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immaterielle Schäden aufgrund schwerwiegender Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

LG Augsburg – Az.: 31 O 2804/10 – Urteil vom 21.12.2010

I. Der Beklagte wird über das Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Augsburg vom 23.11.2010 hinaus verurteilt, an den Kläger weitere 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.000,00 € seit 22.08.2010 zu bezahlen.

Im Übrigen wir die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 53 % und der Beklagte hat 47 % zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Beklagte verfasste vor dem Mai 2007 ein Schreiben folgenden Inhalts:

„W. D., Rechtsanwalt, (..) – Mai 2007

Ich, Dr. jur. W. D., bin ein wahrhaftiges Trauerspiel der Justiz!

Ich frage mich, ob die Rechtsanwaltskammer (Anwaltsvereinigung) bzgl. meiner Person handlungsunfähig ist?

Die Rechtsanwaltskammer (Anwaltsvereinigung) ist nicht in der Lage mich, Dr. jur. W.D., als pechrabenschwarzes Schaf im Kreise der hochangesehenen Juristen, auszusondieren. Das ist traurig aber wahr! Sie ist, nach Stand der Dinge, offenbar handlungsunfähig!

Ich, Dr. jur. W.D., erkläre hiermit:

Ich versuche, weil ich nicht anders kann, jede Mandantin irgendwann zu rammeln – bedauerlicherweise warten aber nur die Hühner auf mich und diese lassen mich – überraschenderweise – zwischendurch auch mal drüber – ich bin halt nur einkleiner, mieser und mickriger Hühnervögler.

Ganz nebenbei bin ich das größte Dreckschwein aller Zeiten, ein möchtegern Fotzenlecker und ich wäre doch so liegend gerne ein Fickfotzenguru!

Ich bin ein Granaten-Arschloch, ein Dreckschwein, ein Hitlerbartträger, ein möchtegern Huren- und Schlampenrammler und eine bestialisch linke Drecksau! Dies alles aber mit absolut innerlicher Überzeugung! Ich habe, bin und bleibe ein riesengrosses Arschloch – eine männliche Dirne – und wenn keine geldgeberische Schlampe in der Nähe ist dann versuche ich halt mit meinem Hühnerschwänzchen meine „Eigene“ zu vögeln!

Ich bin und bleibe ein promovierter Zipfelspieler. Wer schnell und sehr viel Geld für eine schlechte – oder besser gesagt gar keine Gegenleistung – bezahlen will, der ist bei einem schnuggeligem Nasenbär, so einer trolligen Pappnase und ausgewachsenem Saftarsch wie mir bestens aufgehoben. Man nennt dieses Verhalten auch Betrug oder im juristischen Sprachgebrauch – Fallweise Unterlassungspflicht und somit einklagbarer Anwaltsregress!

Meine Mandanten verleite ich zu Falschaussagen und ich selbst nehme es mit der Wahrheit gegenüber den Gerichten und den Anstalten des öffentlichen Rechts auch nicht so genau. Ich leide sehr unter der bei mir bereits extrem fortgeschrittenen Krankheit Alzheimer. Die gesamte Justiz, die Gerichte wie die Anwaltsvereinigung sehen hier tatenlos zu. Das ist offensichtlich nach wie vor ein Problem der nicht ruhmreichen geschichtlichen Vergangenheit unserer Justiz, von der wir glauben, dass wir sie gut vertreten?

Ich, Dr. jur. W.D., bin eine waschechte Promenadenmischung; juristisch gesehen – eine Mischung aus einem riesengrossen Arschloch und einem fiesen, arrogantem und hochnäsigem Drecksack – mir gehört, aber bitte mit einem stumpfen Messer, mein Schwänzchen scheibchenweise abgeschnitten! Warum das keiner tut, ist mir unverständlich.

Ich bin ein schlimmer Schandfleck der Justiz, der dringendst bereinigt gehört, da ich, allein mit meiner Anwesenheit, enormen Schaden im Bereich der Justiz verursache!

gez. Dr. jur. W.D.

Rechtsanwalt A.“

Der Beklagte verbreitete das jeweils gleichlautende vorbezeichnete Schreiben aufgrund eines jeweils neugefassten Tatentschlusses in verschiedenen Formaten von DIN-A5 bis DIN-A3 durch Übersendung oder Einwurf in die Briefkästen folgender Empfänger:

Eingangsdatum

Empfänger

1.

03.05.2007

2.

04.05.2007

3.

04.05.2007

4.

04.05.2007

5.

04.05.2007

6.

04.05.2007

7.

04.05.2007

8.

04.05.2007

9.

04.05.2007

10.

04.05.2007

11.

04.05.2007

12.

04.05.2007

13.

04.05.2007

14.

04.05.2007

15.

04.05.2007

16.

04.05.2007

17.

04.05.2007

18.

04.05.2007

19.

07.05.2007

20.

08.05.2007

21.

08.05.2007

22.

08.05.2007

23.

09.05.2007

24.

09.05.2007

25.

09.05.2007

26.

09.05.2007

27.

09.05.2007

28.

09.05.2007

29.

09.05.2007

30.

09.05.2007

31.

10.05.2007

32.

10.05.2007

33.

10.05.2007

34.

10.05.2007

35.

10.05.2007

36.

10.05.2007

37.

10.05.2007

38.

10.05.2007

39.

11.05.2007

40.

14.05.2007

41.

14.05.2007

42.

15.05.2007

43.

15.05.2007

44.

01.06.2007

45.

01.06.2007

46.

01.06.2007

47.

05.06.2007

Obwohl der Beklagte die Tatbegehung in dem gegen ihn angestrengten Ermittlungs- bzw. Strafverfahren bestritten hatte wurde er wegen dieser Taten rechtskräftig mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 22. 01.2009, Az.: 5 Ns 305 Js … wegen Verleumdung in Tateinheit mit Beleidigungen in 47 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten und 2 Wochen verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Der Kläger sieht sich durch die Tathandlungen des Beklagten in seinem Persönlichkeitsrecht massiv verletzt und beansprucht ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500,00 €. Diese Geldentschädigung für immateriellen Schaden erfolge vorliegend unter dem Gesichtspunkt der Genugtuung und Prävention, weil ohne eine derartige Sanktion die erhebliche schwerwiegende Verletzung der menschlichen Würde und der Ehre des Klägers auf den Beklagten sanktionslos bliebe. Der Kläger verweist ergänzend darauf, dass der Beklagte in dem Strafverfahren bis zuletzt völlig uneinsichtig geblieben sei und seine Täterschaft trotz der erdrückenden Beweislage geleugnet habe. Auch gegen das Urteil in der Erkenntnis des Landgerichts Augsburg habe er noch erfolglos Revision zum Oberlandesgericht München eingelegt.

Der Kläger beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte anerkannte im Termin vom 23.11.2010 einen Teilbetrag in Höhe von 2.000,00 €, worauf an diesem Tag ein Teil-Anerkenntnisurteil gegen den Beklagten mit folgendem Inhalt erging:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Teilbetrag von 2.000,00 € zu bezahlen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Im Übrigen beantragt der Beklagte die Klage abzuweisen.

Er meint, ein angemessenes Schmerzensgeld steht dem Kläger zu, weshalb der Beklagte den Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld anerkenne. Ein Schmerzensgeld in der vom Kläger geforderten Höhe von 7.500,00 € sei nicht gerechtfertigt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten vorbereitenden Schriftsätze nebst übergebenen Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat keine Beweisaufnahme durchgeführt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Der Kläger hatte Anspruch auf Ersatz ideellen Schadens, weil der Beklagte den Kläger durch die Verbreitung des von ihm verfassten streitgegenständlichen Schreibens schwerwiegend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Anspruchsgrundlage ist § 823 BGB i. V. m. GG Artikel 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 (vgl. zuletzt BGH NJW 2005, 215).

Die vom Kläger erlittene Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts kann nicht in anderer Weise (Abgabe einer Unterlassungserklärung, Gegendarstellung oder Widerruf) hinreichend ausgeglichen werden.

Bei der Bemessung des angemessenen Entschädigungsbetrages ist in erster Linie die Intensität der Persönlichkeitsverletzung, also Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Geschädigten maßgeblich. Es muss dem Verletzten Genugtuung für das verschafft werden, was ihm der Schädiger angetan hat. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob der Schädiger strafrechtlich durch sein Verhalten bereits zur Rechenschaft gezogen wurde.

II.

Konkret ist festzustellen, dass das vom Beklagten verfasste Schreiben in der Form einer Selbstbezichtigung des Klägers eine derartige Fülle massivster Formalbeleidigungen auf niedrigstem Niveau enthält, wobei dies auch für die verunglimpfenden unzutreffenden „Tatsachenbehauptungen“ zu gelten hat.

Wenn gleich nicht verkannt wird, dass durch die Abfassung des Schreibens in der Ich-Form des Klägers vom Beklagten ernsthaft nicht erwartet werden konnte und erwartet wurde, dass die Empfänger dieses Schriftstücks diesem eine ernsthafte Aussagekraft zumessen würden, bleibt dennoch bei der Aneinanderreihung übelster und massivster Beleidigungen und Verunglimpfungen es bei einer sehr schwerwiegenden und dem Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht tief verletzenden Beeinträchtigung.

Auch wenn das Schreiben durch die Adressierung an 47 einzelne Empfänger letztlich doch einem begrenzten Personenkreis und nicht etwa öffentlich zugänglich gemacht wurde, ist gerade durch die Adressierung an Gerichte, Kollegen, Ärzte, Behörden und die Presse der Kläger massivst betroffen und sein Ansehen als Rechtsanwalt erheblichst beeinträchtigt.

III.

Unter Würdigung der Gesamtumstände und Berücksichtigung der massiven strafrechtlichen Verurteilung des Beklagten sieht das Gericht unter nochmaliger Würdigung der Genugtuungsfunktion des auszuurteilenden Entschädigungsbetrages in Geld einen Betrag von insgesamt 4.000,00 € für angemessen, aber auch ausreichend an.

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IV.Nachdem der Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von 2.000,00 € anerkannt hat und insoweit bereits Teil-Anerkenntnisurteil ergangen ist, waren dem Kläger noch weitere 2.000,00 € zuzusprechen und im Übrigen die Klage abzuweisen.

V.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 11, 709, 711 ZPO.

 

 

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