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Mehrfamilienhauskauf – Mieteinnahmen als Beschaffenheitsvereinbarung

OLG Köln, Az.: 3 U 24/18, Urteil vom 29.11.2018

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 28.01.2018 – Az. 12 O 437/16 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 41.275,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 4.493,89 Euro seit dem 31.12.2016 und aus 36.781,45 Euro seit dem 19.01.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die weiteren Schäden der Kläger aus dem Kaufvertrag vom 19.07.2013 des Notars Dr. … infolge von Maßnahmen der Bauaufsicht der Stadt B zu übernehmen, soweit dieses aufgrund fehlender baurechtlicher Legalität der Kaufsache zum Zeitpunkt der Übereignung der Immobilie ergehen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Fehlbeträge zwischen der Summe der Jahresnettomiete und der Summe der tatsächlich vereinbarten oder – soweit höher – tatsächlich erzielten Jahresnettomieten zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses für die Mietverhältnisse – bzw. daraus durch Neuvermietung abgeleiteten Mietverhältnisse – entsprechend der „Mieterliste …“ – Anlage zum notariellen Kaufvertrag vom 19.07.2013 des Notars Dr….., UR.-NR. …..- zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger erwarben von der Beklagten durch notariellen Kaufvertrag des Notars Dr. G … vom 19.07.2013, UR.-Nr. 1222/2013 (Bl. 11 ff. GA) ein Mehrfamilienhaus in der … … … mit 14 vermieteten Wohneinheiten.

Die Kläger verlangen – insoweit in der Berufung noch im Streit – Schadensersatz in Höhe des Minderertrags bei den Mieteinnahmen. Sie berufen sich dazu auf die als Anlage zum Kaufvertrag genommene und von den Kaufvertragsparteien sowie dem Notar unterschriebene „Mieterliste …“, Bl. 21 GA, einer Aufstellung, die neben den Namen der Mieter und der Lage der Wohnungen die einzelnen Warmmieten und in einem Kasten die Angaben enthält:

3.428,00 Euro Jahresmiete Brutto

abzgl. BK 12.632,00 Euro

Jahresnettomiete 60.796,00 Euro

Auf diese Anlage wird unter Ziff. V Nr. 6 des notariellen Kaufvertrags verwiesen. Darin ist geregelt:

a) „Miet-und Pachtverhältnisse sind bekannt und werden übernommen. Eine Kopie der Aufstellung der Mietverhältnisse ist dieser Urkunde als Anlage beigefügt. Zu den Mietverhältnissen wird Folgendes vereinbart:

….

Mehrfamilienhauskauf - Mieteinnahmen als Beschaffenheitsvereinbarung
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

d) Der Veräußerer wies den Erwerber darauf hin, dass ihm nicht alle Originalmietverträge (Zweitschriften) vorliegen. Ferner wurden ihm die Mietkaution sowie die Bürgschaften der Ämter auf Mietkaution nicht übergeben. Einige Originalmietverträge sowie die Mietkaution und Bürgschaften der Ämter auf Mietkautionen befinden sich derzeit noch beim Verwalter. Für den Fall, dass bei Kaufpreisfälligkeit die Originalmietverträge und Mietkaution sowie Bürgschaften der Ämter auf Mietkaution nicht in Händen des Veräußerers sein sollten, ist der Erwerber berechtigt, bei Kaufpreiszahlung einen Teilbetrag i.H.v. 10.000 Euro einzubehalten. Sobald der Veräußerer dem Erwerber die Originalmietverträge (Zweitschriften), sämtliche Mietkautionen sowie die Bürgschaften der Ämter auf Mietkaution übergeben hat, hat der Erwerber den von ihm erbrachten einbehaltenen Kaufpreis -Teilbetrag i.H.v. 10.000 Euro an den Veräußerer zu zahlen. …“

Die Beklagte wurde bei dem streitgegenständlichen Kaufvertrag durch ihren Ehemann, den Zeugen L, vertreten. Die „Mieterliste …“ wurde im Büro der Maklerfirma J GmbH durch den Zeugen Breuer auf Veranlassung des Zeugen C erstellt. Bei dem Zeugen C handelt es sich um einen guten Bekannten des inzwischen verstorbenen Vaters der Kläger und auch des Ehemanns der Beklagten. Er hat den Kontakt zwischen den Kaufvertragsparteien vermittelt und war auch beim Notar anwesend. Der Zeuge L traf sich mit den Zeugen C einige Zeit vor dem Notartermin im Maklerbüro. Dabei überreichte er dem Zeugen C die Mietverhältnisse betreffende Unterlagen.

Die Kläger sind der Ansicht gewesen, sie hätten mit der Beklagten durch die Anlage zum notariellen Kaufvertrag eine Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich der dort angegebenen Beträge, insbesondere hinsichtlich der Jahresnettomiete, getroffen. Sie haben behauptet, dass im Zeitpunkt der Übergabe des Objekts entgegen der in dieser Anlage getroffenen Angaben die Jahresnettomiete nur 47.314,32 Euro betragen habe. Die Bruttomiete habe 69.403,68 Euro betragen, die Betriebskosten hätten sich auf 22.089,36 Euro belaufen. Für das Jahr 2013 (Monate September bis Dezember) haben die Kläger eine Differenz von 4.493,69 Euro errechnet, für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016 einen Fehlbetrag 36.781,45 Euro. Die Entwicklung des Schadens sei nicht abgeschlossen, verringere sich aber voraussichtlich jährlich durch Mietsteigerungen bei Neuvermietungen oder zulässige Mieterhöhungen.

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, in der Mieterliste liege keine verbindliche Aussage zu den Mieterträgen, sondern nur eine Konkretisierung der vom Käufer zu übernehmenden Mietverhältnisse. Sie hat behauptet, die Mieterliste habe der sie vertretende Zeuge L erstmals bei dem Notartermin gesehen. Die Liste habe der Zeuge C anhand der vom Zeugen L in einem Ordner übergebenen ungeordneten Unterlagen und ergänzenden Informationen, die der Zeuge C erforderlichenfalls eigenverantwortlich einholen sollte, erstellt. Der Zeuge L habe beim Notar auch sogleich erklärt, dass er die Liste nicht unterschreiben könne, da er sie nicht selbst erstellt habe und er die Angaben nicht sicher bestätigen könne. Die Kläger hätten daraufhin versichert, es komme ihnen darauf nicht entscheidend an, die Liste diene nur der Glaubhaftmachung gegenüber der Bank. Außerdem hätten die Kläger das Haus unabhängig vor der konkreten Ertragslage wegen seiner Größe und Lage unbedingt erwerben wollen.

Die Beklagte hat sich auf den Gewährleistungsausschluss berufen und die Höhe der Fehlbeträge mit Nichtwissen bestritten.

Mit Urteil vom 25.01.2018, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen sowie der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht dem Feststellungsantrag zu Ziff. 2 im Hinblick auf die mögliche baurechtliche Illegalität einzelner Wohnungen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt, die Anlage zum notariellen Kaufvertrag sei nicht als ausreichende Zusicherung eines bestimmten Nettomietertrags anzusehen. Die Mieterliste selbst sei nicht eindeutig. So sei nicht ersichtlich, was von dem Posten „BK“ umfasst sei. Es könnten die gesamten Betriebskosten der Immobilie sein, die auf den Mieter umlegbaren oder der vom Eigentümer selbst zu tragende Teil. Die Unterscheidung sei auch nicht aus anderen Umständen zu treffen, weil zur Kenntnis der Kläger die maßgeblichen Mietverträge fehlten; zudem bleibe unklar, für welches Jahr die variablen „BK“ angefallen seien. Im notariellen Kaufvertrag werde auch nur bezüglich der Anlage auf eine „Kopie der Aufstellung der Mietverhältnisse“ verwiesen. Auch daraus gebe sich keine Bedeutung der Anlage im Hinblick auf die Zusicherung eines bestimmten Ertrages.

Selbst wenn man dies anders sehe, sei ein Gewährleistungsanspruch nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Kläger im Kaufvertrag erklärt hätten, die Mietverhältnisse, mithin auch die monatlichen Mietzahlungen, seien bekannt.

Auch die Beweisaufnahme habe keine anderen Erkenntnisse ergeben. So sei nicht eindeutig, wie der Betrag von 12.632 Euro für „BK“ in die Aufstellung gelangt sei. Die Aussage des Zeugen C, der Zeuge L habe ihm diese Zahl mündlich mitgeteilt, sei nicht nachvollziehbar, auch wenn die Beweisaufnahme ergeben habe, dass der Zeuge L dem Zeugen C eine handschriftliche Aufzeichnung (Anl. 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2017, Bl. 323 GA) mit den Namen der Mieter und den monatlichen Zahlungseingängen gegeben habe, die allerdings die Betriebskosten nicht ausweise. Da völlig ungeklärt sei, wie die Zahl der Betriebskosten in die Mieterliste Eingang gefunden habe, sei es fernliegend, dass die Kläger gerade auf diese Angaben vertraut hätten, ohne dass dies im notariellen Text angesprochen werde, vielmehr die Kläger bei allgemeinem Gewährleistungsausschluss erklärten, dass ihnen die Mietverträge bekannt seien.

Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie die Klage hinsichtlich der abgewiesenen Anträge weiterverfolgen. Sie rügen, das Landgericht habe der Anlage zum notariellen Kaufvertrag „Mieterliste …“ zu Unrecht nicht die Bedeutung einer Beschaffenheitsvereinbarung beigemessen. Das Landgericht überspanne die Voraussetzungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung, die keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraussetze. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass es bezüglich der in der Mieterliste getroffenen Angabe von Betriebskosten (BK) an einem Erklärungsinhalt fehle, habe es den Kontext nicht beachtet. Denn die Betriebskosten seien eingebettet zwischen der Jahresbruttomiete und der nach Abzug der Betriebskosten verbleibenden und durch Fettdruck hervorgehobenen Jahresnettomiete. Der Erklärungsinhalt des Begriffs „Jahresnettomiete“ sei zudem auch ohne weiteres verständlich und nicht erst durch die Heranziehung weiterer Begriffe, wie etwa des Begriffs der Betriebskosten, zu ermitteln. Der Begriff der Jahresnettomiete habe den Erklärungsinhalt, dass damit das reine Entgelt für die Raumüberlassung und Gebrauchserhaltung gemeint sei. Zudem sei auch der Begriff „BK“ eindeutig und beziehe sich vorliegend auf die im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses aktuellen umlagefähigen Betriebskosten, die die Differenz zwischen Brutto- und Nettomiete darstellten. Dies entspreche dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Regelung in § 2 BetriebsKV. Das Landgericht habe auch das Aussageverhalten des Zeugen L, des Verhandlungsführers und Ehemanns der Beklagten, nicht hinreichend gewürdigt. Dieser habe nämlich zunächst behauptet, an der Erstellung der Mieterliste überhaupt nicht mitgewirkt zu haben, sondern den aus seiner Sicht von ihm beauftragten Makler, den Zeugen C, mit der Erstellung beauftragt zu haben. Auch nachdem der Zeuge C im Rahmen seiner Vernehmung eine handschriftliche Aufstellung vorgelegt habe, habe der Zeuge L in seiner nochmaligen Vernehmung zunächst weiterhin seine Urheberschaft daran bestritten, dann aber einräumen müssen, dass sich in seinem eigenen Aktenordner eine entsprechende Liste befand, die von seiner Ehefrau, der Beklagten selbst, stamme. Wenn die Beklagte dann aber – vertreten durch ihren Ehemann – eine angeblich durch den aus ihrer Sicht beauftragten Makler weiterbearbeitete Auflistung als Anlage zum notariellen Kaufvertrag abzeichne, mache sie sich die in der Auflistung gemachten Angaben zu Eigen und müsse für deren Richtigkeit einstehen. Die Jahresnettomiete sei daher als Eigenschaft der Kaufsache vereinbart worden. Soweit das Landgericht darauf abstelle, dass die Mieterliste … nur an einer Stelle des notariellen Kaufvertrags erwähnt werde, so könne daraus nicht auf einen geringen oder fehlenden Erklärungsinhalt geschlossen werden. Aus dem Kontext ergebe sich vielmehr, dass die Käufer aus der Liste die maßgeblichen Informationen über die Vermietungsimmobilie hinsichtlich der Mietverträge herleiteten. Denn es sei zugleich erwähnt, dass selbst dem Veräußerer nicht alle Mietverträge vorlägen und deshalb ein Einbehalt vom Kaufpreis bis zur Übergabe sämtlicher Verträge an den Erwerber vereinbart werde. Soweit das Landgericht schließlich angenommen habe, dass nicht bewiesen sei, dass der Zeuge L die Angaben zu den Betriebskosten gegenüber dem Zeugen C gemacht habe, sei auch dies nicht nachvollziehbar, denn die einzige Partei, die anhand ihrer Einnahmen- und Ausgabenbelege Kenntnis über die Betriebskosten des Objekts hätte haben können, sei die Beklagte gewesen. Von daher könne nur sie bzw. der sie vertretende Ehemann Angaben dazu gemacht haben. Den Klägern seien mit der Anlage damit genau diejenigen Inhalte zu den Miet- und Pachtverhältnissen bekannt gemacht worden, die für sie für ihre Entscheidungsfindung von tragender Bedeutung gewesen seien. Es sei auch ohne weiteres ersichtlich, dass es für die Bemessung des Kaufpreises elementar gewesen sei, dass man die Jahresnettomiete kennt, mithin die Rendite des Objektes.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 12.11.2017, 9 O 431/16, über die darin erfolgte Verurteilung hinaus,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 41.275,34 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Fehlbeträge zwischen Mieten laut Notarvertrag Dr. G zu B vom 19.07.2013, UR.- Nr. 1222/2013 und den tatsächlich zu erzielenden Mieten für das Objekt ……….zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde. Sie beruft sich insbesondere auf den Passus im notariellen Kaufvertrag, nach dem dem Erwerber die Miet- und Pachtverhältnisse bekannt seien und von ihm übernommen würden. Damit hätten die Käufer anerkannt, dass das Kaufobjekt im Hinblick auf die Miet- und Pachtverhältnisse frei von Sachmängeln sei und sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eigne. Die Kläger könnten sich schon nach Treu und Glauben nicht auf eine Abweichung der Ertragslage berufen. Die Auslegung des Landgerichts, dass die Parteien im Hinblick auf den Mietvertrag keine Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen hätten, sei auch zutreffend. Das Landgericht habe richtig erkannt, dass der Begriff „BK“ nicht eindeutig sei. Dies sei auch erheblich, da die Kläger ihren Schaden anhand der angeblich negativen Abweichung „abzüglich BK“ berechneten. Entgegen der Behauptung der Kläger seien Betriebskosten nicht nur die umlagefähigen Kosten. Die Beklagte vertritt ferner die Ansicht, dass den Klägern die Unbestimmtheit und mögliche Unrichtigkeit der Summenangaben aus der Anlage zum Kaufvertrag selbst hätte auffallen müssen. Wer sich auf eine so unklare Regelung einlasse, zeige, dass es ihm nicht auf die genauen Mieteinnahmen ankomme. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Kläger das Objekt seinerzeit unbedingt und unabhängig vom konkreten Mietertrag wegen seiner Lage und Größe etc. hätten erwerben wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbeteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen Schriftsatz vom 24.10.2018 verweist die Beklagte noch einmal auf ihr Bestreiten der Schadenshöhe, insbesondere der Angaben in den Anlagen K 3 und K 4, mit Nichtwissen, ferner darauf, dass ihr die als Anlage zum Protokoll erster Instanz genommene Liste nicht zugeleitet worden sei und sie daher der Verwertung widerspreche. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Beweisantritt durch Vernehmung der Zeugin V, u.a. zu der Behauptung, dass die Kläger beim Kaufvertragsschluss zu der durch den Makler vorgelegten Mieterliste erklärt hätten, es komme ihnen nicht darauf an, dass der Zeuge L die Gewähr für die Richtigkeit der Angaben in der Liste übernehme. Diese diene nur der Glaubhaftmachung gegenüber der Bank. Sie habe nur für die erste Instanz auf die Zeugin V verzichtet.

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II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg.

1) Die Kläger können aus §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 BGB Schadensersatz in der Höhe verlangen, in der die in dem Objekt ………..erzielten Nettomieten hinter den mit notariellem Kaufvertrag vom 19.07.2013 vereinbarten Nettomieten zurückbleiben.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich aus der Regelung im notariellen Kaufvertrag, insbesondere der Anlage „Mieterliste ………..“, im Zusammenhang mit den unstreitigen bzw. sich aus der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ergebenden Gesamtumständen eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Jahresnettomiete im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses.

Die aus der Bewirtschaftung eines bebauten, vermieteten Grundstücks erzielten Mieterträge und die aufzuwendenden Betriebskosten gehören zu den Eigenschaften, die Gegenstand einer von den Kaufvertragsparteien vereinbarten Beschaffenheit des Grundstücks nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB sein können (BGH, Urteil vom 05.11.2010, ZR 228/09; Grunewald in Erman, Kommentar zum BGB, 15. Aufl. 2017, § 434 BGB Rz. 11). Jede nach früherem Recht zusicherungsfähige Eigenschaft einer Sache kann nunmehr eine Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB sein (BGH, Urteil vom 05.11.2010, V ZR 228/09).

Vorliegend ist die Jahresnettomiete von 60.796,00 Euro in einer von den Vertragsparteien und dem Notar unterschriebenen Anlage zum notariellen Kaufvertrag genannt. Zwar ist der Anlage nicht die ausdrücklich Erklärung zu entnehmen, dass die Verkäuferin eine Jahresnettomiete in dieser Höhe zusichert bzw. die Verbindlichkeit dieser Angabe ausdrücklich betont wird. Dies ist aber für eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB auch nicht zwingend erforderlich. Für eine Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf einen Mietertrag reicht es z.B. aus, wenn im Kaufvertrag auf einen Mietvertrag Bezug genommen wird und darin konkrete Einnahmen genannt werden. Angaben eines Mietertrages sind, auch wenn nur die Größenordnung genannt wird, ferner dann eine Beschaffenheitsvereinbarung, wenn der Käufer sie als vertraglich ansehen kann (MüKoBGB/Westermann, BGB, § 434 Rn. 59). Denn der zur Zeit des Vertragsabschlusses tatsächlich aus einem Hausgrundstück gezogene Nutzen gilt nach der Verkehrsanschauung als ein sicherer Maßstab und als eine der wichtigsten Grundlagen für die Ertragsfähigkeit und damit für die Wertschätzung des Grundstückes. Werden die tatsächlich erzielten Mieterträge in einem Grundstückskaufvertrag aufgeführt und ausdrücklich zum Gegenstand der Vereinbarungen gemacht, dann spricht dies grundsätzlich für eine vertragsmäßige Zusicherung. Eine andere Würdigung kann sich nur aus besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben (BGH, Urteil vom 26.02.1993, V ZR 270/91, NJW 1993, 1385, BGH NJW 1990). Das heißt: Die in einem Kaufvertrag enthaltenen und ausdrücklich zum Gegenstand der Vereinbarungen gemachten Angaben über tatsächlich erzielte Mieterträge sind als Zusicherung einer Eigenschaft (bzw. Beschaffenheitsvereinbarung) zu verstehen, wenn der Käufer nicht auf Grund besonderer Umstände andere Vorstellungen über den Wert des Kaufgrundstücks hegt, als sie nach der Verkehrsanschauung bei solchen Objekten mit dem zugesicherten Mietertrag verbunden sind (BGH, NJW 2001, 2551; BGH, NJW-RR 1990, 1161, 1162, vgl. auch BGH, NJW 1990, 902; NJW 1993, 1385; NJW 1998, 534, 535; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1481; OLG Celle, NJW-RR 1999, 280, 281).

Vorliegend spricht für die Bedeutung der in der „Mieterliste …..“ enthaltenen Angaben zu den Mieterträgen als Beschaffenheitsvereinbarung, dass sie als Anlage zum notariellen Kaufvertrag genommen wurde. Sie ist also unmittelbarerer Inhalt des Kaufvertrages geworden, und es wird nicht nur indirekt ein Verweis auf eine Unterlage außerhalb des Vertrages vorgenommen (wie dies beispielsweise bei einem Exposé oder einem Mietvertrag der Fall ist, was für eine Beschaffenheitsvereinbarung u.U. gleichwohl ausreichend sein könnte). Die Jahresnettomiete stellt sich zudem durch den Fettdruck als Essenz der in der Anlage zuvor genannten Einzelangaben der auf die jeweiligen Wohnungen entfallenden Warmmieten dar und ergibt sich schlüssig aus der Summe der Bruttomieten abzüglich der Betriebskosten. Unstreitig lagen den Klägern die Mietverträge im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vor. Sie hatten daher in Ziff. V 6 des notariellen Kaufvertrages einen Einbehalt vom Kaufpreis in Höhe von 10.000,- Euro bis zur Übergabe der Mietverträge und Kautionen vereinbart. Die Informationslage der Kläger zu den Mieteinnahmen beruhte daher allein auf den Angaben in dieser Anlage, was deren Bedeutung unterstreicht. Soweit die Beklagte die Aussage der Mieterliste lediglich darin sieht, dass den Klägern die Namen der Mieter und die Lage der Wohnungen hätten bekannt gegeben werden sollen, wofür auch die Überschrift „Mieterliste …“ spreche, so überzeugt dies nicht. Vielmehr nehmen neben dem Namen der Mieter und der Lage der Wohnungen die einzelnen Mieten in der Anlage eine gleichwertige Stellung ein. Die Jahresnettomiete als der Betrag, der bei einer fremdvermieteten Immobilie als Renditeobjekt üblicherweise interessiert, ist zudem, wie ausgeführt, im Fettdruck hervorgehoben. Gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung spricht auch nicht, dass auf die Anlage in der Weise in Ziff. V. 6 des notariellen Kaufvertrages Bezug genommen wird, als es dort heißt „…Eine Kopie der Aufstellung der Mietverhältnisse ist dieser Urkunde als Anlage beigefügt“. Entgegen der Ansicht des Landgerichts wird weder durch den Begriff „Kopie“ noch den Begriff „Aufstellung der Mietverhältnisse“ der Eindruck erzeugt, die Anlage habe in Bezug auf die Mieterträge keine Relevanz bzw. spreche gegen eine diesbezügliche Vereinbarung. Dadurch dass eine maschinenschriftliche Aufstellung – wie hier – unterschrieben wird, erhält sie die Bedeutung eines Originals. Die Wahl der Begriffe „Aufstellung“ oder „Liste“ sind für die Auslegung des Inhalts von untergeordneter Bedeutung. Die Regelungen unter Ziff. V des notariellen Kaufvertrages sind insgesamt mit „Weitere Vereinbarungen“ überschrieben, es folgt ein Haftungsausschluss und Ausnahmen davon. Dieser Kontext spricht gegen eine Unverbindlichkeit der Angaben in der Mieterliste in Bezug auf die Mieteinnahmen.

Anders als das Landgericht angenommen hat, wird die Aussage zu den Mieterträgen in der Anlage auch nicht dadurch relativiert, dass der Begriff „BK“ gewählt und der Betrag von 12.632,- Euro nicht näher erklärt wird. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit „BK“ Betriebskosten gemeint sind. Der Umstand, dass die „BK“ als Differenz zwischen der Jahresmiete Brutto und der Jahresnettomiete aufgeführt sind, erhellt, dass mit „BK“ die Betriebskosten gemeint sind, die auf die jeweiligen Mieter umgelegt werden. Dass der Betrag von 12.632,00 Euro nicht näher aufgeschlüsselt und keinem konkreten Abrechnungszeitraum zugeordnet ist, ist unschädlich. Denn es ist selbstverständlich, dass die jeweils aktuellen Zahlen (bei den Betriebskosten also die Zahlen aus der letzten Jahresnebenkostenabrechnung) gemeint sind. Dass in der Beweisaufnahme nicht geklärt werden konnte, wie die Zahl von 12.632,00 Euro in die Aufstellung gelangt ist, insbesondere das Landgericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass die Angabe vom Zeugen L gegenüber dem Zeugen C mündlich erfolgte, ist nach Auffassung des Senats für die Bedeutung der Anlage „Mieterliste …“ irrelevant. Denn jedenfalls steht fest, dass die genannte Zahl aus der Sphäre des Verkäufers stammt. Entweder hat der Zeuge L sie dem Zeugen C mündlich mitgeteilt (wie der Zeuge C bekundet hat), oder der Zeuge C hat sie den ihm vom Zeugen L übergebenen Unterlagen entnommen oder mit Vollmacht der Beklagten selbst ermittelt (so der eigene Vortrag der Beklagten). Für die Käufer jedenfalls stellte sich die Zahl, gerade weil sie „krumm“ ist und nicht mit einer „ca.“ Einschränkung verbunden ist, als rechnerisch ermittelt dar. Die Angaben sind zudem nicht so unklar, dass es fernliegt, dass sich ein vernünftiger Käufer auf solche Zahlen für seine Kaufentscheidung verlässt. Dies gilt umso mehr, wenn man die Aussage des Zeugen L berücksichtigt, nach denen er beim Notartermin in Gegenwart der Kläger geäußert haben will, er könne die Liste nicht unterschreiben, weil er sie erstmals im Notartermin sehe und die Zahlen nicht im Kopf habe, worauf er sich bei dem anwesenden Zeugen C rückversichert habe mit dem Bemerken, er werde ihn in die Haftung nehmen, wenn es Probleme gebe. Denn dies unterstreicht aus Sicht der Käufer, dass es sich bei der Anlage gerade nicht um eine laienhaft erstellte ungefähre Schätzung ohne Gewähr handelt, sondern sie von einem in der Materie kundigen Immobilienmakler für den Verkäufer erstellt wurde. Dass der Zeuge C von den Klägern beauftragt wurde, die Liste zu erstellen, behauptet die Beklagte nicht. Vielmehr haben die Kläger unstreitig durch ihren verstorbenen Vater in einem Gespräch mit dem Zeugen L und dem Makler C um eine Aufstellung der Mieteinnahmen gebeten, woraufhin sich der Zeuge L mit dem Zeugen C zusammensetzte und Unterlagen und/oder mündliche Informationen übergab.

b) Eine Haftung der Beklagten ist auch nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil den Klägern die tatsächlich niedrigeren Nettomieten im Zeitpunkt des Kaufvertrages bekannt gewesen wären. Zwar enthält Ziff. V 6 die Regelung „Miet- und Pachtverhältnisses sind bekannt und werden übernommen“; sodann folgt der Verweis auf die „Aufstellung der Mietverhältnisse“ in der fraglichen Anlage. Aus dem weiteren Kontext, insbesondere der Ziff. V 6 d) des notariellen Kaufvertrages wird aber deutlich, dass sich die Kenntnis der Käufer bezüglich der Mietverhältnisse auf die Angaben in der „Mieterliste …“ beschränkt. Denn nach dieser Bestimmung lagen selbst dem Veräußerer nicht alle Mietverträge im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor und Unterlagen und Kautionen wurden seitens des Veräußerers den Erwerbern nicht übergeben. Daher wurde ein Einbehalt von 10.000,- Euro vom Kaufpreis vorgenommen. Es ist auch unstreitig, dass die Kläger die Details der Mietverhältnisse und die einzelnen Miethöhen nicht kannten. Damit ist die Erklärung in Ziff. V 6 so zu verstehen, dass die in der Anlage genannten Mietverhältnisse den Käufern bekannt gegeben wurden und übernommen werden.

c) Umstände, nach denen es den Klägern auf die Angabe der Mieterträge ausnahmeweise nicht angekommen sei, hat die Beklagte nur unsubstantiiert vorgetragen. Soweit die Beklagte behauptet hat, die Kläger hätten das Objekt wegen Lage und Zustand unbedingt erwerben wollen, bedeutet dies schon nicht, dass ihnen die Erträge nicht wichtig waren. Vielmehr sind Lage und Zustand bei einer fremdvermieteten Immobilie Faktoren, die sich in der Miethöhe widerspiegeln. Soweit die Beklagte für die Motivation der Kläger, das Haus unabhängig von der Höhe des Mietertrags unbedingt kaufen zu wollen, mit Schriftsatz vom 14.08.2017 Beweis durch Zeugnis des Herrn L angetreten hat, hat dessen Aussage die Behauptung zudem nicht bestätigt. Vielmehr hat der Zeuge L zu verstehen gegeben, dass jedenfalls er der „Mieterliste …“ auch in Bezug auf die Mieterträge Bedeutung beigemessen hat. Denn er wollte die Anlage zunächst nicht unterschreiben („Bauchschmerzen“), sondern hat sich bei dem Zeugen C rückversichert, ob alles seine Richtigkeit habe. Nach seiner Darstellung hat er dem Zeugen C umfangreiche Unterlagen, u.a. Kontoauszüge, übergeben; dieser Zeuge sollte auch Nebenkosten ermitteln. Vor diesem Hintergrund ist die – ohnehin nicht ausreichend substantiierte – Behauptung der Beklagten, die Mieterliste habe nur der Zusammenstellung der Mieter gedient und sei nur zu diesem Zweck beim Notar verlesen worden, jedenfalls nicht bewiesen.

Dass die Kläger beim Notar konkret geäußerte hätten, auf die genauen Mieterträge komme es nicht an, hat die Beklagte ebenfalls nicht bewiesen. Der Zeuge L hat bei seiner Vernehmung nicht geschildert, dass die Kläger geäußert hätten, die genauen Erträge seien nicht wichtig, sie bräuchten die Aufstellung nur für die Bank. Vielmehr hat er angegeben, dass die Kläger seine Äußerungen gegenüber dem Zeugen C, dass er nicht sagen könne, ob die Liste stimme, mitbekommen hätten; allerdings hätten die „ja nichts dafür gekonnt“. Die Käuferseite habe ihm mitgeteilt, er müsse das unterschreiben. Dies spricht dafür, dass es den Klägern auf die Angaben zu den Mieterträgen ankam. Selbst wenn sie geäußert hätten, die Liste sei (nur) wichtig für die Bank – was der Zeuge L so nicht geschildert hat – wäre damit zudem nicht die Erklärung der Kläger verbunden, dass die Höhe der Mieterträge für den Kaufvertragsschluss nicht wichtig war. Im Gegenteil hing die Finanzierung des Objekts für die Kläger offenbar von der Höhe der Mieterträge und damit der Rendite ab.

Soweit die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz auf das Zeugnis der Frau V, auf das sie kurz vor der Beweisaufnahme erster Instanz für diese Instanz verzichtet hat, zurückkommt, hat die Beklagte schon nicht zu den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO vorgetragen. Denn die erneute Benennung eines Zeugen, auf den in erster Instanz verzichtet wurde, ist neu und nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen (Zöller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 399 Rz. 2). Zudem hat die Beklagte durch die in der Berufungserwiderung erklärte allgemeine Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Beweisangebote den Verzicht auf die Zeugin nicht erkennbar widerrufen. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in dem das erstinstanzliche Beweisergebnis erörtert wurde, hat die Beklagte die Zeugin nicht erneut benannt. Der erneute Beweisantritt ist erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt, was gem. § 296a ZPO verspätet ist. Die Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin ist aber auch unabhängig davon nicht veranlasst. Soweit die Beklagte durch Zeugnis der Frau V unter Beweis stellt, dass der Zeuge L bei der Kaufvertragsbeurkundung erklärt habe, die Liste sei vom Makler, Herrn C, erstellt worden und die Beklagte könne für die Richtigkeit keine Gewähr übernehmen, kann dies als wahr unterstellt werden; denn jedenfalls hat die Vernehmung des Zeugen L ergeben, dass er sich beim Zeugen C rückversichert hat, ob die Angaben zutreffend sind, und die Kläger darauf bestanden haben, dass er die Liste unterschreibt. Wenn er dann unterschreibt, ist damit die Erklärung verbunden, dass er den etwaig vorher erklärten Vorbehalt aufgibt und für die Richtigkeit einstehen will. Dass die Kläger geäußert hätten, die Liste diene nur der Glaubhaftmachung gegenüber der Bank, kann ebenfalls als wahr unterstellt werden, da sich daraus gerade nicht ergibt, dass es den Klägern auf die Richtigkeit der Angaben zu den Mieteinnahmen nicht ankam. Soweit die Zeugin Äußerungen des Zeugen L bei den Verhandlungen bestätigen soll, die im Widerspruch zu den eigenen Angaben des Zeugen L bei seiner Vernehmung stehen, hätte es zudem einer Erklärung bedurft, dass die Angaben des Zeugen L nicht richtig sind und die Zeugin andere/bessere Erkenntnisse hat als der die Beklagte bei den Kaufvertragsverhandlungen vertretende Zeuge L.

d) Soweit Parteien in Ziff. V 1 des notariellen Kaufvertrages die Gewährleistung für Sachmängel ausgeschlossen haben, gilt dieser Ausschluss nicht für die vereinbarten Beschaffenheit. Die Erklärungen zu den Nettomieten stellen vielmehr eine (weitere) Ausnahme (wie auch die in Ziff. V 2 des notariellen Kaufvertrages, nach der eine Haftung des Verkäufers für die baurechtliche Zulässigkeit der Bebauung besteht) von dem zuvor bestimmten allgemeinen Haftungsausschluss dar (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 5.11.2010, V ZR 228/09). Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (BGH, Urteil vom 29.11.2006, VIII ZR 92/06).

e) Die Kläger können nach § 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 BGB sog. „kleinen“ Schadenersatz verlangen, d.h. verlangen, so gestellt zu werden, als wenn gehörig erfüllt worden wäre. Besteht der Mangel darin, dass die Erträge geringer und die Betriebskosten einer vermieteten Sache höher als im Kaufvertrag vereinbart sind, kann der Käufer die ihm dadurch entstehenden Mehrkosten von dem Verkäufer als Schadensersatz auch dann beanspruchen, wenn die Voraussetzungen für eine Minderung nach § 441 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht verifiziert werden können (BGH, Urteil vom 5.11.2010, V ZR 228/09; Palandt-Grüneberg, 77. Aufl. § 281 BGB, Rz. 45).

f) Die Kläger können Mindereinnahmen in Höhe von 41.275,34 Euro ersetzt verlangen. Die Kläger haben die Mindereinnahmen für die Jahre 2013 bis 2016 schlüssig dargelegt. Die Kläger haben durch Vorlage der Mietverträge in den Anlagen K 2a – K 2n und die Zusammenfassung der Angaben in den Tabellen auf den S. 3 und 6 der Klageschrift vom 21.10.2016 dargelegt, wie sich die jeweiligen tatsächlichen Miethöhen im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags dargestellt haben. Soweit in zwei der auf S. 6 der Klageschrift aufgelisteten Mietverhältnisse die Nettomiete nicht mit der in den als Anlagen K 2a – K 2n vorgelegten Mietverträgen übereinstimmt, haben die Kläger diese Abweichung in einem Fall damit erklärt, dass eine Mieterhöhung stattgefunden haben müsse, was sich zugunsten der Beklagten auswirkt. Im Fall des Mieters Haase haben die Kläger die Nettomiete errechnet, weil im Mietvertrag eine Bruttoinklusivmiete und keine Nettomiete ausgewiesen ist. Die Höhe der Nettomiete in diesem einen Fall haben sie anhand der Nebenkostenabrechnung 2013 (Anlage K 4) ermittelt. Soweit die Beklagte diese Anlage K 4 pauschal mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unbeachtlich. Denn sie war aufgrund der von ihr im Jahr 2013 bis zur Übergabe des Objekts bestehenden eigenen Zahlungsverpflichtung bezüglich der in der Anlage K 4 genannten Kostenpositionen/Abgaben in der Lage, die Angaben auf Richtigkeit, jedenfalls auf Plausibilität zu prüfen, so dass ein qualifiziertes Bestreiten erforderlich gewesen wäre. Soweit die Beklagte den Inhalt der Anlage K 3 bestreitet, ist dies ebenfalls unbeachtlich. Denn diese Anlage führt nur an, dass auch die Warmmieten andere waren, als in der Mieterliste ausgewiesen. In der Anlage K 3 sind Beträge aufgeführt, die in etwa den von der Beklagten für September 2013 noch vereinnahmten und an die Kläger ausgekehrten Warmmieten entsprechen. Dies verdeutlicht, dass die Beklagte erkennen konnte, dass die Angaben zu den Warmmieten in der Mieterliste nicht zutreffen, was sich zudem zwanglos auch daraus ergibt, dass bei den Mietern …. und …. nicht berücksichtigt wurde, dass in den Mietverträgen noch DM-Beträge und nicht EURO-Beträge genannt sind.

Die Anlage K 6 greift dieselben Beträge wieder auf, die die Situation bei Übergabe der Kaufsache an die Kläger darstellt und sich aus den vorgelegten Mietverträgen bzw. in zwei Fällen – wie ausgeführt – aus den zusätzlichen Erklärungen der Kläger ergibt. Auch insofern ist das pauschale Bestreiten der Beklagten ohne Substanz. Soweit in der Anlage K 6 ein Fehlbetrag von 14.238 Euro im Jahr 2013 aufgeführt ist, während die Kläger anhand der Tabelle auf S. 6 der Klageschrift für 2013 eine Differenz von 13.481,68 Euro ermittelt haben, beruht die Abweichung auf einer falschen Addition der Einzelwerte in der Spalte „Nettomiete“ auf S. 6 der Klageschrift. Da die Addition tatsächlich eine geringere Nettomiete ergibt, fällt die Differenz zu den Angaben in der Mieterliste höher aus als 13.481,68 Euro, nämlich 14.120,32 Euro. Da die Kläger für 2013 aber nur ausgehend von 13.481,68 eine Differenz von 4.493,89 Euro (für 4 Monate) verlangen, geht der Rechenfehler zu ihren eigenen Lasten und veranlasst nicht zu einem Abzug von der Klageforderung.

Die Anlagen K 7 bis K 9 stellen die Entwicklung der Mieteinnahmen in Abhängigkeit zu der Lage bei Kaufvertragsschluss für die Jahre 2014 bis 2016 dar. Daraus geht hervor, dass in fünf der vierzehn Mieterverhältnisse durch Neuvermietung und damit verbundene oder allgemeine Mieterhöhungen die Differenz zu den Angaben in der Mieterliste geringer geworden ist (2014: 13.784 Euro, 2015: 12.782,02 Euro, 2016: 10.215,36 Euro). Mit diesen Angaben hat sich die Beklagte gar nicht auseinandersetzt. Soweit sie im Schriftsatz vom 26.06.2017 sämtliche Eintragungen in den Anlage K 6, K 7, K 8 und K 9 mit Nichtwissen bestreitet, ist dies, wie ausgeführt, jedenfalls in Bezug auf die im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses vorliegende und aus den Mietverträgen abgeleitete Situation unzulässig, im Übrigen unsubstantiiert. Da sich die Mieterhöhungen zugunsten der Beklagten auswirken, also den Schaden verringern, wäre es Sache der Beklagten gewesen dazulegen, dass es den Klägern möglich gewesen wäre, bei Mieterwechsel oder im Rahmen eines fortbestehenden Mietvertrages höhere Mieten zu erzielen.

2) Der Feststellungsantrag zu Ziff. 3 ist überwiegend begründet. Die Kläger haben ein Feststellungsinteresse, weil die Schadensentwicklung bei den Mindereinnahmen nicht abgeschlossen ist. Die Feststellung war lediglich einschränkend – wie aus dem Tenor ersichtlich – zu fassen und ansonsten die Klage und die Berufung zurückzuweisen. Denn die Beklagte hat durch Angabe der Jahresnettomiete im Jahr 2013 den Klägern nicht einen Fortbestand dieses Ertrages für die Zukunft garantiert. Die Nettomiete in der Mieterliste ist daher in jedem Fall als Bezugsposten für die Differenzberechnung anzusetzen, auch wenn die Wohnungen, z.B. aufgrund von Mieterwechsel oder Schäden, zwischenzeitlich nicht vermietbar wären, also Mieten tatsächlich nicht zu erzielen sind. Das Risiko des Leerstandes können die Kläger mit ihrem Feststellungsantrag nicht auf die Beklagte abwälzen. Aus der Berechnung der Jahre 2014-2016 geht hervor, dass sie dies auch nicht beabsichtigen, sondern sich mindestens die im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses aus den seinerzeit bestehenden Mietverträgen ergebende Nettomiete anrechnen lassen. Da der Wortlaut des Antrags der Kläger aber weiter gefasst ist, war – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – eine Einschränkung dergestalt vorzunehmen, dass im Tenor nicht auf die Differenz zu den für das Objekt „zu erzielenden Mieten“ abgestellt wird, sondern mindestens auf die bei Kaufvertragsschluss vereinbarten und ggfs. die in der Folgezeit höher erzielten Mieten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 61.275,34 Euro

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