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Verkehrsunfall – Verweisung auf Reparatur in freier Werkstatt

AG Düsseldorf

Az: 23 C 9440/09

Urteil vom 28.7.2010


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Düsseldorf im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 28.07.2010 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 392,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 17.07.2009 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, den Kläger von den durch außergerichtliche Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltsgebührenansprüchen des Rechtsanwalts … , in Höhe von 70,20 Euro netto freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Ohne Tatbestand gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO,

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 392,13 Euro aus §§ 7, 18 StVG in Verbindung mit §§ 249 ff, BGB.

Die Haftung der Beklagten für die Ansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfallereignis vom 29.05.2009 in Düsseldorf zwischen dem Taxifahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … und dem bei der Beklagten versicherten Kraftfahrzeug der Frau … aus Düsseldorf mit dem amtlichen Kennzeichen … ist dem Grunde nach unstreitig. Streitig ist lediglich, ob die Beklagte berechtigt war, die gutachterlich kalkulierten Kosten der Reparatur in einer markengebunden Fachwerkstatt auf die von der Beklagten behaupteten Sätze einer freien Werkstatt und um die Verbringungskosten (Insgesamt 302,13 Euro) zu kürzen.

Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH NJW2010, 606).

Allerdings muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen: Rechnet der Geschädigte – konkret oder fiktiv – die Kosten der Instandsetzung als Schaden ab und weist er die Erforderlichkeit der Mittel durch eine Reparaturkostenrechnung oder durch ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen nach, hat der Schädiger die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB ergibt (BGH a.a.O.).

Vorliegend kann insoweit dahinstehen, ob die von der Beklagten in ihrem Regulierungsschreiben vom 15.07.2009 benannten nicht markengebundenen Fachwerkstätten im Vergleich zu ihren markengebundenen Gegenstücken eine auch ohne Sonderkonditionen günstigere sowie gleichwertige Reparaturmöglichkeit bieten. Denn es fehlt bereits an dem Erfordernis der mühelosen Zugänglichkeit. Der Geschädigte kann nur auf seine Schadensminderungspflicht verwiesen werden, wenn er in die Lage versetzt wurde, die problemlose Zugänglichkeit sowie insbesondere die Gleichwertigkeit der alternativ vorgeschlagenen Instandsetzung in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu überprüfen. Zur Entfaltung einer erheblichen eigenen Überprüfungsinitiative im Hinblick auf die Realisierung einer Reparatur zu den seitens des Schädigers und seiner Haftpflichtversicherung vorgeschlagenen Preisen ist der Geschädigte indes nicht verpflichtet. Zu fordern ist deshalb zumindest, dass der Ersatzpflichtige dem Geschädigten konkrete, die Gleichwertigkeit betreffende Angaben zukommen lässt, wobei etwa maßgeblich ist, ob es sich um eine Meisterwerkstatt handelt, ob diese zertifiziert ist, ob dort Originalersatzteile Verwendung finden, über welche Erfahrung man bei der Reparatur von Unfallfahrzeugen verfügt und dergleichen (OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523). Vorliegend wurden dem Kläger jedoch vorprozessual keine in dieser Hinsicht ausreichenden Informationen für eine eigene Gleichwertigkeitsüberprüfung oder für eine Überprüfung der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer Verweiswerkstatt zur Verfügung gestellt. Zwar enthält das Schreiben der Beklagten die Angabe, inwieweit es sich bei den mit Firma und Anschrift benannten Reparaturbetrieben um Fachwerkstätten handelt, sowie die Angabe, diese gewährten eine mehrjährige Garantie. Damit sind aber nicht sämtliche oben zitierten Angaben getätigt.

Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Verweisschreibens der Beklagten bereits repariert war, auch ein den Anforderungen genügendes Schreiben der Beklagten somit nicht mehr dazu geführt hätte, dass der Kläger die darin enthaltenen Angaben zur Grundlage seiner Dispositionsentscheidung hätte machen können. Dies führt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dazu, dass der Kläger nun gehalten wäre, konkret abzurechnen, um über die Sätze der markenungebundenen Werkstatt hinaus Schadensersatz fordern zu können. Es bleibt dem Kläger vielmehr unbenommen, das ihm eingeräumte Wahlrecht zwischen fiktiver und konkreter Schadensberechnung auszuüben und seinen Schaden fiktiv abzurechnen, nur dass ihm nicht entgegengehalten werden kann, er habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen.

Insoweit weist das Landgericht Krefeld (Urteil vom 16.03.2010, Az. 3 S 30/09) zutreffend darauf hin, dass der Geschädigte die Angaben zu gleichwertigen Reparaturwerkstätten vor der Reparatur benötigt, um mühelos seine Dispositionsentscheidung treffen zu können, die naturgemäß auch davon abhängt, wie hoch ein im Falle der fiktiven Abrechnung zu erwartender Ersatzanspruch ist. Dem Geschädigten kann dabei bereits deswegen nicht zugemutet werden, abzuwarten, welche Werkstätten der Schädiger gegebenenfalls vorschlagen will, weil er gewöhnlich auf sein Fahrzeug angewiesen ist und sich zudem – im vorliegenden Fall verstärkt, da es sich bei seinem Fahrzeug um ein Taxifahrzeug handelt – der Gefahr ausgesetzt sieht, sich im Rahmen eventueller Nutzungsausfallersatzansprüche entgegenhalten lassen zu müssen, er habe mit der Reparatur zu lange zugewartet.

Ein anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.10.2009 (BGH NJW 2010, 606). Sofern der Bundesgerichtshof in dortiger Randnummer 15 a.E. dem Geschädigten freistellt, im Falle der konkreten Schadensberechnung sein besonderes Interesse an einer Reparatur in einer makengebundenen Fachwerkstatt durch die Reparaturrechnung zu belegen, ergibt sich die Differenzierung zwischen konkreter und fiktiver Schadensberechnung nach Ansicht des erkennenden Gerichts allein daraus, dass im Falle der fiktiven Abrechnung gewöhnlich keine Rechnung zur Verfügung steht, auf die der Geschädigte Bezug nehmen kann. Überhaupt beschränken sich die Darlegungen auf die Frage der Zumutbarkeit der kostengünstigeren Reparatur, nicht auf ihre Zugänglichkeit.

Die Schadensersatzpflicht nach §§ 249 ff. BGB umfasst zudem die Kosten der Rechtsverfolgung von 70,20 Euro netto, wobei der Kläger gemäß § 257 BGB berechtigt ist, diese auch in Form der Freistellung von einer noch nicht fälligen Verbindlichkeit zu verlangen. Allerdings kann die Art der Freistellung – vorliegend „durch Zahlung“ nicht durch den Anspruchsinhaber bestimmt werden, sondern steht dem Anspruchsverpflichteten frei, so dass der Antrag insoweit teilweise abzuweisen war.

Die tenorierte Zinspflicht ergibt sich hinsichtlich der Hauptforderung aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 4, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Zahlungsaufforderung des Klägers vom 09.07.2009 unter Fristsetzung zum 18.07.2009. Die dem Freistellungsantrag zugrunde liegende Zahlungspflicht ist dagegen nicht zu verzinsen, da die Voraussetzungen des § 291 BGB nicht vorliegen und Verzug insoweit nicht ersichtlich ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen. Die Entscheidung hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil die zugrunde liegende Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig ist. Denn das Gericht stützt sich insoweit maßgeblich auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gemäß DAR 2008, 523. Die streitentscheidende Rechtsfrage ist somit durch das zuständige Obergericht geklärt.

Streitwert: 392,18 Euro

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