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Hinterbliebenengeld bei einem tödlichen Verkehrsunfall

Besonderes persönliches Näheverhältnis

LG Traunstein – Az.: 1 O 1047/19 – Urteil vom 11.02.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 10.030,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht mit der Rücklage Hinterbliebenen Geld nach § 344 Abs. 3 BGB geltend.

Am 14.04.2018 ereignete sich im Landkreis Mühldorf am Inn ein Verkehrsunfall. Die Beklagte zu 1) war Fahrerin des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen …, das zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war. Bei dem Unfall verstarb die Ehefrau des Klägers, welche Beifahrerin der Beklagten zu 1) war. Die Haftung an dem Verkehrsunfall zu 100 % seitens der Beklagten ist unstreitig.

Der Kläger begehrt nunmehr Hinterbliebenen Geld nach § 344 Abs. 3 BGB, nachdem die Ehefrau des Klägers am 15.04.2018 verstarb. Zum Zeitpunkt des Unfalles lebten der Kläger und seine verstorbene Ehefrau nicht mehr zusammen, sie trennten sich im Jahre 2014 und im Jahre 2017 wurde die Scheidung eingereicht.

Der Kläger trägt vor, dass er sich trotz der Trennung noch intensiv um seine Ehefrau gekümmert habe, sowohl in persönlicher Hinsicht als auch finanziell. So habe er zum Beispiel einmal eine Arztrechnung (Zahnarzt) übernommen. Ebenso sei er für Beerdigungskosten / Überführungskosten aufgekommen, nachdem die verstorbene Ehefrau in ihrem ursprünglichen Heimatland beerdigt wurde. Nach dem Versterben habe der Kläger auch noch bis zur Kündigung der Wohnung die Miete bezahlt. Nachdem trotz Trennung und Scheidungsantrages weiterhin ein besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen den Eheleuten bestanden habe, habe dieser Anspruch auf ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 10.000 € sowie Erstattung einer Unkostenpauschale in Höhe von 30 €.

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 10.000 € sowie eine Unkostenpauschale in Höhe von 30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.08.2018 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen Klageabweisung.

Die Beklagten tragen vor, dass das persönliche Näheverhältnis widerlegt sei, nachdem die Voraussetzungen für eine Scheidung vorgelegen hätten. Lediglich hilfsweise werde vorgetragen, dass die Höhe des Hinterbliebenengeldes auch überhöht sei.

Am 14.01.2020 fand vor dem Landgericht Traunstein eine mündliche Verhandlung statt, in dieser wurde der Kläger ausführlich angehört. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen sowie zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteivertreter Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Aufgrund der vorliegenden Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Anhörung des Klägers, sieht das Gericht ein persönliches Näheverhältnis gemäß § 344 Abs. 1 ZPO nicht als gegeben an.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Traunstein sachlich und örtlich zuständig.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Anspruch auf Hinterbliebenengeld haben Hinterbliebene, die zur Zeit der Verletzung zu dem getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis standen. Nach § 344 Abs. 3 Satz 2 BGB wird ein solches Näheverhältnis wieder lediglich vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war. Es handelt sich nicht um eine Fiktion des besonderen persönlichen Näheverhältnis, sondern (lediglich) um eine gesetzliche Vermutung; dem Anspruchsgegner steht mithin der Gegenbeweis offen dass trotz einer familienrechtlichen Beziehung nach Satz 2 tatsächlich kein besonderes persönliches Näheverhältnis im Sinne des Satzes 1 bestand. Umgekehrt steht es Hinterbliebenen offen darzulegen und zu beweisen, dass sie gleichwohl ein besonderes persönliches Näheverhältnis mit dem getöteten verbunden hatte.

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Unfalles mit der Getöteten verheiratet, so dass ein entsprechendes Verhältnis zunächst einmal vermutet wird. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich der Kläger und seine Frau bereits im Jahre 2014 getrennt haben, der Scheidungsantrag stammt vom Jahr 2017. Zum Zeitpunkt des Unfalles am 14.04.2018 befand sich der Kläger bereits in einer neuen Beziehung, mit seiner nunmehrigen Ehefrau lebte er zum damaligen Zeitpunkt bereits zusammen. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er auch nach dem Tode seiner Ehefrau die Miete bezahlt habe ist zu berücksichtigen, dass dazu eine gesetzliche Verpflichtung bestand; der Kläger war ausweislich des vorgelegten Mietvertrages mit Vertragspartei. Soweit die Beerdigungs- und Überführungskosten gezahlt worden sind, kann nach persönlicher Anhörung des Klägers das Gericht nicht der Ansicht folgen, dass dies auf besonderen Wunsch der verstorbenen Ehefrau geschah. Der Kläger hatte angegeben gehabt, dass die entsprechende Beerdigung von der Tochter der Verstorbenen organisiert worden sei. Es sei auch der Wunsch der Tochter gewesen. Diese hätte es dann letztendlich nicht zahlen können. So handelt es sich bei der Zahlung der entsprechenden Kosten eher um eine Gefälligkeit der Tochter der Verstorbenen gegenüber als gegenüber der Verstorbenen selber. Unklar ist nebenbei im vorliegenden Falle auch, ob der Kläger und die Töchter der Verstorbenen nicht auch gesetzlich zur Zahlung der entsprechenden Kosten verpflichtet gewesen wären aufgrund ihrer Erbenstellung. Insofern wurde erstmalig in der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2020 behauptet, dass der Kläger die Erbschaft ausgeschlagen habe.

Soweit auch nach der Trennung der Kläger mit seiner Ehefrau in einem persönlichen Kontakt stand, lässt sich daraus nicht ohne weiteres ein persönliches Näheverhältnis im § 344 Abs. 3 BGB herleiten. Nach den Schilderungen des Klägers handelte es sich zwischen ihnen um ein freundschaftliches Verhältnis, aber nicht mehr um ein Verhältnis unter Ehegatten, insbesondere auch unter Berücksichtigung der neuen Lebenspartnerschaft des Klägers. Freundschaftlich verbunden sieht das Gericht auch Zahlungen des Klägers bei möglichen Einkäufen der Verstorbenen. Auch das einmal eine Zahnarztrechnung beglichen wurde lässt nicht ohne weiteres auf ein persönliches Näheverhältnis nach § 344 Abs. 3 BGB schließen.

So mögen der Kläger und seine verstorbene Ehefrau zum Zeitpunkt des Unfalles noch freundschaftlich miteinander verbunden gewesen sein, aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere der Trennung 2014, dem Scheidungsantrag 2017 und zum Zeitpunkt des Unfalles einer neuen Lebenspartnerschaft des Klägers kann das Gericht jedoch nicht von einem persönlichen Näheverhältnis ausgehen mit der Folge, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenengeld nicht besteht.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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