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Heimvertragsanpassung durch einseitige Erklärung des Heimbetreibers?

Darf ein Pflegeheim die Preise einfach erhöhen, wenn sich der Pflegegrad ändert? Ein Bewohner wehrte sich gegen die gestiegenen Kosten – und bekam vor Gericht überraschend Rückendeckung. Nun stellt sich die Frage: Was bedeutet das Urteil für tausende andere Pflegebedürftige?

Übersicht:

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
  • Datum: 13.03.2023
  • Aktenzeichen: 12 U 149/22
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Heimvertrag
  • Beteiligte Parteien:
  • Klägerin: Forderte weitere Zahlungen aus einem Heimvertrag.
  • Beklagte: Legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein.
  • Beklagter zu 2): War säumig.
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Die Klägerin forderte weitere Zahlungen aus einem Heimvertrag. Das Landgericht Halle hatte der Klage stattgegeben, woraufhin die Beklagte Berufung einlegte.
  • Kern des Rechtsstreits: Besteht ein Anspruch der Klägerin auf weitere Zahlungen aus dem Heimvertrag?
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage insgesamt ab, auch gegen die Beklagte.
  • Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Beklagten entstanden sind; diese trägt der säumige Beklagte.

Der Fall vor Gericht


Heimvertrag und Pflegegrad: Gericht kippt einseitige Preiserhöhung im Pflegeheim

Pflegekraft übergibt älterem Bewohner ein Dokument über Preiserhöhung wegen Pflegeanpassung im Flur eines Pflegeheims.
Eindeutige Preiserhöhung im Pflegeheim unzulässig | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 12 U 149/22) eine wichtige Entscheidung zum Thema Heimverträge und Preisanpassungen getroffen. Im Kern ging es um die Frage, ob ein Pflegeheimbetreiber die monatlichen Kosten für einen Bewohner einseitig erhöhen darf, wenn sich der Pflegegrad des Bewohners erhöht. Das Gericht hat dies verneint und damit die Rechte von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen gestärkt.

Der Fall vor Gericht: Erhöhung des Pflegegrades führt zu Streit über Heimkosten

Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem ein Bewohner eines Pflegeheims aufgrund seines sich verschlechternden Gesundheitszustands in einen höheren Pflegegrad eingestuft wurde. Daraufhin forderte das Pflegeheim von den Angehörigen des Bewohners einen höheren Eigenanteil an den Heimkosten. Die Begründung des Heims war, dass der erhöhte Pflegegrad einen höheren Aufwand für die Pflegeleistungen bedeute.

Ausgangslage: Heimvertrag und vereinbarte Leistungen

Der Bewohner und das Pflegeheim hatten zuvor einen Heimvertrag abgeschlossen, in dem die monatlichen Kosten und die zu erbringenden Leistungen detailliert festgelegt waren. Zusätzlich gab es eine Änderungsvereinbarung, die weitere Details regelte. Als der Bewohner in einen höheren Pflegegrad eingestuft wurde, argumentierte das Pflegeheim, dass sich der Heimvertrag automatisch an den neuen Pflegegrad anpasse und somit ein höherer Eigenanteil fällig sei.

Rechtsstreit vor dem Landgericht Halle: Erste Instanz gab Heimbetreiber Recht

Die Angehörigen des Bewohners sahen dies anders und klagten gegen das Pflegeheim. In erster Instanz vor dem Landgericht Halle bekam jedoch zunächst der Heimbetreiber Recht. Das Landgericht argumentierte, dass die Klage unbegründet sei und der Heimbetreiber berechtigt gewesen sei, den Eigenanteil zu erhöhen.

Berufung vor dem Oberlandesgericht: Wendung zugunsten des Bewohners

Gegen dieses Urteil des Landgerichts legten die Angehörigen des Bewohners Berufung beim Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt ein. Und hier wendete sich das Blatt: Das Oberlandesgericht hob das Urteil des Landgerichts auf und wies die Klage des Pflegeheims vollumfänglich ab. Das Gericht stellte klar, dass eine einseitige Erhöhung des Eigenanteils durch das Pflegeheim nicht rechtens ist.

Begründung des Oberlandesgerichts: Keine automatische Vertragsanpassung

Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Ein zentraler Punkt war, dass weder der Heimvertrag noch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) eine automatische Anpassung der Entgelte bei einer Höherstufung in einen Pflegegrad vorsehen. Das Gericht betonte, dass eine solche automatische Anpassung gesetzlich nicht vorgesehen ist und auch nicht im Vertrag vereinbart wurde.

WBVG § 8: Vertragsanpassung bei geändertem Pflegebedarf erfordert formelles Angebot

Das Gericht verwies auf § 8 Abs. 2 WBVG, der dem Heimbetreiber zwar das Recht einräumt, bei geändertem Pflege- und Betreuungsbedarf den Vertrag anzupassen. Allerdings ist dies an strenge formelle Voraussetzungen geknüpft. Gemäß § 8 Abs. 3 WBVG muss der Heimbetreiber dem Bewohner ein schriftliches Angebot zur Vertragsanpassung unterbreiten. Dieses Angebot muss detailliert die bisherigen und die angebotenen Leistungen sowie die jeweils dafür zu entrichtenden Entgelte gegenüberstellen und begründen.

Fehlendes Anpassungsangebot: Formelle Fehler des Heimbetreibers entscheidend

Im vorliegenden Fall hatte das Pflegeheim jedoch kein solches formelles, schriftliches Anpassungsangebot unterbreitet. Es hatte lediglich einseitig den Eigenanteil erhöht. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Klägerin weder behauptet noch bewiesen habe, ein solches schriftliches Erhöhungsverlangen gegenüber dem Bewohner oder seiner Vertreterin abgegeben zu haben. Dieser formelle Fehler des Heimbetreibers war letztendlich ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichts.

Schutz des Verbrauchers: WBVG als Schutzgesetz für Pflegebedürftige

Das Oberlandesgericht betonte, dass das WBVG dem Schutz der Verbraucher dient, also der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. § 16 WBVG schließt es sogar aus, dass zum Nachteil des Verbrauchers von den Regelungen des WBVG abgewichen werden kann. Die strengen formalen Anforderungen an eine Vertragsanpassung dienen gerade dazu, die Transparenz zu gewährleisten und die Bewohner vor unberechtigten Preiserhöhungen zu schützen.

Bedeutung des Urteils für Betroffene: Stärkung der Rechte von Pflegeheimbewohnern

Das Urteil des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt hat erhebliche Bedeutung für alle Bewohner von Pflegeheimen und ihre Angehörigen. Es stellt klar, dass Heimbetreiber nicht einseitig die Kosten erhöhen dürfen, nur weil sich der Pflegegrad eines Bewohners ändert. Pflegeheime sind verpflichtet, formelle Anpassungsverfahren einzuhalten und schriftliche Angebote vorzulegen, die transparent und nachvollziehbar die Gründe für eine Preiserhöhung darlegen.

Konsequenzen für Pflegeheime: Formelle Korrektheit bei Preisanpassungen unerlässlich

Für Pflegeheime bedeutet das Urteil, dass sie bei Preisanpassungen äußerste formelle Korrektheit walten lassen müssen. Eine einseitige Mitteilung über eine Preiserhöhung reicht nicht aus. Vielmehr müssen sie aktiv auf die Bewohner oder ihre Vertreter zugehen, ein schriftliches Angebot unterbreiten und dieses detailliert begründen. Versäumen sie dies, riskieren sie, dass Preiserhöhungen gerichtlich für unwirksam erklärt werden.

Handlungsempfehlungen für Angehörige: Rechte kennen und wahrnehmen

Angehörige von Pflegeheimbewohnern sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und diese wahrnehmen. Wenn ein Pflegeheim eine Preiserhöhung ankündigt, sollten sie genau prüfen, ob ein formelles Anpassungsangebot gemäß WBVG vorliegt. Fehlt ein solches Angebot oder ist es unzureichend begründet, sollten sie die Preiserhöhung nicht akzeptieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen. Das Urteil des Oberlandesgerichts stärkt die Position der Bewohner und gibt ihnen ein wichtiges Instrument an die Hand, sich gegen unberechtigte Kostensteigerungen zu wehren.


Die Schlüsselerkenntnisse

Bei einer Höherstufung im Pflegegrad erhöht sich die Zahlung der Pflegeversicherung, während der vom Bewohner zu zahlende Eigenanteil nicht automatisch gleichbleibt – dieser verringert sich entsprechend. Eine Pflegeeinrichtung darf den Heimvertrag bei geändertem Pflegebedarf nur anpassen, wenn sie dem Bewohner ein schriftliches, begründetes Angebot mit Gegenüberstellung der bisherigen und neuen Leistungen sowie Entgelte vorlegt. Ohne dieses formelle Anpassungsverlangen nach § 8 WBVG kann die Einrichtung keinen höheren Eigenanteil fordern, selbst wenn sie auf den „einrichtungseinheitlichen Eigenanteil“ verweist, da diese Regelung dem Schutz besonders pflegebedürftiger Personen dient und nicht der Einrichtung.

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Sorgfaltsprüfung von Heimverträgen – Ihre Rechte im Blick

Die aktuelle Rechtsprechung verdeutlicht, wie wichtig es ist, vertragliche Anpassungen im Pflegebereich sorgfältig zu prüfen. Regelungen zur Preisanpassung bei veränderten Pflegegraden werfen häufig komplexe Fragen auf, die eine differedenzierte Betrachtung der vertraglichen Vereinbarungen erfordern.

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FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Unter welchen Umständen darf ein Pflegeheim die Preise erhöhen?

Ein Pflegeheim darf die Preise nur unter bestimmten Umständen erhöhen. Diese Erhöhungen müssen gesetzlich gerechtfertigt und transparent sein. Die wichtigsten Gründe für eine Preiserhöhung sind:

  • Kostenerhöhungen: Wenn sich die Kosten für Pflege, Betreuung, Unterkunft oder Verpflegung ändern, kann das Pflegeheim die Preise anpassen. Beispiele hierfür sind gestiegene Lohnkosten für Pflegekräfte oder höhere Energiepreise.
  • Investitionen: Preiserhöhungen für Investitionen sind nur erlaubt, wenn diese notwendig sind, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und nicht durch öffentliche Fördergelder gedeckt werden.
  • Vertragsänderungen: Jede Preiserhöhung muss als Vertragsänderung behandelt werden, was bedeutet, dass die Zustimmung der Bewohner erforderlich ist.

Formale Anforderungen an eine Preiserhöhung sind:

  • Schriftliche Mitteilung: Die Erhöhung muss schriftlich mitgeteilt werden.
  • Begründung: Die Gründe für die Erhöhung müssen ausführlich erläutert werden.
  • Vergleich alter und neuer Kosten: Es muss klar sein, welche Kosten gestiegen sind und wie sich die Preise ändern.
  • Umlageschlüssel: Es muss angegeben werden, wie die Kosten auf die Bewohner verteilt werden.
  • Vierwöchige Ankündigungsfrist: Die Bewohner müssen mindestens vier Wochen vor Inkrafttreten der Erhöhung informiert werden.

Diese Vorgaben sind im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) festgelegt und sollen sicherstellen, dass Preiserhöhungen fair und nachvollziehbar sind.


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Was ist ein Heimvertrag und welche Bedeutung hat er bei Preiserhöhungen?

Ein Heimvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Pflegeheim (Heimträger) und einem Bewohner, der die Überlassung von Wohnraum sowie die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen regelt. Dieser Vertrag bildet die rechtliche Grundlage für den Aufenthalt und die Pflege in einem Pflegeheim und schützt ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen vor Benachteiligungen.

Inhalte eines Heimvertrags

Ein Heimvertrag muss folgende wesentliche Inhalte enthalten:

  • Art, Inhalt und Umfang der Leistungen: Dazu gehören die Ausstattung des Wohnraums, die Verpflegung und die Pflege- und Betreuungsleistungen.
  • Kosten und Entgelte: Hier sind die Gesamtkosten für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung aufgeführt, einschließlich möglicher Zusatzleistungen.
  • Kündigungsbedingungen: Der Vertrag wird in der Regel auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung ist möglich, muss jedoch schriftlich erfolgen.

Bedeutung bei Preiserhöhungen

Der Heimvertrag ist auch bei Preiserhöhungen von großer Bedeutung. Preiserhöhungen sind nur zulässig, wenn sie im Vertrag vorgesehen sind oder wenn sich der Pflege- und Betreuungsbedarf des Bewohners ändert. In solchen Fällen müssen die Anbieter den Bewohner rechtzeitig informieren und die Erhöhung muss nachvollziehbar begründet sein. Änderungen des Vertrags, einschließlich Preiserhöhungen, bedürfen grundsätzlich der Zustimmung beider Vertragsparteien, sofern keine gesetzlichen Bestimmungen etwas anderes vorsehen.


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Was bedeutet das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) für Bewohner von Pflegeheimen?

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist ein zentrales Gesetz, das die Rechte von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen schützt. Es regelt die Verträge zwischen Pflegeheimen und ihren Bewohnern und sorgt für Transparenz und Verbraucherschutz.

Schutzmechanismen des WBVG

  • Transparenz von Leistungen und Kosten: Pflegeheime müssen Bewohner vor Vertragsabschluss über die angebotenen Leistungen und die damit verbundenen Kosten informieren. Diese Informationen müssen schriftlich und in verständlicher Form bereitgestellt werden.
  • Schutz vor unfairen Vertragsbedingungen: Das WBVG schützt Bewohner vor benachteiligenden Vertragsklauseln. Verträge müssen schriftlich abgeschlossen werden und dürfen nicht zu Ungunsten der Bewohner geändert werden, es sei denn, dies ist ausdrücklich vereinbart.
  • Regelungen zu Preiserhöhungen: Eine Erhöhung der Entgelte ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und muss begründet werden. Bewohner müssen über geplante Erhöhungen informiert werden.

Praktische Auswirkungen für Bewohner

Das WBVG schützt Bewohner vor einseitigen Entscheidungen des Pflegeheims und gewährleistet, dass sie über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sind. Es stärkt die Selbstbestimmung und die Hilfe zur Selbsthilfe der Bewohner, indem es sicherstellt, dass sie in der Lage sind, fundierte Entscheidungen über ihren Aufenthalt und die erbrachten Leistungen zu treffen.

Für Sie bedeutet das, dass Sie als Bewohner eines Pflegeheims klare und verständliche Informationen über die Leistungen und Kosten erhalten und dass Ihre Rechte durch gesetzliche Regelungen geschützt sind.


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Welche Rolle spielt der Pflegegrad bei der Berechnung der Heimkosten?

Der Pflegegrad spielt eine wichtige Rolle bei der Berechnung der Heimkosten, da er den Umfang der benötigten Pflegeleistungen widerspiegelt. Je höher der Pflegegrad, desto intensiver und teurer ist die Pflege. Allerdings führt ein höherer Pflegegrad nicht automatisch zu einer einseitigen Preiserhöhung durch das Pflegeheim. Die Kosten setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen:

  • Pflegekosten: Diese werden je nach Pflegegrad von der Pflegekasse anteilig übernommen. Die Leistungen der Pflegekasse variieren mit dem Pflegegrad: Pflegegrad 2 = 805 Euro, Pflegegrad 3 = 1.319 Euro, Pflegegrad 4 = 1.855 Euro und Pflegegrad 5 = 2.096 Euro pro Monat.
  • Unterkunft und Verpflegung: Diese Kosten müssen die Pflegebedürftigen selbst tragen.
  • Investitionskosten: Auch diese fallen in den Eigenanteil.

Der Eigenanteil umfasst den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), der für alle Bewohner eines Heims gleich ist, unabhängig vom Pflegegrad. Zusätzlich fallen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen an. Ein höherer Pflegegrad beeinflusst also die Pflegekosten, die von der Pflegekasse übernommen werden, nicht jedoch direkt die Kosten für Unterkunft und Verpflegung.

Es gibt auch einen Leistungszuschlag, der mit zunehmender Aufenthaltsdauer im Pflegeheim steigt und den Eigenanteil reduziert. Dieser Zuschlag beträgt 15 % im ersten Jahr, 30 % im zweiten Jahr, 50 % im dritten Jahr und 75 % ab dem vierten Jahr.

Insgesamt ist es wichtig, sich über die spezifischen Kosten und mögliche Unterstützungsangebote zu informieren, um die finanzielle Belastung zu minimieren.


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Was kann ich tun, wenn das Pflegeheim meiner Meinung nach unberechtigt die Preise erhöht?

Wenn Sie der Meinung sind, dass das Pflegeheim die Preise unberechtigt erhöht hat, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können:

1. Prüfen Sie das Preiserhöhungsschreiben:

  • Formale Anforderungen: Stellen Sie sicher, dass das Schreiben alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Dazu gehört eine schriftliche Mitteilung, die mindestens vier Wochen vor Inkrafttreten der Erhöhung erfolgen muss. Die Begründung sollte klar und nachvollziehbar sein, einschließlich der alten und neuen Preise sowie der betroffenen Rechnungspositionen.
  • Kostenbegründung: Das Pflegeheim muss die Kostensteigerung transparent begründen. Dies kann durch höhere Löhne oder Lebensmittelpreise gerechtfertigt werden.

2. Einblick in Kalkulationsunterlagen:

  • Sie haben das Recht, die Kalkulationsunterlagen einzusehen, um die Kostensteigerung zu überprüfen. Nutzen Sie dieses Recht, um sicherzustellen, dass die Preiserhöhung gerechtfertigt ist.

3. Zustimmung verweigern:

  • Vertragsänderung: Eine Preiserhöhung ist eine Vertragsänderung und erfordert Ihre Zustimmung. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Erhöhung unberechtigt ist, können Sie die Zustimmung verweigern.
  • Sonderkündigungsrecht: Wenn das Schreiben korrekt ist, haben Sie ein Sonderkündigungsrecht, um den Vertrag zu beenden.

4. Unterstützung durch Verbraucherzentralen:

  • Verbraucherzentralen bieten oft kostenlose Beratung an und können die Rechtmäßigkeit der Preiserhöhung prüfen. Sie können Ihre Unterlagen dort einreichen, um eine Überprüfung zu beantragen.

5. Gerichtliche Schritte:

  • Wenn Sie der Meinung sind, dass die Preiserhöhung unrechtmäßig ist und das Pflegeheim Ihre Rechte verletzt hat, können Sie rechtliche Schritte in Betracht ziehen. In solchen Fällen ist es hilfreich, sich über die rechtlichen Möglichkeiten zu informieren.

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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Heimvertrag

Ein Heimvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen einem Pflegeheimbetreiber und einem Bewohner (oder dessen rechtlichen Vertretern), der die Rechte und Pflichten beider Parteien regelt. Er beinhaltet Details zu Unterkunft, Pflege, Verpflegung sowie die vereinbarten Kosten und Zahlungsmodalitäten. Der Vertrag unterliegt den Bestimmungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG), das besondere Schutzvorschriften für Heimbewohner enthält. Änderungen an diesem Vertrag sind an strenge formelle Voraussetzungen geknüpft.

Beispiel: Frau Müller zieht in ein Pflegeheim ein. Im Heimvertrag wird festgelegt, dass sie für ein Einzelzimmer mit Vollpension und Pflegeleistungen monatlich 2.500 Euro zahlt, wobei ein Teil davon durch die Pflegeversicherung übernommen wird.


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Pflegegrad

Der Pflegegrad ist eine offizielle Einstufung des Grades der Pflegebedürftigkeit einer Person nach dem Sozialgesetzbuch XI. Es gibt fünf Pflegegrade (1-5), wobei 5 die schwerste Form der Pflegebedürftigkeit darstellt. Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und bestimmt, welche Leistungen der Pflegebedürftige von der Pflegeversicherung erhält. Ein höherer Pflegegrad bedeutet in der Regel umfangreichere Leistungsansprüche gegenüber der Pflegeversicherung.

Beispiel: Herr Schmidt wird zunächst mit Pflegegrad 3 eingestuft. Nach einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands erfolgt eine Neubegutachtung, die zu einer Höherstufung auf Pflegegrad 4 führt, wodurch seine monatlichen Leistungen aus der Pflegeversicherung steigen.


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Einseitige Preiserhöhung

Eine einseitige Preiserhöhung bezeichnet im juristischen Kontext die Änderung der vereinbarten Vergütung durch nur eine Vertragspartei ohne Zustimmung der anderen Partei. Im Bereich der Heimverträge ist dies grundsätzlich nicht ohne Weiteres möglich und an strenge gesetzliche Voraussetzungen nach § 8 WBVG gebunden. Eine wirksame einseitige Preiserhöhung erfordert ein begründetes Angebot zur Vertragsänderung und eine detaillierte Gegenüberstellung der bisherigen und neuen Leistungen sowie Entgelte.

Beispiel: Ein Pflegeheim erhöht nach Änderung des Pflegegrads eines Bewohners dessen monatliche Kosten ohne vorheriges schriftliches Angebot und ohne Begründung – diese einseitige Preiserhöhung ist unwirksam und kann vom Bewohner angefochten werden.


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Eigenanteil

Der Eigenanteil bezeichnet den Betrag, den ein Pflegeheimbewohner selbst für seine Pflege und Unterbringung aufbringen muss, nachdem die Leistungen der Pflegeversicherung abgezogen wurden. Er umfasst Kosten für Pflege, Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten. Nach § 43 SGB XI übernimmt die Pflegeversicherung nur einen Teil der Pflegekosten als Zuschuss – der Rest muss vom Pflegebedürftigen oder bei finanzieller Bedürftigkeit vom Sozialhilfeträger getragen werden.

Beispiel: Bei Gesamtkosten von 3.500 Euro monatlich und einer Leistung der Pflegeversicherung von 1.775 Euro (Pflegegrad 4) beträgt der Eigenanteil des Bewohners 1.725 Euro, die er selbst aufbringen muss.


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Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil

Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE) ist ein spezielles Berechnungsmodell für Pflegeheimkosten, bei dem alle Bewohner einer Einrichtung unabhängig von ihrem individuellen Pflegegrad den gleichen pflegebedingten Eigenanteil zahlen. Dieses seit 2017 geltende Prinzip soll verhindern, dass Bewohner mit höherem Pflegegrad finanziell benachteiligt werden. Das Konzept basiert auf § 84 Abs. 2 SGB XI und soll besonders pflegebedürftige Personen schützen, nicht jedoch als Grundlage für Preiserhöhungen durch die Einrichtung dienen.

Beispiel: In einem Pflegeheim beträgt der einrichtungseinheitliche Eigenanteil 900 Euro. Sowohl ein Bewohner mit Pflegegrad 2 als auch ein Bewohner mit Pflegegrad 5 zahlen diesen Betrag, obwohl der tatsächliche Pflegeaufwand unterschiedlich ist.


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Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist ein Bundesgesetz, das die vertraglichen Beziehungen zwischen Pflegeheimbetreibern und -bewohnern regelt. Es schützt die Interessen pflegebedürftiger Menschen durch besondere Vorschriften zur Vertragsgestaltung, Informationspflichten der Anbieter und strenge Regeln für Vertragsänderungen und Entgelterhöhungen. Besonders relevant ist § 8 WBVG, der die Voraussetzungen für Leistungs- und Entgeltanpassungen bei geändertem Pflege- oder Betreuungsbedarf festlegt und formale Anforderungen wie ein schriftliches, begründetes Angebot vorschreibt.

Beispiel: Ein Pflegeheim möchte nach Erhöhung des Pflegegrads eines Bewohners den Vertrag anpassen. Nach § 8 WBVG muss es dem Bewohner ein schriftliches Angebot mit genauer Aufstellung der bisherigen und neuen Leistungen sowie Entgelte vorlegen und die Änderungen begründen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 1 Satz 1 WBVG: Diese Norm des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) bestimmt, dass der vereinbarte Betrag für die im Vertrag festgelegten Leistungen zu zahlen ist. Es etabliert das Prinzip der vertraglichen Vereinbarung als Basis für die Zahlungspflicht im Heimvertrag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier geht es um die Auslegung des Heimvertrages und die Frage, ob die ursprüngliche Vereinbarung auch nach Höherstufung des Pflegegrades unverändert fortbesteht oder eine Anpassung erforderlich gewesen wäre.
  • § 8 Abs. 1 und 2 WBVG: Diese Paragraphen regeln die Möglichkeit und Bedingungen der Vertragsanpassung bei verändertem Pflege- und Betreuungsbedarf des Bewohners. Sie sehen vor, dass der Unternehmer eine Anpassung des Vertrages anbieten kann und unter bestimmten Voraussetzungen sogar einseitig anpassen darf. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betont, dass eine automatische Erhöhung des Eigenanteils bei Höherstufung des Pflegegrades ohne eine explizite Vertragsanpassung unzulässig ist. Die Klägerin hätte aktiv eine Vertragsanpassung gemäß § 8 WBVG anbieten müssen.
  • Heimvertrag: Der Heimvertrag bildet die rechtliche Grundlage für das Wohn- und Pflegeverhältnis zwischen dem Bewohner und dem Pflegeheim. Er definiert die beiderseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere die zu erbringenden Leistungen des Heimes und die dafür zu entrichtenden Zahlungen des Bewohners oder seines Kostenträgers. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Heimvertrag in seiner ursprünglichen Form und die spätere Änderungsvereinbarung sind entscheidend für die Beurteilung, welche Zahlungsverpflichtungen tatsächlich vereinbart wurden und ob diese durch die Zahlungen des Erblassers erfüllt wurden.
  • § 1967 Abs. 1 BGB: Diese Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) legt fest, dass die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten haften. Dazu gehören alle Schulden, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hatte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin richtet ihre Zahlungsforderung gegen die Beklagten als Erben des verstorbenen Heimbebewohners. § 1967 BGB bildet die Grundlage dafür, dass die Erben grundsätzlich für berechtigte Forderungen aus dem Heimvertrag des Erblassers einstehen müssen.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 U 149/22 – Urteil vom 13.03.2023


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