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Hundekauf – Ersatz von Tierarztkosten bei Erkrankung

AG Eisenach, Az.: 54 C 931/10, Urteil vom 22.09.2011

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1006,46 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 89,55 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Erstattung von tierärztlichen Kosten.

Die Klägerin kaufte bei der Beklagten am 25.04.2010 einen Hund der Rasse Bolonka. Zu diesem Zweck fuhr die Klägerin zu der Beklagten, die 444 km von der Klägerin entfernt wohnt. Die Beklagte ist Tierzüchterin und verkauft gewerblich Hunde. Der Welpe war nach der Erklärung der Beklagten beim Verkaufsgespräch am 22.02.2010 geboren. Der Welpe machte einen gesunden Eindruck. Aus diesem Grunde zahlte die Klägerin den Kaufpreis und nahm den Hund mit nach Hause.

Hundekauf – Ersatz von Tierarztkosten bei Erkrankung
Symbolfoto: Kzenon/Bigstock

Der Hund erkrankte und wurde stationär in der Zeit vom 01.05.2010 bis 04.05.2010 tierärztlich behandelt. Hierfür wurde Rechnung gelegt in Höhe von insgesamt 514,65 €.

Am 04.05.2010 wurde ein Kontroll-Sono sowie vom 05.05.2010 bis zum 07.05.2010 eine weitere stationäre Behandlung durchgeführt. Die Kosten hierfür wurden mit 291,05 € und 45,34 € festgesetzt.

Am 26.05.2010 wurden weitere 100,42 € für Untersuchungen und Behandlungen sowie Futterkosten in Höhe von 6,45 € in Rechnung gestellt.

Letztendlich war nochmals tierärztliche Behandlung erforderlich, für die Kosten in Höhe von insgesamt 55,00 € anfielen.

Die Rechnungen belaufen sich auf insgesamt 1.013,36 €.

Die Klägerin hat vorgerichtliche anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen.

Die Klägerin behauptet, der Welpe sei bereits bei Übergabe mit sogenannten Giardien infiziert gewesen, was auf mangelhafte Entwurmung durch die Beklagte zurückzuführen sei. Der Hund sei lebensgefährlich erkrankt gewesen. Ein Transport nach Thüringen hätte dessen Tod bedeutet. Nach der Behandlung habe sie die Beklagte telefonisch zur Rede gestellt. Diese hätte angeboten, den Hund wieder abzuholen und ihr das Geld zurückzugeben, was jedoch nicht geschehen sei.

Die Klägerin beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.013,36 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.05.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 89,55 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 16.07.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Welpe sei zum Zeitpunkt der Übergabe gesund gewesen. Das Tier sei auch gegen Würmer behandelt worden. Falls ein Giardienbefall vorgelegen hätte, hätte sich der Welpe wahrscheinlich bei dem Aufenthalt der Klägerin infiziert. Die Inkubationszeit hierfür betrage drei bis fünf Tage.

Der Hund sei nicht lebensbedrohlich erkrankt gewesen, so dass die Klägerin ihr hätte Gelegenheit geben müssen, den behaupteten Mangel zu beseitigen. Der Welpe habe keine spezifischen Medikamente zur Behandlung von Giardiose bekommen.

Die vorgelegten Tierarztrechnungen wiesen aus, dass der Welpe zusätzlich mit Wurmkur und Futter versorgt worden sei, welches überhaupt nicht zurechenbar sei. Mit der Rechnung vom 26.05.2010 sei wiederum Futter berechnet worden, welches nichts mit der Behandlung zutun hätte.

Die Beklagte wurde nicht außergerichtlich anwaltlich zur Zahlung aufgefordert. Eine solche Aufforderung habe sie nicht erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 28. 04. 2011 (Bl. 47 ff d.A.), durch Anordnung der Vernehmung der Zeugin …

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der richterliche Vernehmung der Zeugin vor dem Amtsgericht … am 06. 06. 2011 (Bl. 58 ff d.A.).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, im Übrigen unbegründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von vergeblichen Aufwendungen nach §§ 437 Nr. 3, 284 und 281 BGB in Höhe von 1.006,46 €.

Die Parteien haben unstreitig einen Kaufvertrag über den im Tatbestand genannten Hund vereinbart.

Bei einem Tier handelt es sich um eine Sache im Sinne von § 434 gem. § 90 a BGB.

Da die Beklagte durch ihr gewerbsmäßiges Züchten und Handeln mit Hunden als Unternehmerin im Sinne von § 15 BGB zählt, ist von einem Verbrauchsgüterkauf nach § 475 BGB auszugehen. Tiere sind von dieser Regelung nicht aus dem Anwendungsbereich herausgenommen. Tiere sind grundsätzlich auch nicht als gebraucht zu qualifizieren, Welpen gelten allerdings als „neu hergestellt“, wenn sie bald nach der Geburt verkauft werden (Grünberg in Palandt, Rn. 54 zu § 309 BGH NJW-RR 86, 52). Im Streitfall wurde der Hund als 2 Monate alter Welpe verkauft, so dass von einer neuen Sache auszugehen ist und nach § 476 BGB die Vermutung dafür spricht, dass die Sache, d.h. also der Hund, bei Gefahrübergang bereits mangelhaft war. D.h. die Erkrankung des Welpen lag bereits bei Abschluss des Kaufvertrages vor. Der Beklagten ist die Entkräftung der Vermutung gemäß § 476 BGB nicht gelungen, da ihre hierfür angebotenen Beweise nicht geeignet waren, festzustellen, dass der Welpe gesund übergeben wurde.

Mit einem Sachverständigengutachten, wie von der Beklagten angeboten, kann im Nachhinein nicht geklärt werden, ob der Hund zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin etliche Monate zuvor von Giardien befallen war.

Die Zeugin …, erklärte in ihrer Vernehmung (Bl. 58 d.A.) sie habe zeitweise den Hund behandelt und könne außerdem aus den schriftlichen Dokumentationen die Behandlungsart entnehmen, dass in dem Kot des Tieres Giardien festgestellt worden sind. Der Hund wäre bereits ab dem ersten Tag der Behandlung gezielt daraufhin behandelt worden.

Wenn die behandelnde Tierärztin dies als Zeugin bestätigt, hat das Gericht keine Zweifel daran, dass der Hund an der von der Klägerin behaupteten Erkrankung litt. Die Tierärztin ist neutrale Zeugin. Sie hat kein eigenes Interesse daran, in ihrer Vernehmung eine Krankheit des Hundes anzugeben, die nicht vorgelegen hat. Schließlich steht fest, dass der Hund behandelt wurde. Ob die Zeugin den Hund auf eine Durchfallerkrankung oder wegen Giardien behandelt hatte, kann ihr gleichgültig sein, da sie in jedem Fall ihr Honorar abrechnen kann.

Die Vermutung nach § 476 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil diese mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar wäre. Hiervon könnte zwar bei einem Tierkauf ausgegangen werden, da je nach Art der Krankheit zwischen dem Zeitpunkt der Infektion, die einen Sachmangel begründet, und dessen Ausbruch der Krankheit zu unterscheiden ist (vgl. Palandt zu § 476 BGB, Rn. 11).

Die Inkubationszeit für einen Giardienbefall beträgt, wie von der Beklagten selbst vorgetragen, zwischen drei und fünf Tagen. Innerhalb dieser Frist ist die Erkrankung des streitgegenständlichen Welpen auch aufgetreten, nämlich am 01.05.2010, d.h. genau nach fünf Tagen.

Nach § 437 BGB hat Vorrang die Nacherfüllung, was grundsätzlich auch den Ersatz vergeblicher Aufwendungen wegen § 284 BGB betrifft. Dieser Grundsatz gilt auch bei Kauf eines Tieres (BGH NJW 05 3211, 06, 988).

Beim Kauf eines Tieres müssen jedoch besondere Umstände berücksichtigt werden, wenn der Zustand des Tieres eine unverzügliche tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erforderlich erscheinen lässt und diese von dem Verkäufer nicht mehr rechtzeitig veranlasst werden kann (BGH, Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 1/05). Nach § 281 Abs. 2 BGB ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Danach ist von einer Nachfristsetzung abzusehen, wenn ein größerer Schaden droht, der mit einer sofort vorgenommenen Handlung des Gläubigers in Verhältnis zu setzen ist.

Dieser Gedanke ist auch dann heranzuziehen, wenn es um die Behandlung kranker Tiere geht. Außerdem können Gesichtspunkte des Tierschutzes ein sofortiges Handeln erforderlich machen (BGH a.a.O.).

Die Klägerin konnte ihre Behauptung, der Hund sei lebensgefährlich erkrankt gewesen und ein Transport des Welpen hätte dessen Tod herbeigeführt, durch die Aussage der behandelnden Ärztin … beweisen.

Die Ärztin bestätigte in ihrer richterlichen Vernehmung, dass das Tier mit hoher Wahrscheinlichkeit verstorben wäre, falls es zur Behandlung zunächst nach Thüringen gebracht worden wäre.

Damit war die Aufforderung zur Nachbesserung hinfällig.

Auch die von der Beklagten bestrittene Kostenhöhe hat sich zum überwiegenden Teil als notwendig gezeigt.

Die Zeugin hat die in den Rechnungen aufgeführten Behandlungsmaßnahmen und Gebrauch von Medikamenten als notwendig bestätigt.

Auch das Futter war besonderes Schonfuttermittel, welches dem Hund verabreicht werden musste. Aus diesem Grunde handelt es sich nicht, wie zunächst vom Gericht angenommen, um „Sowieso-Kosten“, die die Klägerin mit dem Füttern des Hundes gehabt hätte.

Allerdings ist die Verabreichung des Schonfuttermittels aus der Rechnung vom 26.05.2010 in Höhe von 6,45 € in Abzug zu bringen. Die Notwendigkeit, dieses Schonfuttermittel zu verabreichen, wurde mit der Diagnose Diarrhoe, Vomitus begründet und nicht wegen der Giardien.

Die Rechnung vom 26.05.2010 über 100,42 € ist allerdings der Beklagten anzulasten, da diese Nachuntersuchung der ursprünglich festgestellten Erkrankung notwendig geworden ist. Wenn dabei eine Durchfallerkrankung diagnostiziert wurde, die sich der Hund beim Aufenthalt der Klägerin zugezogen hatte, wurden damit keine Mehrkosten verursacht, weil die Untersuchung sowieso notwendig war. Lediglich das Spezialfutter ist, wie bereits o. g. in Abzug zu bringen.

Der von dem Klageanspruch in Höhe der letzten Futtermittelkosten von 5,64 € abgezogene Betrag ergibt den ausgeworfenen Klageanspruch.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 89,55 €.

Die Klägerin hat die Inanspruchnahme der anwaltlichen Hilfe ausreichend dargelegt und mit der Vorlage der Rechnung der sie damals vertretenen Anwälte … (Bl. 21 – 22 d.A., Anlage K 6) bewiesen. Das einfache Bestreiten des Zugangs des Mahnschreibens und der Rechnung ist deshalb nicht ausreichend.

Die Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711 ZPO.

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