AG Frankfurt – Az.: 30 C 1675/16 (75) – Urteil vom 23.11.2016
Die Beklagten werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an den Kläger 1.875,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2015, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Beklagt zu 1) seit dem 28.07.2016 und für die Beklagte zu 2) seit dem 20.08.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz. Der Kläger war Eigentümer einer französischen Bulldogge namens … . Wegen urlaubsbedingter Abwesenheit in der Zeit vom 26.08.2015 bis 31.08.2015 überließ der Kläger den Hund der damals mit ihm befreundeten Beklagten zu 1), die seinerzeit mit der Beklagten zu 2) gemeinsam eine Wohnung bewohnte. Da die Beklagte zu 1) sich während ihrer Arbeitszeit nicht um das Tier kümmern konnte, vereinbarte sie mit der Beklagten zu 2), dass diese bei Bedarf den Hund ausführen dürfe. Der Kläger hatte hiervon keine Kenntnis. In der Vergangenheit hatte der Kläger gemeinsam mit der Beklagten zu 1) wiederholt Spaziergänge mit dem Hund ohne Leine unternommen. Am 31.08.2015 führte die Beklagte zu 2) den Hund … in der Mittagszeit aus, ohne ihn anzuleinen. Es herrschten Temperaturen von 30 C. Der unangeleinte Hund lief weg und wurde am späten Nachmittag von Passanten ohne äußere Verletzungen verendend aufgefunden. Die herbeigerufene Tierrettung konnte den Tod des Hundes nicht mehr verhindern.
Der Kläger ließ das Tier einäschern, wodurch ihm Kosten in Höhe von 200,– € entstanden sind. Mit vorgerichtlichem Rechtsanwaltsschreiben vom 23.10.2015 ließ der Kläger die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz auffordern, den er wie folgt beziffert:
- Gesamt 2.070,– €
- Kaufpreis des Hundes 1.800,– €
- Tierbestattungskosten 200,– €
- Tierrettungsdienst 45,– €
- Unkostenpauschale 25,– €
Dem Kläger sind vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € entstanden.
Der Kläger behauptet, er habe die Beklagte zu 1) explizit angewiesen, den Hund nicht ohne Leine auszuführen. Der Hund sei letztlich an Überhitzung gestorben.
Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 2.070,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 11.11.2015 sowie eine Nebenforderung in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) bestreitet, dass der Kläger sie angewiesen habe, den Hund nicht ohne Leine auszuführen. Ferner behauptet sie, sie habe ihrerseits die Beklagte zu 2) angewiesen, den Hund keinesfalls unangeleint auszuführen. Die Beklagte zu 2) meint, der Kläger habe es versäumt, auf die besondere Hitzeempfindlichkeit der Hunderasse hinzuweisen. Ferner käme auch ein anderer Grund als Überhitzung für den Tod des Tieres in Betracht.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Der Kläger hat aus den §§ 823 Abs. 1, 249 BGB seinen Anspruch auf Ersatz des ihm durch den Tod seines Hundes entstandenen Schadens gegen die Beklagten. Die Beklagte zu 1) hat dadurch, dass sie der Beklagten zu 2), ohne Einverständnis des Klägers, gestattet hat, dessen Hund … auszuführen, eine adäquat kausale Ursache für den Tod des Hundes gesetzt. Die Beklagte zu 2) hat durch das unangeleinte Ausführen des Hundes das Eigentum des Klägers verletzt. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob sie die Beklagte zu 2) angewiesen hat, den Hund stets an der Leine zu führen. Denn im Hinblick auf die Beklagte zu 1) war bereits das Ausführenlassen durch Dritte von der Absprache mit dem Kläger nicht gedeckt. Die Beklagte zu 1) konnte auch nicht von einem mutmaßlichen Einverständnis des Klägers ausgehen, denn das Überlassen eines Haustieres im privaten Freundeskreis basiert auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis, und ist ausschließlich an die ausgewählte Person gebunden. Im Hinblick auf die Beklagte zu 2) hätte diese auch ohne eine entsprechende Anweisung der Beklagten zu 2) den für sie fremden Hund nicht ohne Leine ausführen dürften. Auch wenn … anlässlich von Spaziergängen im Beisein des Klägers oder der Beklagten zu 1) unangeleint war, durfte die Beklagte zu 2) nicht darauf vertrauen, dass das Tier auch auf sie hören und bei ihr bleiben würde. Es hat sich vielmehr das typische Risiko eines unangeleinten Hundes verwirklicht, nämlich, dass er wegläuft. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger die Beklagte zu 1) auf eine besondere Hitzeempfindlichkeit der Hunderasse hätte hinweisen müssen, denn eine entsprechendes Versäumnis des Klägers hätte sich jedenfalls nicht schadenskausal ausgewirkt. Der Hund starb nicht weil er bei zu hohen Temperaturen ausgeführt wurde, sondern weil er unangeleint war, davongelaufen und infolgedessen unbeaufsichtigt und unversorgt war. Wäre der Hund angeleint gewesen, hätte die Beklagte zu 2) zeitnah erkennen können, dass das Tier zu dehydrieren drohte und demzufolge den Spaziergang abbrechen und den Hund mit Wasser versorgen können. Soweit die Beklagte zu 2) meint, es kämen auch andere Todesursachen als Überhitzung in Betracht, stellt dies kein zivilprozessuales Bestreiten dar.
Die Beklagten handelten auch fahrlässig. Entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters greift eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht ein. Auch im Rahmen eines reinen Gefälligkeitsverhältnis haftet der Gefällige für Vorsatz und Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 26.03.1016, VI ZR 467/25 – zitiert nach juris). Umstände, die ausnahmsweise ein anderes Ergebnis rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Im Ergebnis haften die Beklagten gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldnerinnen.
Der gemäß § 249 BGB zu ersetzende Schaden erstreckt sich auf den Wiederbeschaffungswert des Hundes in Höhe von 1.800,– € und die dem Kläger entstandenen Kosten der Tierrettung in Höhe von 45,– €. Soweit der Kläger darüber hinaus die Kosten für die Einäscherung des Hundes in Höhe von 200,– € begehrt, muss dem überwiegend der gewünschte Erfolg versagt bleiben. Gemäß § 249 BGB sind die Aufwendungen zu ersetzen, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (BGH, NJW 2009, 58, NJW 2012, 50). Dies ist vorliegend bei den Bestattungskosten des Hundes nicht der Fall. Der Kläger muss sich in insoweit einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht entsprechend § 254 BGB vorwerfen lassen. Ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch hätte in der Lage des Klägers den Tierkadaver der kommunalen Tierkörperbeseitigung übergeben, wodurch wesentlich geringere Kosten entstanden wären, welche das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 30,– € schätzt. Auf diesen Betrag ist der Schadensersatzanspruch des Klägers beschränkt. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass der Gedanke daran, was bei der Tierkörperbeseitigung mit dem Kadaver ihres Tieres geschieht, für Tierbesitzer oft schwer erträglich ist. Doch ist die Beisetzung von Haustieren in unserem Kulturkreis weder üblich noch traditionell verankert, so dass hierdurch entstandene Kosten nicht zum ersatzfähigen Schaden gehören.
Soweit der Kläger ferner den Ersatz einer Kostenpauschale in Höhe von 25,– € begehrt, hat dies keinen Erfolg. Eine Kostenpauschale in entsprechender Höhe ist im Verkehrsunfallrecht anerkannt, da die Abwicklung eines Verkehrsunfalls üblicherweise mit einer Vielzahl von Telefonaten und mit langwierigem Schriftverkehr verbunden ist. Dementsprechend ist eine Übertragung auf andere Schadensereignisse nicht gerechtfertigt. Daher wäre vorliegend konkreter Vortrag zu den behaupteten Kosten erforderlich gewesen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Die Beklagten wurden mit Rechtsanwaltsschreiben vom 23.10.2015 unter Fristsetzung bis zum 10.11.2015 zur Zahlung aufgefordert.
Schließlich hat Kläger aus den §§ 823 Abs. 1, 249 BGB auch einen Anspruch auf Ersatz der ihm vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 €. Die Einschaltung der jetzigen Klägervertreterin war vorliegend verzugsunabhängig eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung. Hinsichtlich der Haftung im Rahmen von Gefälligkeitsverhältnissen werden in Fachkreisen unterschiedliche Ansichten vertreten, so dass die Einholung von Rechtsrat angezeigt war.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Der Beklagten zu 1) wurde die Klage am 27.07.2016 zugestellt. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) kann zwar die formgerechte Zustellung der Klage nicht nachgewiesen werden, doch gilt die Klage gemäß § 189 ZPO mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt. Die Akte wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) am 19.08.2016 zur Einsicht überlassen, so dass von einem tatsächlichen Zugang der Klage am 20.08.2016 auszugehen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in § 709 ZPO.