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Herbeiführen des Versicherungsfalls durch Alkoholmissbrauch – Nachtrunk als Obliegenheitspflichtverletzung

OLG Frankfurt, Az.: 3 U 66/13, Urteil vom 24.07.2014

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden – 5. Zivilkammer – vom 20.02.2013 (5 O 165/12) wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhaltes wird abgesehen, weil ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist. Die Berufung des Beklagten ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis zu Recht ergangen.

Die von dem Beklagten erhobenen Rügen hinsichtlich der unrichtigen Tatsachenfeststellung des Landgerichts sind entweder ohne Einfluss auf die Entscheidung geblieben oder vom Berufungsgericht entsprechend berücksichtigt.

Die Klägerin ist zunächst in Höhe von € 5.000,– leistungsfrei, weil der Beklagte den Versicherungsfall durch Fahren in absolut fahruntüchtigem Zustand herbeigeführt hat (Versicherungsbedingungen D2.1 und D.3.1 i. V. m. D.3.3).

Die Blutentnahme um 3:27 Uhr ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,84 Promille. Die Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt im Strafbefehl bezog sich allerdings auf die Frage der Schuldfähigkeit, so dass sie dort mit 2,4 Promille angesetzt wurde. Nimmt man eine Rückrechnung in Bezug auf die zum Fahrzeitpunkt bestehende Fahruntüchtigkeit vor, so ergäbe sich jedoch ebenfalls ein Wert von über 2 Promille zum Tatzeitpunkt.

Der Beklagte behauptet allerdings einen Nachtrunk. Er will wegen Mundtrockenheit und aus Verwirrung zwei Flaschen Bier und zwei Schnäpse nachgetrunken haben. Ob diese Version zutrifft, kann indessen dahinstehen. Glaubt man dem Beklagten nicht, so ergibt sich die Fahruntüchtigkeit zum Unfallzeitpunkt ohne weiteres aus der festgestellten Blutalkoholkonzentration 1,84 Promille, ohne dass es eine Rückrechnung bedurfte.

Unterstellt man den von dem Beklagten behaupteten Nachtrunk, so ist zu bedenken, dass dieser im Zeitraum zwischen ca. 2:15 Uhr und 3:27 Uhr (dem Zeitpunkt der Blutentnahme) stattgefunden haben muss. Da die Alkoholaufnahme ins Blut erst zwei Stunden nach Trinkende abgeschlossen ist, kann zum Zeitpunkt der Blutentnahme noch nicht die volle Alkoholmenge im Blut des Beklagten aufgenommen gewesen sein. Eine Blutentnahme zwei Stunden nach Trinkende hätte mithin eine deutlich höhere Alkoholkonzentration zum Ergebnis gehabt. Geht man dabei davon aus, dass bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,84 Promille nur gut die Hälfte der Nachtrunkmenge bereits im Blut gewesen sein kann, so ist die Annahme absoluter Fahruntüchtigkeit zum Unfallzeitpunkt (1,1 Promille) ohne weiteres gerechtfertigt.

Auf die unter Beweis gestellte behauptete Trinkmenge vor Fahrtantritt kommt es angesichts dessen nicht mehr an.

Die Klägerin ist weiterhin in Höhe von Euro 2.500,00 leistungsfrei, weil der Beklagte seine Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall verletzt hat (Versicherungsbedingungen E 1.3 und E 7.1 i. V. m. E 7.3).

Der Beklagte kann sich zunächst nicht darauf berufen, im Strafbefehl seien nur fahrlässig begangene Taten festgestellt worden. Das kann hinsichtlich des Tatbestandes der Unfallflucht (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht zutreffen, weil diese Tat nur vorsätzlich begangen werden kann.

Der Beklagte kann sich ferner nicht darauf berufen, er habe lediglich von einem Bagatellschaden ausgehen dürfen. Welche eigenen Feststellungen er am Unfallort hierzu getroffen hat und wie er überhaupt zu diesem Ergebnis kam, ist nicht vorgetragen. Wie der Zeuge, der ihm gesagt haben soll, es sei nichts passiert, zu seinen Feststellungen gelangt sein soll, ist ebenfalls nicht vorgetragen. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob der Beklagte sich auf derartige Angaben überhaupt verlassen durfte. Die behaupteten Angaben des Zeugen sind im Übrigen nicht damit zu vereinbaren, dass der Beklagte an seinem eigenen Fahrzeug jedenfalls erhebliche Schäden zu verzeichnen hatte. Die behaupteten Angaben des Zeugen sind ferner nicht mit dem Umstand zu vereinbaren, dass dieser im Anschluss an das Entfernen des Beklagten vom Unfallort die Polizei verständigte. Dazu hätte er keinen Anlass gehabt, wenn tatsächlich „nichts passiert“ gewesen wäre.

Eine weitere Obliegenheitspflichtverletzung liegt in dem behaupteten Nachtrunk.

Dass der Beklagte aus Verwirrtheit oder wegen Schocks nachgetrunken haben will, hat das Landgericht mit Recht als unglaubhaft erachtet. Ein Nachtrunk stellt eine Obliegenheitsverletzung dar, wenn polizeiliche Ermittlungen zu erwarten sind (OLG Frankfurt am Main, Versicherungsrecht 1995, 164). Das ergibt sich hier schon daraus, dass der Beklagte bereits bei seiner Ankunft zu Hause den Plan hatte, die Polizei zu verständigen. Entsprechende Erwägungen gelten im Übrigen, sofern der Beklagte nur zu Täuschungszwecken einen Nachtrunk behauptet hat.

Der Beklagte hat auch seinem Plan entsprechend die Polizei verständigt. Damit hat er aber weder seinen Pflichten nach § 142 Abs. 3 StGB genügt, noch seinen Aufklärungsobliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Denn er hat unstreitig falsche Angaben zur Schadensentstehung an seinem Fahrzeug gemacht. Von einem vorhergehenden Unfall hat er der Polizei nichts gesagt. Er hat überdies einen Nachtrunk behauptet, um Feststellungen zu seiner Alkoholisierung bei der Fahrt vorsorglich zu verhindern. Eine Zusammenschau dieses Geschehens führt zu der eindeutigen Schlussfolgerung, dass der Beklagte bestrebt war, die Polizei in die Irre zu führen.

Da der Beklagte einmal seine Obliegenheiten vor dem Versicherungsfall und einmal seine Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall verletzt hat, ist die Klägerin in doppelter Hinsicht leistungsfrei und kann den gesamten eingeklagten Betrag von dem Beklagten verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708Ziff. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen ihrer Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.

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