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Hinweispflicht einer Fluggesellschaft bei Flugverspätung und bestehenden Ausgleichsansprüchen

AG Hannover

Az: 517 C 13641/11

Urteil vom 31.07.2012


Leitsatz (vom Verfasser nicht amtlich): Nach Artikel 14 der Fluggastrechteverordnung EGV 261/2004 ist eine Fluggesellschaft dazu verpflichtet, die Fluggäste über ihre Ansprüche auf Ausgleichszahlung gegenüber der Fluggesellschaft aufzuklären. Klärt eine Fluggesellschaft einen Fluggast nicht über seine Ansprüche auf Ausgleichszahlung gegenüber der Fluggesellschaft auf, so kann der Fluggast einen Rechtsanwalt mit seiner Interessenvertretung gegenüber der Fluggesellschaft beauftragen. Über die Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung EGV 261/2004 hinaus steht dem Fluggast ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB hinsichtlich der von ihm aufgewendeten Rechtsanwaltsgebühren zu.


Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 400,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2011 zu zahlen und die Kläger von außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro freizustellen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger waren Passagiere eines von der Beklagten durchgeführten Fluges von Hannover nach Antalya. Dieser sollte am 28.05.2011 um 18.40 Uhr in Hannover starten, startete tatsächlich erst um 01.20 Uhr am Folgetag. Die Kläger machen Ausgleichsansprüche nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung geltend und verlangen darüber hinaus Schadenersatz für die ihnen vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten. Zur Begründung tragen sie vor, die Beklagte habe die Kläger nicht, wie es in Artikel 14 der Fluggastrechteverordnung vorgesehen ist, über ihre Rechte aufgeklärt. Daher sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich geworden.

Die Kläger beziehen sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der Verordnung Nr. 261/2004 auch dann gewährt werden, wenn ein Flug nicht ausfällt, sondern ein Fluggast wegen eines verspäteten Fluges sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht.

Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 400,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2011 zu zahlen und die Beklagte ferner zu verurteilen, die Kläger von außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 229,55 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sei inhaltlich unrichtig. Sie verweist darauf, dass dem EUGH diverse Verfahren vorgelegt worden seien mit dem Ziel, seine Rechtsprechung zu überprüfen.

Ferner vertritt sie die Auffassung, die Klage sei unschlüssig, weil die Klägerseite weder Flugschein noch bestätigte Buchung vorlege.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Den Klägern stehen die Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung zu. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung überzeugend ausgeführt, dass die Auswirkungen einer erheblichen Flugverspätung für den Reisenden vergleichbar sind mit denen eines stornierten Fluges. Dieser Rechtsprechung hat sich auch der BGH angeschlossen (EUGH 19. November 2009 – Az. C – 402/07 in NJW 2010 Seite 43 sowie BGH 18. Februar 2010 – Az.: 10 a ZR 95/06 in NJW 2010, 2281).

Das Gericht sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Sie überzeugt im Ergebnis und in der Begründung.

Dass die Kläger keine Buchungsbestätigung vorgelegt haben, ist unschädlich. Denn es ist unstreitig, dass sie Passagiere des fraglichen Fluges waren.

Über die Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der genannten Verordnung hinaus steht den Klägern ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Nach Artikel 14 der Fluggastrechteverordnung war die Beklagte verpflichtet, die Fluggäste über ihre Rechte aufzuklären. Das hat sie unterlassen. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass die Kläger einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben, wodurch ihnen die Kosten entstanden sind, von denen sie freigestellt zu werden verlangen.

Die Beklagte ist daher insgesamt antragsgemäß zu verurteilen mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO und dem weiteren Ausspruch gemäß § 709 ZPO.

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