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Hockenheimring – Unfallhaftung bei Fahrertraining

OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

Az.: 10 U 36/08

Urteil vom 21.10.2008


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 30.09.2008 für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung des Beklagten Ziffer 1 wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 31. März 2005 – 6 O 53/04 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Auf die Widerklage werden die Klägerin/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und 2 als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten Ziffer 1 5.170,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.01.2004 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Von den in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 1 tragen die Klägerin 63 %, weitere 17 % die Klägerin/Widerbeklagte und die beiden Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner, die restlichen 20 % der Beklagte Ziffer 1. Von den hierbei entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese 80 % und der Beklagte Ziffer 1 20 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 2 fallen der Klägerin zur Last. Von den beim Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und der Drittwiderbeklagten Ziffer 2 in erster Instanz angefallenen außergerichtlichen Kosten trägt der Beklagte Ziffer 1 jeweils 55 %, im Übrigen behalten die Drittwiderbeklagten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten Ziffer 1 wird zurückgewiesen.

III. Von den im Berufungsverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 1 tragen dieser 37 %, die Klägerin 32 %, die restlichen 31 % fallen der Klägerin/Widerbeklagten und den Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und 2 als Gesamtschuldner zur Last. Ihre in der Berufungsinstanz entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin zu 63 % selbst, während der Beklagte Ziffer 1 hiervon 37 % zu tragen hat. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 2 fallen der Klägerin zur Last. Von den beim Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und der Drittwiderbeklagten Ziffer 2 angefallenen außergerichtlichen Kosten trägt der Beklagte Ziffer 1 jeweils 55 %, im Übrigen behalten die Drittwiderbeklagten ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.

IV. Von den im Revisionsverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 1 tragen dieser 55 %, die Klägerin/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und Ziffer 2 als Gesamtschuldner 45 %. Von den bei der Klägerin/Widerbeklagten, beim Drittwiderbeklagten Ziffer 1 bzw. bei der Drittwiderbeklagten Ziffer 3 angefallenen außergerichtlichen Kosten trägt der Beklagte Ziffer 1 jeweils 55 %, im Übrigen behalten die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten auf sich.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin und der Beklagte Ziffer 1 haben durch Klage und Widerklage Ansprüche auf Ersatz von Sachschäden geltend gemacht, die bei einem Zusammenstoß ihrer Kraftfahrzeuge anlässlich einer motorsportlichen Veranstaltung entstanden sind bzw. hierauf zurückzuführen seien sollen.

Am 9. November 2002 nahmen der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 und der Beklagte Ziffer 1 an einer Veranstaltung der akademischen Motorsportgruppe S auf dem Hockenheimring teil („35. Akademisches“ – Jedermann-Fahrer-Lehrgang- und Sporttraining).

Dabei war für Fahrzeuge der Marke Audi, Modell RS („Audi Quattro“) ein eigener Fahrerlehrgang vorgesehen („RS 4 – Drivers’ Challenge“). Im Verlauf dieser Veranstaltung fuhr der Beklagte Ziffer 1 mit seinem bei der Beklagten Ziffer 2 haftpflichtversicherten Pkw Audi RS 4 in einer Rechtskurve bei regennasser Fahrbahn auf das vor ihm befindliche Klägerfahrzeug gleichen Typs auf. Dieses Fahrzeug wurde vom Drittwiderbeklagten Ziffer 1 gesteuert und war zum Unfallzeitpunkt bei der Drittwiderbeklagten Ziffer 2 versichert.

Beide Fahrzeuge wurden hierbei erheblich beschädigt. Die Klägerin hat gegen die Beklagten Ziffer 1 und 2 zunächst Ersatzansprüche in Höhe von 19.109,67 € nebst Zinsen geltend gemacht, ihr Begehren aber im Verlauf des Berufungsverfahrens aufgegeben.

Der Beklagte Ziffer 1 verlangt von der Klägerin und den Drittwiderbeklagten Ziffer 1 und 2 im Wege der Widerklage Zahlung von 11.368,44 € (Reparaturkosten und Nutzungsausfallentschädigung) zuzüglich Zinsen. Die beiden Fahrer haben die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Teilnahmebedingungen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Anlage K 11, Anlagenheft Klägerin), als verbindlich anerkannt.

Die Parteien weisen der jeweiligen Gegenseite die alleinige Verantwortung an dem Unfallgeschehen zu. Sie streiten insbesondere darüber, ob der Auffahrunfall darauf zurückzuführen ist, dass der Beklagte Ziffer 1 seine Geschwindigkeit nicht ausreichend reduzierte und zudem ein Fahrzeug mit ungeeigneter Bereifung einsetzte, oder ob sich der Zusammenstoß deswegen ereignete, weil der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 den hinter ihm befindlichen Beklagten Ziffer 1 schnitt, als dieser ihn in der Kurve rechts überholen wollte.

Die beiden Haftpflichtversicherungen, die Beklagte Ziffer 2 und die Drittwiderbeklagte Ziffer 2, haben in erster Linie eingewandt, ihre Haftung sei bereits deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei der Veranstaltung um ein nicht versichertes Autorennen gehandelt habe.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 31. März 2005 – 6 O 53/04 -, auf das Bezug genommen wird, Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Veranstaltung habe es sich um ein die Haftung der Versicherungen ausschließendes Rennen gehandelt. Außerdem hätten die Teilnehmer auf eine Haftung für leicht fahrlässig verursachte Sachschäden – um solche handele es sich hier – verzichtet. Hiergegen haben Klägerin und Beklagter Ziffer 1 Berufung eingelegt, die Klägerin hat jedoch ihr Rechtsmittel wenig später zurückgenommen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten Ziffer 1 mit der Begründung zurückgewiesen, zwar habe keine Rennveranstaltung vorgelegen, jedoch scheide eine Haftung der Klägerin/Widerbeklagten und der beiden Drittwiderbeklagten nach den Grundsätzen über unzulässiges widersprüchliches Verhalten aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Oberlandesgerichts vom 23. Februar 2003 – 10 U 60/05 (AS II 209 ff.) Bezug genommen. Auf die zugelassene Revision des Beklagten Ziffer 1 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit Urteil vom 29. Januar 2008 – VI ZR 98/07 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei hat der Bundesgerichtshof in Fortentwicklung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, im Regelfall könne weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden, wenn für die auf Grund des besonderen Gefahrenpotentials einer Veranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz bestehe (BGH, NJW 2008, 1591 ff.). Dabei hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Revisionserwiderung nicht geltend gemacht habe, bei der hier in Frage stehenden Veranstaltung handele es sich entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil doch um ein Rennen, das vom Versicherungsschutz ausgenommen sei.

Der Beklagte Ziffer 1 trägt in Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor:

Bei der Veranstaltung auf dem Hockenheimring habe es sich um kein Rennen, sondern um ein Fahrsicherheitstraining gehandelt. Das Regelwerk habe nicht das Erreichen von Höchstgeschwindigkeiten zum Ziel gehabt, was sich bereits daraus ergebe, dass nicht nur beim Überschreiten der vorgegebenen Sollgeschwindigkeit, sondern auch bei deren Unterschreitung Strafpunkte vergeben worden seien. Daher seien die Teilnehmer nicht in einen Geschwindigkeitswettbewerb eingetreten. Zudem habe der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich eindeutig festgestellt, dass im Streitfall einerseits Versicherungsschutz bestehe und andererseits ein Haftungsausschluss nicht eingreife. Die Grundsätze des gegen einen Auffahrenden sprechenden Anscheinsbeweises kämen vorliegend nicht zur Anwendung, weil sich der Unfall nicht im öffentlichen Straßenverkehr, sondern im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung außerhalb des Geltungsbereichs der StVO ereignet habe, bei der sich die Teilnehmer aus Übungszwecken einem besonderen Reglement unterworfen hätten. Nach dem Regelungswerk sei der Beklagte Ziffer 1 berechtigt gewesen, vor ihm befindliche Fahrzeuge zu überholen. Der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 habe bei der Motorsportveranstaltung offensichtlich nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen. Er habe vor dem Fahrbahnwechsel nicht geprüft, ob die Fahrbahn frei sei und sei auch nicht der von allen Teilnehmer akzeptierten Verpflichtung nachgekommen, dem schnelleren Fahrzeug den Vorrang einzuräumen. Stattdessen sei er in die Fahrlinie des Beklagten Ziffer 1 hinein gefahren.

Der Beklagte Ziffer 1/Widerkläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klägerin/Widerbeklagte sowie die beiden Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 11.348,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

 

Die Klägerin/Widerbeklagte und die beiden Drittwiderbeklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertiefen ihr bisheriges Vorbringen und tragen vor: Bei der motorsportlichen Veranstaltung am 9. November 2002 habe es sich um ein Rennen gehandelt, weswegen der vertragliche Haftungsverzicht (A 19 b der Ausschreibungsunterlagen) und die Haftungsausschlüsse nach § 2 c Buchstabe b AKB i.V.m. § 4 Nr. 4 KfzPflVV eingriffen. Über die Frage des Renncharakters der Veranstaltung habe der Bundesgerichtshof nicht abschließend entschieden. Eine Eintrittspflicht der Widerbeklagten sei aber auch aus anderen Gründen ausgeschlossen. Der Beklagte Ziffer 1/Widerkläger habe den Unfall nämlich allein verschuldet. Er habe damit rechnen müssen, dass sich der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 an den Empfehlungen des Veranstalters orientiere und daher die Kurve möglichst spät anbremse. Außerdem sei er nicht nur mit zu geringem Abstand, sondern auch mit regenuntauglichen Reifen gefahren und daher nicht in der Lage gewesen, sein Fahrzeug in der Kurve ausreichend zu beherrschen. Nach den auch im Streitfall anwendbaren Grundsätzen des Anscheinsbeweises sei davon auszugehen, dass der Beklagte Ziffer 1/Widerkläger als Auffahrender den Unfall durch alleiniges Verschulden herbeigeführt habe.

Das Oberlandesgericht hat Beweis erhoben durch nochmalige Vernehmung der Zeugen H und D sowie durch Einholung eines mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. August 2008 verwiesen (AS II 101 – 129 der Akten 10 U 36/08). Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf das Sitzungsprotokoll und auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

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II.

Die zulässige Berufung des Beklagten Ziffer 1/Widerklägers – die Klägerin hat ihr Rechtsmittel zurückgenommen – ist teilweise begründet. Dem Beklagten Ziffer 1 steht gegen die Klägerin/Widerbeklagte und die beiden Drittwiderbeklagten nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 17 Abs. 2 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 254 BGB, § 249 BGB, § 3 Nr. 1 Pflicht-VersG a.F. ein Anspruch auf hälftigen Ersatz seiner erstattungsfähigen Sachschäden nebst gesetzlicher Verzugszinsen zu. Der auszugleichende Schaden beläuft sich auf 10.341,44 € (9.076,44 € Reparaturkosten zuzüglich 1.274 € Nutzungsausfall). Hiervon kann der Beklagte Ziffer 1 die Hälfte, nämlich 5.170.72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (§§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB) verlangen.

1.

a) Die gesamtschuldnerische Haftung der drei Widerbeklagten ist weder gemäß § 2 c Buchstabe b AKB (AS I 23), § 4 Nr. 4 KfzPflVV, § 3 Nr. 1 PflichtVersG a. F. noch auf Grund des in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen, vom Beklagten Ziffer 1 unterzeichneten Haftungsverzichts (dort A 19 b, Anlage 11, Anlagenheft LG Klägerin) ausgeschlossen. Die inhaltlich mit § 4 Nr. 4 KfzPflVV übereinstimmende Regelung des § 2 c Buchstabe b AKB sieht einen Risikoausschluss nur für diejenigen Schäden vor, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (AS I 23). Entsprechendes gilt für den von allen Teilnehmern in den Ausschreibungsunterlagen (vgl. dort unter A 19 b) erklärten Haftungsverzicht.

Gegen andere Teilnehmer oder gegen die Eigentümer anderer Fahrzeuge gerichtete Ansprüche auf Ersatz von Sachschäden sollten nach den Ausschreibungsbedingungen ausgeschlossen sein, soweit sie anlässlich von Rennveranstaltungen oder von Sonderprüfungen zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten bzw. kürzesten Fahrzeiten verursacht wurden. Beide Haftungsausschlüsse orientieren sich damit an den zu § 29 Abs. 1 StVO ergangenen Verwaltungsvorschriften, die unter Rennen Wettbewerbe oder Teile eines Wettbewerbs zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen verstehen (vgl. hierzu BGHZ 154, 316 m. w. N.). Dabei ist ausreichend, dass die Höchstgeschwindigkeit lediglich ein mitbestimmender Faktor ist. Folglich handelt es sich auch bei solchen Wettbewerben um ein Rennen, bei denen lediglich die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen Start und Ziel ermittelt wird (BGH a.a.O. m.w.N.).

b) Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2008 (NJW 2008, 1591) nicht abschließend dazu geäußert, ob es sich im Streitfall um ein Rennen gehandelt hat, für welches die beschriebenen Haftungsausschlüsse eingreifen. Für eine endgültige Klärung dieser Frage bestand mangels entsprechenden Vortrags der Revisionserwiderung kein Anlass. Da die Parteien diese Frage im Berufungsverfahren erneut aufgeworfen haben, hat sich der Senat vorab mit diesem Aspekt zu befassen. Er schließt sich insoweit den Ausführungen im – in anderer Besetzung ergangenen – Berufungsurteil vom 23. Februar 2007 – 10 U 60/05 – an. Die Veranstaltung vom 09. November 2002 ist nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätzen nicht als Rennen zu bewerten. Wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, ist das Vorliegen eines Rennens auch dann zu verneinen, wenn bei einem Lehrgang einer Sportfahrschule eines Autoherstellers auf einer Rundstrecke die Verbesserung des Fahrkönnens und der Beherrschung des Fahrzeugs im Alltagsverkehr, insbesondere in extremen Gefahrensituationen, im Vordergrund stehen, sofern die Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit nicht Haupt- und Endziel ist, weil sich die Platzierung der Teilnehmer nicht danach richtet (vgl. BGHZ 154, 316 unter Hinweis auf OLG Hamm, ROS 1990, 43 – Rundstrecke in Zandfoort).

Um eine ähnliche Veranstaltung handelt es sich auch im Streitfall. Sowohl nach den Vorgaben der Stadt H (vgl. Genehmigungsbescheid vom 10. Oktober 2002, AS I 114) als auch nach den Intensionen des Veranstalters sollte Gegenstand der Veranstaltung kein Rennen im dem eingangs beschrieben Sinn, sondern ein „Fahr- und Sicherheitstraining“ bzw. ein „Jedermann-Fahrerlehrgang und Sporttraining“ sein. Dies kommt auch in den Teilnahme- und Wertungsbestimmungen mehrfach zum Ausdruck: Für Sieg und Platzierung sollte gerade nicht entscheidend sein, wer die höchste Geschwindigkeit erzielte oder die meisten oder schnellsten Runden fuhr. Unter A 3 der Ausschreibungsunterlagen ist ausdrücklich die Rede davon, dass die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten weder in der praktischen Einweisung noch im Anschlusstraining angestrebt war.

Vielmehr war als Ziel des Abschlusstrainings vorgegeben, dass die Teilnehmer den Kurs auf der Ideallinie in der vorgegebenen Sollzeit (hier 1,35 Minuten) befahren.

Durch die Vorgabe einer Sollzeit sollten – so der ausdrückliche Hinweis in den Ausschreibungsunterlagen – sowohl ein Bummeln als auch die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten vermieden werden. Diese Anforderungen wurden durch die Vergabe von Strafpunkten, und zwar sowohl bei Unterschreitung als auch beim Überschreiten der Sollzeit um mehr als 3 Sekunden (AS I 168), umgesetzt.

Über die Platzierung der Teilnehmer entschied letztlich die Anzahl der bei zu hoher oder bei zu niedriger Geschwindigkeit angefallenen Strafpunkte.

Selbst bei gleichem Punktestand war für den Sieg nicht die höhere Geschwindigkeit entscheidend, vielmehr wurden die betreffenden Fahrer gleich platziert.

Die Zahl der gefahrenen Runden war für die Wertung ebenfalls nicht maßgebend.

Denn die Teilnehmer mussten lediglich eine Mindestanzahl an Runden bewältigen, um überhaupt in die Wertung zu gelangen. Angesichts der klaren Zielsetzung der Veranstaltung und den hierbei bezüglich des Fahrverhaltens gemachten Vorgaben kann aus den weiteren Begleitumständen (Bezeichnung als „wet race“, Werbung mit einem „Rennfeeling“, abgesperrte Strecke, Verwendung von Rennflaggen und ähnlichem) nicht geschlossen werden, dass eine Rennveranstaltung vorlag. Daher ist die Haftung der Klägerin/Widerbeklagten und der beiden Drittwiderbeklagten weder nach § 2 c Buchstabe b AKB i.V.m. § 4 Nr. 4 KfzPflVV, § 3 Nr. 1 PflichtVersG a.F. noch auf Grund des in A 19 b der Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen und von allen Teilnehmern unterzeichneten Haftungsverzichts ausgeschlossen. Hiervon geht implizit auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2008 (NJW 2008, 1591) aus. Denn am Schluss seiner Entscheidung findet sich der Hinweis, dass ein Rennen so, wie die Veranstaltung konzipiert gewesen sei, gerade nicht habe stattfinden sollen.

2.

Die Haftung der Klägerin/Widerbeklagten und der beiden Drittwiderbeklagten ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer treuwidrigen Inanspruchnahme des Mitbewerbers ausgeschlossen. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichen Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettbewerbsregeln oder bei geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des schädigenden Mitbewerbers für – nicht versicherte – Schäden eines Teilnehmers ausgeschlossen, die ohne gewichtige Regelverletzung verursacht wurden (vgl. BGHZ 154, 316; BGH, NJW 2008, 1591). Die Geltendmachung solcher auf der typischen Risikolage bei einem Wettbewerb beruhender Schäden muss nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht hingenommen werden (vgl. BGH a.a.O.). Die genannten Grundsätze finden jedoch keine Anwendung, wenn die hervorgerufenen Schäden durch eine Versicherung abgedeckt sind (BGH NJW 2008, 1591). Besteht – wie im Streitfall – Versicherungsschutz für ein schädigendes Verhalten auch dann, wenn sich besondere Gefahren verwirklichen, kann es nicht Aufgabe des Haftungsrechts sein, die Reichweite des Versicherungsschutzes über die Versicherungsbedingungen hinaus einzuschränken (BGH a.a.O.) Daher haften die Widerbeklagten auch für solche Schäden, die verschuldensunabhängig (Gefährdungshaftung) oder leicht fahrlässig verursacht wurden.

3. a) Der Senat ist aufgrund der nochmaligen Anhörung der Unfallbeteiligten und der Unfallzeugen sowie aufgrund der sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. R zu der Überzeugung gelangt, dass beide Teilnehmer in gleichem Maße zum Unfallgeschehen beigetragen haben. Beiden Fahrern ist eine (leicht) fahrlässige Verletzung der ihn obliegenden Sorgfaltspflichten anzulasten.

Der Umfang der an sie zu stellenden Sorgfaltsanforderungen ergibt sich im Streitfall jedoch nicht aus den Bestimmungen der StVO, denn dieses Regelungswerk ist nach dem von sämtlichen Teilnehmern akzeptierten Reglement innerhalb des gefahrenen Rundkurses nicht anwendbar (vgl. A 2 der Ausschreibungsunterlagen, Anlage K 11, Anlagenheft LG Klägerin). Stattdessen haben sich die Teilnehmer den vom Veranstalter vorgegebenen besonderen Fahrvorschriften (A 15 g der Ausschreibungsunterlagen, Anlage K 11, Anlagenheft LG Klägerin) unterworfen. Außerdem wurden sämtlichen Fahrern konkrete Fahrempfehlungen ausgehändigt, in denen das Verhalten im Kurvenbereich näher konkretisiert wurde (Anlage K 14, Anlagenheft LG Klägerin). Schließlich haben sämtliche Bewerber eine Skizze der Fahrstrecke erhalten, in der die empfohlene Ideallinie, die es zu erreichen galt, verzeichnet war (Anlage K 13 a, Anlagenheft LG Klägerin). Damit ist vorliegend ein besonderer, durch die Eigenart des ausgeübten Motorsports geprägter Sorgfaltsmaßstab anzulegen (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, VersR 1996, 73).

b) Gegen diese besonderen Anforderungen haben nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beide Fahrzeugführer verstoßen. Die geltenden Fahrvorschriften (A 15 g der Ausschreibungsunterlagen) enthalten folgende Vorgaben: Der Fahrer hat alles zu unterlassen, was andere Teilnehmer, Streckenposten, Zuschauer oder sonstige Personen behindern oder gefährden könnte, insbesondere sind nachfolgende Fahrzeuge zu beachten. Wagen die überholt werden, müssen dem überholenden Wagen sofort Platz machen und ggfs. die Ideallinie frei geben.

Dabei ist jedes Drängen nach innen oder außen streng untersagt und wird bei Feststellung geahndet. Entgegen der vom Beklagtenvertreter in der letzten Berufungsverhandlung geäußerten Annahme richten sich diese Verhaltenspflichten nicht nur an den vorausfahrenden Fahrer. Eine solche Einschränkung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der zitierten Fahrvorschriften noch aus deren Sinn und Zweck. Die Intension des Veranstalters liegt darin, sämtliche Teilnehmer zu einem umsichtigen Fahrverhalten anzuhalten, der den besonderen Risiken des ausgeübten Sports Rechnung trägt. Dies hat der Veranstalter dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er – in Anlehnung an die Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO – ausdrücklich eine Gefährdung oder Behinderung anderer Teilnehmer oder Außenstehender untersagte. Die genannte Aufforderung war naturgemäß nicht nur an die vorausfahrenden Fahrer gerichtet, sondern an alle Teilnehmer. Gleiches gilt für das Verbot jeglichen Drängens nach innen oder außen. Auch diese Verhaltensanforderung richtete sich an sämtliche bei einem Überholvorgang beteiligten Fahrer, denn bei einem Überholvorgang kann es auf beiden Seiten zu einem abdrängenden Verhalten kommen. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, haben weder der Beklagte Ziffer 1 noch der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 die geltenden Fahrvorschriften hinreichend beachtet. Beide tragen daher eine Mitverantwortung für die verursachten Schäden. Die Klägerin/Widerbeklagte und die beiden Drittwiderbeklagten können damit nicht gehört werden, den Beklagten Ziffer 1 treffe nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ein Alleinverschulden an dem Unfall. Denn diese Grundsätze wurden für typische Auffahrunfälle im Straßenverkehr entwickelt (vgl. etwa BGH, NZV 1989, 105) und können daher keine Anwendung finden, wenn sich ein Unfall – wie hier – auf einer Fahrstrecke und in einer Verkehrssituation ereignet hat, bei der nicht die für einen Auffahrunfall typische Verkehrskonstellation gegeben ist, nämlich, dass der Vorausfahrende zum Bremsen gezwungen und hierdurch der Hintermann überrascht wird (vgl. hierzu auch KG Berlin, Urteil vom 3. Juni 1993 – 12 U 3009/92 – zitiert nach Juris). Eine solche Situation war im Streitfall schon deswegen ausgeschlossen, weil sämtliche Teilnehmer aufgrund der ausgesprochenen Fahrempfehlungen (Anlage K 14, Anlagenheft LG Klägerin) gehalten waren, ihr Fahrzeug bei Erreichen der Nordkurve abzubremsen. Die Haftungsverteilung hängt damit davon ab, wem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nachweislich (§ 286 Abs. 1 ZPO) ein schuldhaftes und schadensursächliches Verhalten anzulasten ist. Letztlich ist – wie nachfolgend näher darzustellen sein wird – beiden Seiten eine gleichgewichtige Mitverantwortlichkeit zuzuweisen.

aa) Der Unfallhergang konnte zwar nicht in allen Einzelheiten geklärt werden, der wesentliche Verlauf steht aber aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur vollen Überzeugung des Senats fest. Nach den sachkundigen Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. R lässt sich anhand der Beschädigungen der beiden Fahrzeuge der Unfall aus technischer Sicht am plausibelsten damit erklären, dass der Beklagte Ziffer 1 in der Nordkurve im Hockenheimring rechts an dem vor ihm befindlichen und vom Drittwiderbeklagten Ziffer 1 gesteuerten Fahrzeug vorbeifahren wollte, während dieses selbst nach rechts zum Kurveninnenrand gelenkt wurde. Diese Feststellung steht im Einklang mit den im Verlauf der Berufungsverhandlung abgegebenen Schilderungen der beiden Unfallbeteiligten. Nach deren im Kern übereinstimmenden Angaben fuhren die beiden Fahrzeuge auf der Zielgeraden hintereinander, wobei sich der vom Beklagten Ziffer 1 gesteuerte Pkw hinter dem Klägerfahrzeug befand. Bei der Annäherung an die Nordkurve befuhren beide Fahrzeugführer entsprechend den ausgegebenen Fahrempfehlungen die äußere Seite der Fahrbahn. Direkt vor bzw. beim Erreichen der Kurve setzte dann der Beklagte Ziffer 1 zum Überholen des vor ihm befindlichen Fahrzeugs an. Im Streit steht allerdings, ob er sich zu diesem Überholmanöver deswegen entschlossen hat, weil der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 deutlich früher gebremst hat als dies in den Fahrempfehlungen vorgesehen war. Jedenfalls kam es bei dem Versuch des Beklagten Ziffer 1, das vor ihm fahrende Fahrzeug im Verlauf der Nordkurve innen (rechts) zu überholen, zu einer Kollision der beiden Pkws. Während des Überholmanövers des Beklagten Ziffer 1 hatte der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 nämlich versucht, die am Kurveninnenrand verlaufende Ideallinie zu erreichen. Der sich hierbei ereignende Zusammenstoß der beiden Pkws fand entweder im Bereich des Scheitelpunktes der Kurve (so der Beklagte Ziffer 1) oder kurz danach (so der Drittwiderbeklagte Ziffer 1) statt.

bb) Die weiteren Einzelheiten des Unfallgeschehens, insbesondere die gefahrene Geschwindigkeit, die eingehaltene Entfernung, die genaue Position der beiden Pkws im Kurvenbereich sowie die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 sein Fahrzeug bei der Annäherung an die Nordkurve abgebremst hat, konnten dagegen nicht (mehr) ermittelt werden. Weder die Zeugin H noch der Zeuge D konnten zu diesen Punkten konkrete Angaben machen. Die Zeugin H konnte lediglich angeben, dass das nachfolgende Fahrzeug ziemlich schnell gewesen sei und sich beide Pkws beim Heranfahren an die Kurve eher am Fahrbahnaußenbereich orientiert hätten. Dabei hatte sie einerseits den Eindruck gewonnen, der vorausfahrende Fahrzeugführer wolle dem nachfolgenden Pkw etwas Platz machen, hatte anderseits aber zunächst nicht damit gerechnet, dass das nachfolgende Fahrzeug den vorausfahrenden Pkw rechts überholen wollte (AS II 117).

Worauf sich ihre Eindrücke letztlich gründeten, konnte die Zeugin nicht angeben.

Zur konkreten Unfallposition der beiden Pkws konnte sie ebenfalls keine Angaben machen. Der Zeuge D schließlich konnte letztlich nur das von den beiden Unfallbeteiligten übereinstimmend geschilderte Kerngeschehen bestätigten. Er bekundete, dass es deswegen zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei, weil zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Beklagte Ziffer 1 entschlossen hatte, rechts an dem vom Drittwiderbeklagten Ziffer 1 gesteuerten Fahrzeug vorbeizufahren, dieses nach rechts in die Kurve eingelenkt wurde. Die Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen konnte der Zeuge dagegen nicht näher eingrenzen. Auch hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit war er auf eine ungewisse Schätzung (160 – 170 km/h) angewiesen.

Über das Bremsverhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs bei der Annäherung an die Nordkurve konnte der Zeuge ebenfalls keine zuverlässigen Angaben machen. Gleiches gilt für das weitere Fahrverhalten des Drittwiderbeklagten Ziffer 1. Der Zeuge konnte insoweit nur bekunden, dass sich das Klägerfahrzeug bei Einleitung seines Bremsmanövers noch relativ weit vor der Kurve befand, weswegen bei den Insassen des nachfolgenden Fahrzeugs der Eindruck entstanden sei, man könne das vorausfahrende Fahrzeug an der Kurveninnenseite passieren. An welcher Stelle genau der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 mit seinem Bremsmanöver begann, konnte der Zeuge jedoch nicht beschreiben, was im Hinblick auf den langen Zeitraum, der seit dem Unfall verstrichen ist und auch im Hinblick auf die gefahrenen Geschwindigkeiten durchaus nachvollziehbar ist. Auch der Sachverständige konnte mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen keine weiteren Feststellungen zum genauen Unfallverlauf treffen. Damit steht nicht fest, dass der Beklagte Ziffer 1 im Hinblick auf das Verhalten des Drittwiderbeklagten Ziffer 1 darauf vertrauen durfte, dieser habe ihn wahrgenommen und wolle ihm ein Überholen im Kurvenbereich ermöglichen, so dass er – der Beklagte Ziffer 1 – das vorausfahrende Fahrzeug in der Kurve gefahrlos an der Innenseite passieren könne.

cc) Auf der Grundlage der geklärten Unfallumstände ist zunächst dem Drittwiderbeklagten Ziffer 1 ein fahrlässiger Verstoß gegen die ihm obliegenden Verhaltenspflichten anzulasten. Nach den geltenden Fahrvorschriften oblag ihm die Verpflichtung, nachfolgende Fahrzeuge zu beachten. Er musste nach dem Reglement jederzeit – auch im Kurvenbereich – mit einem Überholmanöver des nachfolgenden Verkehrs rechnen. Bei der Annäherung an die Nordkurve

war ihm seinen eigenen Angaben zufolge auch bewusst, dass sich hinter ihm ein Fahrzeug befand. Er hat in der Berufungsverhandlung ausgeführt, in der zweiten Runde habe er im Verlauf der Zielgeraden in den Rückspiegel geblickt und dort das Fahrzeug des Beklagten Ziffer 1 wahrgenommen, das sich allerdings noch ein gutes Stück hinter ihm befunden habe. Im Hinblick auf die eingehaltene Entfernung sei er nicht davon ausgegangen, dass dieses Fahrzeug ihn noch vor der Kurve überholen würde. Beim Erreichen der Kurve habe er sich dann nach vorne konzentriert, da die Fahrbahn nass gewesen sei und er habe sicherstellen müssen, dass er sich entsprechend den vorgegebenen Instruktionen durch die Kurve bewegte. Mit diesem Verhalten genügte er jedoch den an ihn gestellten Sorgfaltsanforderungen nicht im vollen Umfang.

Er hätte nämlich angesichts des von ihm akzeptierten Reglements, insbesondere der detaillierten Fahrvorschriften, mit einem vom Beklagten Ziffer 1 eingeleiteten Überholmanöver rechnen müssen. Denn zum einen waren die normalen Straßenverkehrsregeln, insbesondere das Überholverbot des § 5 StVO, außer Kraft gesetzt. Den Teilnehmern war im Abschlusstraining (anders dagegen in der praktischen Einweisung) ein Überholen an der Innenoder Außenseite jederzeit gestartet. Zudem musste der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 im Hinblick auf die vorgegebenen Sollzeiten in Rechnung stellen, dass nachfolgende Fahrzeuge nicht nur auf den geraden Strecken, sondern auch im Kurvenbereich zu Überholmanövern ansetzen würden. Denn auch wenn die einzelnen Teilnehmer bei einer Überschreitung der Sollgeschwindigkeit mit Strafpunkten rechnen mussten, konnte daraus noch nicht geschlossen werden, dass kein Mitbewerber Überholmanöver durchführen würde.

Nachfolgende Fahrer konnten nämlich durchaus darauf angewiesen sein, die vorgegebene Sollzeit während des Durchfahrens einer bestimmten Runde zu überschreiten, um dadurch eine Unterschreitung der Sollgeschwindigkeit bei früheren oder späteren Runden auszugleichen. Ein Überholmanöver im Bereich der Nordkurve war auch nicht im Hinblick auf die konkrete Örtlichkeit ausgeschlossen. Die Breite der Fahrbahn betrug dort unstreitig 15 m, so dass unter Berücksichtigung der beiden Fahrzeugbreiten immer noch eine Restfahrbahnbreite von 11,4 m Metern verblieb.

dd) An dem Unfallgeschehen hat jedoch nicht nur ein fahrlässiges Verhalten des Drittwiderbeklagten Ziffer 1 mitgewirkt. Vielmehr ist auch dem Beklagten Ziffer 1 ein fahrlässiger Verstoß gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten anzulasten. Der Umstand, dass er nach dem Reglement berechtigt war, das vor ihm befindliche Klägerfahrzeug ungeachtet der in § 5 StVO vorgesehenen Beschränkungen zu überholen, bedeutet nicht, dass er hierbei von der Einhaltung sämtlicher Sorgfaltsanforderungen befreit war. Nach dem Reglement war nämlich jeder Fahrer gehalten, Fahrmanöver zu unterlassen, die andere Teilnehmer behindern oder gefährden könnten. Diese Verhaltensgebote richteten sich auch an den nachfolgenden Verkehr. Zwar mussten Fahrzeuge, die überholt werden, den vorbeifahrenden Pkws sofort Platz machen. Dies setzte jedoch voraus, dass die betroffenen Fahrer einen nachfolgenden bzw. überholenden Verkehrsteilnehmer auch wahrnehmen konnten und wahrgenommen hatten. Ob dies der Fall war, konnte am besten der nachfolgende

Verkehr beurteilen, der im Gegensatz zum vorausfahrenden Teilnehmer über ein uneingeschränktes Sichtfeld verfügte. Hinzu kommt, dass der Beklagte Ziffer 1 aufgrund der erteilten Fahrempfehlungen damit rechnen musste, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug innerhalb der Nordkurve zum Kurveninnenrand ziehen würde, um die dort verlaufende Ideallinie zu erreichen. Selbst wenn der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 – was streitig und ungeklärt geblieben ist – sein Fahrzeug bei der Annäherung an die Kurve früher als von den Instrukteuren vorgegeben abgebremst haben sollte, hätte daher der nachfolgende Beklagte Ziffer 1 daraus noch nicht den Rückschluss ziehen dürfen, der Drittwiderbeklagte Ziffer 1 habe ihn zwischenzeitlich bemerkt und sehe in Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Überholmanövers davon ab, im Kurvenbereich den Innenrand anzusteuern.

Weitere, die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs erhöhende Umstände sind dem Beklagten Ziffer 1 dagegen nicht anzulasten. Der Sachverständige Dipl.-Ing. R hat überzeugend ausgeführt, dass die Bereifung des Beklagtenfahrzeugs zwar bei nasser Fahrbahn keineswegs optimal war, jedoch aus technischer Sicht im Hinblick auf die erfolgte Straßenzulassung der verwendeten Reifen und im Hinblick auf die aufgetretenen Querbeschleunigungen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die aufgezogenen Reifen ursächlich zum Unfall beigetragen haben (AS II 127). Die gemäß § 17 Abs. 2 StVG gebotene Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt daher zu einer hälftigen Haftungsverteilung.

ee) Die (Dritt)Widerbeklagten haben daher gesamtschuldnerisch haftend dem Beklagten Ziffer 1 die Hälfte seines erstattungsfähigen Gesamtschadens zu ersetzen. Dieser beläuft sich auf 10.341,44 €. Die Kosten für die Instandsetzung des Fahrzeugs des Beklagten Ziffer 1 beliefen sich unstreitig auf 9.067,44 €. Daneben kann der Beklagte Ziffer 1 Nutzungsausfall für 14 Tage à 91 € insgesamt also 1.274 € beanspruchen. Der Beklagte Ziffer 1 hat zwar Nutzungsausfall für 25 Tage geltend gemacht. Dies beruht jedoch auf der fehlerhaften Annahme, das Fahrzeug sei ihm erst am 04.12.2002 wieder ausgeliefert worden. Wie sich im Verlauf der Berufungsverhandlung herausgestellt hat (vgl. AS II 113), hat der Beklagtenvertreter das in der Reparaturrechnung aufgeführte Auslieferungsdatum 04.12.2000 (nicht 2002) falsch interpretiert.

Es handelte sich hierbei nämlich nicht um das Datum, an dem das zwischenzeitlich reparierte Fahrzeug dem Beklagten Ziffer 1 wieder zur Verfügung gestellt wurde, sondern um dessen Anschaffungsdatum (vgl. auch die ergänzenden Angaben des Beklagten Ziffer 1 in der Berufungsverhandlung, AS II 113). Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist im Streitfall daher nur eine Nutzungsausfalldauer von 14 Tagen (§ 287 Abs. 1 ZPO) anzusetzen (vgl. AS II 127). Darüber hinaus kann der Beklagte Ziffer 1 nach §§ 291, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe beanspruchen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 516 Abs. 3 ZPO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor, da alle im Streitfall aufgeworfenen rechtsgrundsätzlichen Fragen zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt sind.

 

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