Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Hauskauf mit bösem Erwachen: Streit um Schädlingsbefall im Dachstuhl landet vor Gericht
- Schädlingsbefall im Dachstuhl entdeckt: Käufer fordern Schadensersatz
- Vorwurf der arglistigen Täuschung: Wussten die Verkäufer vom Ungeziefer?
- Verkäufer bestreiten Kenntnis: Keine Anzeichen für Schädlingsbefall wahrgenommen
- Landgericht Münster weist Klage zunächst ab: Gewährleistungsausschluss greift
- Berufung vor dem OLG Hamm: Zweifel an der Beweiswürdigung
- OLG Hamm bestätigt Urteil des Landgerichts: Keine arglistige Täuschung nachgewiesen
- Sachverständigengutachten entscheidend: Unsicherheit des Experten nicht ausschlaggebend
- Persönliche Anhörung der Parteien und ergänzende Beweisaufnahme: Keine neuen Erkenntnisse
- Kosten des Rechtsstreits tragen die Käufer: Finanzielle Belastung für die Geschädigten
- Bedeutung des Urteils für Betroffene: Sorgfältige Prüfung vor dem Hauskauf unerlässlich
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag für meine Rechte bei Schädlingsbefall?
- Unter welchen Umständen gilt das Verschweigen eines Schädlingsbefalls als arglistige Täuschung?
- Welche Beweismittel sind geeignet, um die Kenntnis des Verkäufers über den Schädlingsbefall nachzuweisen?
- Welche Fristen muss ich beachten, um meine Rechte bei einem Schädlingsbefall geltend zu machen?
- Welche Arten von Schäden kann ich im Falle eines arglistig verschwiegenen Schädlingsbefalls vom Verkäufer ersetzt verlangen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 22 U 25/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Hamm
- Datum: 20.01.2025
- Aktenzeichen: 22 U 25/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Kaufrecht, Schadensersatzrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Kläger erwarben von den Beklagten ein Einfamilienhaus mit notariellem Kaufvertrag. Sie fordern Schadensersatz aufgrund eines Schädlingsbefalls im Dachstuhl, der nach der Übergabe des Hauses festgestellt wurde. Sie argumentieren, dass der Befall bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhanden war.
- Beklagte: Die Beklagten verkauften das Einfamilienhaus an die Kläger. Sie bestreiten die Schadensersatzansprüche der Kläger.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Kläger erwarben von den Beklagten ein Haus, dessen Dachstuhl zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits teilweise von Schädlingen befallen war. Nach der Übergabe des Hauses bemerkten die Kläger Holzmehlhaufen und beauftragten einen Gutachter, der die Sanierungskosten auf ca. 98.589,00 Euro schätzte.
- Kern des Rechtsstreits: Die Kläger machen Schadensersatzansprüche wegen des Schädlingsbefalls geltend. Streitig ist, ob die Beklagten für den Schaden verantwortlich sind.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Münster wurde zurückgewiesen.
- Folgen: Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Hauskauf mit bösem Erwachen: Streit um Schädlingsbefall im Dachstuhl landet vor Gericht

Ein Hauskauf sollte ein freudiges Ereignis sein, doch für ein Käuferpaar aus Münster wurde er zum Alptraum. Nachdem sie ihr neues Eigenheim bezogen hatten, entdeckten sie einen unerfreulichen Mitbewohner: Schädlinge im Dachstuhl. Was folgte, war ein Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm, bei dem es um die Frage ging, wer für den Schaden aufkommen muss.
Schädlingsbefall im Dachstuhl entdeckt: Käufer fordern Schadensersatz
Die Kläger hatten das Einfamilienhaus im Oktober 2017 von den Beklagten gekauft. Im Juni 2018, kurz nach dem Einzug im Mai, bemerkten sie im Dachstuhl verdächtige Holzmehlhaufen. Ein hinzugezogener Gutachter bestätigte den Verdacht: Schädlingsbefall. Die Kosten für die Sanierung schätzte er auf rund 98.589 Euro. Hinzu kamen Kosten für eine Ausweichwohnung und die Einlagerung von Möbeln, was die Gesamtforderung auf über 125.000 Euro trieb.
Vorwurf der arglistigen Täuschung: Wussten die Verkäufer vom Ungeziefer?
Die Käufer warfen den Verkäufern vor, den Schädlingsbefall arglistig verschwiegen zu haben. Sie behaupteten, dass bereits vor dem Verkauf im Oktober 2017 ähnliche Holzmehlhaufen vorhanden waren, die den Verkäufern bekannt gewesen sein mussten. Daher hätten die Beklagten von dem Problem gewusst und es bewusst vor den Käufern verborgen, um einen reibungslosen Verkauf zu gewährleisten.
Verkäufer bestreiten Kenntnis: Keine Anzeichen für Schädlingsbefall wahrgenommen
Die Beklagten wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Sie beteuerten, während ihrer Besitzzeit keinerlei Anzeichen für einen Schädlingsbefall bemerkt zu haben. Auf dem Dachboden habe es keine Holzmehlhaufen gegeben, und sie seien in keiner Weise auf ein Schädlingsproblem hingewiesen worden. Somit bestritten sie jegliche Kenntnis von dem Befall und wiesen die Schadensersatzforderungen der Käufer zurück.
Landgericht Münster weist Klage zunächst ab: Gewährleistungsausschluss greift
Das Landgericht Münster befasste sich zunächst mit dem Fall und wies die Klage in erster Instanz ab. Das Gericht argumentierte mit dem im Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Dieser besagt in der Regel, dass der Verkäufer nicht für Sachmängel haftet, sofern diese nicht arglistig verschwiegen wurden. Das Landgericht sah es nach der Beweisaufnahme nicht als erwiesen an, dass die Beklagten vor dem Verkauf Anzeichen für den Schädlingsbefall wahrgenommen hatten.
Berufung vor dem OLG Hamm: Zweifel an der Beweiswürdigung
Die Käufer legten gegen das Urteil des Landgerichts Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein. Sie kritisierten die Beweiswürdigung des Landgerichts und stellten die Kompetenz des gerichtlichen Sachverständigen in Frage. Ihrer Ansicht nach hätte ein weiteres Gutachten eingeholt werden müssen, um die Frage der Kenntnis der Verkäufer vom Schädlingsbefall umfassender zu klären. Sie forderten weiterhin Schadensersatz in voller Höhe.
OLG Hamm bestätigt Urteil des Landgerichts: Keine arglistige Täuschung nachgewiesen
Das Oberlandesgericht Hamm wies die Berufung der Kläger jedoch zurück und bestätigte damit das Urteil des Landgerichts Münster. Auch das OLG sah es als nicht erwiesen an, dass die Beklagten arglistig gehandelt hatten. Die Richter betonten, dass die Beweislast für eine Arglistige Täuschung bei den Klägern liegt und diese den Nachweis nicht erbringen konnten.
Sachverständigengutachten entscheidend: Unsicherheit des Experten nicht ausschlaggebend
Das OLG Hamm setzte sich intensiv mit den Einwänden der Kläger gegen den Sachverständigen auseinander. Zwar räumte das Gericht ein, dass der Sachverständige in seiner Befragung eine gewisse Unsicherheit gezeigt habe. Dies sei jedoch nicht ausreichend, um die gesamte Beweiswürdigung des Landgerichts in Frage zu stellen. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige in seinen Feststellungen falsch gelegen hätte.
Persönliche Anhörung der Parteien und ergänzende Beweisaufnahme: Keine neuen Erkenntnisse
Das OLG Hamm führte zusätzlich eine persönliche Anhörung der Parteien durch und nahm eine ergänzende Beweisaufnahme vor, indem es den Sachverständigen erneut befragte. Diese Maßnahmen führten jedoch nicht zu neuen Erkenntnissen, die die Position der Kläger gestärkt hätten. Das Gericht blieb bei seiner Einschätzung, dass eine arglistige Täuschung durch die Beklagten nicht nachgewiesen werden konnte.
Kosten des Rechtsstreits tragen die Käufer: Finanzielle Belastung für die Geschädigten
Mit der Zurückweisung der Berufung müssen die Kläger nun die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen, sowohl für die erste als auch für die zweite Instanz. Dies bedeutet eine zusätzliche finanzielle Belastung für das Käuferpaar, das ohnehin schon mit den hohen Sanierungskosten für den Schädlingsbefall zu kämpfen hat.
Bedeutung des Urteils für Betroffene: Sorgfältige Prüfung vor dem Hauskauf unerlässlich
Das Urteil des OLG Hamm unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung einer Immobilie vor dem Kauf. Käufer sollten sich nicht allein auf die Angaben der Verkäufer verlassen, sondern eigenständig gründliche Besichtigungen durchführen und gegebenenfalls Sachverständige hinzuziehen. Besonders bei älteren Häusern ist es ratsam, den Zustand des Dachstuhls, des Kellers und anderer potenziell anfälliger Bereiche genau zu untersuchen.
Gewährleistungsausschluss beachten: Risiko liegt oft beim Käufer
Der im Urteil relevante Gewährleistungsausschluss ist bei Immobilienkäufen üblich. Er bedeutet, dass Käufer das Risiko für verborgene Mängel tragen, es sei denn, der Verkäufer hat diese arglistig verschwiegen. Die Beweislast für eine arglistige Täuschung liegt jedoch beim Käufer, was die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erheblich erschwert. Käufer sollten sich dieser Risikoverteilung bewusst sein und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen.
Arglistige Täuschung schwer nachzuweisen: Konsequenzen für Käufer
Das Urteil zeigt, dass es in der Praxis schwierig ist, eine arglistige Täuschung durch den Verkäufer nachzuweisen. Bloße Vermutungen oder Indizien reichen nicht aus. Es bedarf konkreter Beweise dafür, dass der Verkäufer von dem Mangel wusste und ihn bewusst verschwiegen hat. Für Käufer bedeutet dies, dass sie im Falle eines verborgenen Mangels oft auf den Kosten sitzen bleiben, wenn sie keine arglistige Täuschung beweisen können. Eine Rechtsschutzversicherung kann in solchen Fällen hilfreich sein, um die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits zu minimieren.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss beim Immobilienkauf grundsätzlich wirksam ist und nur durch den Nachweis einer arglistigen Täuschung überwunden werden kann. Für eine erfolgreiche Anfechtung muss nachgewiesen werden, dass der Verkäufer von dem Mangel (hier: Schädlingsbefall) wusste und diesen bewusst verschwieg – bloße Fahrlässigkeit oder ein „hätte wissen müssen“ reicht nicht aus. Die Beweislast liegt beim Käufer, der konkrete Anhaltspunkte für die Kenntnis des Verkäufers vom Mangel nachweisen muss, was in der Praxis oft schwierig ist und zu einem erheblichen Prozessrisiko führt.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Immobilienkäufer beim Immobilienkauf
Der Kauf einer Immobilie ist eine bedeutende finanzielle Entscheidung. Um unerfreuliche Überraschungen wie Schädlingsbefall zu vermeiden, ist es wichtig, sich vorab gründlich zu informieren und Vorkehrungen zu treffen. Diese Tipps helfen Ihnen, Risiken zu minimieren und Ihre Rechte zu wahren.
⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Gründliche Besichtigung durchführen
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Besichtigung der Immobilie. Achten Sie auf verdächtige Anzeichen wie Holzmehl, Bohrlöcher oder Feuchtigkeit. Nehmen Sie idealerweise einen Sachverständigen mit, der potenzielle Schäden oder Mängel erkennen kann.
Tipp 2: Fragen stellen und Antworten dokumentieren
Stellen Sie dem Verkäufer gezielte Fragen zum Zustand der Immobilie, insbesondere bezüglich möglicher Schäden oder Mängel wie Schädlingsbefall. Dokumentieren Sie die Antworten schriftlich, um im Streitfall Beweise zu haben.
Tipp 3: Sachverständigengutachten einholen
Vor dem Kauf empfiehlt es sich, ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben. Dieses kann den Zustand der Immobilie detailliert beurteilen und mögliche Risiken aufzeigen. Die Kosten für das Gutachten sind zwar zunächst eine Investition, können aber vor teuren Folgeschäden schützen.
Tipp 4: Klauseln im Kaufvertrag prüfen
Achten Sie darauf, dass im Kaufvertrag klare Regelungen zur Haftung für Sachmängel getroffen werden. Lassen Sie den Vertrag vor Unterzeichnung von einem Anwalt prüfen, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen ausreichend geschützt sind. Vereinbaren Sie ggf. eine Gewährleistung des Verkäufers für bestimmte Mängel.
⚠️ ACHTUNG: Ein genereller Gewährleistungsausschluss kann unwirksam sein, wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschwiegen hat.
Tipp 5: Beweise sichern
Wenn Sie nach dem Kauf einen Mangel feststellen, sichern Sie umgehend Beweise. Fertigen Sie Fotos oder Videos an und holen Sie ein Gutachten ein, um den Schaden und seine Ursache zu dokumentieren. Dies ist wichtig, um Ihre Ansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend zu machen.
✅ Checkliste: Vor dem Immobilienkauf
- [ ] Gründliche Besichtigung der Immobilie durchführen
- [ ] Fragen zum Zustand der Immobilie stellen und dokumentieren
- [ ] Sachverständigengutachten einholen
- [ ] Kaufvertrag von einem Anwalt prüfen lassen
- [ ] Finanzierung sicherstellen
Benötigen Sie Hilfe?
Rechtliche Sicherheit bei unerwarteten Mängeln
Verborgene Mängel beim Immobilienerwerb können schnell zu erheblichen Unsicherheiten und finanziellen Belastungen führen. Dabei stehen Betroffene oft vor der Herausforderung, komplexe Sachverhalte sachgerecht zu bewerten und ihre Rechte in einem schwierigen Umfeld durchzusetzen.
Unsere Expertise unterstützt Sie dabei, Ihren individuellen Fall strukturiert zu analysieren und Ihre rechtlichen Optionen im Blick zu behalten. So können Sie sich auf eine fundierte Bewertung der Situation verlassen und zielgerichtete Lösungswege erkennen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag für meine Rechte bei Schädlingsbefall?
Ein Gewährleistungsausschluss im Immobilienkaufvertrag bedeutet, dass der Verkäufer sich von der Haftung für Mängel an der Immobilie befreit. Dieser Ausschluss ist besonders bei Altbauten üblich, da diese oft kleinere oder größere Mängel aufweisen können. Wenn Sie einen solchen Vertrag unterschreiben, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung oder Schadenersatz, selbst wenn der Mangel erst nach dem Kauf entdeckt wird.
Offensichtliche Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer gründlichen Besichtigung erkennen könnte, sind in der Regel vom Gewährleistungsausschluss umfasst. Versteckte Mängel hingegen, die auch bei sorgfältiger Untersuchung nicht erkennbar sind, bleiben von einem Gewährleistungsausschluss unberührt. Ein Beispiel für einen versteckten Mangel wäre ein Schädlingsbefall, der nicht sichtbar ist und erst nach dem Kauf entdeckt wird.
Arglistige Täuschung ist ein wichtiger Ausnahmefall. Wenn der Verkäufer von einem Mangel weiß und ihn bewusst verschweigt, um den Kauf zu fördern, bleibt der Gewährleistungsausschluss unwirksam. In solchen Fällen können Sie als Käufer trotz des Ausschlusses Ansprüche geltend machen.
Für Sie bedeutet das, dass Sie bei einem Schädlingsbefall, der nicht offensichtlich ist, möglicherweise Ansprüche geltend machen können, wenn Sie nachweisen können, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Andernfalls bleibt der Gewährleistungsausschluss wirksam, und Sie müssten die Kosten für die Mängelbeseitigung selbst tragen.
Unter welchen Umständen gilt das Verschweigen eines Schädlingsbefalls als arglistige Täuschung?
Das Verschweigen eines Schädlingsbefalls kann als arglistige Täuschung gewertet werden, wenn der Verkäufer Kenntnis von diesem Mangel hatte und ihn bewusst verschweigt, um den Käufer zu täuschen. Dies bedeutet, dass der Verkäufer wusste, dass die Immobilie von Schädlingen befallen ist, und diese Information absichtlich nicht weitergab, obwohl sie für die Kaufentscheidung des Käufers von wesentlicher Bedeutung ist.
Ein Schädlingsbefall kann ein versteckter Mangel sein, der bei einer üblichen Besichtigung nicht sofort erkennbar ist. Beispiele hierfür sind Befälle durch Termiten oder Holzwürmer, die erhebliche Schäden verursachen können.
Für den Käufer ist es entscheidend, den Nachweis zu erbringen, dass der Verkäufer Kenntnis vom Schädlingsbefall hatte. Dies kann durch Zeugen, Dokumente oder Gutachten geschehen. Ohne diesen Nachweis ist es schwierig, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Wenn eine arglistige Täuschung nachgewiesen wird, stehen dem Käufer Ansprüche wie Schadensersatz, Rücktritt vom Kaufvertrag oder Minderung des Kaufpreises zu. Ein Gewährleistungsausschluss schützt den Verkäufer in solchen Fällen nicht.
Welche Beweismittel sind geeignet, um die Kenntnis des Verkäufers über den Schädlingsbefall nachzuweisen?
Um den Nachweis zu erbringen, dass der Verkäufer Kenntnis von einem Schädlingsbefall hatte, sind verschiedene Beweismittel geeignet. Diese können sowohl direkte als auch indirekte Beweise umfassen:
Direkte Beweise:
- Zeugenaussagen: Aussagen von Nachbarn oder Handwerkern, die den Befall bemerkt oder Maßnahmen zur Bekämpfung durchgeführt haben, können wertvolle Beweise sein.
- Frühere Gutachten: Bestehende Gutachten oder Berichte von Schädlingsbekämpfern, die den Befall dokumentieren, sind ebenfalls hilfreich.
- Dokumente: Schriftliche Aufzeichnungen über Reparaturen oder Sanierungsmaßnahmen, die auf einen Schädlingsbefall hinweisen, können den Nachweis unterstützen.
Indirekte Beweise:
- Auffällige Reparaturversuche: Wenn der Verkäufer in der Vergangenheit ungewöhnliche Reparaturen durchgeführt hat, die auf einen Schädlingsbefall hindeuten, können diese als Indizien dienen.
- Geräusche oder Gerüche: Wenn der Käufer nach dem Kauf Geräusche oder Gerüche bemerkt, die auf Schädlinge hinweisen, und diese auch dem Verkäufer hätte auffallen müssen, können diese als Beweis herangezogen werden.
- Gutachterliche Stellungnahmen: Ein Sachverständiger kann feststellen, ob der Schädlingsbefall so offensichtlich war, dass der Verkäufer ihn hätte bemerken müssen.
Indizienbeweise:
- Kombination mehrerer Indizien: Selbst wenn einzelne Beweise nicht ausreichend sind, kann die Kombination mehrerer Indizien in der Gesamtschau den Nachweis der Kenntnis des Verkäufers erbringen. Dazu gehören beispielsweise frisch gestrichene Wände, die auf eine Verdeckung von Schäden hinweisen könnten, oder ungewöhnliche Verhaltensweisen des Verkäufers während der Besichtigung.
Welche Fristen muss ich beachten, um meine Rechte bei einem Schädlingsbefall geltend zu machen?
Wenn Sie bei einem Hauskauf einen Schädlingsbefall entdecken, ist es wichtig, die richtigen Fristen zu beachten, um Ihre Rechte als Käufer wahren zu können. Hier sind die wichtigsten Fristen und Aspekte, die Sie berücksichtigen sollten:
1. Mängelanzeige:
- Sofortige Meldung: Sobald Sie einen Schädlingsbefall feststellen, sollten Sie den Verkäufer unverzüglich informieren. Dies ist wichtig, um Ihre Ansprüche zu sichern.
2. Verjährungsfrist für Mängelansprüche:
- Fünf Jahre: Mängelansprüche beim Immobilienkauf verjähren in der Regel fünf Jahre nach der Übergabe des Objekts (§ 438 BGB). Diese Frist gilt sowohl für offene als auch für versteckte Mängel.
- Versteckte Mängel: Auch wenn Sie den Schädlingsbefall erst später entdecken, bleibt die fünfjährige Frist bestehen. Es ist jedoch entscheidend, ob der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen.
3. Arglistig verschwiegene Mängel:
- Drei Jahre: Wenn der Verkäufer den Schädlingsbefall arglistig verschwiegen hat, beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Zeitpunkt, an dem Sie den Mangel entdecken oder hätten entdecken können. Sie haben dann drei Jahre Zeit, um Ansprüche geltend zu machen (§ 438 Abs. 3 BGB).
4. Hemmung der Verjährung:
- Verhandlungen und Gerichtsverfahren: Die Verjährungsfrist kann durch Verhandlungen oder gerichtliche Schritte gehemmt werden. Solange diese laufen, wird die Frist unterbrochen und beginnt erst wieder zu laufen, wenn die Verhandlungen abgebrochen oder das Verfahren abgeschlossen ist.
5. Rechte des Käufers:
- Nacherfüllung: Sie können vom Verkäufer verlangen, dass er den Schaden behebt.
- Rücktritt oder Minderung: Wenn die Nacherfüllung nicht möglich ist, können Sie vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern.
- Schadensersatz: Bei arglistig verschwiegenen Mängeln können Sie auch Schadensersatz fordern.
Welche Arten von Schäden kann ich im Falle eines arglistig verschwiegenen Schädlingsbefalls vom Verkäufer ersetzt verlangen?
Wenn ein Verkäufer einen Schädlingsbefall arglistig verschweigt, können Sie als Käufer verschiedene Arten von Schäden ersetzt verlangen. Schadensersatz kann in folgenden Formen beansprucht werden:
- Kosten für die Beseitigung des Schädlingsbefalls: Dazu gehören alle Ausgaben, die für die Entfernung der Schädlinge und die Reparatur der durch sie verursachten Schäden anfallen.
- Kosten für Folgeschäden: Wenn der Schädlingsbefall zu weiteren Schäden an der Immobilie geführt hat, wie z.B. an Dachbalken oder Wänden, können diese ebenfalls ersetzt werden.
- Gutachterkosten: Die Kosten für einen Gutachter, der den Umfang des Schädlingsbefalls und der daraus resultierenden Schäden bewertet, sind ebenfalls ersatzfähig.
- Umzugskosten oder Mietkosten für eine Ersatzwohnung: Wenn Sie während der Sanierung ausziehen müssen, können auch diese Kosten geltend gemacht werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass Sie als Käufer verpflichtet sind, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Das bedeutet, dass Sie Maßnahmen ergreifen sollten, um weitere Schäden zu vermeiden, und dies auch nachweisen können müssen.
In solchen Fällen kann sich der Verkäufer nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen, da das arglistige Verschweigen des Mangels seine Haftung begründet.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Arglistige Täuschung
Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn ein Verkäufer dem Käufer bewusst einen Mangel an der Kaufsache verschweigt oder falsche Angaben macht. Für eine arglistige Täuschung ist Vorsatz erforderlich – der Verkäufer muss von dem Mangel gewusst und ihn absichtlich verschwiegen haben. Nach § 123 BGB kann der Getäuschte den Vertrag anfechten oder nach §§ 437, 444 BGB Schadensersatz verlangen, auch wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Beispiel: Der Hausverkäufer bemerkt Holzmehlhaufen im Dachstuhl, erkennt sie als Zeichen eines Schädlingsbefalls, verschweigt diese Tatsache aber bewusst gegenüber den Kaufinteressenten.
Gewährleistungsausschluss
Eine Vereinbarung im Kaufvertrag, durch die die gesetzlichen Mängelhaftungsrechte des Käufers eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bei Privatverkäufen von Immobilien ist ein Gewährleistungsausschluss üblich und grundsätzlich wirksam gemäß § 444 BGB. Er entfällt jedoch bei arglistigem Verschweigen von Mängeln oder bei Garantiezusagen des Verkäufers. Der Ausschluss muss eindeutig formuliert und individuell vereinbart oder transparent in AGB gestaltet sein.
Beispiel: Im notariellen Kaufvertrag steht: „Der Verkäufer verkauft das Objekt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung, wie es steht und liegt.“
Beweislast
Die rechtliche Verpflichtung einer Partei im Prozess, die für sie günstigen Tatsachen zu beweisen. Nach § 286 ZPO trägt grundsätzlich derjenige die Beweislast, der sich auf eine für ihn günstige Rechtsfolge beruft. Bei Schadensersatzforderungen wegen arglistiger Täuschung muss der Käufer beweisen, dass der Verkäufer den Mangel kannte und bewusst verschwieg. Dies ist oft schwierig und stellt ein erhebliches Prozessrisiko dar.
Beispiel: Die Hauskäufer müssen nachweisen, dass die Verkäufer von dem Schädlingsbefall wussten, etwa durch Zeugenaussagen oder Fotos von Holzmehlhäufchen aus der Zeit vor dem Verkauf.
Schadensersatzanspruch
Ein rechtlicher Anspruch auf Ausgleich eines erlittenen Schadens. Bei Kaufverträgen kann der Käufer nach §§ 437 Nr. 3, 280 BGB Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer eine Pflichtverletzung begangen hat. Der Umfang umfasst alle notwendigen Kosten zur Beseitigung des Mangels und weitere Folgeschäden. Bei arglistiger Täuschung besteht der Anspruch trotz eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses.
Beispiel: Die Käufer fordern die geschätzten Sanierungskosten von 98.589 Euro für die Beseitigung des Schädlingsbefalls im Dachstuhl sowie eventuelle Kosten für eine alternative Unterkunft während der Sanierung.
Berufungsverfahren
Ein Rechtsmittelverfahren, mit dem eine Partei die Überprüfung eines erstinstanzlichen Urteils durch ein höheres Gericht erreichen kann. Gemäß §§ 511 ff. ZPO prüft das Berufungsgericht sowohl rechtliche als auch tatsächliche Aspekte des Falls erneut. Die Berufungsinstanz kann das Urteil bestätigen, abändern oder aufheben. Sie bewertet eigenständig Beweise und kann neue Beweismittel zulassen.
Beispiel: Nachdem das Landgericht Münster die Klage der Hauskäufer abgewiesen hatte, legten diese Berufung zum OLG Hamm ein, das nun die erstinstanzliche Entscheidung überprüft hat.
Notarieller Kaufvertrag
Ein durch einen Notar beurkundeter Vertrag, der für Immobilienkäufe gemäß § 311b BGB zwingend vorgeschrieben ist. Der Notar hat eine neutrale Stellung und ist zur Belehrung und Aufklärung beider Parteien verpflichtet. Der Vertrag regelt alle wesentlichen Aspekte des Kaufs wie Kaufpreis, Zahlungsmodalitäten, Übergabetermin und Gewährleistungsfragen. Erst mit notarieller Beurkundung wird der Immobilienkauf rechtsgültig.
Beispiel: Im notariellen Kaufvertrag für das Haus in Münster wurden Kaufgegenstand, Preis sowie der Gewährleistungsausschluss festgehalten, der nun im Zentrum des Rechtsstreits steht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 437 BGB – Rechte des Käufers bei Mängeln: Diese Vorschrift regelt die Rechte des Käufers, wenn die gekaufte Sache mangelhaft ist. Der Käufer kann Nacherfüllung (Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache), Minderung des Kaufpreises, Rücktritt vom Vertrag oder Schadensersatz verlangen, sofern die Voraussetzungen vorliegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger berufen sich auf einen Mangel (Schädlingsbefall), um Schadensersatz von den Beklagten zu fordern. § 437 BGB bildet die Grundlage für ihre potenziellen Ansprüche.
- § 434 BGB – Sachmangel: Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Auch wenn keine explizite Vereinbarung getroffen wurde, ist die Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder nicht die übliche Beschaffenheit hat, die der Käufer erwarten kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Schädlingsbefall des Dachstuhls stellt einen Sachmangel dar, da ein Haus ohne Schädlingsbefall im Dachstuhl erwartet werden kann und ein solcher Befall die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt.
- § 444 BGB – Haftungsausschluss: Ein vereinbarter Haftungsausschluss im Kaufvertrag schließt die Gewährleistungsrechte des Käufers grundsätzlich aus. Dieser Ausschluss greift jedoch nicht, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im Kaufvertrag gab es wahrscheinlich einen Gewährleistungsausschluss. Die Kläger argumentieren jedoch, dass die Beklagten den Schädlingsbefall arglistig verschwiegen haben, wodurch der Haftungsausschluss unwirksam wäre.
- § 123 BGB – Anfechtung wegen Täuschung: Wer arglistig getäuscht wurde, kann seine Willenserklärung anfechten. Eine Anfechtung führt zur Rückabwicklung des Vertrages, als wäre er nie geschlossen worden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Sollten die Beklagten den Schädlingsbefall arglistig verschwiegen haben, könnten die Kläger den Kaufvertrag anfechten und die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Immobilie fordern.
- § 280 Abs. 1 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung: Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt auch bei der Verletzung von Aufklärungspflichten im Rahmen eines Kaufvertrages. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Wenn die Beklagten eine Aufklärungspflicht bezüglich des Schädlingsbefalls hatten und diese verletzten, können die Kläger Schadensersatz für die Sanierungskosten und Folgeschäden (z.B. Mietkosten für eine Ferienwohnung) gemäß § 280 Abs. 1 BGB fordern.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: 22 U 25/24 – Urteil vom 20.01.2025
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