 25.10.2012 an die Klägerin auszukehren.

Die Klägerin behauptet, die zusammenhängenden Fenster der Fensterfront und die Balkontür im Wohnzimmer seien undicht und ließen starken Luftdurchzug zu. Außerdem dringe durch die nicht dicht schließenden Fenster und die Balkontür Regenwasser ein. Durch den starken Luftdurchzug sei zudem ständig Schmutz auf dem Boden des Zimmers zu verzeichnen. Zudem klemmten die Fenster. Darüber hinaus befinde sich das Küchenfenster in einem starken Luftzug sowie Regenwasser durchlässigen Zustand. Das Regenwasser laufe vollständig auf das Fensterbrett. Das Fenster bzw. die Fensterflügel im Kinderzimmer klemmten stark und seien nicht leichtgängig. Die Wohnungseingangstür sei stark verzogen und schließe deshalb im unteren Bereich nicht mehr dicht ab. Es befinde sich dort ein ca. 1 cm breiter Spalt, durch den Wind und Schmutz, insbesondere Feinstaub eindringe. Außerdem bestehe auf Grund des ca. 1 cm breiten Spaltes die Gefahr des Aushebelns der Tür durch Unbefugte. Der Druck des in der Wohnung ankommenden Wassers (Anwasserdruck) sei bei Weitem nicht ausreichend. Der Wasserdruck sei derart gering und schwankend, dass der Durchlauferhitzer beim Erwärmen des Wassers nur unregelmäßig arbeite und teilweise wegen des geringen Drucks auch ausgehe. Duschen sei entweder nur kalt oder zu heiß möglich. Eine normale Temperaturregulierung sei wegen des geringen Anwasserdrucks ebenfalls nicht möglich. Der Deckenputz der Unterseite des über dem der Klägerin liegenden Balkons falle teilweise ab bzw. hänge teilweise lose von der Balkondecke herunter. Dadurch sei die Verkehrssicherheit der Klägerin und die ihres Kleinkindes auf dem Balkon gefährdet.

Auf Antrag der Klägerin ist am 11.09.2012 ein Versäumnisurteil ergangen, mit dem die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt wurden, in der von der Klägerin gemieteten Eigentumswohnung der Beklagten

a. das starken Luftzug und Regenwasser durchlässige und klemmende Fenster sowie die ebenso starken Luftzug und Regenwasser durchlässige Balkontür im Wohnzimmer in einen fachgerecht dicht schließenden Zustand zu versetzen,

b. das in der Küche befindliche und starken Luftzug und Regenwasser durchlässige Küchenfenster in einen fachgerecht dicht schließenden Zustand zu versetzen,

c. das stark klemmende Fenster im Kinderzimmer in einen fachgerecht leichtgängigen Zustand zu versetzen,

d. die stark verzogene Wohnungseingangstür in einen fachgerecht schließenden und gängigen Zustand zu versetzen,

e. den die Wohnung der Klägerin erreichenden Anwasserdruck in einen fachgerecht gleichmäßigen und ausreichend starken Zustand zu versetzen, der einen gleich bleibenden, ohne Schwankungen fachgerecht regulierbaren Wasserdurchlauf durch den Durchlauferhitzer gewährleistet,

f. den Deckenputz der Unterseite des über dem der Klägerin liegenden Balkons in einen fachgerecht verkehrssicheren Zustand zu versetzen.

Gegen dieses Versäumnisurteil, welches den Beklagten am 15.09.2012 zugestellt worden ist, haben die Beklagten mit am 19.09.2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil vom 11.09.2012 aufrechtzuerhalten.

Weiterhin hat sie im Wege der Klageerweiterung beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 547,65 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.10.2012 zu zahlen.

Diese Klageerweiterung hat die Klägerin vor Eintritt in die mündliche Verhandlung in Höhe von 35,10 € nebst anteiliger Zinsen zurückgenommen und beantragt nunmehr sinngemäß,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 512,55 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils kostenpflichtig abzuweisen;

2. die Klage auch hinsichtlich der Klageerweiterung abzuweisen.

Sie bestreiten die Mängel. Weiterhin meinen sie, dass ein Mängelbeseitigungsanspruch der Klägerin schon deshalb nicht bestehe, weil die angeblich mangelbehafteten Bestandteile der Mietsache im Gemeinschaftseigentum stünden. Auch bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, weil eine umfängliche Modernisierung der Wohnanlage mit Erneuerungen der Fenster, der Balkon- und der Wohnungstür sowie der Wasserleitung im Frühjahr 2013 geplant sei.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Durch den zulässigen und fristgerechten Einspruch der Beklagten ist der Prozess in die Lage zurück versetzt worden, in der er sich vor Erlass des Versäumnisurteils vom 11.09.2012 befand, § 343 ZPO. Danach war das Versäumnisurteil indes aufrechtzuerhalten.

Das Versäumnisurteil ist in rechtmäßiger Weise ergangen.

Die Klage ist auch zulässig und begründet.

A.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung der im Tenor des Versäumnisurteils vom 11.09.2012 genannten Mängel.

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus dem Mietvertrag der Parteien in Verbindung mit § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dies beinhaltet die Verpflichtung des Vermieters, während der Mietzeit auftretende Mängel der Mietsache zu beseitigen.

Die Mietwohnung der Beklagten weist die von ihr vorgetragenen, im Tenor zu Ziffer 1. des Versäumnisurteils vom 11.09.2012 genannten Mängel auf. Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens dieser Mängel greift nicht durch. Die Beklagten durften den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht mit Nichtwissen bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO. Aufgrund dessen, dass dem

Vermieter bei Mängelanzeigen des Mieters ein Besichtigungsrecht an der Mietsache zusteht, hätten sie sich vielmehr einen eigenen Eindruck vom Zustand der Mietsache machen und anschließend substantiiert zu den Mängeln vortragen müssen. Trotz des diesbezüglichen Hinweises des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2012 haben die Beklagten indes nicht genauer zu den Mängeln vorgetragen.

Es ist auch unerheblich, dass die mangelbehafteten Bestandteile der Mietsache in weiten Teilen nicht zum Sondereigentum der Beklagten gehören, sondern im Gemeinschaftseigentum der WEG stehen. Der Vermieter kann auch in einem solchen Fall einem Mängelbeseitigungsverlangen des Mieters nicht entgegen halten, die verlangte Instandsetzung sei ihm allein nicht möglich, da die Entscheidung über die Durchführung der Beschlussfassung der Gemeinschaft vorbehalten sei. Da das Leistungshindernis lediglich vorüber gehend, nämlich bis zur Beschlussfassung der WEG besteht, ist der Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters nicht nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Der Vermieter ist verpflichtet, sich mit allen ihm zumutbaren Mitteln, notfalls auch mit gerichtlicher Hilfe, um die ggf. erforderliche Mitwirkung und Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zu bemühen (vgl. KG NJW-RR 1990, 1166,1167).

Die Klägerin hat auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich ihrer Mängelbeseitigungsklage. Die Planungen hinsichtlich der Modernisierung der Wohnanlage stehen dem nicht entgegen. Denn ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach wie vor nicht ergangen und auch nicht konkret absehbar.

B.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von 512,55 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB.

In den Monaten Februar bis Juni 2012 hat die Klägerin jeweils 53,83 € monatlich und in den Monaten Juli bis Oktober 2012 jeweils 60,85 € monatlich ohne Rechtsgrund an die Beklagten gezahlt. Denn die von der Klägerin zu zahlende Miete war seit Februar 2012 wegen der streitbefangenen Mängel um 15 % des Bruttowarmmietzinses gemindert, § 536 Abs. 1 BGB. Die Undichtigkeit der Fenster der Wohnung, der Wohnungseingangstür, der unzureichende Anwasserdruck und der herabfallende Deckenputz auf dem Balkon führen zu Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs von erheblichem Ausmaß. Eine Minderung von 15 % des Bruttowarmmietzinses erscheint insoweit jedenfalls angemessen.

C.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB.

D.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 BGB, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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