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Hund (gefährlicher) – Untersagung der Haltung

Verwaltungsgericht des Saarlandes

Az: 6 L 143/11

Beschluss vom 30.03.2011


Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des am 26.01.2011 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Widerspruchs des Antragstellers gegen die polizeiliche Verfügung vom 19.01.2011 ist nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Die Grundverfügung betreffend die Untersagung der Haltung des Schäferhundes „R…“ und dessen Abgabe in einem Tierheim wurde für sofort vollziehbar erklärt. Die Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, zu denen die erfolgten Zwangsmittelandrohungen gehören, sind gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 VwGO i.V.m. § 20 AGVwGO sofort vollziehbar.

Der auch im Übrigen zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat indes in der Sache keinen Erfolg.

Zunächst hat die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Grundverfügung in einer den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise damit begründet, dass sich während der Zeitdauer behördlicher und gerichtlicher Verfahren zur Überprüfung der angegriffenen Verfügung die von ihr angenommenen Gefahren für die Allgemeinheit verwirklichen könnten.

In materieller Hinsicht hat das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Durchsetzung der Verfügung vorläufig verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Hierbei sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Erweisen sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens als offen, so ist zwischen den widerstreitenden Belangen der Beteiligten abzuwägen und danach zu entscheiden, wessen Interesse bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles größeres Gewicht beigemessen werden muss.

Hiervon ausgehend überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, da der vom Antragsteller eingelegte Rechtsbehelf ausgehend vom derzeitigen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird.

Die handelnde Behörde war vorliegend sachlich und örtlich zuständig. Die Zuständigkeit der Polizeiverwaltungsbehörde ergibt sich aus § 80 Abs. 1 und 2 SPolG. Auch sonst bestehen keine im Ergebnis durchgreifenden Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des schriftlich erlassenen und schriftlich begründeten (§§ 37 Abs. 2, 39 SVwVfG), mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verwaltungsakts. Zwar ist dieser – soweit aus den Verwaltungsunterlagen der Antragsgegnerin ersichtlich – ohne die nach § 28 Abs. 1 SVwVfG regelmäßig vorher durchzuführende Anhörung ergangen, ohne dass hier das Vorliegen einer der in § 28 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 und Abs. 2 SVwVfG aufgezählten Ausnahmefälle von der Antragsgegnerin dargetan oder sonst erkennbar wäre. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SVwVfG ist dieser Verfahrensfehler jedoch unbeachtlich und daher auch für die hier zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ohne Belang, weil die erforderliche Anhörung des Antragstellers bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann und der Antragsteller im Rahmen seines Widerspruchs und dessen Begründung von seinem rechtlichen Gehör bereits Gebrauch gemacht hat.

Die Untersagung der Hundehaltung ist auch materiell offensichtlich rechtmäßig. Zur Begründung kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Bescheid vom 19.01.2011 sowie die ergänzenden und vertiefenden Ausführungen in der Antragserwiderung vom 10.03.2011 vollinhaltlich verwiesen werden.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Die Antragsgegnerin war nach der Vorschrift des § 2 Abs. 5 der Polizeiverordnung zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland (PVO) gehalten, die Untersagung der Hundehaltung zu verfügen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Norm vorliegen. Der Antragsgegner war mit der Verfügung vom 30.06.2010, mit der sein Schäferhund gemäß § 1 Abs. 2 PVO als gefährlicher Hund im Sinne der Verordnung eingestuft wird, darauf hingewiesen worden, dass er zum Halten eines gefährlichen Hundes gemäß § 2 Abs. 2 PVO einer Erlaubnis der Verwaltungsbehörde bedarf und die Haltung des Hundes den besonderen Voraussetzungen des § 5 PVO (bspw. Anlein- und Maulkorbzwang) unterliegt. Zugleich war der Antragsteller aufgefordert worden, die im Einzelnen aufgeführten Unterlagen, die für die Erteilung der Erlaubnis beigebracht werden müssen, bis zum 13.08.2010 vorzulegen. Darüber hinaus war auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wegnahme des Hundes verfügt werde, falls die Nachweise nicht innerhalb der gesetzten Frist beigebracht werden.

Der Antragsteller kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, die von der Antragsgegnerin zur Begründung des Bescheides vom 30.06.2010 angeführten Begebenheiten hätten sich nicht oder nicht so wie dargestellt zugetragen. Abgesehen davon, dass die von der Antragsgegnerin geschilderten, durch entsprechende Zeugenangaben bestätigten Vorfälle vom Antragsteller in ihrer Bedeutung keineswegs entkräftet worden sind und daher aus der Sicht der Kammer an der Gefährlichkeit des Hundes des Antragstellers – insbesondere mit Blick auf die von Frau … geschilderten Begebenheiten vom Januar 2011 (s. Aktenvermerk vom 19.01.2011, Bl. 49 der Verwaltungsunterlagen der Antragsgegnerin) – keine Zweifel bestehen, sind die diesbezüglichen Einwände des Antragstellers von vornherein hier nicht entscheidungserheblich, weil – hierauf weist die Antragsgegnerin zutreffend hin – der Bescheid vom 30.06.2010 einschließlich der ihn tragenden Feststellungen bestandskräftig ist, Gründe für eine Nichtigkeit des Bescheides im Sinne des § 44 SVwVfG nicht Platz greifen und die Beteiligten wie das erkennende Gericht abschließend an die getroffene Regelung gebunden sind (so schon Beschluss der Kammer vom 25.04.2008 – 6 L 279/08 – m.w.N.).

Damit steht ungeachtet der diesbezüglichen Einwände des Antragstellers für das vorliegende Verfahren bindend fest, dass sein Hund gefährlich im Sinne der PVO ist und es dem Antragsteller zur Vermeidung einer Untersagung der Hundehaltung oblag, bis zum 13.08.2010 ein polizeiliches Führungszeugnis, den Nachweis einer Haftpflichtversicherung, den Nachweis der Kennzeichnung seines Hundes durch tierärztliche Bescheinigung, den Nachweis der Sachkunde durch erfolgreiche Teilnahme an einem entsprechenden Lehrgang sowie einen Antrag auf Erlaubnis der Haltung von gefährlichen Hunden vorzulegen.

Unstreitig hat der Antragsteller bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt, also nunmehr bereits mehr als sieben Monate nach dem durch Bescheid vom 30.06.2010 verfügten Stichtag, die geforderten Nachweise nicht vollständig vorgelegt und auch noch keinen Erlaubnisantrag gestellt. Selbst im vorliegenden gerichtlichen Verfahren hat der Antragsteller lediglich einen Versicherungsschein über das Bestehen einer Tierhalter-Haftpflichtversicherung vorgelegt und im Übrigen mitgeteilt, er werde eine Sachkundeprüfung absolvieren, das polizeiliche Führungszeugnis werde beantragt werden und ein Erlaubnisantrag nach der PVO werde „zur gegebenen Zeit gestellt werden“.

Bereits aus diesem Grunde war dem Antragsteller die Haltung seines Hundes gemäß § 2 Abs. 5 PVO zwingend, also ohne dass die Antragsgegnerin insoweit einen Ermessensspielraum gehabt hätte, zu untersagen („Die zuständige Behörde hat … zu untersagen“), weil die erforderliche Erlaubnis nicht eingeholt wurde und sie im Übrigen nach § 2 Abs. 3 PVO mangels Nachweises der entsprechenden Voraussetzungen aus derzeitiger Sicht auch nicht erteilt werden könnte. Insbesondere steht der Umstand, dass der Antragsteller nunmehr bereits seit mehr als einem halben Jahr unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 PVO einen gefährlichen Hund hält, ohne die erforderliche Erlaubnis auch nur beantragt zu haben, seiner Zuverlässigkeit nach der Regelvermutung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 PVO entgegen. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Antragsteller, der insoweit nach zutreffender Auffassung der Antragsgegnerin auch für von ihm beauftragte Hundeführer verantwortlich ist, auch noch in der Zeit nach Erlass des Bescheides vom 30.06.2010 dem Anlein- und Maulkorbzwang des § 5 Abs. 3 PVO zuwider gehandelt hat.

Der Antragsteller ist trotz der ihm gegenüber ergangenen behördlichen Verfügungen offensichtlich bis heute nicht willens oder in der Lage, seinen Hund den Vorschriften der PVO entsprechend zu halten, so dass der in der Verordnung bezweckte Schutz der Bevölkerung vor den von seinem Hund ausgehenden Gefahren nicht gewährleistet ist. In letzter Konsequenz blieb der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr nur die Untersagung der Hundehaltung.

Soweit die Antragsgegnerin für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung die Anwendung von Zwangsmitteln angedroht hat, entspricht die Androhung den in §§ 45, 46 und 50 SPolG gestellten Anforderungen, so dass die Verfügung auch insofern rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Nach allem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG, wobei entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer der Auffangwert zugrunde gelegt und dieser im vorliegenden Eilverfahren auf die Hälfte reduziert wurde.

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