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Hinweispflicht nach § 139 ZPO und das Fehlen einer ordnungsgemäßen Begründung

SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT

Az.: l U 137/01-31

Verkündet am 22.08.2001

Vorinstanz: LG Saarbrücken – Az.: 14 O 416/98


In dem Rechtsstreit hat der l. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. August 2001 für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. Januar 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 14 0 416/98 – einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt, zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Parteien und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 436.057,12 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin, die sich mit der Entsorgung und Verwertung von Fotochemikalien, Filmmaterialien und Emulsionen befasst, trat wegen der Errichtung eines Betriebsgebäudes im Jahre 1994 an den beklagten Architekten heran. Nach Abstimmung mit dem Beklagten erwarb die Klägerin ein in St. W, Industriegelände, gelegenes Grundstück, auf dem das Bauwerk errichtet wurde. Für das Vorhaben sah der Beklagte zunächst Außenmaße von 44,80 x 25,80 m vor, die er nach Mitteilung des Maschinenaufstellplanes auf 73,05 x 29,80 m erweiterte. Die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Behandlung von Öl/Wasser-Emulsionen wurde auf Antrag der Klägerin durch Bescheid des Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes vom 28. Juni 1996 (Bl. 120 d.A.) genehmigt. Nach VI des Bescheids erlosch die Genehmigung, wenn nicht innerhalb von zwei Jahren ab Zustellung mit dem Bau oder nach drei Jahren mit dem Betrieb der Anlage begonnen wurde (Bl. 122 d.A.).

Vor Aufnahme der Bauarbeiten ergab eine am 3. März 1998 vorgenommene Grobabsteckung, dass das vom Beklagten konzipierte Bauwerk in den Hang hineinragte. Durch schriftlichen Vertrag vom 10./12. März 1998 (Bl. 25 ff. d.A.) übertrug die Klägerin dem Beklagten die Planung für die Errichtung des Betriebsgebäudes, wobei sich der Leistungsumfang auf die Phasen 1-9 des § 15 Abs. 2 HOAI erstreckte, gegen Zahlung eines Pauschalhonorars in Höhe von 150.000 DM.

Im Anschluss an den Ortstermin vom 5.März 1998 und die Vertragsunterzeichnung vom 10./12. März 1998 fertigte der Beklagte eine Umplanung des Gebäudes, wodurch der seiner Länge nach reduzierte Baukörper in Richtung Straße verschoben sowie der Büro- und Sozialtrakt an eine Seite des Gebäudes verlegt wurde. Zusätzlich musste am hinteren Ende des Grundstücks eine erhöhte Stützmauer angebracht werden.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe bei seiner Planung die durch eine Hanglage geprägten Grundstücksverhältnisse außer Acht gelassen. Deshalb habe die von ihm konzipierte Halle nicht auf das Grundstück gepaßt. Das Gebäude habe nur unter Einsatz eines erheblichen Mehraufwandes – insbesondere der Errichtung einer Stützmauer – auf dem Grundstück verwirklicht werden können. Tatsächlich sei es möglich gewesen, auf dem Gelände ein Gebäude mit ausreichender Grundfläche ohne Einbeziehung der Böschung zu erstellen. Das Gebäude hätte um 11,65 m von der Böschung hin zur Straße verschoben werden können, indem der baulich abgetrennte Bereich der Annahme um 90:0 gedreht und seitlich an den Baukörper angeschlossen werde. Wären die beiden Kühltürme in die verschobene Annahme gerückt worden, so hätten Fläche und Volumen des Baukörpers erhalten werden können. Ferner hätte die Möglichkeit bestanden, das Gebäude entweder kürzer, aber breiter oder in einer L-Form zu realisieren. Dadurch wäre ein Anschneiden der Böschung und die Errichtung einer Stützmauer vermieden worden. Eine vollständige Umplanung habe wegen des an der Planung des Beklagten orientierten Maschinenauf-Stellplans und der zeitlichen Befristung der umweltrechtlichen Genehmigung nicht mehr durchgeführt werden können. Ein mit dem Grundstück harmonisierendes Gebäude hätte zu dem mit dem Generalunternehmer vereinbarten Pauschalpreis erstellt werden können. Gegenstand der Klage seien nur die infolge unbrauchbarer Planung entstandenen und im Einzelnen aufgeschlüsselten Schäden in Höhe von insgesamt 436.057,12 DM (vgl. insoweit Bl.13 ff. d.A.).

Die Klägerin hat beantragt (Bl. 327, 206, 2 d.A.), den Beklagten zu verurteilen, an sie 436.057,12 DM nebst 11 % Zinsen ab Zustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt (Bl. 327, 206, 61 d.A.}, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat vorgetragen, der zunächst ins Auge gefasste Raumbedarf von 44,80 x 25,80 m sei auf Grund des Maschinenaufstellplans allein für die Produktionsräume auf 63,00 x 22,00 m angewachsen. Die Hallenkonzeption von 73,05 x 29,80 m habe sich dann zwangsläufig ergeben, weil die Klägerin zusätzlich einen Büro- und Sozialtrakt vorgesehen habe. Die Klägerin habe die von ihm nach der Grobabsteckung vom 3. März 1998 vollzogene Umplanung abgenommen, mit der er seiner Nachbesserungspflicht genügt habe. Das Gebäude habe auf der Grundlage einer anderen Planung nicht kostengünstiger errichtet werden können. Ein Schaden könne nicht daraus hergeleitet werden, dass das neu konzipierte dem ursprünglichen Gebäude nicht gleichwertig sei. Im Übrigen werde der Schaden, wobei es sich weitgehend um Sowieso-Kosten handele, insgesamt bestritten.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 330-334 d.A.), auf das wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Beklagte einen Planungsfehler begangen oder seine Hinweispflichten verletzt habe. Jedenfalls habe die Klägerin nicht schlüssig dargelegt, dass ihr hierdurch der mit der Klage geltend gemachte Schaden entstanden sei. Ein schlüssiger Sachvortrag hätte entsprechend den Hinweisen im Beschluss vom 19. Mai 2000 die Vorlage einer Entwurfsplanung nach § 15 Abs ; l Nr. 3 HOAI vorausgesetzt. Eine solche Planung sei indes nicht vorgelegt worden. Gegen das am 19. Januar 2001 zugestellte (Bl. 336 d.A.) richtet sich die am 19. Februar 2001 eingegangene (Bl. 351 d.A.) und nach Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 3. Mai 2001 (Bl. 360, 366 d.A.) am 3. Mai 2001 begründete (Bl. 368 ff. d.A.) Berufung.

Die Klägerin führt zur Rechtfertigung ihres Rechtsmittels aus, mit der Vorlage einer Entwurfsplanung habe das Erstgericht von ihr ein Übermaß nach Substantiierung verlangt. Dennoch werde nunmehr eine vollständig neu erstellte Planung vorgelegt. Aus den der Berufung beigefügten Unterlagen werde deutlich, dass es möglich gewesen wäre, ein Gebäude mit der gleichen Nutzfläche wie das von dem Beklagten geplante, jedoch mit anderen Abmessungen sowohl hinsichtlich der Länge als auch hinsichtlich der Breite, so auf dem Grundstück zu errichten, dass der Hang im rückwärtigen Bereich des Grundstücks nicht hätte angeschnitten werden müssen. Auf diese Weise wären zugleich die mit der Klage geltend gemachten Kosten vermieden worden. Durch ein 54,65 m langes und 33,11 m breites Gebäude wären die gleichen Nutzflächen wie mit dem von dem Beklagten konzipierten 65,60 m langen und 33 m breiten Gebäude erzielt worden. Die Planung gehe ebenfalls von dem auch dem Beklagten mitgeteilten Maschinenaufstellplan aus. Die alternative Planung hätte eine Kostenersparnis in Höhe von rund 400.000 DM bedeutet.

Die Klägerin beantragt (Bl. 368, 565 d.A.), unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 436.057,12 DM nebst 11 % Zinsen seit dem Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift vom 26. Oktober 1998 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt (Bl. 355, 565 d.A.), die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte führt zur Verteidigung der angefochtenen Entscheidung aus, die Klägerin habe seine Planungsleistungen vorbehaltlos angenommen. Seine Planung habe zu keinen Baumängeln geführt. Die Klägerin habe die Möglichkeit der Errichtung eines kostengünstigeren hypothetischen Alternativgebäudes trotz der ihr durch Gerichtsbeschluss vom 19. Mai 2000 erteilten Hinweise nicht substantiiert dargetan. Auch die mit der Berufungsbegründung vorgelegte Alternativplanung erfordere keinen geringeren Kostenaufwand.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht {§ 539 ZPO).

A.

Die angefochtene Entscheidung leidet an Verfahrensfehlern, weil den Begründungserfordernissen des § 551 Nr. 7 ZPO nicht genügt ist und das Landgericht seine Hinweispflicht aus § 139 Abs. l ZPO missachtet hat.

I.

Die angefochtene Entscheidung ist mit einem Verfahrensfehler behaftet, weil sie einer ordnungsgemäße Begründung entbehrt.

1. a) Alle in § 551 ZPO aufgeführten absoluten Revisonsgründe sind zugleich wesentliche Verfahrensmängel im Sinne des § 539 ZPO, also auch der hier einschlägige § 551 Nr. 7 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, wenn sie nicht mit Gründen versehen ist (Senat NZBau 2000, 252 f. = OLGR Saarbrücken 2000, 283 f. m.w.N.).

b) Eine Entscheidung ist dann nicht mit Gründen versehen, wenn/aus ihr nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Der gänzlich fehlenden Begründung gleichzusetzen ist der Fall, dass zwar Gründe vorhanden sind, diese aber ganz unverständlich und nicht nachvollziehbar sind, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren (BGHZ 39, 333, 337 = NJW 1963, 2272 f.).

2. Die von dem Landgericht für die Klageabweisung gegebene Begründung ist nicht nachvollziehbar. Das Landgericht, das nicht einmal die für das Klagebegehren maßgebliche Anspruchsgrundlage bezeichnet hat, lässt dahinstehen, ob der Beklagte einen Planungsfehler begangen oder seine Hinweispflicht verletzt habe, weil der geltend gemachte Schaden nicht hinreichend substantiiert sei. Demzufolge soll mangels Vorlage einer alternativen Planung, die den Anspruchsgrund betrifft, ein Schaden nicht entstanden sein. Diese Würdigung lässt nicht erkennen, welcher Vortrag zum Anspruchsgrund und welches Vorbringen zur Anspruchshöhe gehört. Im Hinweisbeschluss vom 19. Mai 2000 (Bl. 243 d.A.) unterschied das Landgericht die Substantiierungsanforderungen zur Darlegung eines Planungsfehlers (I. 1.) und zur Geltendmachung des beanspruchten Schadens (I. 2.). Diese gedankliche Unterscheidung findet in dem angefochtenen Urteil keinen Niederschlag. Obwohl die Frage eines Planungsfehlers offen bleibt, wird mangels einer Alternativplanung, derer es nur im Falle eines Planungsfehlers bedarf, ein Schaden abgelehnt. Zusätzlich wird das Fehlen einer Kostenberechnung beanstandet, die nicht die eigentliche Planung betrifft. Damit werden die Ausführungen zum Anspruchsgrund und zur Anspruchshöhe unentwirrbar miteinander vermengt. Der Entscheidung lässt sich ein eindeutiger Aussagegehalt nicht mehr entnehmen.

II.

Überdies hat das Vordergericht seiner Hinweispflicht aus § 139 ZPO nicht genügt, weil im Hinweisbeschluss vom 19. Mai 2000 lediglich die Vorlage des Ergebnisses einer Entwurfsplanung gemäß § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI angeregt (Bl. 243 d.A.), im Urteil aber beanstandet wurde, dass eine komplette Entwurfsplanung nach § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI nicht vorgelegt wurde (Bl. 333 d.A.).

1. Auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage muss das Gericht gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine antwaltlich vertretene Partei hinweisen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt oder darauf vertraut, dass sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (BGH-Report 2001, 485 f. m.w.N.). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. l GG) setzt voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welche Gesichtspunkte es für die Entscheidung ankommen kann. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vertrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (BVerfGE 98, 218, 263; 86, 133, 144 f.; 84, 188, 190).

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2. Durch Hinweisbeschluss vom 19. Mai 2000 (Bl. 243 d.A.) hat das Landgericht der Klägerin im Blick auf die von ihr näher dargelegte Alternativplanung „die Vorlage des Ergebnisses einer Entwurfsplanung gemäß § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI“ aufgegeben. Daraufhin hat die Klägerin eine Flurkarte vorgelegt, auf der ihr Grundstück farbig umrandet ist (Bl. 244, 251 d.A.). Auf einer im Maßstab l : 500 eingereichten Zeichnung sind das Grundstück nebst Baukörper abgebildet (Bl. 245, 252 d.A.). Aus einer weiteren im Maßstab l : 500 gefertigten Zeichnung geht hervor, auf welche Weise das Gebäude aus Sicht der Klägerin ohne Verlust von Grundfläche um 11,65 m von der Böschung in Richtung Straße zu verschieben war (Bl. 245, 253 d.A.). Das Landgericht hat dessen ungeachtet die Klage wegen fehlender Substantiierung abgewiesen, weil die von der Klägerin eingereichte Entwurfsskizze den Anforderungen an eine Entwurfsplanung im Sinne des § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI nicht genüge.

3. Im Blick auf die Substantiierung hat das Landgericht der für.den Mangel des Architektenwerks beweispflichtigen (Staudinger/Peters, BGB, Bearb. 2000, Anh. II zu § 635 Rn. 38 ff.) Klägerin die Vorlage des Ergebnisses einer Entwurfsplanung nach § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI aufgegeben, die Klage aber abgewiesen, weil vollständige Vorentwurfs- und/oder Entwurfszeichnungen sowie eine Kostenberechnung fehlen (Bl. 333 f. d.A.). Nach dem Inhalt des Hinweisbeschlusses brauchte die Klägerin nicht anzunehmen, dass die Vorlage einer vollständigen Entwurfsplanung nach § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI geboten war. Die ausdrückliche Beschränkung auf das Ergebnis einer Vorplanung konnte die Klägerin durchaus dahin verstehen, sich mit einer skizzenhaften Darstellung begnügen zu können. Stellte das Landgericht zusätzliche, über das Ergebnis einer Vorplanung hinausgehende Anforderungen, musste es dies eindeutig zum Ausdruck bringen. Dies gilt umso mehr, als § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI ein umfassendes und detailliertes Leistungsbild normiert. Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung durfte das Landgericht in seinem Urteil nicht die Substantiierungsanforderungen im Vergleich zu dem Hinweisbeschluss überspannen.

4. Im Übrigen nimmt § 403 ZPO zur Beweiserleichterung auf die Informationsnot der beweispflichtigen Partei Rücksicht und verlangt keine wissenschaftliche (sachverständige) Substantiierung. Für den Antritt des Sachverständigenbeweises genügt die summarische Angabe der „zu begutachtenden Punkte“. Es muss nur das Ergebnis mitgeteilt werden, zu dem der Sachverständige kommen soll, nicht der Weg, auf dem dies geschieht (BGH NJW 1995, 130, 131 f.). Über diese Substantiierungsanforderungen geht das Landgericht weit hinaus, indem es eine sachverständige Darstellung nach Maßgabe des § 15 Abs. l Nr. 3 HOAI fordert. Die von dem Landgericht für seine Auffassung zitierte Kommentierung Musielak/Huber, ZPO, § 404 Rn. 3 gibt ebenso für seine Rechtsauffassung keinen Anhalt. Vielmehr wird, wenn – wie hier – von dem Kläger die Möglichkeit verschiedener Alternativplanungen in den Raum gestellt wird, die Darlegungslast durch die Forderung einer Entwurfsplanung nach § 15 Abs. 3 Nr. l HOAI überspannt. Bei dieser Sachlage hat das Landgericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abgestellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (BVerfGE 98, 218, 263; 86, 133, 144; 84, 188, 190). Vielmehr war eindeutiger Hinweis auf den Umfang der von dem Landgericht vorausgesetzten Substantiierung geboten. Das Landgericht, das zunächst nur auf das Ergebnis einer Entwurfsplanung abgestellt hatte, durfte in seinem Urteil nicht die Vorlage einer vollständigen Entwurfsplanung voraussetzen.

III.

Angesichts der Schwere und Zahl der Verfahrensfehler sieht der Senat von einer eigenen Entscheidung ab und verweist die Sache an das Landgericht zurück, das nunmehr erstmals in die Beweisaufnahme einzutreten hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Das Vorbringen zum Haftungsgrund (§ 635 BGB) ist schlüssig.

a) Die Verpflichtungen des Architekten sind nach Werkvertragsrecht zu beurteilen (BGH NJW 1962, 390). Zwar schuldet der Unternehmer gemäß § 633 Abs. 2 BGB in erster Linie Nachbesserung und kann in der Regel auf Gewährleistung, insbesondere Schadensersatz, erst in Anspruch genommen werden, wenn er jener Pflicht nicht fristgerecht nachkommt. Dies gilt aber nicht für den Architekten. Von ihm kann der Besteller wegen der Baumängel, die durch eine Verletzung der Planungspflicht entstehen, keine Nachbesserung verlangen. Vielmehr hat der Architekt alsbald Schadensersatz (§ 635 BGB) zu leisten (BGH NJW 1963, 1401 f.; Senat OLGR Saarbrücken 2001, 309 f.) . Da ein Mangel des Architektenwerks nach Errichtung des Baues nicht mehr beseitigt werden kann, ist der Architekt ohne die Notwendigkeit einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 635 BGB zur Schadensersatzleistung verpflichtet (BGH NJW 1964, 1791; NJW 1963, 1401 f.; NJW 1962, 390; Senat a.a.O.).

b) Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin den Beklagten ohne vorherige Aufforderung zur Nachbesserung nebst Ablehnungsandrohung unmittelbar nach § 635 BGB auf Schadensersatz inAnspruch nehmen, weil sich etwaige Planungsfehler in dem Betriebsgebäude manifestiert haben. Planungsfehler hat die Klägerin substantiiert dargetan, indem sie auf die Alternativen hingewiesen hat, dass ein Eintritt des Gebäudes in den Hang vermeidbar gewesen wäre, wenn das Gebäude entweder kürzer, aber breiter oder in L-Form geplant worden wäre. Überdies kann aufgrund der mit der Berufung vorgelegten Pläne eine hinreichende Substantiierung nicht mehr angezweifelt werden.

2. Bei der Bemessung seines Schadensersatzanspruchs muss der Bauherr stets ersparte Aufwendungen in Abzug bringen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rn. 2471). Deshalb bestimmt sich der Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Mehraufwendungen grundsätzlich nach der Differenz zwischen den infolge des Planungsfehlers tatsächlich aufgewendeten und den bei fehlerfreier Planung entstandenen Kosten. Mithin hat der Kläger zunächst anzugeben, wie hoch sich die Kosten des tatsächlich realisierten Bauvorhabens belaufen haben. Diesem Betrag sind die Aufwendungen gegenüberzustellen, die bei fehlerfreier Planung angefallen wären. Die Differenz bildet den Schadensersatzanspruch des Klägers.

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