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Verkehrsunfall – Rentenanspruch aufgrund Haushaltsführungsschadens

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: 1 W 53/06

Beschluss vom 18.09.2006


Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 9. August 2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Klägerin wird nach der bisherigen Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß Beschluss vom 27.11.2003 für einen Zahlungsantrag i.H.v. 4.637,93 EUR, einen angemessenen Schmerzensgeldbetrag sowie einen Feststellungsantrag für Zukunftsschäden auf der Grundlage der Klageanträge aus der Klageschrift i.V.m. dem klageerweiternden Schriftsatz vom 18.09.2003 weitergehende Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwälte K und unter Fortgeltung der monatlichen Raten von 95 EUR bewilligt, soweit die Klägerin eine weitere Zahlungsforderung i.H.v. 8.197,50 EUR und darüber hinaus eine monatliche Rente ab 16.06.2006 i.H.v. 546 EUR (unbegrenzt) mit der Klageerweiterung geltend macht.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat mit der Bescheinigung vom 18.08.2006 (Bl. 390 GA) glaubhaft gemacht, dass ihr Ehemann jedenfalls seit dem 31. Mai 2006 aufgrund seiner schweren Herzerkrankung nicht mehr in der Lage ist wie bisher im Haushalt zu arbeiten. Ohne den streitgegenständlichen Unfall wäre die Klägerin in der Lage gewesen, den Haushalt im vollen Umfang zu führen. Die unfallbedingte Einbuße beträgt daher nach der zutreffenden Berechnung in der Beschwerdeschrift vom 15.08.2006 18 Stunden wöchentlich; bei einem Stundensatz von 7 EUR daher pro Monat 546 EUR.

Dem Schädiger kommt jedenfalls nicht (ohne weiteres) zugute, dass im Zeitpunkt des Unfalls der Ehemann an der Haushaltsführung zu einem Drittel beteiligt war. Denn der Haushaltsführungsschaden (entweder in Form vermehrter Bedürfnisse oder als geschuldete Unterhaltsleistung) ist typischerweise in der Zukunft entwicklungsfähig; er kann sich verringern, aber auch – wie hier – vergrößern, wenn die Arbeitskraft des im Haushalt Mitarbeitenden schwächer wird oder ganz ausfällt.

Der Senat hält unter den gegebenen Umständen eine zeitliche Befristung der Rente für nicht angebracht. Wenn – wie hier – durch die Verletzung vermehrte Bedürfnisse ausgelöst werden, sind diese typischerweise bis zum Lebensende gegeben (vgl. Pardey, Rdnr. 285). Während der Erwerbsschaden, der auf die Abgeltung der Nachteile im beruflichen Erwerbsleben gerichtet ist, bis zum fiktiven Bezug einer Altersrente begrenzt ist, sind der Erwerbsschaden wegen Beeinträchtigung in der Haushaltsführung sowie der Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse zeitlich nicht begrenzt (vgl. MünchKom/Wagner, §§ 842, 843 Rdnr. 60; Huber in Dauner Lieb/Heidel/Ring, BGB, Schuldrecht Band 2, §§ 842, 843 Rdnr. 211). Zwar wird zum Teil im Rahmen des Haushaltsführungsschadens eine Begrenzung der Geldrente in der Regel bis zum 75. Lebensjahr vorgenommen, weil dann allgemein das Ende der eigenen Haushaltsführung angenommen wird (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1995, 599; vgl. aber auch KG Berlin, R+S 1997, 461). Die steigende Lebenserwartung spricht jedoch dafür, das diesbezügliche Alter eher höher zu veranschlagen. Auch wenn, wie hier – worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat – eine Feststellungsklage für den Zeitraum nach Vollendung des 75. Lebensjahres erhoben worden ist, ist doch ein Zuspruch über das 75. Lebensjahr, ggfs. auch unbegrenzt, umso eher zu billigen, wenn die von dem Ersatzpflichtigen zu verantwortende Verletzung sich im fortgeschrittenen Alter ereignet ist und absehbar ist, dass der Geschädigte über das 75. Lebensjahr hinaus in der Lage gewesen wäre, eigenverantwortlich den Haushalt zu führen. So verhält es sich vorliegend. Die Geschädigte ist bereits 71 Jahre alt. Sie ist – mit der verletzungsbedingten Einschränkung – in der Lage ihren Haushalt noch zu führen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass dies nach Erreichen des 75. Lebensjahres einer Veränderung unterliegt. In diesem Zusammenhang gewinnt auch der Hinweis der Klägerin an Bedeutung, dass ihre Mutter 90 Jahre alt geworden ist und ihren Haushalt bis in das hohe Alter hinein selbständig geführt habe.

Soweit die Klägerin allerdings weitergehende Erstattung für die krankengymnastische Behandlung i.H.v. insgesamt 449,50 EUR verlangt, war die Beschwerde zurückzuweisen. Die Klägerin hat die genannten Rechnungen vom 16.05., 16.06.2006 nicht vorgelegt. Soweit sie dies – ggfs. mit einem neuen Antrag – nachholt, wird das Landgericht zu überprüfen haben, ob die Prozesskostenhilfe auch insoweit bewilligt werden kann.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Es besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

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