Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Wenn der Hund eines Nachbarn einen Unfall verursacht: Wer haftet?
- Ein Fahrradunfall und die Suche nach dem Verantwortlichen
- Die erste Entscheidung: Amtsgericht weist Klage ab
- Der Fall vor dem Landgericht: Die Kernfragen der Berufung
- Die klare Ansage des Gerichts: Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg
- Warum der Spaziergänger nicht als Tierhalter haftet
- Freundschaftsdienst statt Vertrag: Keine Haftung als Tieraufseher
- Keine Schuld, keine Haftung: Die Frage nach der Fahrlässigkeit
- Das unberechenbare Tier: Die „Tiergefahr“ als eigentliche Ursache
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer haftet grundsätzlich, wenn ein Hund einen Schaden verursacht?
- Bin ich verantwortlich, wenn ich einen fremden Hund aus Gefälligkeit ausführe und dieser einen Unfall verursacht?
- Wann kann die Person, die den Hund führt, trotzdem haften, auch wenn sie nicht der Halter ist?
- Welche Rolle spielt meine eigene Sorgfaltspflicht, wenn ich als Radfahrer oder Fußgänger in einen Hundeunfall verwickelt werde?
- Was sollte ich nach einem Hundeunfall tun, um meine Rechte zu sichern?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 13 S 45/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Koblenz
- Datum: 21.01.2025
- Aktenzeichen: 13 S 45/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Haftungsrecht, Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Machte Schadensersatzansprüche nach einem Fahrradunfall mit einem Hund geltend und war der Ansicht, der verstorbene Hundeführer habe grob fahrlässig gehandelt.
- Beklagte: Ist der Erbe des verstorbenen Hundeführers und trat den Ansprüchen entgegen, da der Verstorbene weder Tierhalter noch Tierhüter gewesen sei und kein schuldhaftes Verhalten vorlag.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger forderte Schadensersatz nach einem Fahrradunfall, der sich ereignete, als ein vom Erblasser geführter Hund den Fahrweg des Klägers kreuzte, woraufhin der Kläger stürzte und sein Fahrrad beschädigt wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Erbe des Verstorbenen für den Unfall haftet, insbesondere ob der Verstorbene als Tierhalter, Tieraufseher oder aufgrund eigenen schuldhaften Verhaltens haftbar war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil als unbegründet zurückzuweisen.
- Begründung: Der Kläger konnte nicht beweisen, dass der Erblasser Tierhalter oder vertraglicher Tieraufseher war, da das Gassi-Gehen als reine Gefälligkeit angesehen wurde. Es konnte auch kein schuldhaftes Verhalten des Erblassers festgestellt werden, da er den Hund an einer normalen Leine führte und dem Kläger eine erhöhte Aufmerksamkeit als Radfahrer zugemutet wurde.
- Folgen: Dem Kläger wird eine dreiwöchige Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Beschluss eingeräumt. Das Gericht legte die Rücknahme der Berufung aus Kostengründen nahe.
Der Fall vor Gericht
Wenn der Hund eines Nachbarn einen Unfall verursacht: Wer haftet?
Viele kennen die Situation: Ein freundlicher Nachbar bittet darum, seinen Hund für einen Spaziergang mitzunehmen. Man tut ihm den Gefallen gerne. Doch was passiert, wenn genau bei diesem Spaziergang ein Unfall geschieht? Wer ist dann verantwortlich, wenn ein Radfahrer stürzt, weil der Hund plötzlich den Weg kreuzt? Muss derjenige, der den Hund nur aus Gefälligkeit an der Leine führt, für den Schaden aufkommen? Mit genau diesen Fragen musste sich das Landgericht Koblenz in einem Urteil befassen.
Ein Fahrradunfall und die Suche nach dem Verantwortlichen

An einem Dezembertag im Jahr 2020 kam es zu einem folgenschweren Vorfall. Ein Radfahrer war auf einem Weg unterwegs, als ein Hund, der von einem älteren Herrn namens D. ausgeführt wurde, seinen Fahrweg kreuzte. Der Radfahrer konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen, kollidierte mit dem Hund und stürzte. Sein Fahrrad wurde dabei beschädigt. Für den Radfahrer, den Kläger in diesem Verfahren, war die Sache klar: Herr D. habe den Hund an einer zu langen Leine geführt und damit grob fahrlässig gehandelt. Zeugen hätten ihn sogar schon früher darauf hingewiesen.
Die Situation wurde jedoch komplizierter, da Herr D. nach dem Vorfall verstarb. Der Radfahrer verklagte daraufhin einen der Erben von Herrn D. auf Schadensersatz. Ein Erbe ist eine Person, die nicht nur das Vermögen, sondern auch die potenziellen Schulden und Verpflichtungen eines Verstorbenen übernimmt. Der beklagte Erbe wehrte sich gegen die Forderung. Sein zentrales Argument war, dass der Verstorbene gar nicht der Halter des Hundes war, sondern dieser einem Nachbarn gehörte. Herr D. habe also nur aus reiner Freundlichkeit geholfen. Damit, so der Erbe, sei der Verstorbene rechtlich gar nicht der richtige Ansprechpartner für die Forderungen.
Die erste Entscheidung: Amtsgericht weist Klage ab
Der Fall landete zunächst vor dem Amtsgericht Sinzig. Dieses Gericht hörte Zeugen an, um den genauen Hergang des Unfalls zu klären. Am Ende wies es die Klage des Radfahrers ab. Die Begründung des Amtsgerichts stützte sich auf drei Pfeiler. Erstens konnte der Radfahrer nicht beweisen, dass Herr D. tatsächlich der Tierhalter war. Ein Tierhalter ist die Person, die grundsätzlich über das Tier bestimmt und für dessen Kosten aufkommt – also derjenige, dem das Tier rechtlich und wirtschaftlich zuzuordnen ist.
Zweitens sei Herr D. auch kein sogenannter Tieraufseher gewesen. Ein Tieraufseher ist jemand, der durch einen Vertrag – auch einen mündlichen oder stillschweigenden – die Aufgabe übernommen hat, auf ein Tier aufzupassen. Das Gericht sah hier aber nur einen reinen Freundschaftsdienst, ein sogenanntes Gefälligkeitsverhältnis, bei dem keine rechtlichen Pflichten wie bei einem Vertrag entstehen. Drittens konnte das Gericht nach der Befragung der Zeugen kein schuldhaftes, also vorwerfbares, Verhalten bei Herrn D. feststellen.
Der Fall vor dem Landgericht: Die Kernfragen der Berufung
Der Radfahrer war mit diesem Urteil nicht einverstanden und legte Berufung ein. Das bedeutet, er bat das nächsthöhere Gericht, das Landgericht Koblenz, den Fall noch einmal zu prüfen. Er argumentierte, das Amtsgericht habe die Lage falsch eingeschätzt. Herr D. habe den Hund so oft ausgeführt, dass man von einer stillschweigend übernommenen Aufsichtspflicht ausgehen müsse. Außerdem sei das Führen an einer langen Leine, trotz vorheriger Warnungen, sehr wohl ein Verschulden, das eine Haftung begründe. Das Landgericht musste nun also klären: War Herr D. rechtlich für den Hund verantwortlich? Und wenn ja, hat er sich tatsächlich falsch verhalten?
Die klare Ansage des Gerichts: Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg
Das Landgericht Koblenz kam zu einer sehr deutlichen Einschätzung. Es teilte dem Radfahrer in einem Beschluss mit, dass seine Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Gericht sah keine Rechtsfehler im Urteil der ersten Instanz und auch die vom Radfahrer neu vorgebrachten Argumente änderten nichts an der Bewertung. Es kündigte an, die Berufung zurückzuweisen, und legte dem Radfahrer nahe, sie aus Kostengründen selbst zurückzuziehen. Aber warum war sich das Gericht so sicher? Um das zu verstehen, müssen wir uns die juristische Begründung Schritt für Schritt ansehen.
Warum der Spaziergänger nicht als Tierhalter haftet
Die entscheidende Rolle der Beweislast
Zuerst prüfte das Gericht, ob der Verstorbene als Tierhalter nach § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) haftet. Diese Vorschrift regelt eine besondere Form der Haftung: Der Halter eines Tieres ist für Schäden verantwortlich, die das Tier anrichtet, und zwar oft auch dann, wenn ihn persönlich gar keine Schuld trifft. Man nennt das Gefährdungshaftung.
Hier kam aber ein grundlegendes Prinzip des Zivilprozesses zum Tragen: die sogenannte Beweislast. Das bedeutet: Wer etwas vor Gericht fordert (hier der Radfahrer den Schadensersatz), muss auch die Tatsachen beweisen, die seinen Anspruch begründen. Der Radfahrer hätte also beweisen müssen, dass der verstorbene Herr D. der Halter des Hundes war. Diesen Beweis hatte er laut Gericht aber nicht erbracht, obwohl er vom Amtsgericht sogar darauf hingewiesen worden war. Ohne diesen Beweis scheidet eine Haftung als Tierhalter aus.
Freundschaftsdienst statt Vertrag: Keine Haftung als Tieraufseher
Als Nächstes prüfte das Gericht die Haftung als Tieraufseher nach § 834 BGB. Wäre Herr D. ein vertraglich bestellter Tieraufseher gewesen, hätte er ebenfalls für den Schaden haften können. Doch was macht jemanden zum Tieraufseher? Das Gesetz verlangt hierfür, dass die Person die Aufsicht „durch Vertrag“ übernommen hat. Ein reiner Freundschaftsdienst, wie das gelegentliche Gassigehen für den Nachbarn, reicht dafür nicht aus. Man kann das mit dem Blumengießen für Nachbarn im Urlaub vergleichen: Nur weil man sich bereit erklärt zu helfen, schließt man nicht automatisch einen rechtlich bindenden Vertrag mit Haftungspflichten ab.
Der Radfahrer argumentierte zwar, durch das regelmäßige Ausführen des Hundes sei ein stillschweigender Vertrag zustande gekommen. Das Gericht sah dafür aber keine Anhaltspunkte. Die Zeugenaussagen deuteten zwar darauf hin, dass Herr D. den Hund schon öfter ausgeführt hatte, aber es gab keinerlei Hinweise auf eine vertragliche Vereinbarung. Es blieb bei der Annahme einer reinen Gefälligkeit. Somit war Herr D. auch kein Tieraufseher.
Keine Schuld, keine Haftung: Die Frage nach der Fahrlässigkeit
Blieb noch eine letzte Möglichkeit: eine Haftung aus sogenanntem Verschulden nach § 823 BGB. Hier geht es nicht mehr darum, wer Halter oder Aufseher ist, sondern schlicht darum, ob Herr D. sich persönlich falsch und vorwerfbar verhalten hat. Hat er also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet, was man juristisch als Fahrlässigkeit bezeichnet?
Die Pflichten auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg
Das Gericht verneinte auch dies und begründete es sehr detailliert. Zunächst stellte es klar, dass Herr D. den Hund unbestreitbar an der Leine führte. Auch wenn die Zeugen diese Leine subjektiv als zu lang empfanden, handelte es sich um eine normale Hundeleine mit einer Länge von unter zwei Metern, keine ausziehbare Schleppleine.
Entscheidend war für das Gericht die Verkehrssituation. Der Unfall ereignete sich auf einem Weg, der für Fußgänger und Radfahrer gemeinsam freigegeben ist. Auf einem solchen Weg muss ein Fußgänger seinen Hund nicht permanent „bei Fuß“, also an einer ganz kurzen Leine, führen. Vielmehr gilt hier gegenseitige Rücksichtnahme. Der Radfahrer näherte sich von hinten mit, so die Zeugen, recht hoher Geschwindigkeit. Für Herrn D. war das Herannahen des Radfahrers nicht ohne Weiteres erkennbar.
Das Gericht betonte die Pflichten des Radfahrers: Auf gemeinsamen Wegen müssen Radfahrer besonders auf Fußgänger achten. Bei unklaren Situationen müssen sie ihre Geschwindigkeit so anpassen, dass sie jederzeit anhalten können, oder sich durch Klingeln bemerkbar machen. Dass der Radfahrer geklingelt oder anderweitig auf sich aufmerksam gemacht hätte, wurde nicht vorgetragen. Er hingegen konnte den Spaziergänger und den Hund schon von Weitem sehen und hätte sein Fahrverhalten anpassen müssen. Somit konnte das Gericht keine Pflichtverletzung oder Fahrlässigkeit bei Herrn D. erkennen.
Das unberechenbare Tier: Die „Tiergefahr“ als eigentliche Ursache
Am Ende führte das Gericht aus, was aus seiner Sicht die wirkliche Ursache des Unfalls war: die sogenannte Tiergefahr. Dieser Begriff beschreibt das unberechenbare und instinktgesteuerte Verhalten, das Tieren eigen ist. Dadurch, dass der Hund plötzlich den Weg kreuzte, hat sich genau diese typische Gefahr verwirklicht. Für Schäden, die allein aus dieser Tiergefahr entstehen, hat das Gesetz eine klare Regelung: Es haftet der Tierhalter. Da der verstorbene Herr D. aber nachweislich nicht der Tierhalter war, konnte sein Erbe für diesen Vorfall nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Wer als Gefälligkeit den Hund eines Nachbarn ausführt und dabei einen Unfall verursacht, haftet nicht automatisch für entstandene Schäden. Das Landgericht Koblenz entschied, dass ein gelegentlicher Hundespaziergänger weder rechtlich als Tierhalter noch als vertraglich verpflichteter Tieraufseher gilt – ein reiner Freundschaftsdienst begründet keine Haftungspflicht. Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen müssen Radfahrer besonders rücksichtsvoll fahren und bei erkennbaren Hindernissen wie Fußgängern mit Hunden ihre Geschwindigkeit anpassen oder sich bemerkbar machen. Für Schäden durch unberechenbares Tierverhalten haftet grundsätzlich nur der tatsächliche Eigentümer des Tieres, nicht derjenige, der es aus Hilfsbereitschaft zeitweise betreut.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer haftet grundsätzlich, wenn ein Hund einen Schaden verursacht?
Grundsätzlich haftet derjenige, der das Tier hält – der sogenannte Tierhalter. Dies ist in der Regel der Eigentümer des Hundes. Für Tierhalter gibt es im deutschen Recht eine besondere Regelung, die als Gefährdungshaftung bekannt ist.
Was bedeutet Gefährdungshaftung?
Gefährdungshaftung bedeutet, dass die Haftung nicht zwingend davon abhängt, ob dem Tierhalter ein Verschulden (wie Fahrlässigkeit oder Vorsatz) nachgewiesen werden kann. Vielmehr ist die Haftung hier an die reine Tatsache des Haltens eines Tieres geknüpft, da von Tieren eine typische und unkontrollierbare Gefahr ausgehen kann – selbst wenn sie noch so gut erzogen sind. Ein Hund kann beispielsweise plötzlich erschrecken, weglaufen oder unerwartet reagieren und dabei einen Schaden verursachen. Diese Haftung besteht auch dann, wenn der Tierhalter selbst keinerlei Fehler gemacht hat. Es geht über die persönliche Schuld hinaus, weil das Gesetz die inhärente Gefahr des Tierhaltens berücksichtigt.
Die rechtliche Grundlage für diese besondere Haftung des Tierhalters ist § 833 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Wer ist der Tierhalter und was bedeutet das für die Führung des Hundes?
Der Tierhalter ist die Person, die die tatsächliche Bestimmungsgewalt über das Tier hat, für dessen Kosten aufkommt und aus dessen Haltung Nutzen zieht. Meistens ist das der Eigentümer des Hundes.
Für Sie bedeutet das: Es ist im Grundsatz unerheblich, wer den Hund zum Zeitpunkt des Schadensereignisses geführt hat. Selbst wenn Sie Ihren Hund einer anderen Person zur Betreuung oder zum Spazierengehen überlassen haben und dieser Hund dann einen Schaden verursacht, bleibt in der Regel der Tierhalter (also Sie als Eigentümer) der primär Haftende. Die Person, die den Hund zum Zeitpunkt des Vorfalls geführt hat (der sogenannte Tieraufseher), kann unter Umständen ebenfalls haften, jedoch greift hier die Haftung meist nur bei einem eigenen Verschulden, zum Beispiel wenn sie den Hund nicht ausreichend beaufsichtigt hat. Die Gefährdungshaftung des Tierhalters besteht jedoch unabhängig von einem solchen Verschulden des Aufsehers.
Bin ich verantwortlich, wenn ich einen fremden Hund aus Gefälligkeit ausführe und dieser einen Unfall verursacht?
Wenn Sie einen fremden Hund aus reiner Gefälligkeit ausführen, liegt die Hauptverantwortung für Schäden, die der Hund verursacht, grundsätzlich weiterhin beim eigentlichen Hundehalter. Dies liegt an der sogenannten Tierhalterhaftung. Das bedeutet, der Halter eines Tieres haftet fast immer für Schäden, die sein Tier anrichtet, selbst wenn ihn kein direktes Verschulden trifft. Diese Haftung ergibt sich aus dem Gesetz, genauer gesagt aus § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Abgrenzung: Gefälligkeit oder vertragliche Aufsicht?
Es ist wichtig zu unterscheiden, ob Sie den Hund aus einer reinen Freundlichkeit heraus oder aufgrund einer verbindlichen Vereinbarung ausführen:
- Reine Gefälligkeit: Wenn Sie den Hund unentgeltlich und ohne eine feste rechtliche Verpflichtung ausführen – etwa für einen Freund oder Nachbarn als spontane Hilfe – spricht man von einem Gefälligkeitsverhältnis. In diesem Fall haften Sie als Hundeausführer nur, wenn Sie den Schaden vorsätzlich (absichtlich) oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht haben. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass Sie eine offensichtliche Gefahr außer Acht gelassen und die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt haben. Stellen Sie sich vor, Sie lassen den Hund an einem belebten Ort von der Leine, obwohl Sie wissen, dass er nicht gut hört und aggressive Tendenzen hat. Für normale (leichte) Fahrlässigkeit, wie ein kurzes Ablenken, sind Sie in diesem reinen Gefälligkeitsverhältnis in der Regel nicht haftbar zu machen. Die Tierhalterhaftung des Eigentümers bleibt hierbei bestehen.
- Vertragliche Tieraufsicht: Anders sieht es aus, wenn Sie die Aufsicht über den Hund im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung übernehmen. Dies ist der Fall, wenn Sie zum Beispiel als professioneller Hundesitter arbeiten oder eine klare Absprache über die Übernahme der Verantwortung getroffen wurde, selbst wenn dies unentgeltlich geschieht, aber mit dem eindeutigen Willen, eine rechtliche Verpflichtung einzugehen. In solchen Fällen können Sie als sogenannter „Tierhüter“ haftbar gemacht werden, wenn der Schaden durch einen Fehler Ihrerseits entsteht (Ihre Fahrlässigkeit), weil Sie die Aufsichtspflicht verletzt haben. Auch hier bleibt die primäre Haftung des Tierhalters jedoch bestehen oder kann zumindest parallel bestehen.
Was das für Sie bedeutet
Wenn Sie einen Hund aus Gefälligkeit ausführen, ist es für Sie entscheidend zu wissen, dass die Hundehaftpflichtversicherung des Hundehalters die meisten Schäden abdeckt, die der Hund verursacht. Eine solche Versicherung ist für jeden Hundehalter sehr wichtig und in einigen Bundesländern sogar gesetzlich vorgeschrieben. Prüfen Sie im Zweifel, ob der Halter eine solche Versicherung besitzt und ob diese auch Schäden abdeckt, die durch dritte Personen (wie Sie als Ausführer) verursacht werden. Dies ist oft der Fall, aber es kann Ausnahmen geben, die in den Versicherungsbedingungen geregelt sind.
Generell gilt: Seien Sie beim Ausführen eines fremden Hundes stets achtsam und umsichtig. Halten Sie den Hund an der Leine, wenn dies erforderlich ist, und achten Sie auf seine Reaktionen und die Umgebung.
Wann kann die Person, die den Hund führt, trotzdem haften, auch wenn sie nicht der Halter ist?
Ja, die Person, die einen Hund führt, kann für Schäden haften, die der Hund verursacht, selbst wenn diese Person nicht der eigentliche Hundehalter ist. Dies ist möglich, wenn die führende Person persönlich ein Fehlverhalten gezeigt hat, das zum Schaden führte.
Haftung durch eigenes Fehlverhalten (Fahrlässigkeit)
Anders als die sogenannte Tierhalterhaftung, die oft den Halter eines Tieres trifft, beruht die Haftung der führenden Person auf deren eigenem schuldhaften Handeln. Juristisch spricht man hier von Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Fahrlässigkeit bedeutet, dass jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Wenn Sie also einen Hund führen, tragen Sie die Verantwortung, ihn so zu beaufsichtigen und zu kontrollieren, dass er Dritte nicht schädigt.
Dies bedeutet, dass eine Haftung der führenden Person dann in Betracht kommt, wenn sie eine Aufsichtspflicht verletzt hat oder sich persönlich falsch verhalten hat. Es muss also nachweisbar sein, dass die führende Person den Schaden durch ihre Unachtsamkeit oder Missachtung von Regeln verursacht hat.
Beispiele für schuldhaftes Verhalten der führenden Person
Stellen Sie sich vor, Sie führen einen Hund und es kommt zu einem Zwischenfall. Eine Haftung kann entstehen, wenn Ihr Verhalten dabei die Ursache war. Hier sind einige Beispiele, wie dies aussehen könnte:
- Missachtung von Leinenpflichten: Sie lassen den Hund trotz bestehender Leinenpflicht in einem Bereich frei laufen, in dem er dann jemanden anspringt oder beißt.
- Unaufmerksamkeit: Sie sind abgelenkt (z.B. durch ein Smartphone-Gespräch, weil Sie mit anderen Personen reden) und bemerken nicht, wie der Hund eine gefährliche Situation herbeiführt.
- Unzureichende Kontrolle: Der Hund ist so stark oder ungestüm, dass Sie ihn nicht halten können, obwohl Sie wissen, dass er schwer zu kontrollieren ist. Er reißt sich los und verursacht einen Unfall.
- Ignorieren bekannter Gefahren: Sie wissen, dass der Hund aggressiv auf andere Hunde oder bestimmte Personengruppen reagiert, ergreifen aber keine ausreichenden Vorsichtsmaßnahmen, um eine Konfrontation zu vermeiden.
In solchen Fällen müsste die geschädigte Person beweisen, dass Ihr persönliches Fehlverhalten – Ihre Fahrlässigkeit – die Ursache für den entstandenen Schaden war. Ohne einen solchen Nachweis des persönlichen Verschuldens haftet die führende Person in der Regel nicht, es sei denn, es liegt eine vertragliche Vereinbarung zur Haftungsübernahme vor (was aber eine andere rechtliche Grundlage wäre).
Welche Rolle spielt meine eigene Sorgfaltspflicht, wenn ich als Radfahrer oder Fußgänger in einen Hundeunfall verwickelt werde?
Auch als Radfahrer oder Fußgänger tragen Sie im Straßenverkehr eine eigene Sorgfaltspflicht. Das bedeutet, Sie sind verpflichtet, sich so zu verhalten, dass Sie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden und selbst Schäden vermeiden. Diese Pflicht gilt auch, wenn Tiere am Verkehrsgeschehen beteiligt sind.
Die eigene Sorgfaltspflicht im Verkehr
Im öffentlichen Raum, insbesondere auf Wegen, die von vielen Menschen und Tieren gemeinsam genutzt werden, gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Als Radfahrer oder Fußgänger bedeutet Ihre Sorgfaltspflicht, dass Sie:
- Aufmerksam sind: Achten Sie auf Ihre Umgebung, auf andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere Kinder und Tiere, die unvorhersehbare Bewegungen machen können.
- Geschwindigkeit anpassen: Fahren oder gehen Sie nur so schnell, dass Sie jederzeit auf unerwartete Situationen reagieren können, besonders an unübersichtlichen Stellen, in Menschenmengen oder bei der Begegnung mit Hunden.
- Vorausschauend handeln: Rechnen Sie damit, dass Hunde plötzlich die Richtung wechseln oder Herrchen/Frauchen abgelenkt sein könnten. Ein kurzer Blickkontakt oder eine verbale Ankündigung („Vorsicht, ich komme!“) kann Missverständnisse vermeiden.
Wenn Sie sich als Radfahrer beispielsweise auf einem engen Weg mit überhöhter Geschwindigkeit einem Hund nähern oder als Fußgänger unachtsam in eine Situation geraten, können diese Verhaltensweisen dazu führen, dass Ihnen ein eigenes Verschulden am Unfall angerechnet wird.
Das Prinzip des Mitverschuldens
Kommt es zu einem Unfall, bei dem ein Tier involviert ist, haftet der Tierhalter in der Regel stark, da von einem Tier eine Gefährdungshaftung ausgeht. Dies bedeutet, dass der Tierhalter für Schäden haftet, die durch sein Tier entstehen, oft auch ohne eigenes Verschulden des Halters, weil allein die Haltung eines Tieres eine potenzielle Gefahr darstellt.
Jedoch entbindet diese starke Haftung des Tierhalters Sie nicht von Ihrer eigenen Sorgfaltspflicht. Hat Ihr eigenes Verhalten als Geschädigter ebenfalls zum Unfall beigetragen, spricht man von Mitverschulden. Das Mitverschulden hat direkte Auswirkungen auf Ihren Anspruch auf Schadensersatz:
- Minderung des Anspruchs: Wenn Ihnen ein Mitverschulden nachgewiesen wird, kann Ihr Anspruch auf Schadensersatz gegen den Tierhalter entsprechend dem Grad Ihres eigenen Beitrags zum Unfall gemindert werden.
- Abwägung der Verantwortlichkeiten: Gerichte wägen in solchen Fällen die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Verursachungsbeiträge ab. Dabei wird die Betriebsgefahr des Rades, die allgemeine Sorgfaltspflicht und das konkrete Verhalten des Radfahrers oder Fußgängers berücksichtigt und der spezifischen Tiergefahr sowie einem möglichen Fehlverhalten des Tierhalters gegenübergestellt.
Einfluss des eigenen Verhaltens auf den Schadensersatz
Stellen Sie sich vor, Sie fahren als Radfahrer auf einem viel frequentierten Parkweg, ohne auf Ihre Geschwindigkeit zu achten. Ein Hund läuft Ihnen plötzlich vor das Rad. Obwohl der Hundehalter eine grundsätzliche Haftung für seinen Hund trägt, kann Ihre überhöhte Geschwindigkeit auf diesem Weg als Mitverschulden gewertet werden. Dies könnte dazu führen, dass Sie einen geringeren Anteil Ihres Schadens ersetzt bekommen, als wenn Sie angemessen langsam gefahren wären.
Ihr eigenes, sorgfältiges Verhalten trägt somit maßgeblich dazu bei, Unfälle zu vermeiden und im Falle eines Falles Ihre Ansprüche auf Schadensersatz in vollem Umfang geltend machen zu können.
Was sollte ich nach einem Hundeunfall tun, um meine Rechte zu sichern?
Nach einem Hundeunfall ist es entscheidend, die Situation sorgfältig und umfassend zu dokumentieren. Eine gute Dokumentation bildet die Grundlage, um später mögliche Ansprüche geltend machen oder abwehren zu können. Für Sie als Beteiligten bedeutet dies, so viele relevante Informationen wie möglich zu sammeln.
Unmittelbare Schritte am Unfallort
Zunächst steht die Sicherheit im Vordergrund: Sorgen Sie für die Sicherheit aller Personen und Tiere am Unfallort. Leisten Sie gegebenenfalls Erste Hilfe.
Es ist wichtig, dass Sie Daten mit allen Beteiligten austauschen. Dazu gehören:
- Name, Adresse und Telefonnummer des Hundehalters.
- Name, Adresse und Telefonnummer von möglichen Zeugen.
- Die Versicherungsdaten des Hundehalters, insbesondere die Nummer der Hundehaftpflichtversicherung. Hundehalter haften in Deutschland grundsätzlich für Schäden, die ihr Tier verursacht (sogenannte Tierhalterhaftung nach § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Beweissicherung
Die Sammlung von Beweisen ist ein zentraler Schritt, um den Hergang und die entstandenen Schäden nachvollziehbar zu machen.
- Fotos und Videos: Machen Sie aussagekräftige Aufnahmen von der Unfallstelle aus verschiedenen Blickwinkeln. Dokumentieren Sie sichtbare Schäden an Kleidung, Gegenständen, Fahrzeugen oder auch am eigenen Tier. Erfassen Sie auch sichtbare Verletzungen bei Ihnen oder anderen Personen. Wenn gefahrlos möglich, fotografieren Sie den beteiligten Hund und seinen Halter. Notieren Sie sich das Kennzeichen, falls ein Fahrzeug beteiligt war.
- Zeugen: Sprechen Sie mit anwesenden Personen, die den Unfall beobachtet haben. Bitten Sie um deren Namen, Adressen und Telefonnummern. Halten Sie – wenn möglich – eine kurze Notiz fest, was diese Personen gesehen haben.
- Dokumentation des Unfallhergangs: Fertigen Sie direkt nach dem Vorfall eine detaillierte Notiz an. Halten Sie Datum, genaue Uhrzeit, den genauen Unfallort und die Wetterbedingungen fest. Beschreiben Sie präzise, wie sich der Unfall aus Ihrer Sicht ereignet hat. Ergänzen Sie Details zum Hund, wie Rasse, Größe, Farbe, und ob er angeleint war oder einen Maulkorb trug.
- Medizinische Versorgung: Suchen Sie bei Verletzungen unverzüglich einen Arzt auf und lassen Sie sich ein Attest über die Verletzungen sowie den Behandlungsverlauf ausstellen. Bei einem verletzten Tier ist der Gang zum Tierarzt unerlässlich; bitten Sie um einen detaillierten Behandlungsbericht und bewahren Sie alle Kostenbelege auf.
Meldung des Vorfalls
- Polizei: Bei Personenschäden oder umfangreichen Sachschäden, insbesondere wenn der Unfallverursacher nicht kooperiert oder sich vom Unfallort entfernt, kann es sinnvoll sein, die Polizei zu informieren. Ein polizeiliches Protokoll kann als wichtiger, offizieller Beleg dienen.
- Eigene Versicherung: Falls Ihr eigenes Eigentum beschädigt wurde und Sie eine entsprechende Versicherung haben, oder falls Sie befürchten, selbst in Haftung genommen zu werden, informieren Sie auch Ihre eigene Versicherung über den Vorfall.
- Haftpflichtversicherung des Hundebesitzers: Der geschädigten Partei ist es grundsätzlich ratsam, den Vorfall direkt der Haftpflichtversicherung des Hundebesitzers zu melden. Diese Versicherung ist der primäre Ansprechpartner für die Regulierung der entstandenen Schäden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Tierhalter
Ein Tierhalter ist die Person, die die tatsächliche Herrschaft über das Tier ausübt und die Verantwortung für dessen Haltung trägt. Nach § 833 BGB haftet der Tierhalter für Schäden, die das Tier verursacht, auch ohne eigenes Verschulden – das nennt man Gefährdungshaftung. Diese Haftung besteht, weil von Tieren eine besondere Gefahr ausgeht, die schwer vorhersehbar und kontrollierbar ist. Im konkreten Fall war zu klären, wer als Tierhalter des Hundes gilt, da nur dieser für die Schäden durch das Tier grundsätzlich verantwortlich ist.
Beispiel: Wenn jemand seinen eigenen Hund spazieren führt oder ihn jemand anderem zur Pflege überlässt, bleibt die Haftung meist beim Eigentümer, weil dieser aus rechtlicher Sicht Tierhalter ist.
Gefälligkeit (Gefälligkeitsverhältnis)
Ein Gefälligkeitsverhältnis liegt vor, wenn jemand aus reiner Freundlichkeit oder Hilfsbereitschaft eine Leistung erbringt – ohne dass dabei ein rechtlich bindender Vertrag entsteht. Im Zusammenhang mit der Hundehaltung bedeutet das, dass das Ausführen eines Hundes ohne vertragliche Vereinbarung nur ein Gefälligkeitsdienst ist. Hieran sind keine besonderen Haftungsregeln wie bei einem Vertrag geknüpft; der Helfer haftet nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten. Im vorliegenden Fall führte das Landgericht aus, dass Herr D. den Hund aus einer solchen Gefälligkeit heraus führte und nicht aufgrund einer vertraglichen Pflicht.
Beispiel: Sie gießen für einen Nachbarn die Blumen, nur weil Sie ihm helfen wollen, ohne Vertrag oder Gegenleistung – das ist Gefälligkeit.
Tieraufseher
Ein Tieraufseher ist eine Person, die sich vertraglich verpflichtet hat, die Aufsicht über ein Tier zu übernehmen, zum Beispiel das Ausführen eines Hundes gegen Bezahlung oder ausdrückliche Vereinbarung. Nach § 834 BGB haftet ein Tieraufseher für Schäden, die er durch Verletzung seiner Aufsichtspflichten verursacht, also bei eigenem Verschulden. Anders als beim Tierhalter ist die Haftung des Tieraufsehers nicht automatisch, sondern an ein schuldhaftes Verhalten geknüpft. Im Fall wurde geprüft, ob Herr D. als Tieraufseher anzusehen ist – das Gericht verneinte dies mangels vertraglicher Grundlage.
Beispiel: Wenn Sie als Hundesitter gegen Bezahlung die Verantwortung für den Hund übernehmen, sind Sie Tieraufseher.
Gefährdungshaftung
Die Gefährdungshaftung ist eine besondere Form der Haftung, bei der der Halter eines Tieres für Schäden aufkommen muss, die das Tier verursacht, ohne dass ein Verschulden (also ein Fehlverhalten) nachgewiesen werden muss. Dies regelt § 833 Satz 1 BGB. Sie dient dazu, die besonderen Risiken, die von Tieren ausgehen, rechtlich zu erfassen und Dritte zu schützen. Im vorliegenden Fall war entscheidend, ob Herr D. als Tierhalter haftet, was eine Gefährdungshaftung auslösen würde – ohne Erfolg, weil er nicht als Tierhalter galt.
Beispiel: Ein Hund läuft unverhofft auf die Straße und verursacht einen Unfall; sein Halter haftet, auch wenn er keine Schuld trägt, weil das Tier eine potenzielle Gefahr darstellt.
Beweislast
Die Beweislast beschreibt im Zivilprozess, wer die Tatsache, die eine Forderung begründet, vor Gericht darlegen und belegen muss. Hier bedeutet das konkret, dass der Kläger (Radfahrer) beweisen musste, dass Herr D. der Tierhalter des Hundes war, um eine Haftung aus Tierhalterhaftung (§ 833 BGB) geltend machen zu können. Ohne diesen Beweis kann die Haftung nicht begründet werden. Das Gericht wies darauf hin, dass diese Beweislast beim Kläger liegt und diese nicht erfüllt wurde.
Beispiel: Wenn Sie jemanden auf Schadensersatz verklagen, müssen Sie belegen, dass die andere Person tatsächlich verantwortlich war und den Schaden verursacht hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 833 BGB – Haftung des Tierhalters: Dieser Paragraph regelt die sogenannte Gefährdungshaftung für Schäden, die von Tieren ausgehen. Das bedeutet, der Halter eines Tieres – also die Person, die die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Tier hat und dessen Kosten trägt – haftet für Schäden, die das Tier aufgrund seines instinktgesteuerten und unberechenbaren Verhaltens verursacht. Diese Haftung besteht auch dann, wenn den Halter persönlich kein Verschulden trifft. Sie berücksichtigt die spezifische „Tiergefahr“, die von Lebewesen ausgeht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftung des Tierhalters war die zentrale Rechtsgrundlage für den geforderten Schadensersatz. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der verstorbene Herr D. nicht der Halter des Hundes war und der Kläger dies auch nicht beweisen konnte, wodurch eine Haftung nach dieser Vorschrift ausschied. - Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 834 BGB – Haftung des Tieraufsehers: Diese Vorschrift ergänzt die Haftung des Tierhalters und erfasst Personen, die die Aufsicht über ein Tier „durch Vertrag“ übernommen haben. Ein Tieraufseher ist jemand, der aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung die Aufgabe hat, auf ein Tier zu achten und es zu beaufsichtigen. Er haftet ebenfalls für Schäden, die das Tier verursacht, es sei denn, er kann nachweisen, dass er seine Aufsichtspflicht ordnungsgemäß erfüllt oder der Schaden auch bei gehöriger Aufsicht entstanden wäre.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob Herr D. als Tieraufseher haftbar gemacht werden konnte. Es kam jedoch zu dem Schluss, dass das regelmäßige Gassigehen des Hundes lediglich einen Freundschaftsdienst darstellte und keine vertragliche Übernahme der Aufsichtspflicht begründete. - Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 823 BGB – Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung: Dieser Paragraph ist eine der wichtigsten Grundlagen für Schadensersatzansprüche im deutschen Zivilrecht und begründet eine Haftung bei schuldhaftem, rechtswidrigem Verhalten. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Es geht hierbei um ein persönliches Fehlverhalten.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Radfahrer forderte Schadensersatz von Herrn D.s Erben und begründete dies mit grober Fahrlässigkeit des Verstorbenen. Das Gericht verneinte jedoch ein solches schuldhaftes Verhalten von Herrn D. und somit eine Haftung nach dieser Vorschrift. - Beweislast im Zivilprozess: Die Beweislast ist ein fundamentales Prinzip im Zivilverfahren, das festlegt, welche Partei bestimmte Tatsachen beweisen muss, um ihre Ansprüche oder Verteidigung zu stützen. Wenn eine Partei die ihr obliegende Beweislast nicht erfüllen kann, weil sie die relevanten Tatsachen nicht belegen kann, geht der Rechtsstreit in diesem Punkt zu ihren Lasten aus. Dies bedeutet, dass das Gericht die nicht bewiesene Tatsache als nicht existent ansehen muss.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Für die Haftung nach § 833 BGB lag die Beweislast beim Radfahrer, zu beweisen, dass Herr D. der Tierhalter war. Da er diesen Beweis nicht erbringen konnte, scheiterte sein Anspruch auf dieser Grundlage von vornherein. - Gefälligkeitsverhältnis: Ein Gefälligkeitsverhältnis liegt vor, wenn eine Person einer anderen aus reiner Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft oder im Rahmen nachbarschaftlicher Hilfeleistung einen Dienst erbringt, ohne dass die Absicht besteht, eine rechtlich bindende Verpflichtung einzugehen. Im Gegensatz zu einem Vertrag fehlt hier der Rechtsbindungswille der Parteien. Dies hat zur Folge, dass in der Regel keine vertraglichen Haftungspflichten für leichte Fahrlässigkeit entstehen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht qualifizierte das Gassigehen des Hundes durch Herrn D. als reines Gefälligkeitsverhältnis. Diese Einstufung war entscheidend, um eine vertragliche Übernahme der Aufsichtspflicht und damit eine Haftung nach § 834 BGB auszuschließen. - Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr: Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz fordert von allen Verkehrsteilnehmern, ihr Verhalten so anzupassen, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet, geschädigt oder unnötig behindert werden. Er gebietet vorausschauendes Handeln und besondere Vorsicht, insbesondere in Situationen, die potenzielle Gefahren bergen, wie das Zusammentreffen verschiedener Verkehrsteilnehmer auf gemeinsam genutzten Wegen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht legte diesen Grundsatz bei der Prüfung einer möglichen Fahrlässigkeit Herrn D.s zugrunde. Es betonte, dass auch der Radfahrer auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg auf den Spaziergänger und den Hund hätte achten und sein Fahrverhalten anpassen müssen, was eine alleinige Pflichtverletzung von Herrn D. ausschloss.
Das vorliegende Urteil
LG Koblenz – Az.: 13 S 45/24 – Beschluss vom 21.01.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz