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Hotelpachtvertrag – ordentliche Kündigung – Schriftformmangel

OLG Dresden – Az.: 5 U 2031/15 – Urteil vom 23.11.2016

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 07.12.2015 (12 O 1704/15) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldnerinnen zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Dresden vom 07.12.2015 sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwehren, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.861.949,88 EUR festgesetzt.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der von den Klägerinnen am 30.06.2015 zum 31.12.2015 unter Berufung auf einen Schriftformmangel des Pachtvertrages erklärte ordentliche Kündigung eines zwischen den Parteien geschlossenen Hotelpachtvertrages.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in der ersten Instanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei die Feststellungsklage der Klägerinnen zulässig, weil beide ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Beendigung des Mietvertrages hätten, sie sei jedoch unbegründet, weil beiden Klägerinnen kein Recht zur Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung zugestanden habe. Gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages sei das Mietverhältnis erstmals zum 01.01.2032 ordentlich kündbar. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag genüge auch hinsichtlich der vermieteten Flächen dem Schriftformerfordernis der §§ 550, 126 BGB, so dass sich eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit nicht gemäß § 550 BGB aus einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis ergebe. Nach der Rechtsprechung des BGH reiche es aus, wenn die Einigung über die wesentlichen Tatbestandsmerkmale eines Mietvertrages beurkundet seien und der Inhalt bestimmbar bleibe, wobei auch auf außerhalb der Urkunde selbst liegende Umstände zurückgegriffen werden könne. Entscheidender Zeitpunkt für die Bestimmbarkeit sei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Zwar sei den Klägerinnen zuzugestehen, dass sich hinsichtlich der Terrassennutzung im Innenhof aus den Vertragsunterlagen und den in Bezug genommenen Plänen nicht ohne weiteres ergebe, welcher Bereich des Innenhofs allein von der Klägerin und welcher von dem benachbarten Restaurant genutzt werden dürfe. Selbst wenn man dieses aber berücksichtige und auch noch zugunsten der Klägerin unterstelle, dass in weiteren Bereich des Objekts allein auf Grundlage der schriftlichen Unterlagen Unsicherheiten bestünden, welche Bereiche der Klägerin zu 1) zur alleinigen Nutzung vermietet seien, inwieweit an bestimmten Bereichen Mitbenutzungsrechte Dritter bestünden und darüber hinaus in den Plänen der Anlagen zum Mietvertrag nicht sämtliche baulichen Änderungen berücksichtigt worden seien, die als Folge von Flutschäden nach der Flut 2002 vor Abschluss des Mietvertrages vorgenommen worden seien, genüge der Vertrag der Form der §§ 550 und 126 BGB. Denn die Klägerin zu 1) habe den Mietgegenstand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits seit ca. sechs Jahren genutzt. Der bei Abschluss des Mietvertrags bestehende Nutzungsumfang habe ausweislich des Vertragstextes und dem Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung beim Mietvertragsabschluss nicht geändert werden sollen. Aufgrund dessen sei der Nutzungsumfang durch die Parteien bei Vertragsschluss ohne weiteres bestimmbar gewesen, da genau diejenigen Flächen und Flächenanteile – ggf. eingeschränkt durch die Mitbenutzung Dritter – in der Form vermietet worden seien, wie die tatsächliche Nutzung des Gebäudekomplexes durch die Klägerin zu 1) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfolgt sei. Dass der Umfang des Mietgegenstandes durch das vorangegangene Mietverhältnis, in das die Klägerin zu 1) als Untermieterin und tatsächliche Betreiberin des Hotels seit mehr als fünf Jahren eingebunden gewesen sei, bestimmt sein sollte, ergebe sich aus einer Vielzahl von Regelungen im Mietvertrag. Allein der Umstand, dass der Ehemann der Beklagten der Klägerin zu 1) im Rahmen einer Auseinandersetzung im Jahr 2014 unzutreffend übermäßige und über Vertragsinhalte hinausgehende Verkehrssicherungspflichten habe auferlegen wollen und in diesem Zusammenhang die Abgrenzung im Außenbereich unzutreffend beschrieben habe, ändere nichts an der Tatsache, dass bei Vertragsabschluss 2007 eine Bestimmbarkeit des Mietgegenstands bestanden habe. Diese Annahme werde auch dadurch bestätigt, dass unstreitig bis zum Schriftwechsel aus dem Jahr 2014 das Mietverhältnis von 2007 an gelebt worden sei, ohne dass zwischen den Parteien Dissonanzen über den Umfang des Vertragsgegenstands aufgetreten seien. Im Übrigen wäre die Klage auch dann abzuweisen gewesen, wenn tatsächlich eine teilweise Unbestimmtheit des Mietgegenstandes vorgelegen hätte. Denn in diesem Falle würde § 14 S. 2 des Mietvertrages greifen, nachdem den Klägerinnen die Kündigung des Vertrages unter Berufung auf einen Formmangel solange verwehrt sei, wie sie sich nicht ernsthaft um eine einvernehmlich Heilung des Mangels der Schriftform bemüht hätten. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei § 14 S. 2 des Mietvertrages um eine von den Klägerinnen gestellte AGB handele. Sofern die Klägerinnen mit einem nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz erstmals Beweis für das Gegenteil angetreten hätten, sei dieses Beweisangebot nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen sei es auch unerheblich, ob es sich um eine von der Beklagten gestellte AGB handele, weil die Regelung auch in diesem Fall wirksam sei. Das Gericht schließe sich der Rechtsauffassung an, dass es jedenfalls dem Mieter verwehrt sei, sich auf die Unwirksamkeit der Klausel zu berufen, auch wenn die Klausel als AGB vom Vermieter gestellt sei. Die Klägerinnen hätten sich nicht bemüht, eine Heilung des etwaigen Mangels der Schriftform bezüglich des Umfangs der mitvermieteten Außenanlagen durch eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen.

Gegen dieses, den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 15.12.2015 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 30.12.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.03.2016 durch weiteren Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten an diesem Tag begründet.

Hotelpachtvertrag - ordentliche Kündigung - Schriftformmangel
(Symbolfoto: Jacob Lund/Shutterstock.com)

Fehlerhaft habe das Landgericht, obwohl die Klägerinnen im Einzelnen vorgetragen hätten, dass bei Abschluss des Pachtvertrages der Umfang des Mietgegenstandes und die Grenzen der Nutzungsrechte der Klägerin weder klar gewesen seien noch anhand der örtlichen Verhältnisse hätten festgestellt werden können, angenommen, dass die Flächen und Flächenanteile so vermietet worden seien, wie eine tatsächliche Nutzung des Gebäudekomplexes durch die Klägerin erfolgt sei. Dieses habe aber noch nicht einmal die Beklagte behauptet oder schlüssig vorgetragen. Auch sei dies nicht in der mündlichen Verhandlung zugestanden worden. Auch wenn möglicherweise der Nutzungsumfang gegenüber der Vornutzung mit Abschluss des Pachtvertrages nicht geändert worden sei, sei dies nicht gleichbedeutend mit einer Klärung des Nutzungsumfangs von Anfang an. Die Klägerinnen hätten durchgehend vorgetragen, dass auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinerlei Klarheit über die Grenzen der Nutzung bestanden habe. Dem habe die Beklagte nicht widersprochen. Eine Berechtigung des Landgerichts, den Sachvortrag der Klägerinnen zur mangelnden Abgrenzung der Außenanlagen zu übergehen, ergebe sich auch nicht daraus, dass es mehrere Jahre keinen Streit über den Nutzungsumfang gegeben habe. Das Landgericht hätte Beweis darüber erheben müssen, welchen Teilbereich des Pachtgegenstands die Klägerin zu 1) im Jahre 2007 ersichtlich genutzt habe. Im Übrigen hätte das Landgericht den Sachvortrag der Klägerinnen berücksichtigen müssen, dass der Ehemann der Beklagten nicht nur bei Vertragsschluss, sondern auch in der Folgezeit als deren Vertreter gehandelt hätte. Hieraus hätte es den Schluss ziehen müssen, dass bereits die widersprüchlichen Erklärungen des Vertreters der Beklagten belegt hätten, dass eine Einigung zum Umfang des Vertragsgegenstandes gefehlt habe. Sofern das Landgericht grundsätzlich annehme, dass bei längerer Vornutzung des Mietgegenstandes dessen ungenaue Bezeichnungen unschädlich seien, gebe es einen solchen Rechtssatz nicht. Die vom Landgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs seien jeweils Einzelfallentscheidungen, denen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde lägen, bei denen an Ort und Stelle jeweils kein Zweifel am Umfang des Mietgegenstandes bestanden habe. Dies treffe auch auf die vom Landgericht zitierten Urteile des OLG Koblenz und des Kammergerichts zu. Das OLG Düsseldorf sei demgegenüber in einem vergleichbaren Sachverhalt in seinem Urteil vom 29.11.2012 (I-10 U 34/12) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Mietgegenstand nicht bestimmbar gewesen sei. Wäre das Landgericht den Beweisangeboten der Klägerinnen (bspw. dem auf eine Ortsbesichtigung) nachgegangen, hätte es festgestellt, dass die Nutzungsgrenzen zum Mietbereich der Klägerinnen, insbesondere auf der Terrasse, dem überdachten Bereich vor der Kunsthalle sowie dem sonstigen offenen Außenbereich (rückseitige Freifläche) nicht geklärt seien. Ein Hinweis, dass und wie die Benutzung auch nur eines der drei ungeklärten Bereiche durch die Klägerin eingeschränkt sei, enthalte der Vertrag nicht. Gleichwohl habe sich der Vertreter der Beklagten in seinen Schreiben im Jahre 2015 auf solche Nutzungsgrenzen berufen. Schon allein daraus ergebe sich die fehlende Bestimmbarkeit des Mietgegenstands. Es sei ersichtlich, dass noch nicht einmal die Beklagte anhand der Vornutzung bei Vertragsschluss gewusst habe, wo die Nutzungsgrenzen des Pachtgegenstands gelegen hätten. Die Berufung der Klägerinnen auf den Schriftformverstoß sei auch nicht treuwidrig, weil die Heilungsklausel in § 14 S. 2 des Pachtvertrages unwirksam und im Übrigen auch nicht einschlägig sei. Erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hätten die Klägerinnen einen Beweis für die Urheberschaft der Beklagten an der Klausel aufgefunden und dem Schriftsatz vom 30.11.2015 vorlegen können. Es handele sich um eine Klausel der Beklagten. Sie sei schon deswegen unwirksam, weil in ihr nicht ausdrücklich festgelegt werde, dass sie gegenüber dem Erwerber des Grundstücks keine Wirkung entfalten solle. Im Übrigen lägen auch die Anwendungsvoraussetzungen der Vertragsklausel nicht vor, da hier nicht nur ein durch bloße Nachholung der Form heilbarer Schriftformmangel vorliege. Vielmehr bedürfe es einer ergänzenden vertraglichen Regelung zu möglichen Nutzungseinschränkungen. Eine Verpflichtung, an einer solchen Regelung mitzuwirken, könne sich allenfalls aus einer entsprechenden salvatorischen Klausel ergeben, eine solche Klausel enthalte der Vertrag aber nicht. Im Übrigen sei die Heilungsklausel auch nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, weil die Beklagte kein Heilungsverlangen gestellt habe und dies auch nach wie vor ablehne. Selbst nach Zugang der Kündigungserklärung habe die Beklagte kein Heilungsverlangen geltend gemacht, sondern vielmehr dadurch, dass sie die uneingeschränkte Erstattung der Versicherungsprämie für das gesamte Flurstück …/2 wie auch die Zahlung der Grundbesitzabgaben hierfür verlange, jedwede Heilung eines Formverstoßes zumindest konkludent abgelehnt. Das landgerichtliche Urteil sei auch insoweit falsch, als es davon ausgehe, dass es den Klägerinnen vorliegend verwehrt sei, sich auf den Schriftformverstoß zu berufen. Die Berufung auf die Treuwidrigkeit würde aber eigene Rechtstreue der Beklagten voraussetzen, welche vorliegend nicht gegeben sei. Es sei treuwidrig, einerseits hinsichtlich der Tragung von Nebenkosten und zur Instandhaltung und Verkehrssicherung die Klägerin so in Anspruch zu nehmen, als sei Pachtgegenstand das gesamte Grundstück und andererseits gegen die Nutzungsrechte der Klägerin zu 1) abgegrenzte Nutzungsrechte Dritter ins Feld zu führen. Mithin könne die Beklagte den Klägerinnen nicht eigene Treuwidrigkeit entgegenhalten. Schließlich hätten die Klägerinnen am 18.12.2015 nochmals die ordentliche Kündigung des Pachtvertrages zum 31.12.2017 erklärt. Zumindest diese Kündigung sei wirksam, nachdem die Beklagten die Heilung des Vertrages mit ihrem Verhalten nach der ersten Kündigung zumindest konkludent verweigert hätten.

Die Klägerinnen beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen,

dass das zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten gemäß Pachtvertrag vom 04.05.2007 begründete Pachtverhältnis für die Hotelanlage …, mit Restaurations- und Veranstaltungsbereich und Außenanlagen aufgrund Kündigung der Klägerin mit Wirkung zum 31.12.2015 geendet hat,

hilfsweise, dass das o. g. Pachtverhältnis aufgrund Kündigung der Klägerin vom 18.12.2015 mit Wirkung zum 31.12.2016 endet.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Pachtsache sei hinreichend bestimmt. Die Klägerinnen hätten unstreitig gestellt, das Hotel seit 1999 zu nutzen. Zutreffend habe das Landgericht auf die bei Unterzeichnung des neuen Pachtvertrages ab 04.05.2007 tatsächlich ausgeübte Nutzung abgestellt, welche fortgesetzt werden sollte. Für alle Räume, die als solche abschließbar seien und für die die Klägerin zu 1) schon damals über Schlüssel verfügt habe, habe die Klägerin zu 1) das vertragliche Nutzungsrecht gehabt. Soweit es darüber hinaus um Flächen gehe, welche nach der baulichen Gestaltung 1999, jedenfalls aber 2007 und auch noch heute „öffentlich“ zugänglich seien, komme ein mit der Klägerin zu 1) konkurrierender Nutzer nur in Person des Restaurantbetreibers in Betracht, weil die Kunsthalle über die Anlage 3 des Pachtvertrages ebenso wie die Stellplätze der Beklagten über die Anlage 1 des Vertrags Gegenstand desselben geworden sei. Da es seit 1999 mit dem Restaurantbetreiber keinen Streit über Art und Umfang der Nutzung der Außenfläche gegeben habe, hätten die Bediensteten der Klägerin zu 1) vor Ort offenbar sehr genau gewusst, wie die Abgrenzung erfolgt sei. Die Terrassenbenutzung zwischen Klägerin zu 1) und Restaurantbetreiber werde weiterhin räumlich so abgetrennt, wie im Mai 2007 und in den acht Jahren davor. Die von den Klägerinnen aufgeworfene Frage der genauen Bestimmung der Pachtsache sei nicht entscheidungserheblich, sondern lediglich die der Bestimmbarkeit. Wegen Insolvenz des Pächters des Restaurants würde die heutige Nutzung des Nachfolgers ohnehin keine Rückschlüsse auf die Verhältnisse 2007 zulassen. Abgrenzungsprobleme mit dem öffentlichen Bereich hinter der Eingangstür, der den Klägerinnen zusammen mit der Kunsthalle zugewiesen sei, gebe es nicht, weil der Klägerin zu 1) Hotel und Kunsthalle im Rahmen eines Vertrages überlassen seien. Soweit es weitere Außenbereiche gebe, welche sowohl von der Klägerin als auch von Dritten, beispielsweise den Restaurantbesuchern oder Nutzern der Hotelstellplätze, genutzt würden, müsse die Klägerin die bereits seit 1999 bestehende Mitbenutzung durch Dritte dulden und habe keine Anspruch auf exklusive Nutzung. Nur darauf erstreckten sich Dienstbarkeiten zugunsten Dritter. Gleiches gelte für Kellerräume, in denen sich Hausversorgungsleitungen befänden. Auch hier sei die Klägerin zu 1) verpflichtet, die Betretung nach § 13 des Pachtvertrages zu dulden. Der Kellerraum des Restaurants gehöre nicht zur Mietsache, weil er der Klägerin nie übergeben worden sei. Bereits in der Klageerwiderung habe die Beklagte ausgeführt, dass die Klägerinnen das Hotel seit 1999 nutzen und die Situation sich zu keinem Zeitpunkt geändert habe. Insoweit sei das Landgericht bei seiner Auslegung nicht über den Beklagtenvortrag hinausgegangen. Die Klägerinnen hätten besondere Umstände vortragen müssen, etwa dass sie die Terrasse acht Jahre lang nicht genutzt hätten oder dass sonst in dieser Zeit noch etwas zwischen den Parteien unklar geblieben wäre, was wesentlich sei. Dieses hätten sie aber nicht vorgetragen. Vielmehr hätten sie in der Berufungsbegründung vorgetragen, ihnen habe sich erst 2014, somit nach dreizehnjähriger Nutzung der Terrasse, die Frage gestellt, wo die Grenze zur Nutzung durch das Restaurant zu ziehen sei. In dieser Zeit habe es nie ein Abgrenzungsproblem gegeben. Das vom Landgericht in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs stelle gerade nicht den Rechtssatz auf, dass es zwischen den Parteien des Rechtsstreits keine aktuell unterschiedlichen Auffassungen zum Umfang des Miet- bzw. Pachtgegenstandes geben dürfe. Es komme vielmehr auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages an. Das von der Klägerin zitierte Urteil des OLG Düsseldorf sei nicht einschlägig, weil dem ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde liege. So sei dort ein völlig neuer Mietvertrag geschlossen worden, welcher nicht auf eine vorhandene Ausstattung Bezug genommen hätte. Ebenso sei die Art und Weise der Nebenkostenabrechnung kein Anhaltspunkt für die Abgrenzung der Mietsache. Hinsichtlich der Heilungsklausel bleibe die Beklagte bei ihrem Vortrag, dass der Pachtvertrag und insbesondere auch die Heilungsklausel gemäß § 14 Abs. 2 des Pachtvertrages von den Klägerinnen gestellt worden sei. Der neue Vortrag hierzu sei verspätet, weil die Klägerinnen es bis zur mündlichen Verhandlung verschuldet unterlassen hätten, Beweis für das Vorliegen einer von der Beklagten gestellten AGB-Klausel anzutreten. Hiernach sei das verspätete Vorbringen auch für sich genommen nicht geeignet, eine von der Beklagten gestellte AGB-Klausel anzunehmen. Die von den Klägerinnen als Anlage K 21.1 zum Verfahren gereichte Vorversion eines Pachtvertrages sei der Beklagten nicht bekannt und stamme nicht von ihr. Die Beklagte habe auch keinen Herrn B… mit der Erstellung des von der Anlage in Bezug genommenen Schriftstücks betraut. Sämtliches Vorbringen der Klägerinnen in dem Zusammenhang werde bestritten. Soweit die Heilungsklausel keine Regelung zur Erstreckung auf künftige Erwerber enthalte, sei dies irrelevant, weil es vorliegend einen solchen künftigen Erwerber nicht gebe. Vorliegend gehe es um die Frage, ob die Heilungsklausel zwischen den Ursprungsparteien des Pachtvertrages wirksam sei. Die Regelung sei auch eindeutig. Nach der wirksamen Regelung sei die Klägerin zu 1) unabhängig von der Möglichkeit eines Heilungsverlangens an einer Kündigung gehindert. Vorsorglich erhebe die Beklagte jedoch ein Heilungsverlangen dahingehend, dass geregelt wird, dass sich der Umfang des Pachtgegenstandes nach dem Umfang der am 04.05.2007 durch die Klägerin zu 1) als damaliger Unterpächterin tatsächlich ausgeübten Nutzung des Hotels richte. Der nunmehr gestellte Hilfsantrag verfange auch nicht, weil eine Kündigungsmöglichkeit bzw. ein Kündigungsgrund auch für die weitere Kündigung nicht erkennbar seien und auch nicht genannt würden.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien, insbesondere auch hinsichtlich des vorsorglichen Tatsachenvortrags der Beklagten zum Tatsachenvortrag der Klägerinnen im Schriftsatz vom 04.11.2015, wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen. Den nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz der Klägerinnen vom 05.10.2016 hat der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerinnen ist unbegründet. Weder die ordentliche Kündigung vom 30.06.2015 noch die vom 18.12.2015 haben das zwischen den Parteien bestehende Pachtverhältnis gemäß Pachtvertrag vom 04.05.2007 (Anl. K1, nachfolgend PachtV) beendet.

I. Gemäß § 3 Abs. 1 PachtV ist das Pachtverhältnis bis zum 01.01.2032 befristet und frühestens zu diesem Zeitpunkt ordentlich kündbar (§ 3 Abs. 3 PachtV).

II. Die am 01.07.2015 zugegangene Kündigung der Klägerinnen vom 30.06.2015 hätte das Pachtverhältnis nur dann zum 31.12.2015 beendet, wenn der Pachtvertrag das Schriftformerfordernis der §§ 550, 126, 578 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB nicht gewahrt hätte, das befristete Pachtverhältnis deswegen als unbefristetes zu betrachten wäre und die Klägerinnen nicht gehindert wären, sich auf den Schriftformverstoß zu berufen. Gleiches gilt für die weitere Kündigung vom 18.12.2015 zum 31.12.2016.

1. Ein Schriftformverstoß ist vorliegend nicht gegeben.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Schriftform der §§ 550, 126 BGB nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere den Miet- bzw. Pachtgegenstand, die Miete/Pacht sowie die Dauer und die Parteien des Miet(Pacht-)verhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt (Urteile vom 13. November 2013 – XII ZR 142/12 – NJW 2014, 52 Rn. 22; vom 24. Februar 2010 – XII ZR 120/06 – NJW 2010, 1518 Rn. 13; vom 29. April 2009 – XII ZR 142/07 – NJW 2009, 2195 Rn. 22 und BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 18). Der Pachtgegenstand muss zur Wahrung der Schriftform so hinreichend bestimmbar bezeichnet sein, dass es einem Erwerber, dessen Schutz die Schriftform in erster Linie bezweckt, im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses möglich ist, den Gegenstand zu identifizieren und seinen Umfang festzustellen (BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98 – NJW 2000, 354, 358, Rn. 71). Im Gegensatz zu Auffassung der Klägerinnen (siehe zuletzt Schriftsatz vom 05.10.2016) ist es nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht (zusätzlich) erforderlich, dass diese Feststellung „unschwer“ erfolgen kann. Es genügt vielmehr, wenn sich etwaige Zweifel an der exakten Lage des Pachtgegenstandes auch ohne Zuhilfenahme von Anlagen zum Pachtvertrag, insbesondere anhand des Umfangs der tatsächlichen, bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses währenden Nutzung durch die Pächterin im Rahmen des vorausgegangenen Pachtverhältnisses, auf das der Hauptvertrag hinweist, beseitigen lassen (vgl. BGH aaO. unter Verweis auf sein Urteil vom 7. Juli 1999 – XII ZR 15/97 – ZIP 1999, 1635, 1637 = MDR 1999, 1374). Zweifel an der Lage des Gegenstands innerhalb eines Gebäudes lassen sich mithin im Wege der Auslegung beseitigen, weil auch formbedürftige Vertragsklauseln grundsätzlich der Auslegung zugänglich sind, wenn sie sich als unklar oder lückenhaft erweisen. Selbst wesentliche Tatbestandsmerkmale des Rechtsgeschäfts brauchen daher nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt. Insoweit darf auch auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden (BGH, Urteil vom 30. April 2014 – XII ZR 146/12 -, Rn. 23, juris).

b) Vorliegend ist der Pachtgegenstand aus der Vertragsurkunde selbst nicht eindeutig ersichtlich. So heißt es in § 1 PachtV, dass der Pachtvertrag „über die Hotelanlage y… mit Restaurations- und Veranstaltungsbereich (ausschließlich Parkplätzen […]) und den Außenanlagen“ abgeschlossen werde. Weiter wird das Flurstück angegeben, auf dem sich das Gebäude befindet und hinsichtlich der genauen Lage der Hotelanlage auf den dem Pachtvertrag als Anlage 2 beigefügten Lageplan verwiesen. Schließlich wird die als Pachtgegenstand genannte Hotelanlage insoweit näher bezeichnet, als sie über „153 Hotelzimmer, 15 Suiten, 3 Konferenzräume, … Kunsthalle […], Restaurant und Bar „f…“ mit Nebenflächen, Café „M…“, Health Club mit Fitnessraum, Sauna und Solarium“ verfüge. In § 2 des Vertrags heißt es weiter, dass diese „gesamte Hotelanlage sowie die Außenanlagen […] dem Pächter vom Verpächter zur Verfügung gestellt“ würden und sich die zum Pachtobjekt gehörenden Einrichtungsgegenstände aus den Einrichtungsbüchern ergäben. Eine genauere Beschreibung der zur Nutzung verpachteten Außenanlagen und eine Abgrenzung der Nutzungsbereiche des Pächters zu denen anderer Nutzungsberechtigter, zum Beispiel dem Pächter des auf dem Grundstück befindlichen Restaurants „F…“ findet sich in dem Vertragstext allerdings nicht. Ebenso wenig lässt sich der Umfang der verpachteten „Außenanlagen“ aus dem dem PachtV als Anlage 2 beigefügten EG-Lageplan des Hotels entnehmen (Anl. K1.14), denn darin sind lediglich die verpachteten (Innen-)Flächen des Café „M…“, der Hotellobby und des Hotelrestaurants und der Hotelbar „f…“ umrandet und so als Pachtfläche auf dem Lageplan gekennzeichnet. Gleiches gilt für die (Innen-)Fläche der „…“-Kunsthalle, welche in dem auf dem der Anlage 3 zum Pachtvertrag beigefügten Lageplan (Anl. K1.16) hinreichend durch Umrandung markiert ist. Lage und Umfang der mitverpachteten Außenflächen sind auch daraus nicht erkennbar. Darüber hinaus findet sich sich in der Pachtvertragsurkunde selbst auch keine ausdrückliche Erwähnung, ob und in welchem Umfang auch Kellerräume an die Beklagte zur (alleinigen oder Mit-)Nutzung verpachtet werden.

c) Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass auch die verpachteten Außenflächen und Kellerräume und damit der Pachtgegenstand insgesamt zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 04.05.2007 durch die Vertragsparteien im Sinne der o.g. Anforderungen des Bundesgerichtshofs zwar nicht bestimmt, aber hinreichend bestimmbar gewesen waren und deswegen auch hier das Formerfordernis des §§ 550, 126 BGB gewahrt ist. Denn der Sachverhalt ist vorliegend nicht wesentlich anders gelagert als der der Grundsatzentscheidung des BGH vom 07.07.1999 (XII ZR 15/97, aaO., insbesondere Rn. 45) zugrundeliegende Sachverhalt. Auch hier sollte sich der Umfang des Pachtgegenstandes nach dem eindeutigen Willen der Vertragsparteien aus dem Umfang der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 2007 bereits seit mehreren Jahren (seit 1999) andauernden Nutzung des Pachtobjekts durch die Pächterin (vor 2007 in ihrer Eigenschaft als Unterpächterin) bestimmen. Dieses zutreffende Auslegungsergebnis des Landgerichts ergibt sich aus der Bezugnahme der Stellung der Klägerin zu 1) als vormalige Unterpächterin in der Präambel (dort Abs. 3); der Feststellung in § 2 Abs. 1 und § 3 Nr. 1 Abs. 2 PachtV, dass die Klägerin zu 1) die Anlage bereits „per 03.12.2001“ (dem Beginn des ursprünglichen Unterpachtvertrags) mangelfrei und komplett übernommen habe und nach dem Willen der Vertragsparteien zeitlicher Anknüpfungspunkt für Mängelansprüche und Instandhaltungsverpflichtungen der Pächterin der Beginn des vorhergehenden Pachtverhältnisses mit der P. Worldwide LLC am 01.09.1999 sein sollte (§ 12 Nr. 1 PachtV). Mithin ist der Pachtvertrag dahingehend auszulegen, dass die bei Vertragsschluss am 04.05.2007 tatsächlich durch die Beklagte über sechs Jahre lang ausgeübte Nutzung als vertragsgemäß angesehen und lediglich fortgesetzt werden sollte (vgl. entsprechend BGH aaO., Rn. 45). Anhaltspunkte, dass sich der Nutzungsumfang durch den Neuvertragsschluss ändern sollte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, ebenso ist unstreitig, dass vor dem 04.05.2007 keine der Parteien Unklarheiten hinsichtlich des Nutzungsumfangs thematisiert hat. Die tatsächliche Nutzung der Pachtsache durch die Klägerin zu 1) war aber – wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 07.07.1999 (vgl. dort aaO.) zugrundeliegenden Fall – am 04.05.2007 an Ort und Stelle objektiv durch Erkundung vor Ort feststellbar, das schließt die konkret durch die Pächterin ausgeübte Nutzung der im Vertragstext nicht hinreichend konkretisierten Außenflächen, insbesondere der Terrasse, und der Kellerräume ein. Darauf, ob beim Hoteldirektor oder anderen Angestellten der Klägerin zu 1) möglicherweise schon damals subjektiv Unsicherheiten über den vertraglich erlaubten Nutzungsumfang bestanden oder Jahre später Meinungsverschiedenheiten über die tatsächlich geschuldete Nutzung und den Umfang der Verkehrssicherungspflichten zwischen den Parteien auftreten, und deswegen heute eine nachträgliche Bestimmung des Vertragsgegenstands schwer fällt, kommt es nach den o.g. Kriterien des Bundesgerichtshofs nicht an, weshalb der Senat auch den entsprechenden Beweisangeboten der Klägerinnen nicht nachgehen musste. Denn für die Wahrung der Schriftform reicht die Bestimmbarkeit des Miet-/Pachtobjekts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anhand der damals ausgeübten tatsächlichen Nutzung aus; eine nachträgliche Erschwernis der Bestimmbarkeit durch Zeitablauf kann die so einmal gewahrte Form nicht mehr in Frage stellen (vgl. BGH aaO., Rn. 45). Die sich daraus ergebende Unsicherheit für einen potentiellen Erwerber des Pachtgrundstückes ändert daran nichts (aaO., Rn. 46). Soweit die Klägerinnen sich auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 29.11.2012 (I-10 U 34/12, von der Klägerin als Anl. K 22, Bl. 131 dA, vorgelegt), berufen, in der dieses eine Bestimmbarkeit des Mietgegenstands wegen einer ungenauen Abgrenzung von Gemeinschaftsflächen (zur Aufstellung von Tischen und Stühlen in einer Ladenpassage) abgelehnt hat, was durch den BGH in der bereits zitierten Entscheidung vom 30.04.2014 (XII ZR 146/12, aaO.) nicht beanstandet wurde, ist der dort zugrundeliegende Sachverhalt mit dem hier streitgegenständlichen nicht vergleichbar, weil der dortige Mieter vor Abschluss des fraglichen Mietvertrags nicht – wie die Klägerin zu 1) – das Mietobjekt bereits jahrelang genutzt hatte (siehe BGH aaO., Rn. 2). Insoweit war eine Bestimmbarkeit aufgrund einer bereits bei Vertragsschluss vorliegenden tatsächlichen Nutzung durch den Mieter den dortigen Mietvertragsparteien gar nicht möglich.

d) Nach alledem ist mit dem Landgericht kein Schriftformverstoß anzunehmen.

2. Falls man entgegen obenstehenden Ausführungen jedoch von einer fehlenden Bestimmbarkeit des Mietobjekts und damit von einem Formverstoß ausginge, führte dies nicht zur Begründetheit der Klage. Denn die Berufung der Klägerinnen auf diesen Formverstoß wäre treuwidrig, weil den Klägerinnen eine vorzeitige ordentliche Kündigung aufgrund der von den Parteien in § 14 Nr. 2 PachtV getroffenen Vereinbarung jedenfalls vor Ausspruch der beiden Kündigungen verwehrt war und auch derzeit noch verwehrt ist.

a) Die Klausel in § 14 Nr. 2 Satz 2 PachtV, in der die Vertragsparteien sich gegenseitig verpflichten, „auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis genüge zu tun und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Einhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen“, ist vom Senat nicht als von der Beklagten gestellte AGB zu behandeln. Der diesbezügliche, erstmals im nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 30.11.2015 erfolgte Sachvortrag der Klägerinnen mit Beweisantritten ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen. Grundsätzlich ist Vortrag, den das Erstgericht – wie hier – nach § 296a ZPO zurückgewiesen hat, nicht schon nach § 531 Abs. 1 ZPO im Berufungsverfahren ausgeschlossen, sondern es ist dessen Zulassung nach § 531 Abs. 2 ZPO zu prüfen (siehe Heßler in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 531 Rn. 7). Der Vortrag ist nach Aktenlage und dem eigenen Vorbringen der Klägerinnen aus Nachlässigkeit verspätet erfolgt, denn bereits zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung des Landgerichts, im Schriftsatz vom 25.09.2015 (Bl. 23 dA), hatte die Beklagte sich auf die Heilungsklausel in § 14 Nr. 2 PachtV berufen und behauptet, bei dieser handele es sich um eine von der Klägerin zu 1) gestellte Klausel (Bl. 43 dA) Die Klägerinnen haben – auch darauf – im Schriftsatz vom 04.11.2015 ausdrücklich repliziert. Da die Frage der Wirksamkeit der Heilungsklausel erkennbar Relevanz für die Entscheidung des Rechtsstreits haben konnte, hätten die Klägerinnen bereits nach Erhalt dieses Schriftsatzes Veranlassung gehabt, zur Genese der Klausel nachzuforschen. Dies ist aber nach eigenem Vortrag erst nach den Hinweisen des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung erfolgt (s. Berufungsbegründung, Bl. 122 dA). Es ist nicht ersichtlich, dass und warum der dann plötzlich (bei wem?) aufgefundene in elektronischer Form archivierte Vorentwurf des Pachtvertrags aus dem Jahr 2005, aus dem sich die Urheberschaft eines „H… B…“ für die Klausel ergeben soll, bei intensiverem Nachforschen vor der mündlichen Verhandlung nicht schon früher hätte entdeckt und spätestens in der Replik vom 04.11.2015 Beweis für die dort wiederholte Behauptung angetreten werden konnte, dass die Klausel eine von der Beklagte gestellte sei. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerinnen ist von der Beklagten umfassend bestritten worden. Da es im Gegensatz zur Klageänderung auf eine Verzögerung des Rechtsstreits durch eine mögliche Zulassung nicht ankommt, sind Vortrag und Beweisantritte nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr zuzulassen; auch eine Vernehmung der von den Klägerinnen im Termin gestellten Zeugen B… und M… hatte nicht mehr zu erfolgen. Mithin haben die Klägerinnen ihre Behauptung, die Beklagte habe die Klausel gestellt, nicht bewiesen.

b) Selbst wenn es sich aber – was nicht – bei der Klausel um eine von der Beklagten gestellte AGB handeln würde, würde sie einer Berufung der Klägerinnen auf den Schriftformverstoß entgegenstehen.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird überwiegend davon ausgegangen, dass Schriftformheilungsklauseln vergleichbar der streitgegenständlichen jedenfalls im Verhältnis der Ursprungsparteien, welche diese Regelung selbst vereinbart haben, dazu führen, dass die Berufung auf einen Formmangel durch eine der Parteien so lange treuwidrig ist, solange sie nicht ernsthaft versucht hat, die andere Partei zu einer Heilung des Formmangels zu veranlassen (siehe u.a. KG, Beschluss vom 09. Mai 2016 – 8 U 54/15 -, juris; OLG Braunschweig, Urteil vom 17. September 2015 – 9 U 196/14 -, GE 2016, 192; OLG Hamm, Urteil vom 26. April 2013 – 30 U 82/12 -, MDR 2013, 1026; OLG Naumburg, Urteil vom 26. Juli 2012 – 9 U 38/12 -, NJW 2012, 3587; OLG Köln, Urteil vom 23. September 2005 – 1 U 43/04 -, OLGR 2005, 697; OLG Celle, Urteil vom 22. Juli 2004 – 13 U 71/04 -, NZM 2005, 219; a.A. OLG Düsseldorf , Urteil vom 29. November 2012, aaO.). Der BGH ist dieser Auffassung weder in der Revisionsentscheidung über das letztgenannte Urteil des OLG Düsseldorf (Urteil vom 20.04.2014, XII ZR 146/12, aaO.) noch in seiner vorangegangenen Entscheidung vom 22.01.2014 (XII ZR 68/10, NJW 2014, 1087) entgegengetreten, sondern hat diese Frage ausdrücklich offengelassen und nur ausgeführt, dass die Berufung des Grundstückserwerbers auf den Schriftformverstoß trotz Schriftformheilungsklausel nicht treuwidrig sei.

Der oben genannten Auffassung ist zu folgen. Die Schriftformergänzungsklausel verleiht dem bei Vertragsschluss zu Tage tretenden Bestreben beider Parteien, den Vertrag erfolgreich durchzuführen, besonders deutlich Ausdruck. Es handelt sich um eine Absprache, welche beide Parteien in Ausprägung ihrer gegenseitigen miet- bzw. pachtvertraglichen Treuepflichten getroffen haben. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine der beiden Vertragsparteien hierdurch benachteiligt sein sollte. Vielmehr kann die Klausel grundsätzlich jeder Partei zugutekommen. Beide Parteien sind bei Vertragsschluss gleichermaßen daran interessiert, den Vertrag entsprechend ihrer schriftlichen Vereinbarung zu befristen und an dieser Befristung unabhängig von etwaigen Formverstößen festzuhalten. Dies wird durch die Schriftformheilungsvereinbarung zum Ausdruck gebracht. Sofern die Unwirksamkeit der Klausel mit dem Schutzzweck des § 550 BGB im Hinblick auf einen potentiellen Erwerber begründet wird (siehe OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2012 aaO., Rn. 18), ist dem entgegenzuhalten, dass es für den Schutz eines Grundstückserwerbers nicht erforderlich ist, die Schriftformheilungsklausel gemäß § 307 Abs. 2 S. 1 BGB als unwirksam zu bewerten. Denn wie oben ausgeführt hat der BGH in seinen o.g. Urteilen vom 22.01. und 30.04.2014 entschieden, dass ein Grundstückserwerber aufgrund des Schutzzwecks des § 550 BGB durch eine mietvertragliche Schriftformheilungsklausel – unabhängig von deren Wirksamkeit – nicht gehindert ist, den Vertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen. Hierdurch ist der Grundstückserwerber hinreichend geschützt. Diese Bewertung stellt auch keine – unzulässige – geltungserhaltende Reduktion der Schriftformheilungsklausel dar. Denn im vorliegenden Fall geht es nicht darum, die Schriftformheilungsklausel auf einen „zulässigen Kern“ zurückzuführen, sondern um die Beurteilung der Frage, ob eine ursprüngliche Partei des Miet- oder Pachtvertrags im Einzelfall treuwidrig handelt, wenn sie sich trotz einer Schriftformheilungsklausel, welche lediglich im Hinblick auf den – anderweitig hinreichend geschützten – Grundstückserwerber Bedenken begegnen könnte, auf einen Schriftformverstoß beruft und hierauf eine ordentliche Kündigung stützt (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 17. September 2015 – 9 U 196/14 -, Rn. 61, juris).

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c) Sieht man nach alledem die Klausel mithin als die Klägerin zu 1) als Pächterin, die Klägerin zu 2) als Mitverpflichtete und die Beklagte als Verpächterin als ursprüngliche Vertragsparteien bindende Vereinbarung an, so dürfen die Klägerinnen jedenfalls nicht von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen, solange sie nicht ernsthaft versucht haben, den von ihnen angenommenen Schriftformmangel zu heilen. Nach dem Wortlaut könnte zwar eine Auslegung der Klausel auch dahingehend in Betracht kommen, dass die Parteien unabhängig von erfolglosen Heilungsbemühungen gegenseitig auf eine ordentliche Kündigung unter Berufung auf die Einhaltung der Schriftform verzichten wollten; da die Verpflichtung zur Abgabe erforderlicher Erklärung zur Heilung aber im unmittelbaren Zusammenhang zum Verzicht auf die Kündigung wegen Schriftformverstoßes steht, dürfte die Klausel wie vergleichbare Schriftformheilungsklauseln nach ihrem Sinn und Zweck und im Hinblick darauf, dass § 550 BGB zwingendes Recht darstellt, nicht als genereller Kündigungsverzicht, sondern dahingehend zu verstehen sein, dass derjenige, welcher das Kündigungsrecht ausüben will, zunächst alle ihm möglichen Anstrengungen unternimmt und Erklärungen abgibt, um zu einer Heilung des Schriftformmangels zu gelangen und erst dann, wenn dies erfolglos bleibt, weil die Gegenseite nicht breit ist, sich auf eine heilende ergänzende Regelung zu verständigen, gekündigt werden kann. Solche Anstrengungen haben die Klägerinnen weder vor der ersten noch der hilfsweise erklärten zweiten Kündigung in ausreichendem Maße unternommen. Angebote ihrerseits für eine einvernehmliche Konkretisierung oder Abgrenzung der streitigen Mietflächen in einem Nachtrag, die zu einer Heilung des angeblichen Schriftformmangels hätte führen können, gab es zu keinem Zeitpunkt. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerinnen ist auch nicht ersichtlich, warum sich die Pflicht zu Heilungsbemühungen nur auf „durch bloße Nachholung der Form“ heilbare Schriftformmängel (siehe Berufungsbegründung, Bl. 125 dA) beschränken sollte. Dies lässt sich der Formulierung der Klausel weder entnehmen und entspräche auch sonst nicht dem in der Klausel zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner. Denn wenn der Schriftformmangel nur durch eine ergänzende Vereinbarung zum Mietvertrag zu heilen ist – wie auch die Klägerinnen zutreffend erkannt haben (siehe Berufungsbegründung Bl. 127 dA), welche eine einvernehmliche Konkretisierung und Abgrenzung der Mietflächen enthält, so müssen sich die Parteien nach Sinn und Zweck der Klausel um den Abschluss einer solchen Vereinbarung bemühen (vgl. auch KG, Urt. v. 09. Mai 2016, aaO. Rn 26; dort hätten sich die Beklagten nach Auffassung des Gerichts um eine schriftliche Fixierung bemühen müssen, welche Gartenflächen mitvermietet waren).

Ebenso wenig können sich die Klägerinnen darauf berufen, dass die Klausel die Klägerinnen ihrem Wortlaut nach nur unter der Voraussetzung des vorherigen Heilungsverlangens zu Heilungsbemühungen verpflichtete und die Beklagte vor Ausspruch der Kündigungen ein solches Verlangen nicht erklärt hatte. Hielte man das für zwingend, wäre die Klausel wirkungslos, weil eine Partei bei Vorliegen eines Schriftformverstoßes dann jederzeit kündigen könnte, ohne der anderen Partei vorher die Gelegenheit zu geben, ein Heilungsverlangen überhaupt zu äußern. Weiter kann auch nicht die Rede davon sein, dass die Beklagte vor Ausspruch der beiden Kündigungen „jedwede Heilung eines Formverstoßes zumindest konkludent“ abgelehnt habe. Denn die Klägerinnen haben kein ernsthaftes Heilungsangebot unterbreitet, welches die Beklagte hätte konkludent ablehnen können. Vielmehr haben beide Parteien im Laufe des Prozesses auf ihren unterschiedlichen Rechtsstandpunkten zur Frage bestanden, ob überhaupt ein Schriftformmangel vorliegt und sich entsprechend konsequent verhalten. Im Übrigen hat die Beklagte mittlerweile in der Berufungserwiderung (Bl. 165/166 dA) ein Heilungsverlangen gestellt, welches die Klägerinnen im Schriftsatz vom 06.09.2016 zurückgewiesen haben, weil sie eine Heilung für unmöglich halten.

d) Nach alledem wären die ordentlichen Kündigungen vom 30.06. und 18.12.2016 unter Berufung auf den angeblichen Schriftformverstoß wegen § 14 Nr. 2 Satz 2 PachtV auch dann unwirksam – weil treuwidrig – gewesen, wenn der Schriftformverstoß tatsächlich vorläge.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat hat auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmbarkeit des Miet-/Pachtvertragsgegenstands im Falle von Unklarheiten in der Vertragsurkunde eine Bewertung im Einzelfall vorgenommen und deswegen – für seine Entscheidung tragend – das Vorliegen eines Schriftformverstoßes verneint. Der Streitwert des Berufungsverfahrens entspricht dem des erstinstanzlichen Verfahrens (siehe Beschluss des Landgerichts vom 09.12.2015, Bl. 69 dA).

 

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