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Urlaubshotel umgeben von Baustellen – Reisepreisminderung

Landgericht Frankfurt

Az.: 2/24 S 243/06, 2-24 S 243/06

Urteil vom 31.01.2008


Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 12.10.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H., Az.: 2 C 1599/06 (10), teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger Euro 2.043,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2006 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben der Kläger zu 29% und die Beklagte zu 71% zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben der Kläger zu 25% und die Beklagte zu 75% zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Anschlussberufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln in Form von Baustellen und Baulärm gemäß §§ 651c I, 651d I, 638 III und IV BGB in Höhe von 2.043,90 Euro.

1.

Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass die Reise des Klägers teilweise mangelhaft im Sinne von § 651c I BGB gewesen ist.

Zu Recht hat das Amtsgericht ausgeführt, dass ein Reisemangel darin liegt, dass durch das direkt gegenüber dem Hotel des Klägers in Bau befindliche Großprojekt der „Jumeirah Palmeninsel“ und durch die Baustelle in der Nähe des Tennisplatzes des gebuchten Hotels erhebliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ausgingen.

An der Palmeninsel wurde durchgehend 24 Stunden Tag und Nacht gebaut. Insoweit hat das Amtsgericht weiterhin festgestellt, dass Baulärm durch Kranbewegungen, Presslufthammergeräusche, Verfüllarbeiten u.ä. verursacht wurden. Die Bautätigkeiten waren keine 100m von dem Hotel des Klägers entfernt.

Weiterhin wurde in einer Entfernung von ca. 300m vom hoteleigenen Strand entfernt ein Hotelbau als Großprojekt errichtet. Es herrschte auch entsprechender Baustellenverkehr mit schweren LKW. Weiterhin wurden Raupen und Bagger eingesetzt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Strandes in der Nähe des Tennisplatzes wurde ein 12 bis 15-geschossiges Hochhaus errichtet. Auch hier wurde durchgehend 24 Stunden Tag und Nacht gearbeitet. Es wurden Arbeiten zur Einrüstung des Rohbaus durch Metallgerüste, Verfüllarbeiten u.a. durchgeführt, wobei Kran, Presslufthammer und ca. 50 Arbeiter eingesetzt wurden.

Überall in der Hotelanlage des Klägers, mit Ausnahme auf den Zimmern und in den klimatisierten Innenräumen, war die Geräuschkulisse zu vernehmen.

Danach war in der gesamten Hotelanlage im Außenbereich sowie am hoteleigenen Strand überall Baulärm zu hören.

2.

Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass sich die Beklagte nicht durch ihre (allgemeinen) Hinweise auf mögliche Baustellen im Zielgebiet im maßgeblichen Reiseprospekt von einer Haftung für Reisemängel in Bezug auf Baustellen/Baulärm freigezeichnet hat.

Insoweit ist die Beklagte ihren Informationspflichten nach einer Gesamtwürdigung der Umstände nicht hinreichend nachgekommen.

Zwar befinden sich in dem maßgeblichen und dem Gericht vorgelegten Reiseprospekt an zwei Stellen, nämlich auf Seite 111 (Einleitung zum Reiseziel „Arabische Emirate & Oman“) und Seite 156 (Wissenswertes „Vereinigte Arabische Emirate / Oman“), Hinweise auf mögliche Bautätigkeiten im Zielgebiet.

Die Beschreibung des konkreten von dem Kläger gebuchten Hotels befindet sich auf Seite 127 des Prospekts. Jedoch befindet sich bei der Hotelbeschreibung kein Hinweis auf mögliche Bautätigkeiten im Zielgebiet respektive im Umfeld dieses Hotels. Auch findet sich bei der Hotelbeschreibung kein Hinweis auf die Seiten 111 bzw. 156 des Reiseprospekts, auf denen sich die Hinweise bzgl. möglicher Bautätigkeiten im Zielgebiet befinden.

Nach Auffassung der Kammer hätte es aber eines solchen ausdrücklichen und gut sichtbaren Hinweises auf mögliche Bautätigkeiten bzw. wenigstens eines ausdrücklich und gut sichtbaren Verweis auf die maßgeblichen Prospektseiten (Seiten 111 bzw. 156) bedurft, um den Reisenden auf mögliche Bautätigkeiten im Zielgebiet adäquat hinzuweisen.

Nach der Rechtsprechung der Kammer hat der Reiseveranstalter seine Prospektbeschreibung so zu gestalten, dass die für den Reiseinteressenten wichtigen Informationen an solchen Stellen im Prospekt abgedruckt sind, an denen der Reiseinteressent nach Treu und Glauben eine entsprechende Information erwarten darf.

Gegen diese Pflicht verstößt ein Reiseveranstalter, wenn er wichtige Informationen nicht bei dem betreffenden Objekt abdruckt, sondern sie in einem vom Hauptprospekt getrennten Preisteil aufnimmt (vgl. zuletzt Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.10.2007, Az. 2-24 S 82/07).

Zwar sind vorliegend die maßgeblichen Informationen über die Bautätigkeiten im Zielgebiet nicht in einem vom Hauptprospekt getrennten Preisteil aufgenommen worden. Aber sie befinden sich auch nicht bei der Hotelbeschreibung.

Im vorliegenden Fall ist die Information über mögliche (massive) Bautätigkeiten jedoch von einer derartigen Relevanz, dass diese Information lediglich bei der Hotelbeschreibung erwartet werden konnte.

Dies rechtfertigt sich daraus, dass nicht jeder Reisende den kompletten Reiseprospekt bzw. auch noch nicht einmal das gesamte Kapitel bzgl. seines Reiseziels durchblättert und durchliest. Zwar ist es nicht fernliegend, dass Reiseinteressenten sich auch die Einleitung und ggf. die Rubrik „Wissenswertes“ zu ihrem Reiseziel im Reiseprospekt ansehen. Jedoch ist dies gerade nicht zwingend. Z.B. kann es sein, dass ein Reisender schon mehrfach in diesem Reisegebiet war und insoweit schon über allgemeine Informationen verfügt, so dass er sich das Anschauen der Einleitung und der Rubrik „Wissenswertes“ spart. Weiterhin kann es sein, dass ein Reiseinteressent nur an der Buchung eines Hotels interessiert ist und sich insoweit auch nur die Hotelbeschreibungen anschaut. Dies kann insbesondere dann gelten, wenn der Reiseinteressent schon in Prospekten anderer Reiseveranstalter geschaut hat und nunmehr nur noch Hotels verschiedener Reiseanbieter vergleicht. Letztlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, warum ein Reiseinteressent nicht alle Rubriken des Reisekatalogs durchschaut.

Nach Auffassung der Kammer ist ein Reiseinteressent dazu auch nicht verpflichtet. Insbesondere muss ein Reiseinteressent nicht das ganze Reiseprospekt nach wesentlichen Informationen durchforsten, die sein Hotel betreffen könnten. Vielmehr ist der Reiseveranstalter gehalten, wichtige und maßgebliche Informationen bei dem betreffenden Objekt abzudrucken. Jedenfalls ist der Reiseveranstalter wenigstens verpflichtet, bei dem betreffenden Objekt drucktechnisch deutlich gestaltet und unmissverständlich auf die Seiten des Reiseprospekts hinzuweisen, auf denen sich weitere wichtige Informationen zu dem Hotel befinden.

Dies ist vorliegend wie ausgeführt nicht der Fall gewesen.

Nach all dem kann sich die Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, dass sich in dem Reiseprospekt Hinweise auf Bautätigkeiten befinden.

3.

Der Kläger hat den Reisemangel Baustelle/Baulärm auch ausweislich der Gesprächsnotiz vom 09.03.2006 (Bl. 11 d.A.) ordnungsgemäß gem. § 651d II BGB gerügt.

Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Kläger mit Ansprüchen nicht deswegen ausgeschlossen ist, weil er ein Umzugsangebot in ein anderes gleichwertiges Hotel abgelehnt hat.

Diesbezüglich hat der Kläger nämlich ausdrücklich vorgetragen, dass alle Ersatzhotels ebenfalls durch Baulärm beeinträchtigt gewesen seien.

Die Beklagte hat weder substanziiert dargelegt, welche konkreten gleichwertigen Hotels angeboten worden sein sollen, noch dass diese nicht durch Baustellenlärm beeinträchtigt gewesen sind.

Danach hat die Beklagte eine wirksame Abhilfe nicht substanziiert dargetan.

4.

Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält die Kammer vorliegend für den Reisemangel Baustellen/Baulärm eine Minderungsquote von 45% für angemessen und ausreichend.

Die vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote von 25% hält die Kammer angesichts der massiven Beeinträchtigungen der Reise durch die Baustellen und den Baulärm für zu gering.

Das Amtsgericht hat bei der Bemessung der Minderungsquote zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt, dass sich Hinweise auf die Bautätigkeiten im Reiseprospekt befinden. Zwar führe dies nach Ansicht des Amtsgerichts nicht zu einer Freizeichnung von Reisemängeln aber zu einer Berücksichtigung bei der Höhe der Minderung.

Diese Auffassung teilt die Kammer nicht. Wie oben ausgeführt worden ist, war der Kläger als Reisender gerade nicht verpflichtet, die allgemeinen Hinweise auf den Seiten 111 und 156 zur Kenntnis zu nehmen. Daher rechtfertigen diese allgemeinen Hinweise keine Herabsetzung der Minderungsquote.

Dagegen ist festzuhalten, dass die Reise des Klägers ganz erheblich beeinträchtigt gewesen ist.

Bei der Bemessung der Minderungsquote war zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Bauvorhaben „Jumeirah Palmeninsel“ um eine der größten Baustellen der Welt gehandelt hat. Eine massive Beeinträchtigung des Klägers lag insbesondere auch darin, dass sich gleich drei lärmintensive Großbaustellen in unmittelbarer Nähe zu seinem Hotel befanden. Maßgeblich bei der Minderungsquote war darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Arbeiten durchgehend 24 Stunden Tag und Nacht andauerten. Sobald der Kläger das Hotel verlassen und sich im Freien aufgehalten hat, war er permanent Baulärm ausgesetzt. Eine Erholung am hoteleigenen Strand sowie in den Freizeiteinrichtungen (z.B. Tennisplatz) war aufgrund des ständigen Baulärms ebenfalls nicht ausreichend möglich. Dem Kläger war es auch nicht zumutbar, sich während seines kompletten Urlaubs im lärmfreien Inneren des Hotels aufzuhalten.

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An dieser Stelle ist nochmals hervorzuheben, dass eine Beeinträchtigung einer Reise durch massiven Baulärm eine der erheblichsten Urlaubsbeeinträchtigungen überhaupt darstellt. Wenn ein Reisender nämlich permanent massivem Baulärm ausgesetzt ist, treten häufig auch die übrigen ggf. mangelfreien Leistungen in den Hintergrund. Dies bleibt aber letztlich immer eine Entscheidung des Einzelfalls.

Dass die Minderungsquote – der Kläger macht 60% geltend – vorliegend nicht noch höher ausgefallen ist, ist darauf zurückzuführen, dass eine Lärmbelästigung innerhalb des Hotels, insbesondere im Zimmer des Klägers, nicht vorgelegen hat.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger zur Geltendmachung von Minderungsansprüchen aus dem Gesamtreisepreis von 4.542,– Euro aktivlegitimiert ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts, denen die Berufung auch nicht entgegengetreten ist, Bezug genommen.

Bei einem Gesamtreisepreis von 4.542,– Euro ergibt sich bei einer Minderungsquote von 45% für die gesamte Reisezeit ein Minderungsbetrag von 2.043,90 Euro.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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