Skip to content

Fahrzeugkauf – Heckscheibenablösung bei Cabrioverdeck als Sachmangel

LG Düsseldorf – Az.: 9 O 8/14 – Urteil vom 03.03.2017

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.372,26 EUR zuzüglich eines Betrages in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. aus 10.235,00 EUR für die Zeit vom 16.08.2012 bis zum 28.08.2013 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.372,26 EUR seit dem 29.08.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW B4 A4 Cabriolet 2.4 – Typ 8H – mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer (amtliches Kennzeichen: …;…;

Der Beklagte wird weiter verurteilt an den Kläger 1.139,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2014 zu zahlen, ebenfalls Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des vorbezeichneten Fahrzeugs, sowie an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2013 zu zahlen.

Cabrioverdeck
Heckscheibenablösung bei Cabrioverdeck als Sachmangel beim Fahrzeugkauf (Symbolfoto: Von John-Fs-Pic /Shutterstock.com)

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme des vorbezeichneten Fahrzeugs in Verzug befindet.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger verlangt mit seiner Klage Rückabwicklung eines Kaufvertrages über das im Tenor näher bezeichnete Kraftfahrzeug wegen eines Sachmangels.

Der Kläger erwarb von dem Beklagten, der ein Autohaus betreibt, mit Vertrag vom 13.08.2012 ein gebrauchtes B4 A4 Cabriolet zum Preis von 10.850,00 EUR. Baujahr des Fahrzeugs war 2002; bei Abschluss des Kaufvertrages wies es eine Gesamtlaufleistung von 93.293 km auf. Nach einer geleisteten Anzahlung von 1.950,00 EUR wurde dem Kläger das Fahrzeug am 15.08.2012 gegen Zahlung von 8.900,00 EUR übergeben.

In der Folgezeit reklamierte der Kläger wiederholt Mängel (vgl. Anlagenkonvolut K6). Mit Schreiben vom 12.07.2013 (Anlage K2) teilte er unter anderem folgendes mit:

„Zwischenzeitlich habe ich noch weiter Mängel feststellen müssen:

Die Heckscheibe löst sich vom Verdeck ab. Als Folge hiervon ist das Fahrzeug bei Regen nicht mehr dicht. Auf der Hutablage finden sich Rückstände, die offensichtlich von Wassertropen [sic!] herrühren, die an der schadhaften Stelle des Verdecks eingetreten sind. Die Scheibe hat sich auf der Beifahrerseite seitlich schon fast komplett gelöst. Auf der Fahrerseite beginnt sie sich zu lösen.“

Der Kläger forderte den Beklagten auf, diesen und andere Mängel im Rahmen seiner Verpflichtung zur Nachbesserung bis zum 26.07.2013 zu beseitigen. Er übergab das Schreiben am 12.07.2013 einem Mitarbeiter des Beklagten, dem er auch aufgrund einer vorher getroffenen Absprache für einen Werkstatttermin sein Fahrzeug überließ.

Am 23.07.2013 holte der Kläger das Fahrzeug bei dem Beklagten ab. Dieser hatte ihm am Vortag telefonisch mitteilen lassen, der Wagen sei fertig. Bei Abholung stellte sich heraus, dass der Beklagte bezüglich des Verdecks nichts unternommen hatte. Der Mitarbeiter des Beklagten erklärte gegenüber dem Kläger, Schäden am Verdeck seien nicht von einer Gebrauchtwagengarantie, die der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags gegen Zahlung von 350,00 EUR erworben hatte, umfasst.

Der Kläger stellte das Fahrzeug daraufhin bei der Autohaus D GmbH & Co. KG, einem B4-Servicepartner vor. Ein Mitarbeiter erklärte dem Kläger, der Sattler könne das Verdeck zwar kleben, jedoch nicht gewährleisten, dass und wie lange die Verklebung halte. Eine dauerhafte Lösung könne nur durch einen Austausch des Verdecks gegen ein neues Verdeck erzielt werden, was ausweislich eines Kostenvoranschlags (Anlage K3) und 4.370,00 EUR brutto kosten würde.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2013 erklärte der Kläger schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Rücktrittserklärung wurde dem Beklagten am 14.08.2013 zugestellt. Der Beklagte wies den Rücktritt des Klägers mit Telefax vom 28.08.2013 zurück.

Der Beklagte zahlte für die Zulassung des Kraftfahrzeugs 44,70 EUR (Anlage K7). Am 25.02.2013 erwarb er zum Preis von 374,04 EUR vier Allwetterreifen (Anlage K8). Im Mai 2013 ließ er für 420,12 EUR eine Inspektion durchführen, bei der vor allem ein Ölwechsel und ein Wechsel der Bremsflüssigkeit vorgenommen wurden (Anlage K9).

Der Kläger behauptet, das ablösende Heckscheibe vom Verdeck sei ein bekanntes Problem und dabei handele es sich um ein Serienfehler, der bei Fahrzeugen dieses Typs, die zwischen 2002 und Mitte 2005 gebaut wurden, auftrete. Seinerzeit sei das Verdeck und die Heckscheibe fehlerhaft verklebt worden.

Kläger ist der Auffassung, er sei wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten. Das Fahrzeug sei mangelhaft, dass sich wieder für die gewöhnliche Verwendung eignet noch eine Beschaffenheit aufweise, die bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich sei und der Käufer nach Art des Fahrzeugs erwarten könne. Er habe mit seinem Fahrzeug 7.362 km zurückgelegt. Bei der Berechnung des Nutzungswertersatzes seine Fahrleistung von 6900 km zugrundezulegen, da er allein für Fahrten zum Beklagten und zu Autohaus D GmbH & Co. KG insgesamt rund 450 km zurückgelegt habe, die außer Betracht zu bleiben hätten. Er sei daher bereit, dem Beklagten Nutzungswertersatz in Höhe von 477,74 EUR zu leisten.

Bei der Verpflichtung des Beklagten, gemäß § 346 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB die aus dem Nettokaufpreis tatsächlich erzielten Zinserträge herauszugeben bzw. ihrem Wert nach zu ersetzen, nehme er an, dass der Beklagte als Kfz-Händler laufend Kredit in Anspruch nehmen und durch Verwendung des Nettokaufpreises Schuldzinsen in Höhe von mindestens 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz erspart habe; er nehme weiter an, dass der Beklagte den Gebrauchtwagen von einem privaten Verkäufer erworben habe und Bemessungsgrundlage für die von ihm abzuführende Umsatzsteuer gemäß § 25 a Abs. 1, Abs. 3 UStG die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis gewesen sei. Er unterstelle, dass diese Differenz 3.850,00 EUR betragen habe, so dass der Beklagte Umsatzsteuer in Höhe von 614,71 EUR abzuführen gehabt habe und ihm rund 10.235,00 EUR zum Wirtschaften zur Verfügung gestanden hätten.

Hinsichtlich des Aufwendung- bzw. Verwendungsersatzes sei der dem Kläger zustehende Anspruch hinsichtlich der Kosten für die Kfz-Zulassung und die Gebrauchtwagengarantie um 1/8 zu kürzen, weil er das Fahrzeug ein Jahr habe nutzen können. Auszugehen sei, dass er den PKW mindestens 8 Jahre hätte nutzen können, wenn das Fahrzeug mangelfrei oder der Beklagte zur Nacherfüllung bereit gewesen wäre.

Der Kläger verlangt unter Verzugsgesichtspunkten Ersatz der ihm vorprozessual entstandener Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR ausgehend von einem Gegenstandswert von bis zu 13.000,00 EUR bei einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.

Schließlich sei der Annahmeverzug festzustellen. Das wörtliche Angebot im Schreiben vom 13.08.2013 zu den dort genannten Bedingungen habe ausgereicht, da er Rückgabe und Rückübereignung von diesen Bedingungen tatsächlich habe abhängig machen dürfen.

Der Kläger beantragt, zu erkennen wie geschehen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dem Kläger stehe kein Rücktrittsrecht zu. Ein Mangel der Kaufsache habe zum Zeitpunkt der Übergabe nicht vorgelegen. Dafür spreche, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag erst ein Jahr nach dem Erwerb festgestellt hat, dass sich die Heckscheibe vom Verdeck löse. Ein vom Kläger behauptete Serienfehler sei weder der B4 AG noch in Händlerkreisen bekannt. Angesichts des zwischenzeitlichen Alters des Fahrzeuges sei es kein Mangel, dass sich die Heckscheibe vom Verdeck löse, sondern ein üblicher Zustand. Selbst wenn sich die Verklebung der Heckscheibe gelöst habe, sei dies nicht auf ein Mangel des Fahrzeugs zurückzuführen.

Es sei nicht erforderlich, die vom Kläger vorgetragenen Reparaturkosten aufzuwenden. Vollständige neue Verdecke in üblicher und angemessener Qualität seien für einen Gesamtpreis von 1.290,00 EUR zu erhalten. Eine übliche und angemessene Instandsetzung sei zunächst eine Neuverklebung, die lediglich einen Aufwand von etwa 50,00 EUR erfordere. Eine solche Neuverklebung sei auch möglich.

Ein Fahrzeug, wie es der Kläger erworben habe, weise auch keine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 250.000 km auf. Zu rechnen sei mit einer Laufleistung von etwa 150.000 km. Der Kläger könne auch nicht Gebrauchsvorteile absetzen, insbesondere nicht deshalb, weil er mit seinem Fahrzeug bereits bei dem Beklagten in der Vergangenheit vorstellig geworden sei. Ihm stehe auch kein Anspruch auf Aufwendung- und Verwendungsersatz zu. Die Zulassung des Fahrzeugs habe er ebenso wie die Inspektion ohnehin vornehmen müssen. Der Abschluss der Gebrauchtwagengarantie sei die Entscheidung des Klägers gewesen, ebenso die Entscheidung, Allwetterreifen zu erwerben.

Es sei auch nicht realistisch, dass ein solches Fahrzeug noch weitere 8 Jahre genutzt werde. Zu erwarten sei maximal eine weitere Nutzungsdauer von 2-3 Jahren. Hinsichtlich des Reifenwechsels möge dieser aus Sicht des Klägers erforderlich gewesen sein, er könne aber nicht den Beklagten damit belasten, wie er mit dem Fahrzeug umgehe.

Können wir Ihnen helfen? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klage ist dem Beklagten am 01.02.2014 zugestellt worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beschlüsse vom 22.10.2014, 14.09.2016 und 08.02.2017 durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nebst mündlicher Erläuterung sowie die Vernehmung der Zeugen X und E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen G vom 04.03.2015 sowie die Sitzungsniederschriften vom 03.02.2016, 14.09.2016 und 08.02.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in der Sache begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB Rückabwicklung des Kaufvertrages über das im Tenor näher bezeichnete Fahrzeug verlangen, da bei Gefahrübergang ein Sachmangel vorlag, den der Beklagte trotz Fristsetzung nicht behoben hat und der auch nicht unerheblich ist.

Der Kläger ist berechtigtermaßen mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2013 (Anlage K4) vom Kaufvertrag mit dem Beklagten zurücktreten. Er hat ihm mit Schreiben vom 12.07.2013 (Anlage K2) innerhalb der laufenden Gewährleistungsfrist den Mangel des Verdecks angezeigt und ihn zur Beseitigung bis zum 26.07.2013 aufgefordert. Am selben Tag hat er einem Mitarbeiter des Beklagten nicht nur dieses Schreiben übergeben, sondern auch sein Fahrzeug überlassen. Bei Abholung am 23.07.2013 war der angezeigte Mangel nicht beseitigt; der Mitarbeiter des Beklagten hat dies damit begründet, dass Schäden am Verdeck nicht von der vom Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages erworbenen Gebrauchtwagengarantie umfasst seien.

Das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB bei Gefahrübergang steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Zeuge E bestätigte glaubhaft den Vortrag des Klägers, wonach bei der Baureihe des vom Kläger erworbenen Fahrzeuges zur Zeit dessen Herstellung bei der Produktion des Verdecks ein Serienfehler in Gestalt einer mangelhaften Verklebung der Heckscheibe mit dem Stoffverdeck auftrat, der nach unterschiedlichen Zeiträumen dazu führte, dass sich die Verklebung löste. Er konnte diesen Mangel im Hinblick auf dessen Ausgestaltung näher dahin beschreiben, dass sich die Heckscheibe vom Verdeck regelmäßig zunächst im unteren Radiusbereich löst und sich die Ablösung von dort aus weiter fortsetzt. Der Zeuge schilderte nachvollziehbar, über diese Kenntnis aufgrund seiner von ihm näher beschriebenen Tätigkeit für den damaligen Hersteller der Verdecke zu verfügen; insbesondere war er selbst damals bereits mit dem Austausch von Verdecken beschäftigt, bei denen sich der Mangel bereits gezeigt hatte. Er bekundete ferner, diesen Mangel immer wieder auch bei seiner nachfolgenden selbständigen Tätigkeit als Betreiber des Cabriozentrums Osnabrück wahrzunehmen. Ebenfalls nachvollziehbar schilderte der Zeuge, dass dieser Mangel zwar bekannt sei, aber nicht sehr publik gemacht worden ist. Der Zeuge wirkte bei seiner Vernehmung uneingeschränkt glaubwürdig. Für seine Glaubwürdigkeit spricht insbesondere, dass er den Fabrikationsfehler bestätigte, obgleich er Zweifel äußerte, derartige Erkenntnisse zulasten seines früheren Arbeitgebers bzw. dessen Auftraggeber preiszugeben.

Das Ergebnis der Begutachtung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. G steht dem nicht entgegen. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.03.2015 festgestellt, dass aus Sicht des Sachverständigen nach über 10 Jahren nicht von einem Herstellungsfehler, sondern von Verschleiß zu sprechen sei. Er hat in seinen Gutachten ausgeführt, dass in Internetforen gelegentlich davon berichtet werde, dass sich die Heckscheiben bei dem begutachteten Fahrzeugmodell regelmäßig vom Verdeckstoff lösen würden. Eine verwertbare Aussage sei aus solchen Beiträgen ohne Kenntnis und Auswertung der bekannt gewordenen Fälle indes nicht möglich. Bei der mündlichen Erläuterung des Gutachtens hatte angegeben, Ergebnis seiner Recherche sei gewesen, dass es bei diesem Fahrzeugtyp vereinzelt zu derartigen Problemen der Ablösung komme. Wenn es sich um einen Fabrikationsfehler handele, sei seines Erachtens das Auftreten des Fehlers in besonders großer Häufigkeit bzw. reihenweise zu erwarten, was er indes nicht habe feststellen können. Insbesondere sei ein Ablösen nicht erst nach 10 Jahren zu erwarten. Er gab indes an, dass die Hersteller kaum interne Informationen herausgäben. Zudem habe er Knick- und Gebrauchsspuren festgestellt, die für eine häufige Benutzung über die Jahre hinweg sprächen.

Insbesondere der vom Sachverständigen festgestellte Verschleiß steht der Annahme eines Fabrikationsfehlers nicht entgegen. Zum einen hat der Zeuge E, wie ausgeführt, einen Fabrikationsfehler bezogen auf Modell und Baujahr glaubhaft bestätigt; zum anderen entfällt das Vorliegen des Fabrikationsfehlers im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht dadurch, dass derselbe Fehler nach Gefahrübergang verschleißbedingt eintritt. Hinzu kommt, dass der Zeuge E auf Vorlage von Lichtbildern, die die Ausgestaltung des Mangels an dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug zeigen, diese von ihm eindeutig als Auswirkungen des Fehlers bestätigt wurden, den er zuvor abstrakt beschrieben hatte.

Da dieser Fabrikationsfehler dem Fahrzeug vom Zeitpunkt der Herstellung an anhaftete, lag er ohne weiteres auch beim Gefahrübergang vom Beklagten auf den Kläger vor. Dieser Fabrikationsfehler stellt einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB dar, da das Fahrzeug nicht die übliche Beschaffenheit aufwies. Das Vorliegen eines Serienfehlers bei anderen Fahrzeugen desselben Typs begründet nicht dessen Mangelfreiheit (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2011 – I-1 U 141/07). Die übliche Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge lässt den Durchschnittskäufer berechtigtermaßen erwarten, dass zwar nach längerer Zeit durch Verschleiß Schäden am Verdeck auftreten können, nicht aber, dass er infolge der gewählten Verklebung jederzeit damit rechnen muss, dass sich die Heckscheibe vom Stoffverdeck gelöst. Dieser üblichen Beschaffenheit entsprach das streitgegenständliche Fahrzeug nicht.

Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB liegen nicht vor. Der festgestellte Mangel ist nicht unerheblich. Unerheblichkeit folgt insbesondere nicht aus der Feststellung des Sachverständigen Dipl.-Ing. G in seinem Gutachten vom 04.03.2015, wonach für geschätzte Kosten von etwa 250 EUR der Mangel durch neue Verklebung beseitigt werden könnte. Der Sachverständige selbst hat in seinem Gutachten dazu ausgeführt, dass erst nach einem Jahr beurteilt werden könne, ob es sich dabei um eine dauerhafte Lösung handele. Dass durch eine neue Verklebung keine dauerhafte Mangelbeseitigung zu erwarten ist, steht indes aufgrund der Aussage des Zeugen E fest. Dieser hat aufgrund seiner umfangreichen Kenntnisse über Cabrioletverdecke im allgemeinen und das Verdeck des hier streitgegenständlichen Fahrzeugmodells im besonderen ausgeführt, dass eine dauerhafte Lösung des Problems durch neue Verklebung bislang nicht habe erreicht werden können.

Rechtsfolge des wirksamen Rücktritts ist gemäß § 346 BGB die Verpflichtung zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen und Herausgabe der gezogenen Nutzungen bzw. Wertersatz. Danach hat der Beklagte dem Kläger den Kaufpreis in Höhe von 10.850,00 EUR zurückzuzahlen. Abzuziehen davon ist eine Entschädigung für die zwischenzeitliche Nutzung des Kaufgegenstandes entsprechend der vom Kläger in Ansatz gebrachten Formel „(Bruttokaufpreis multipliziert mit gefahrenen Kilometer) geteilt durch voraussichtliche Restlaufleistung“. Dabei hat der Kläger zutreffend eine hypothetische Gesamtlaufleistung von 250.000 km in Ansatz gebracht (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl. 2012, Rn 3572). Ebenfalls zutreffend hat der Kläger die für die Beseitigung diverser Mängel erforderlichen Fahrten zur Werkstatt des Beklagten bei der Fahrleistung im Nutzungszeitraum im Rahmen der Berechnung des Gebrauchsvorteils außer Ansatz gelassen. Den Annahmen des Klägers für die Berechnung des vom Beklagten herauszugebenden bzw. dem Wert nach zu ersetzenden Vorteils aus der ihm zur Verfügung stehenden Kaufpreissumme ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

Der Kläger hat ferner einen Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB. Auch diesbezüglich ist der Berechnung des Klägers zu folgen. Dabei ist auch die von ihm angesetzte voraussichtliche Nutzungsdauer von 8 Jahren in Ansatz zu bringen. Ein zu erreichendes Gesamtalter eines Fahrzeugs von 18 Jahren erscheint durchaus plausibel. Die von dem Beklagten vorgetragene maximale Nutzungsdauer von 2-3 Jahren ist bereits im Hinblick auf den Kaufpreis fern liegend. Zutreffend hat die Kosten für Allwetterreifen und Inspektion in voller Höhe in Ansatz gebracht. Diese waren erforderlich. Hinsichtlich der Kosten für die Reifen folgt dies aus der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Klägers, diese seien acht bzw. neun Jahre alt gewesen und hätten Standschäden aufgewiesen. Bei dem unstreitig gebliebenen Alte hatten die Reifen das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht. Die Inspektion war im Hinblick auf die im wesentlichen durchgeführten Arbeiten in Bezug auf die Betriebsflüssigkeiten ebenfalls erforderlich.

Der Kläger hat ferner gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB unter Verzugsgesichtspunkten Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR, da er diese Aufwendungen im Hinblick auf das Weigerungsverhalten des Beklagten bezüglich der Nachbesserung für zweckmäßig und erforderlich halten durfte.

Der Beklagte befindet sich gemäß § 293 BGB mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug. Er hat im Hinblick auf die beantragte und erkannte Zug-um-Zug-Leistung ein Interesse an der Feststellung des Annahmeverzuges. Der Kläger hat dem Beklagten Rückgabe und Rückübereignung wörtlich angeboten (§ 295 Satz 1 BGB). Erfüllungsort war am Wohnsitz des Klägers, so dass der Beklagte das Fahrzeug dort hätte abholen müssen.

Der Anspruch des Klägers auf Wertersatz für die aus dem dem Beklagten überlassenen Bruttokaufpreis gezogenen Nutzungen folgt aus § 346 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Er ist der Sache nach kein Zinsanspruch, sondern wird lediglich in entsprechender Höhe berechnet, so dass er in dem Tenor nicht als Zinsanspruch bezeichnet worden ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB, hinsichtlich des Anspruches auf Ersatz von Aufwendungen und Verwendungen aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 13.000,00 EUR festgesetzt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos