Landgericht München I
Az.: 13 T 14 638/93
Beschluss vom 10.09.1993
Vorinstanz: AG München, Az.: 213 C 20120/91
Die 13. Zivilkammer hat am 10.9.1993 in Sachen wegen Unterlassung hier: Kostenentscheidung auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 3.6.1993 beschlossen:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 3.6.1993 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits und des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf über DM 600,– und unter DM 900,– festgesetzt.
Gründe:
Das gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 2, 569, 577 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist begründet.
Auf Grund des Beschwerdevorbringens beschränkt sich die Überprüfung der Kostenentscheidung allein auf die Frage der Erfolgsaussicht des Klagebegehrens bezüglich des 1. Hundes der Beklagten, da insoweit nach der angefochtenen Entscheidung der Klägerin die Kosten auferlegt wurden.
Nach Auffassung der Kammer kann dahingestellt bleiben, ob das generelle Verbot der Tierhaltung in der Hausordnung wirksam ist. Auch ohne eine solche Verbotsregelung oder eine vertragliche Absprache der Mietparteien über die Möglichkeit einer Einschränkung der Tierhaltung, hält die Kammer – insoweit der Kommentierung bei Münchner-Kommentar z.BGB, § 535 Rdn. 51 folgend – den Vermieter einer Wohnanlage von im vorliegenden Fall mehr als 200 Wohnungen für berechtigt, die Haltung eines Hundes zu unterbinden, der auf Grund des Zuchtzieles und damit Rasse bedingten Eigenschaften zu den sog. Kampfhunden zählt, unabhängig davon, ob die Gefährlichkeit des speziellen Tieres sich konkret bereits in irgendeiner Art und Weise manifestiert hat. Das gilt auch für die Berechtigung zum Widerruf einer – wie hier bereits erteilten Genehmigung, bei der der Vermieter im Unklaren über die Rasse des gehaltenen Hundes gelassen wurde (vgl. LG Nürnberg ZMR 91, 29). Bei dem streitgegenständlichen Hund handelt es sich um einen Staffordshire-Bullterrier, dessen Haltung auf Grund seines besonderen Gefahrenpotentials für die Mitmenschen in mehreren Bundesländern, so auch in Bayern, erlaubnispflichtig ist. Dass eine solche Regelung allein auf Vorurteilen beruhend getroffen werden kann, ist auszuschließen. Vielmehr hat eine Vielzahl konkreter Vorkommnisse gezeigt, welche verheerenden Verletzungen der Angriff eines solchen Hundes verursacht, dem mit normalen Kräften nicht begegnet werden kann, so dass bereits von daher eine besondere Gefährlichkeit des Tieres gegeben ist, die diejenige gängigerweise in der Bevölkerung gehaltener Hunderassen weit übersteigt. Im Hinblick darauf ist es dem Vermieter einer großen Wohnanlage nicht verwehrt, zum Schutz der Mitbewohner und Wahrung eines ungestörten Zusammenlebens die Haltung von Kampf- und extremer Bisstüchtigkeit geprägter Hunderassen zu untersagen bzw. nicht zu erlauben.
Dem steht das vom Amtsgericht erholte Sachverständigengutachten nicht entgegen, da dessen Ergebnis, Hunde, wie der streitgegenständliche, wurden durch ihre Gutartigkeit und grundsätzliche Freundlichkeit gegenüber Menschen bestechen, mit der geschichtlichen Darstellung der jedenfalls bis ins 19. Jahrhundert verfolgten Zuchtziele nicht im Einklang zu bringen ist. Fakten, die das nunmehrige züchterische Umdenken hin zu einer rigorosen Unterdrückung der zuvor entwickelten Aggressivität der Rasse belegen, sind nicht dargelegt.
Die angebotenen statistischen Erhebungen sind ungeeignet. Sie erfassen nicht sämtliche hier einschlägigen Hunde, da nicht alle Halter sie registrieren lassen und sagen nichts aus über den Prozentsatz der an den Verletzungen – soweit diese offiziell bekannt sind – Tieren im Verhältnis zu ihren Rassegenossen, um deren Gefährlichkeit es geht. Außeracht gelassen ist ferner, dass im Hinblick auf das noch relativ geringe Aufkommen an sog. Kampfhunden, über deren Gutartigkeit nichts gefolgert werden kann, auf Grund ihres nach Darstellung, des Gutachters geringen Anteils an den registrierten Verletzungen.. Die Behauptung, dass der Staffordshire-Bullterrier hinsichtlich des Gefahrenrisikos, deutlich unterhalb des Mittelwertes, dessen Ermittlungsgrundlagen nicht nachvollziehbar sind, liegt, ist folglich nicht überzeugend.
Die Kostenentscheidung ist daher im tenorierten Umfang abzuändern, da die Klage voraussichtlich insgesamt Erfolg gehabt hätte.
2. Kosten: § 91 ZPO.
3. Beschwerdewert: § 3 ZPO (Kosteninteresse)