Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Pauschalreise und Reisemängel: Immaterieller Schadenersatz von Reisenden
- Der Fall vor Gericht
- Reisende dürfen bei Verstoß gegen Premium-Buchungswünsche kostenlos stornieren
- Verstoß gegen zentrale Reisewünsche rechtfertigt Rücktritt
- Erhebliche Änderungen bei Flugzeit und Komfort
- Recht auf Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude
- Systemfehler beim Veranstalter vermeidbar
- Hohe Entschädigung angemessen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab wann können Reisende Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude fordern?
- Welche Höhe kann die Entschädigung für vertane Urlaubszeit erreichen?
- Wie müssen Reisende ihre Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen?
- Welche Änderungen der Reiseleistung gelten als erheblich?
- Welche Beweise sollten Reisende für Schadenersatzansprüche sichern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Celle
- Datum: 04.09.2024
- Aktenzeichen: 11 U 43/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Reiserecht, Vertragsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger, der eine Pauschalreise für sich und seine Familie buchte, wollte diese aufgrund veränderter Flugbedingungen nicht antreten. Er fordert Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit und weitere Kosten.
- Beklagte: Der Reiseveranstalter, der aufgrund eines Buchungsfehlers Änderungen an den Flügen vornahm. Sie bestreitet eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise und beruft sich auf die fehlende Mängelanzeige.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger buchte eine Pauschalreise mit einem bestimmten Komfortstandard für die Langstreckenflüge, welcher nachträglich vom Reiseveranstalter nicht eingehalten wurde. Die Reise wurde storniert, und der Reisepreis erstattet.
- Kern des Rechtsstreits: War die Änderung der Reiseleistungen erheblich genug, um eine Entschädigungspflicht des Reiseveranstalters auszulösen?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers hat überwiegend Aussicht auf Erfolg, da ihm Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche zustehen könnten.
- Begründung: Der Kläger konnte nachweisen, dass die gebuchten Flüge mit dem Komfort der „Premium-Economy“ nicht durchgeführt wurden und dass Alternativflüge eine erhebliche Änderung der Reiseleistungen bedeuteten. Diese Änderungen berechtigen den Kläger zur Entschädigung nach § 651n Abs. 2 BGB ohne erneut die Erheblichkeit prüfen zu müssen.
- Folgen: Der Reiseveranstalter könnte zu einer Entschädigungszahlung verpflichtet werden. Eine Vergleichsregelung wird seitens des Gerichts vorgeschlagen, die ihn zu einer Zahlung von 17.167,50 € an den Kläger verpflichtet, um alle Ansprüche bezüglich der Reise zu erledigen.
Pauschalreise und Reisemängel: Immaterieller Schadenersatz von Reisenden
Bei Pauschalreisen erwarten Reisende eine umfassende und unbeschwerte Urlaubserfahrung. Doch nicht immer halten Reiseveranstalter ihr Versprechen, und häufig treten Reisemängel auf, die das Urlaubsvergnügen trüben. In solchen Fällen können Verbraucherrechte greifen, die es Reisenden ermöglichen, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Insbesondere der immaterielle Schadenersatz spielt eine wichtige Rolle, wenn die erlittenen Entbehrungen und Unannehmlichkeiten nicht einfach in Geld zu messen sind.
Das Reiserecht legt fest, dass Reisende Ansprüche gegen Reiseveranstalter haben, wenn eine Leistungsstörung auftritt. Dazu gehören sowohl materielle Schäden als auch immaterielle Schäden, die beispielsweise durch Stress oder Enttäuschung entstanden sind. Im Folgenden werden wir einen konkreten Fall beleuchten, der sich mit dem immateriellen Schadenersatzanspruch eines Reisenden nach dem Scheitern einer Pauschalreise auseinandersetzt.
Der Fall vor Gericht
Ein Reisender buchte für sich und vier Familienangehörige eine Pauschalreise nach Südostasien für knapp 23.000 Euro. Bei der Buchungsanfrage hatte er ausdrücklich festgelegt, die Langstreckenflüge „mindestens in Premium Economy“ durchzuführen. Eine Woche vor Reiseantritt teilte der Veranstalter mit, die gebuchten Direktflüge seien storniert. Als Ersatz bot er Flüge in der Economy-Class mit Zwischenstopp und deutlich längerer Reisezeit an.
Verstoß gegen zentrale Reisewünsche rechtfertigt Rücktritt
Das Oberlandesgericht Celle stellt in seinem Beschluss klar: Wenn ein Reisender dem Reisebüro vor der Buchung einer Fernreise mitteilt, die Langstreckenflüge mindestens in der „Premium-Economy-Class“ absolvieren zu wollen, darf der Veranstalter ihn nach Vertragsschluss nicht einfach auf einen Economy-Flug umbuchen.
Erhebliche Änderungen bei Flugzeit und Komfort
Die einseitige Umbuchung von einem Direktflug mit rund 11,5 Stunden Dauer auf einen Flug mit Umsteigeerfordernis und mehr als 17 Stunden Reisezeit stellt laut Gericht eine erhebliche Änderung wesentlicher Reiseleistungen dar. Auch der Wechsel der Beförderungsklasse von Premium Economy zu Economy sei eine solche wesentliche Änderung.
Recht auf Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude
Der Reisende trat nach erfolgloser Fristsetzung zur Bestätigung der ursprünglich gebuchten Leistungen vom Vertrag zurück. Das Gericht bestätigt sein Recht auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit – und zwar ohne dass die Erheblichkeit einer hypothetischen Beeinträchtigung der nicht angetretenen Reise nochmals geprüft werden müsse.
Systemfehler beim Veranstalter vermeidbar
Besonders ärgerlich für die Reisenden: Die ursprünglich gebuchten Flüge fanden tatsächlich wie geplant statt. Die Umbuchung beruhte lediglich auf einem Fehler im Buchungssystem des Veranstalters, der bei rechtzeitiger Bearbeitung hätte behoben werden können.
Hohe Entschädigung angemessen
Das Gericht hält eine Entschädigung in Höhe von 75 Prozent des Reisepreises für angemessen. Maßgeblich dafür sind der hohe Reisepreis von 23.000 Euro, das exotische Reiseziel sowie der späte Zeitpunkt der Umbuchung nur eine Woche vor Abreise. Eine alternative Urlaubsgestaltung war dadurch erheblich erschwert.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Rechte von Pauschalreisenden bei nachträglichen Änderungen wesentlicher Reiseleistungen. Wenn ein Reiseveranstalter von vertraglich vereinbarten Vorgaben wie der Beförderungsklasse oder Flugzeiten erheblich abweicht, können Reisende kostenlos stornieren und eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude verlangen – auch ohne die Reise anzutreten. Das Gericht bestätigt zudem, dass die Wahl der Beförderungsklasse eine wesentliche Reiseleistung darstellt, von der der Veranstalter nicht einseitig abweichen darf.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Pauschalreisender haben Sie nun eine klare rechtliche Grundlage, wenn der Veranstalter nach der Buchung wesentliche Änderungen vornimmt. Buchen Sie beispielsweise einen Direktflug in Premium Economy, darf der Veranstalter Sie nicht einfach in die Economy Class oder auf einen längeren Flug mit Zwischenstopp umbuchen. In solchen Fällen können Sie vom Vertrag zurücktreten und neben der Erstattung des Reisepreises auch eine Entschädigung von bis zu 75% des Reisepreises für entgangene Urlaubsfreude fordern. Wichtig ist, dass Sie die Änderungen schriftlich rügen und eine Frist zur Abhilfe setzen. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen und Kommunikation sorgfältig auf.
Benötigen Sie Hilfe?
Bei nachträglichen Änderungen Ihrer Pauschalreise durch den Veranstalter steht Ihnen der Weg zu einer angemessenen Entschädigung offen. Unsere erfahrenen Anwälte für Reiserecht prüfen, ob in Ihrem Fall wesentliche Leistungsänderungen vorliegen und welche Ansprüche Sie konkret geltend machen können. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass Ihre Rechte als Reisender gewahrt bleiben und Sie die Ihnen zustehende Entschädigung erhalten. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann können Reisende Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude fordern?
Ein Anspruch auf Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude besteht bei Pauschalreisen, wenn die Reise erheblich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 651n BGB.
Voraussetzungen für den Anspruch
Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Reisemängel eine Preisminderung von mindestens 50 Prozent rechtfertigen. Eine Vereitelung ist gegeben, wenn der Reiseantritt gar nicht möglich war.
Der Anspruch setzt folgende Bedingungen voraus:
- Es muss eine Pauschalreise vorliegen, also mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen wie Flug und Hotel zu einem Gesamtpreis
- Ein Reisemangel muss vorliegen, der von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht
- Der Mangel muss unverzüglich vor Ort beim Reiseveranstalter angezeigt werden
Beispiele für erhebliche Beeinträchtigungen
Als erhebliche Beeinträchtigungen gelten etwa:
- Eine Familie erkrankt durch verschmutztes Meerwasser an schwerem Brechdurchfall und kann eine Woche lang den Strand nicht nutzen
- Ein Urlauber verstaucht sich durch eine nicht erkennbare Stolperfalle im Hotel den Knöchel und muss den gesamten Urlaub einen Gips tragen
Geltendmachung des Anspruchs
Für Reisen, die ab dem 1. Juli 2018 gebucht wurden, haben Reisende zwei Jahre Zeit, den Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Die Entschädigung wird üblicherweise in Tagessätzen zwischen 50 und 70 Euro pro Tag der Beeinträchtigung berechnet.
Welche Höhe kann die Entschädigung für vertane Urlaubszeit erreichen?
Die Entschädigungshöhe für vertane Urlaubszeit richtet sich nach dem Einzelfall und orientiert sich am Reisepreis. Es gibt keine gesetzlich festgelegten Beträge oder Prozentsätze.
Vollständige Vereitelung der Reise
Bei einer kurzfristigen Reiseabsage können Sie in der Regel bis zu 50% des Reisepreises als Entschädigung erwarten. In besonderen Fällen, wie bei einer Hochzeitsreise oder einer nicht nachholbaren Reise zur Fußball-WM, kann die Entschädigung sogar bis zu 100% des Reisepreises betragen.
Erhebliche Beeinträchtigung
Bei erheblichen Reisemängeln wird die Entschädigung prozentual berechnet. Die Rechtsprechung sieht eine erhebliche Beeinträchtigung typischerweise ab einer Preisminderung von mehr als 50 Prozent als gegeben an. Die konkrete Höhe orientiert sich dann an:
- Dem Ausmaß der Beeinträchtigung
- Der Schwere des Verschuldens des Reiseveranstalters
- Dem gezahlten Reisepreis
Beeinträchtigung einzelner Reisetage
Wenn nur einzelne Reisetage betroffen sind, können Sie einen entsprechenden Teil des Tages-Reisepreises als Entschädigung fordern. In Extremfällen, etwa bei einem Beinahe-Flugzeugabsturz, kann auch bei der Beeinträchtigung einzelner Tage der gesamte Urlaub als beeinträchtigt gelten.
Bemessungsfaktoren
Die Gerichte berücksichtigen bei der Festsetzung der Entschädigungshöhe:
- Den Zeitpunkt der Absage – je kurzfristiger, desto höher die Entschädigung
- Die Art der Reise – besondere Reisen können höhere Entschädigungen rechtfertigen
- Das Verschulden des Veranstalters – vorsätzliches Handeln führt zu höheren Entschädigungen
Das Einkommen oder die Vermögensverhältnisse des Reisenden spielen für die Höhe der Entschädigung keine Rolle, da es sich um einen immateriellen Schadensersatz handelt.
Wie müssen Reisende ihre Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen?
Bei Reisemängeln während einer Pauschalreise müssen Reisende ein mehrstufiges Verfahren einhalten, um ihre Schadenersatzansprüche erfolgreich geltend zu machen.
Unverzügliche Mängelanzeige vor Ort
Die Anzeige der Mängel muss unverzüglich erfolgen, das bedeutet ohne schuldhaftes Zögern und so schnell wie unter den gegebenen Umständen möglich. Melden Sie die Mängel direkt bei der örtlichen Reiseleitung und dokumentieren Sie diese sorgfältig durch:
- Fotos und Videos der Mängel
- Schriftliche Protokolle mit Datum und Uhrzeit
- Kontaktdaten von Zeugen
Dokumentation und Fristenbeachtung
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen müssen zwei wichtige Fristen beachtet werden:
Bei Gepäckschäden gilt eine Sonderfrist von sieben Tagen, bei Gepäckverspätung von 21 Tagen nach Erhalt des Reisegepäcks.
Für alle anderen Reisemängel haben Sie nach aktuellem Recht eine Frist von zwei Jahren nach dem vertraglich vorgesehenen Reiseende. Dennoch ist eine zeitnahe schriftliche Geltendmachung innerhalb von zwei Monaten nach Reiseende empfehlenswert.
Formale Anforderungen der Anspruchsstellung
Das Anspruchsschreiben an den Reiseveranstalter muss folgende Angaben enthalten:
Ihre persönlichen Daten und Reisedaten:
- Name und Anschrift
- Buchungsnummer
- Reisezeitraum
Eine detaillierte Mängelbeschreibung:
- Konkrete Schilderung der aufgetretenen Mängel
- Zeitpunkt und Dauer der Beeinträchtigungen
- Bisherige Abhilfeversuche vor Ort
Bei immateriellen Schäden wie entgangener Urlaubsfreude muss die Beeinträchtigung erheblich sein – als Richtwert gilt hier eine Minderung von mindestens 50% des Reisewertes.
Beweissicherung und Dokumentation
Eine sorgfältige Dokumentation der Mängel ist entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung der Ansprüche. Erstellen Sie eine lückenlose Beweisdokumentation, da sich viele Mängel im Nachhinein kaum mehr stichhaltig belegen lassen. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen auf:
- Schriftverkehr mit der Reiseleitung
- Fotos und Videos der Mängel
- Zeugenaussagen von Mitreisenden
- Ärztliche Atteste bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen
Welche Änderungen der Reiseleistung gelten als erheblich?
Eine Änderung der Reiseleistung gilt als erheblich, wenn sie wesentliche Elemente der Pauschalreise betrifft und den Gesamtzuschnitt der Reise grundlegend verändert.
Zeitliche Änderungen
Bei zeitlichen Änderungen ist die Erheblichkeitsschwelle klar definiert. Während Flugzeitverschiebungen bis zu vier Stunden als unerheblich eingestuft werden, stellt eine Verschiebung des Reisebeginns oder -endes um einen ganzen Tag bereits eine erhebliche Änderung dar. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Sie als Reisender ein Recht haben, auf den ursprünglich gebuchten Reisezeitraum zu bestehen.
Änderungen der Reisequalität
Eine erhebliche Änderung liegt vor, wenn der Reiseveranstalter:
- Das Reiseziel komplett auswechselt
- Die Unterkunftskategorie wesentlich ändert
- Den Abflughafen in eine andere Region verlegt
- Den Gesamtcharakter der Reise verändert
Rechtliche Bewertung
Nach § 651n BGB können Sie bei erheblichen Änderungen Schadensersatz verlangen. Dies gilt insbesondere, wenn die Änderungen zu einer Beeinträchtigung führen, die eine Preisminderung von mehr als 50 Prozent rechtfertigen würde. Bei Mängeln, die eine Preisminderung von mindestens 20 Prozent begründen, steht Ihnen bereits ein Kündigungsrecht zu.
Unzulässige Änderungsvorbehalte
Klauseln in den Reiseunterlagen, die dem Veranstalter nachträgliche erhebliche Änderungen ermöglichen sollen, sind rechtlich unwirksam. Ein genereller Änderungsvorbehalt in den AGB des Reiseveranstalters ist ebenfalls unzulässig. Nur konkret benannte, zumutbare Änderungen, die den Gesamtcharakter der Reise nicht verändern, können vertraglich vorbehalten werden.
Welche Beweise sollten Reisende für Schadenersatzansprüche sichern?
Bei Reisemängeln müssen Sie vor Ort umgehend Beweise sichern, um später Ihre Ansprüche durchsetzen zu können.
Dokumentation der Mängel
Eine lückenlose Beweissicherung umfasst verschiedene Elemente. Fotografieren oder filmen Sie die aufgetretenen Mängel detailliert. Wenn beispielsweise das Hotelzimmer Schimmel aufweist oder die versprochene Meerblick-Suite keinen Meerblick hat, sollten Sie dies bildlich festhalten.
Schriftliche Nachweise
Melden Sie jeden Mangel unverzüglich beim Reiseveranstalter oder dessen Vertretung vor Ort. Die Mängelanzeige ist eine wichtige Obliegenheit, deren Unterlassung zum Ausschluss von Schadensersatzansprüchen führen kann. Lassen Sie sich die Mängelanzeige schriftlich bestätigen.
Zeugenaussagen und weitere Belege
Bitten Sie Mitreisende um schriftliche Bestätigungen der Mängel. Sammeln Sie zudem alle relevanten Unterlagen wie Hotelrechnungen, Belege für Ersatzleistungen oder ärztliche Atteste bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Zeitnahe Dokumentation
Erstellen Sie ein Protokoll mit Datum, Uhrzeit und genauer Beschreibung der Mängel. Bei einer Flugverspätung notieren Sie die tatsächlichen Flugzeiten. Bei mangelhaften Hotelleistungen dokumentieren Sie Art und Dauer der Beeinträchtigungen.
Ein konkreter Nachweis der Mängel ist entscheidend für die spätere Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei Ihnen als Reisendem, weshalb eine sorgfältige Dokumentation unerlässlich ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Pauschalreise
Eine Pauschalreise ist eine vorher festgelegte Kombination von mindestens zwei verschiedenen Reiseleistungen für eine Gesamtreise, typischerweise bestehend aus Transport und Unterkunft. Sie wird zu einem Gesamtpreis angeboten und dauert mehr als 24 Stunden. Geregelt im § 651a BGB bietet sie besonderen Verbraucherschutz, wie etwa Gewährleistungsrechte bei Mängeln. Ein typisches Beispiel ist ein Paket aus Flug und Hotel für einen zweiwöchigen Strandurlaub. Der Reiseveranstalter ist dabei für alle gebuchten Leistungen verantwortlich.
Leistungsstörung
Eine Leistungsstörung liegt vor, wenn der Reiseveranstalter seine vertraglich vereinbarten Pflichten nicht oder nicht wie versprochen erfüllt. Nach §§ 651i ff. BGB handelt es sich um einen Reisemangel, der Ansprüche des Reisenden auslöst. Beispiele sind verspätete Flüge, Hotelzimmermängel oder – wie im Text – die Umbuchung in eine niedrigere Flugklasse. Die Störung muss erheblich sein und vom versprochenen Leistungsumfang abweichen.
Immaterieller Schadenersatz
Dieser Anspruch nach § 651n BGB entschädigt für nicht-materielle Beeinträchtigungen wie entgangene Urlaubsfreude, Ärger oder psychische Belastungen während einer Reise. Anders als bei materiellen Schäden geht es nicht um konkrete Vermögenseinbußen, sondern um den Ausgleich für verdorbene Urlaubsfreude. Im konkreten Fall erhielten die Reisenden 75% des Reisepreises als Entschädigung für den entgangenen Urlaub.
Rücktrittsrecht
Das Rücktrittsrecht bei Pauschalreisen nach § 651h BGB ermöglicht dem Reisenden, sich bei erheblichen Änderungen wichtiger Reiseleistungen kostenlos vom Vertrag zu lösen. Der Reisende erhält dann den vollen Reisepreis zurück. Die Änderungen müssen wesentliche Vertragsbestandteile betreffen, wie im Fall die Flugklasse und Reisedauer. Eine Fristsetzung zur Behebung des Problems ist meist erforderlich.
Reisemangel
Ein Reisemangel nach § 651i BGB liegt vor, wenn die tatsächliche Reiseleistung von der vertraglich vereinbarten abweicht und dadurch den Wert oder die Tauglichkeit der Reise mindert. Der Mangel muss erheblich sein – wie hier die Umbuchung von Premium Economy in Economy und die deutlich längere Reisezeit. Bei Reisemängeln haben Reisende Anspruch auf Abhilfe, Minderung oder Schadensersatz.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 651 BGB: Dieser Paragraph regelt die Rechte des Reisenden im Falle einer erheblichen Änderung der wesentlichen Reiseleistungen nach Vertragsschluss. Er beinhaltet die Möglichkeit für den Reisenden, vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten und eine Entschädigung zu verlangen, ohne dass die Erheblichkeit der Beeinträchtigung detailliert geprüft werden muss, wenn die Änderungen im Raum stehen. In diesem Fall hat der Kläger aufgrund der Abänderungen der ursprünglich gebuchten Premium-Economy-Klasse und der Umbuchung auf einen Flug mit Umsteigeverlangen ein Recht auf Rücktritt und Entschädigung geltend gemacht.
- § 651g BGB: Dieser Paragraph beschreibt die Voraussetzungen für einen Rücktritt des Reisenden bei erheblichen Änderungen der Reiseleistungen. Insbesondere wird auf die Rechte bei Änderung des Reisetitels oder der Flugverbindung eingegangen. Der Kläger hat auf einen Direktflug bestanden, der ihm nun verweigert wurde, was die Voraussetzungen für einen Rücktritt und die Geltendmachung von Entschädigungen nach dieser Regelung erfüllt.
- § 278 Abs. 6 ZPO: Diese Vorschrift betrifft das Verfahren bei einem Vergleichsabschluss im Zivilprozess. Sie ermöglicht die Feststellung eines Vergleichs durch das Gericht, sofern die Parteien einen Einverständnis erreichen. Im vorliegenden Fall könnte ein Vergleich zwischen den Parteien im Hinblick auf die Entschädigung und die entstandenen Unannehmlichkeiten in Betracht gezogen werden.
- § 522 Abs. 2 ZPO: Hier wird die Zurückweisung der Berufung behandelt, wenn diese keine Aussicht auf Erfolg hat. Da der Senat festgestellt hat, dass die Berufung des Klägers nicht ohne Aussicht auf Erfolg sei, ist ein Prozess gegen die Reiseveranstalterin sinnvoll. Dies zeigt, dass die rechtlichen Ansprüche des Klägers fundiert und einer gerichtlichen Überprüfung standhalten können.
- § 128 Abs. 2 ZPO: Diese Vorschrift regelt die Entscheidung in einem schriftlichen Verfahren. Im konkreten Fall hat der Senat signalisiert, dass, wenn die rechtlichen Fragen etwas klarer sind, eine mündliche Verhandlung möglicherweise entbehrlich ist. Dies könnte dazu führen, dass der Rechtsstreit ohne größere mündliche Auseinandersetzungen entschieden wird, was für den Kläger eine schnellere Klärung seiner Ansprüche zur Folge haben könnte.
Weitere Beiträge zum Thema
- Schadensersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit
Der Artikel erläutert, dass Reisende gemäß § 651n Abs. 2 BGB Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld haben, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird. Dies gilt unabhängig vom Einkommen oder der Erwerbstätigkeit des Reisenden. Voraussetzung ist, dass der Reisemangel für den Veranstalter vorhersehbar und vermeidbar war und nicht durch den Reisenden selbst oder höhere Gewalt verursacht wurde. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach Reisepreis, Reisedauer und Grad der Beeinträchtigung. → → Ansprüche auf Entschädigung bei Reiseproblemen - Pauschalreisevertrag – Vereitelung einer Urlaubsreise bei Streit über Reisepreis
In diesem Fall entschied das Landgericht Köln, dass bei einer unberechtigten Leistungsänderung durch den Reiseveranstalter der Reisende zum Rücktritt berechtigt ist und Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit hat. Die Höhe des Schadensersatzes wird in der Regel mit bis zu 50% des Reisepreises bemessen, wobei die genaue Höhe einzelfallabhängig ist. → → Rücktrittsrecht bei unrechtmäßigen Änderungen - Pauschalreisevertrag – Schadensersatz und Minderungsansprüche
Das Landgericht Köln wies eine Klage auf Schadensersatz und Minderung ab, da keine Reisemängel im Sinne von § 651i BGB festgestellt wurden. Unannehmlichkeiten wie Wartezeiten beim Check-in oder die Reinigung eines Hotelzimmers wurden lediglich als allgemeines Lebensrisiko eingestuft. Zudem haftet der Reiseveranstalter nicht für Schäden, die aufgrund des allgemeinen Lebensrisikos eintreten. → → Minderungsansprüche bei Reisemängeln verstehen - Schadensersatzanspruch wegen Vereitelung der Reise
Das Landgericht Frankfurt am Main entschied, dass bei unzulässigen Leistungsänderungen durch den Reiseveranstalter der Reisende zum Rücktritt berechtigt ist und Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude hat. Im vorliegenden Fall wurde eine Entschädigung in Höhe von 50% des Reisepreises als angemessen erachtet. → → Entschädigung für verlorene Urlaubsfreude
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Celle – Az.: 11 U 43/24 – Beschluss vom 04.09.2024
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