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HWS-Syndrom bei geringfügiger kollisionsbedingter Geschwindigkeitsänderung

LG Osnabrück, Az.: 8 S 424/14, Beschluss vom 20.05.2015

Die Beklagte und Berufungsklägerin wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 II ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin erhält Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie hat zudem weder eine grundsätzliche Bedeutung und noch dient sie der Rechtsfortbildung.

HWS-Syndrom bei geringfügiger kollisionsbedingter Geschwindigkeitsänderung
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Das Amtsgericht hat der Klage auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht teilweise stattgegeben. Gemäß § 529 I Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten sind nicht ersichtlich. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung oder eine fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts durch das Amtsgericht liegt nicht vor. Vielmehr setzt die Berufungsklägerin ihre Würdigung an die Stelle derjenigen des Amtsgerichts.

Der Sachverständige D. hat in seinem Gutachten eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung für die Klägerin in einer Größenordnung von etwa 5 bis 8 km/h ermittelt, was zu einer Beschleunigung der Klägerin nach schräg vorne rechts mit einer Beschleunigung nach vorne schräg rechts mit einer Beschleunigung von etwa 13 … 15 m/s2 führte.

An diese Feststellung, die die Beklagte auch nicht angreift, hat der medizinische Sachverständige P. angeknüpft und ist in einem ersten Schritt zur Annahme einer HW-Beschleunigungsverletzung Grad 0 bis Grad I WAD gekommen. Daraus würde in der Tat der seitens der Beklagten gezogene Schluss zu ziehen sein, dass ein Schmerzensgeld- bzw. Schadensersatzanspruch nicht besteht. Er hat allerdings – wie er im Rahmen seiner Anhörung ausgeführt und näher begründet hat – aufgrund der Angaben der Klägerin eine sog. „out of Position“-Haltung derselben zum Zeitpunkt des Aufpralls angenommen und daraus den Schluss gezogen, insbesondere wegen der zierlichen Gestalt der Klägerin sei hier eine HW-Beschleunigungsverletzung Grad I bis Grad II WAD anzunehmen.

Soweit das Amtsgericht hieraus das Bestehen der behaupteten Verletzungen dem Grunde nach annimmt, ist hierin eine Fehlerhaftigkeit nicht zu erkennen.

So hat die Klägerin noch während der Vernehmung des Sachverständigen ihre Sitzposition kurz vor dem Aufprall konkretisiert, vgl. Bl. 3 des Sitzungsprotokolls vom 30.04.14. Dem ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Zudem ist diese Schilderung auch naheliegend, zumal die Klägerin von Beginn an zu keinem Zeitpunkt angegeben hat, der Aufprall sei für die vollkommen unerwartet gewesen.

Zudem hat der Sachverständige nicht einfach subjektive Schilderungen der Klägerin ungeprüft übernommen. Wie der Sachverständige selber ausgeführt hat, kann er Monate nach dem Unfallereignis und nach Abklingen möglicher Beschwerden solche selber nicht mehr objektiv feststellen. Dies liegt nun mal in der Natur der Sache. Er hat aber nicht nur die Klägerin zu den Unfallfolgen befragt, sondern diese Angaben mit den ärztlichen Unterlagen abgeglichen sowie mit den wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Folgen von Seitenaufprallen. Hieraus und aus dem objektiven Befund des Röntgenbildes hat er objektivieren können, dass die Angaben der Klägerin und die Feststellungen durch die zuvor tätigen Ärzte den Schluss auf die HW-Beschleunigung in Folge des Unfalls zulassen, nicht jedoch die Zuordnung der ebenfalls bei der Klägerin festzustellenden Iliosakralgelenksblockade.

Wenn die Beklagte der Auffassung ist, insbesondere der röntgenologische Befund stütze keinen Kausalzusammenhang der Beschwerde zu dem Unfallereignis, ist das eine Schlussfolgerung, die grundsätzlich möglich ist. Die andere Folgerung des Sachverständigen ist aber keine „zwangsläufige“, sondern sie ist zunächst denktheoretisch ebenso möglich. Der Sachverständige hat aber mit nachvollziehbarer Begründung diesen anderen Schluss gezogen. Gründe, nach denen dieser Schluss unrichtig ist, trägt die Beklagte auch mit der Berufungsbegründung nicht vor. Sie will dem Sachverständigen nur nicht folgen.

Auch soweit die Beklagte die weiteren Annahmen zur angenommenen abgestuften Arbeitsunfähigkeit rügt, setzt sie ebenfalls ihre Würdigung an die Stelle des Amtsgerichts. Eine Fehlerhaftigkeit vermag sie hingegen nicht darzulegen. Der medizinische Sachverständige nimmt auch hier Einschätzungen vor, die sich auf die ärztlichen Unterlagen stützen, die ja auch auf Wunsch der Beklagten eingeholt wurden. Das Gericht hat zudem den Ehegatten der Klägerin u. a. zu den Beschwerden seiner Frau und den Auswirkungen auf ihre Tätigkeiten im Haushalt vernommen. Hierauf hat das Amtsgericht eine nachvollziehbare Beweiswürdigung vorgenommen. Welche Fehler hier vorliegen sollen, erschließt sich nicht.

Auch ist der angenommene Stundensatz von 9,00 € ist unter Berücksichtigung der Tätigkeiten der Klägerin (insbes. Versorgung eines 1 ¼ Jahre alten Kleinkindes) und des nunmehr geltenden Mindestlohns in Anwendung des § 287 ZPO nicht zu beanstanden.

Die Berufung wäre mithin im Falle einer streitigen Fortsetzung des Verfahrens zurückzuweisen. Die Beklagte mag prüfen, ob er die Berufung im Kosteninteresse zurücknimmt.

 

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