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Haushaltszugehörigkeit eines Kindes – Wann?

BUNDESFINANZHOF

Az.: IX R 15/99

Urteil vom 13.09.2001

Vorinstanz: Niedersächsisches FG


Leitsatz:

Der Steuerpflichtige kann für ein Kind, das zum Zeitpunkt der Anschaffung, aber nicht mehr bei Bezug der Wohnung zu seinem Haushalt gehört hat, Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG auch dann beanspruchen, wenn die Haushaltszugehörigkeit des Kindes nicht auf Dauer angelegt war.


Gründe

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) haben zwei Kinder, für die sie Kindergeld beziehen. Sie erwarben eine Eigentumswohnung in Osnabrück für 153 000 DM, die sie ab dem 1. Oktober 1997 ihrem dort studierenden Sohn zur ausschließlichen Nutzung unentgeltlich überließen. Bis zu seinem Umzug nach Osnabrück lebte der Sohn in der Wohnung seiner Eltern.

Die Kläger beantragten für die Eigentumswohnung in Osnabrück Eigenheimzulage ab 1997 und Kinderzulage für beide Kinder. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) gewährte neben der Grundförderung lediglich Kinderzulage für ein Kind.

Die Klage hatte Erfolg: Das Finanzgericht (FG) sprach den Klägern in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 323 veröffentlichtem Urteil Kinderzulage auch für den studierenden Sohn zu.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung der § 9 Abs. 5 und § 11 Abs. 1 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG). Maßgeblich für die Zahl der Kinder seien nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und zu diesem Zeitpunkt habe der Sohn der Kläger nicht mehr zu ihrem Haushalt gehört.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben sich im Revisionsverfahren nicht vertreten lassen.

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die Kinderzulage für zwei Kinder festgesetzt.

1. Nach § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG setzt die Kinderzulage voraus, dass das Kind im Förderzeitraum (also im Jahr der Anschaffung und in den sieben folgenden Jahren, § 3 EigZulG) zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder gehört hat.

a) Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den Sohn der Kläger gegeben; denn nach den Feststellungen des FG, die den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, hat der Sohn vor seinem Umzug nach Osnabrück noch im Jahr der Anschaffung der Eigentumswohnung und damit im Förderzeitraum zum Haushalt der Kläger gehört.

b) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG (a.A. aber Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 7. Juni 2001, BStBl I 2001, 368). Danach sind für die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 EigZulG die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken maßgeblich. Der Senat kann unerörtert lassen, ob diese Vorschrift lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung hat, oder ob ihr darüber hinaus auch eine materiell-rechtliche Wirkung zukommt (vgl. dazu Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 9 Rz. 161). Denn die Voraussetzungen auch dieser Vorschrift sind im Streitfall gegeben. Wenn § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG auf die „Verhältnisse“ bei Beginn der Nutzung abstellt, so sind damit die tatsächlichen Umstände gemeint, die die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG im Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme ausfüllen. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass in dem Zeitpunkt, in dem die Nutzung der Eigentumswohnung beginnt, die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Kinderzulage gegeben sein müssen. § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG fordert aber keine gegenwärtige und dauerhafte Haushaltszugehörigkeit. Die in der Wortfassung verwendeten zwei Zeitformen „… zum inländischen Haushalt … gehört oder gehört hat“ lassen es genügen, wenn das Kind irgendwann im Förderzeitraum zum elterlichen Haushalt gehört hat und drücken aus, dass der Wegfall der Haushaltszugehörigkeit unschädlich ist. Das gilt in gleicher Weise im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG; denn diese Vorschrift bezieht auch den Teil der Norm des § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG in ihren Regelungsinhalt mit ein, der nach der Konjunktion „oder“ beginnt. Dementsprechend reicht es aus, wenn das Kind –wie dies bei dem Sohn der Kläger der Fall ist– zu Beginn der Nutzung zum Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört hat. Sind damit schon die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG erfüllt, muss der erkennende Senat nicht entscheiden, ob die Zugehörigkeit des auswärts studierenden Sohnes zum Haushalt seiner Eltern über seinen Umzug hinaus fortbestand.

c) Dieses Ergebnis stimmt mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 34f des Einkommensteuergesetzes (EStG) insoweit überein, als danach das zu berücksichtigende Kind im Zeitpunkt der Anschaffung zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören muss, selbst wenn es bei Bezug der Wohnung diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt (BFH-Urteil vom 27. Juli 2000 X R 135/97, BFHE 192, 521, BStBl II 2001, 435). Davon ist auch der erkennende Senat in seinem Urteil vom 21. November 1989 IX R 56/88 (BFHE 159, 146, BStBl II 1990, 216) ausgegangen, indem er aus der Wortfassung des § 34f EStG, die ebenso wie § 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG zwei Zeitformen verwendet, die Unschädlichkeit des Wegfalls der Voraussetzung im Förderzeitraum erwogen hat (so auch Risthaus, Eigenheimzulage und Anwendungserlass, 1998, § 9 EigZulG Rz. 50).

2. Wie das FG überdies zutreffend ausgeführt hat, kommt es nach dem EigZulG nicht mehr darauf an, ob die Zugehörigkeit zum Haushalt auf Dauer angelegt ist oder war. Denn § 9 Abs. 5 EigZulG enthält keine derartige Einschränkung der Anwendbarkeit (vgl. dazu Wacker, a.a.O., § 9 Rz. 150, 161; Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl. 2001, Rz. 444; Boeker in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 9 EigZulG Anm. 63). Reicht es für die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG aus, wenn das Kind im Zeitpunkt des Nutzungsbeginns zum Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört hat, so ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn das Kind –wie hier– im Zeitpunkt der Anschaffung zum Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört, und zwar unabhängig davon, ob die später wegfallende Haushaltszugehörigkeit auf Dauer angelegt war oder nicht. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Anspruchsberechtigten –was im Falle der Kläger auf der Hand liegt– bei der Anschaffung der Eigentumswohnung beabsichtigten, die Zugehörigkeit ihres Kindes zum Familienhaushalt zu beenden.

3. Das FG ist im Ergebnis von diesen Grundsätzen ausgegangen. Es hat zwar § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG abweichend von den unter 1. dargestellten Gründen ausgelegt. Die Vorentscheidung hat diese Norm im Streitfall allerdings nicht angewandt, so dass sich dieser Rechtsfehler nicht auswirkt. Dementsprechend ist die Revision zurückzuweisen.

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