AG Münster – Az.: 7 C 2444/10 – Urteil vom 15.09.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Im Januar 2010 meldete eine Versicherungsnehmerin der Beklagten, die Zeugin, bei der Beklagten einen im Dezember 2009 entstandenen Schaden am Laptop des Klägers, den sie verursacht habe. Im Schadensaufnahmebericht der Beklagten heißt es: „Die Versicherungsnehmerin war beim Antragsteller zu Besuch. Sie blieb mit dem Fuß am Kabel des Netzteils des Notebooks hängen und riss diesen vom Tisch. Danach Notebook ohne Funktion.“ Daraufhin setzte sich die Beklagte mit dem Kläger in Verbindung, der einen Fragenkatalog ausfüllte. In diesem Fragenkatalog schilderte der Kläger unter dem Punkt „genaue Schilderung des Schadenshergangs“, der im Fragenkatalog 6 Zeilen zur Verfügung stellt, den Schadenshergang wie folgt dar: „Laptop stand auf einem Tisch und ist über das Netzteil gestolpert.“ Unter dem Fragepunkt „Welche Beschädigungen bzw. Fehlfunktionen liegen vor?“ führte der Kläger an: „Haarriss im Motherboard, so dass kein Netzteil erkannt wird.“ Die Beklagte ließ den Laptop gutachterlich untersuchen und kam zu dem Schluss, dass die fehlende Funktionalität des Gerätes nicht aus dem geschilderten Schadensvorgang herrühren könne. Die Beklagte meldete den Kläger daraufhin nach vorheriger Ankündigung im Hinweis- und Informationssystem des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V..
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte den Kläger nicht im Hinweis- und Informationssystem des GDV habe melden dürfen. Die Beklagte sei von falschen Tatsachen ausgegangen, weil sie angenommen habe, dass das Notebook des Klägers zu Boden gestürzt sei. Der Kläger behauptet, ihm sei durch den Zeugen … von der Firma … mitgeteilt worden, dass der Schaden des Gerätes durch einen Haarriss im Mainboard entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) die Löschung der unter der Schadensnummer „…“ im Informationssystem der GDV gespeicherten Daten zugunsten des Klägers zu beantragen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Haftpflichtschaden vom 29.12.2009, Schadennummer: … die persönlichen Daten des Klägers im Hinweis- und Informationssystem des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. oder in einem vergleichbaren Datenbearbeitungssystem einzustellen oder einstellen zu lassen,
3.
der Beklagten anzudrohen, dass für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 50.000,00 € oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen sie festgesetzt wird,
4.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von dessen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Löschung seiner personenbezogenen Daten im HIS des GDV aus § 823 BGB bzw. § 35 Abs. 2 BDSG zu.
Es liegt keine Rechtsgutverletzung des Klägers vor und die Beklagte hat auch keine unrichtigen personenbezogenen Daten des Klägers veranlasst.
Die Beklagte hat den Kläger zu Recht im Informationssystem des GDV gemeldet. Zunächst ist der Meldevorgang unter Wahrung von Informationspflichten bzgl. des Klägers erfolgt. Zudem hat die Beklagte die maßgeblichen Meldekriterien der eingerichteten Arbeitsgruppe hinsichtlich des Datenschutzes und der Informationsfreiheit beachtet. Anhand dieser Checkliste (Anlage B6, Bl. 40 d. A.), ergibt sich unter Ziffer 3. „Schadenseintritt und Schadenshergang“, dass widersprüchliche, weniger detaillierte Angaben zum Schadenshergang 30 Punkte ausmachen. Wenn die gutachterliche Feststellung nicht mit der Schadensschilderung in Einklang zu bringen ist, sind 60 Punkte anzusetzen. Eine Meldung kann bereits erfolgen, wenn 60 Punkte zusammen sind. Beide Kriterien sind hier erfüllt. Zunächst hat der Kläger widersprüchliche, wenig detaillierte Angaben zum Schadenshergang gemacht. Im Fragenkatalog hat er von den 6 Zeilen, die für die genaue Schilderung des Schadenshergangs zur Verfügung stehen, lediglich 1 ¾ Zeilen genutzt. Der Kläger hätte hier nicht auslassen dürfen, dass der Laptop von einem Tisch gestürzt war. Auch wenn der Kläger selbst nicht technisch versiert war, musste es ihm auch als Laie klar sein, dass der Sturz von einem ca. 40 cm Couchtisch für die Einordnung des Schadens maßgeblich war. Dass es zu einem solchen Sturz des Laptops gekommen ist, ist nun zwischen den Parteien unstreitig. Der Kläger schilderte es auch so in seiner persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO. Weiter gab die Zeugin … an, dass der Laptop vom Tisch gerutscht sei. Dem Kläger musste als Laie klar sein, dass auch das Rutschen vom Tisch anzugeben war. Es musste nicht dazu gekommen sein, dass der Laptop im hohen Bogen gefallen war. Der Widerspruch ergibt sich hier zur Schadensanzeige der Zeugin … . Auch konnte die Beklagte feststellen, dass der vom Kläger geschilderte Fehler am Notebook jedenfalls laut Gutachterfeststellung nicht tatsächlich eingetreten war. Bereits aufgrund dieser Feststellungen und der erreichten Punktzahl anhand der Checkliste war die Beklagte berechtigt, den Kläger im System des GDV zu melden. Auf einen etwaigen Betrugsvorwurf kommt es dabei nicht an.
Der Kläger kann einen Anspruch auf Löschung auch nicht daraus herleiten, dass er auf eine anderslautende Auskunft des Zeugen … vertraut haben will. Denn ob eine dahingehende Schutzbedürftigkeit des Klägers bestanden hätte, kann dahinstehen, dass der Zeuge … dem Kläger gesagt habe, dass der Laptop einen Haarriss im Mainboard erlitten habe, hat der Kläger nicht bewiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 25.08.2011 gab der Zeuge … an, dass er sich an Gespräche mit dem Kläger nicht zu 100 % sicher erinnern könne, es sei ihm aber in seiner Firma grundsätzlich nicht möglich eine Diagnose eines Haarrisses im Laptop zu erstellen. Das liege daran, dass in einem Laptop alles fest verlötet sei, und die Firma …-… nicht über die notwendigen Testgeräte für den einzelnen Hersteller verfügten. Er habe deswegen sich nicht eine solche Diagnose abgeben können. Der Zeuge … gab an, dass er sich auch erinnern könne, dass der Laptop nicht nach einem erfolgten Sturz ausgesehen hätte. Es sei weder das Display defekt gewesen noch habe man außen am Gehäuse Spuren eines Sturzes sehen können. Die Aussage des Zeugen … war glaubhaft. Der Kläger hatte also keinerlei Anlass, auf eine etwaige anderslautende Auskunft zu vertrauen. Er durfte den Defekt „Haarriss im Mainboard“ nicht auf den Fragenkatalog angeben.
2.
Aus gleichen Gründen steht dem Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Unterlassung einer zukünftigen Meldung aus § 1004 Abs. 1 BGB zu. Mangels Unterlassungsanspruch hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ordnungsgeldandrohung bzw. Androhung der Festsetzung von Ersatzordnungshaft. Weiter steht dem Kläger gegen die Beklagte mangels Anspruchs in der Hauptsache auch kein Anspruch auf Freistellung bzgl. der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB zu.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 Satz 2 ZPO.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.000,00 €.