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Wer sich in der Nähe einer Immissionsquelle ansiedelt, muss deren Lärm ertragen!

 BGH

Az.: V ZR 246/00

Urteil vom 06.07.2001

Vorinstanzen: OLG Stuttgart – LG Heilbronn


Normen: §§ 906 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; 1004 Abs. 1 BGB

Leitsatz:

Wer sich in Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis einer vorhandenen Immissionsquelle (hier: Industrielärm einer Hammerschmiede) in deren Nähe ansiedelt, ist zwar nicht uneingeschränkt zur Duldung jeglicher Immission verpflichtet, wohl aber zur Duldung derjenigen, die sich in den Grenzen der zulässigen Richtwerte hält.


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2001 für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 5. Juli 2000 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 1. August 1999 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks in G.-F., das sie im Jahr 1990 erworben und mit einem von ihnen bewohnten Einfamilienhaus bebaut haben. Das Grundstück liegt am östlichen Rand eines allgemeinen Wohngebiets. In einer Entfernung von etwa 160 m östlich davon betreibt die Beklagte in einem Industriegebiet seit mehr als 30 Jahren – im jetzigen Umfang seit 1986 – eine behördlich genehmigte Hammerschmiede. Die Betriebszeit beträgt werktäglich acht Stunden, die Einwirkdauer beim Schmieden mit den Riemenfallhämmern ca. zwei bis fünf Stunden. Während der Betriebszeiten sind ganzjährig sämtliche Fenster im Produktionsgebäude geöffnet, im Sommer zusätzlich ein ca. 5 qm großes Tor in der Westfassade.

Das Betriebsgrundstück der Beklagten grenzt an die östliche Seite einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Kreisstraße; zwischen der westlichen Straßenseite und dem Grundstück der Kläger liegt noch ein Gewerbegebiet.

Mit der Behauptung, der Betrieb der Hammerschmiede führe – insbesondere in den Sommermonaten – zu unzumutbaren Lärmimmissionen, die zur Folge hätten, daß es unmöglich sei, sich auf ihrem Grundstück im Freien aufzuhalten, sich zu unterhalten und im Inneren des Wohnhauses während des Betriebs der Hämmer zu schlafen, haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten verlangt, es zu unterlassen, während des Einsatzes von Hämmern, Hammereinrichtungen und anderen Maschinen Tore, Türen, Fenster, Lüftungsklappen oder die Oberlichtverglasung der Werkhalle an der Westseite des Betriebsgeländes offenzuhalten; hilfsweise haben sie die Verurteilung der Beklagten beantragt, geeignete Vorkehrungen dagegen zu treffen, daß von der Hammerschmiede Geräusche ausgehen, weiche die Benutzung des Wohngrundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigen. Das Landgericht hat dem Hauptantrag im wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht sie verurteilt, geeignete Maßnahmen zu treffen, daß beim Einsatz der Riemenfallhämmer keine Geräusche entstehen, welche die Benutzung des Grundstücks der Kläger wesentlich beeinträchtigen, wozu nur solche Maßnahmen geeignet seien, die die auf dem Grundstück gemessenen Immissionspegel um mindestens Delta L größer als 10 dB(A) minderten.

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Nach Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger von der Beklagten nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 862 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 906 BGB die Unterlassung der durch den Betrieb der Riemenfallhämmer verursachten wesentlichen Beeinträchtigungen der Benutzung ihres Grundstücks verlangen. Zwar habe der gerichtlich bestellte Sachverständige eine Überschreitung der nach den Vorschriften der TA-Lärm 1968 und 1998 sowie den VDI-Richtlinien 2058 festgelegten Immissionsrichtwerte nicht festgestellt, weshalb nach § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB eine nur unwesentliche Beeinträchtigung vermutet werde; aber aufgrund seiner bei einem Ortstermin gewonnenen eigenen Empfindungen sieht das Berufungsgericht die Geräusche der Riemenfallhämmer als „schädliche Umwelteinwirkungen“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG an, woraus sich die wesentliche Beeinträchtigung ergebe. Dem stehe der Umstand, daß die Beklagte ihren Betrieb seit mehr als 30 Jahren betreibe, während die Kläger ihr Grundstück erst vor ca. 10 Jahren erworben hätten, nicht entgegen; denn bei der Anwendung des § 906 BGB komme es auf die zeitliche Priorität nicht an. Auch sei die situationsbedingte Vorbelastung des Grundstücks der Kläger bei der Festlegung des maßgebenden Immissionsrichtwerts – anstatt mit 55 dB(A) für allgemeine Wohngebiete hier mit 60 dB(A) für Mischgebiete – ausreichend berücksichtigt. Schließlich folge eine Duldungspflicht der Kläger auch nicht aus § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB; dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Nutzung des Grundstücks der Beklagten überhaupt ortsüblich sei, denn die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht vorgetragen, daß die wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks der Kläger durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen nicht verhindert werden könne.

Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. a) Nicht zu beanstanden – und von der Revision auch nicht angegriffen – ist allerdings, daß das Berufungsgericht seiner Beurteilung das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, zugrunde legt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255; Senatsurt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030) und sich an den Richtwerten der TA-Lärm 1968 und 1998 sowie den VDI-Richtlinien 2058 orientiert.

b) Fehlerfrei stellt das Berufungsgericht auch fest, daß die von dem Betrieb der Beklagten ausgehenden Geräusche auf dem Grundstück der Kläger die für dieses geltenden Richt- und Grenzwerte nicht überschreiten. Zwar weist die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung zutreffend auf den Unterschied zwischen der Impulshaltigkeit gemessener Geräusche und ihrem Informationsgehalt hin, den zwar der Sachverständige, nicht aber das Berufungsgericht beachtet hat. Aber sie räumt ebenso zutreffend ein, daß dieser Umstand nichts an dem Ergebnis ändert.

c) Zu Recht legt das Berufungsgericht seiner Beurteilung den Richtwert. für Mischgebiete zugrunde. Die Rüge der Revision, es habe dabei den Grenzbereich zwischen einem allgemeinen Wohngebiet und einem Industriegebiet nicht beachtet, ist unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall. Das Berufungsgericht ordnet die beiden Gebietscharaktere richtig ein und folgert daraus zu Recht, daß beim Zusammentreffen von Gebieten unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit jede Grundstücksnutzung – wie auch im öffentlichen Baurecht (vgl. BVerwGE 98, 235, 243) – mit einer speziellen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet ist, so daß für die Ermittlung der maßgebenden Richt- und Grenzwerte ein Mittelwert gefunden werden muß (vgl. Senat, BGHZ 121, 248, 254; Senatsurt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 133). Diesen Wert von 60 dB(A) leitet es fehlerfrei – in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen – aus den Ziff. 6.1 und 6.7 der TA-Lärm 1998 her.

d) Im übrigen führte die Festlegung eines höheren Mittelwerts lediglich zu einem stärkeren Unterschreiten des maßgeblichen Richtwerts, ohne daß allein dadurch eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks der Kläger ausgeschlossen wäre; das Einhalten oder Unterschreiten von Richtwerten indiziert nämlich nur die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung (Senatsurt. v. 20. November 1998, aa0). Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgelegt werden. Die Lästigkeit eines Geräuschs, die rechtlich für das Immissionsrecht entscheidend ist, hängt nicht allein von Meßwerten (zumal von Mittelungspegeln), sondern von einer Reihe anderer Umstände ab, für die es auf das eigene Empfinden des Tatrichters ankommt (Senatsurt. v. B. Mai 1992, V ZR 89/91, NJW 1992, 2019). Das hat auch den Gesetzgeber bei der Neufassung des § 906 Abs. 1 BGB durch das Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21. September 1994 (BGBl. 12457) veranlaßt, mit der Formulierung „in der Regel“ in dem neu eingefügten Satz 2 einen gewissen einzelfallbezogenen tatrichterlichen Beurteilungsspielraum zu erhalten (vgl. BTDrucks. 12/7425 S. 88). Deswegen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung im wesentlichen auf das Ergebnis der Augenscheinseinnahme stützt. Es hat dabei festgestellt, daß die Schläge der Riemenfallhämmer ohne Vorankündigung mit voller Intensität einsetzen, ihre zeitliche Dauer unvorhersehbar und die Frequenz sehr unterschiedlich ist. Die Berücksichtigung dieser Besonderheiten, die nach Auffassung des Berufungsgerichts die Lästigkeit der Geräuschimmissionen ausmachen, führt entgegen der Auffassung der Beklagten in ihrer Revisionsbegründung nicht zu einer doppelten Wertung zu Lasten der Beklagten. Zwar hat der Sachverständige diese Eigenart der Geräusche unter Anwendung des Taktmaximalverfahrens wegen ihrer Impulshaltigkeit und mit der Erhebung eines Zuschlags von 6 dB(A) für ihren Informationsgehalt bereits berücksichtigt. Aber das ersetzt nicht das eigene Empfinden des Tatrichters, welches naturgemäß von denselben Geräuschkomponenten bestimmt wird.

e) Bedenken bestehen jedoch dagegen, daß das Berufungsgericht die Einwirkdauer beim Schmieden mit den Riemenfallhämmern nicht weiter in seine Beurteilung einbezieht. Es trifft keine Feststellungen dazu, zu welcher Tageszeit die von ihm als lästig empfundenen Geräusche auftreten. Dabei liegt es auf der Hand, daß auch davon das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ beeinflußt wird. Denn Geräuschimmissionen z.B. in den Abend- und Nachtstunden werden in der Regel als lästiger empfunden als solche am Vormittag; je mehr sie in der Freizeit oder in Ruhezeiten auf das Grundstück des Beeinträchtigten einwirken, desto weniger sind. sie zumutbar.

f) Auch die Vorgehensweise des Berufungsgerichts bei der Augenscheineinnahme begegnet rechtlichen Bedenken. Es hat sich nämlich seinen Eindruck von der Intensität und Lautstärke der Geräusche nicht nur auf dem Grundstück der Kläger verschafft, sondern auch an einem anderen, dem Betrieb der Beklagten näher gelegenen Standort. Dorthin hat es sich zur Kompensation des am Tag der Augenscheineinnahme herrschenden Westwindes begeben, um diejenige Lautstärke zu empfinden, die der Sachverständige bei seiner Messung bei Windstille auf dem Grundstück der Kläger ermittelt hat. Auf die dabei gewonnenen Erkenntnisse stützt es im wesentlichen seine Beurteilung. Das ist jedoch allenfalls dann gerechtfertigt, wenn das Berufungsgericht diese Vorgehensweise entweder aufgrund eigener Sachkunde oder nach sachverständiger Beratung gewählt hat. Entsprechende Darlegungen fehlen in dem angefochtenen Urteil. Außerdem weist die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung zutreffend darauf hin, daß die Messung des Sachverständigen auf dem Grundstück der Kläger einen Spitzenwert von ca. 61 dB(A) ergeben hat, das Berufungsgericht sich jedoch bei der Augenscheineinnahme dem Betrieb der Beklagten so weit genähert hat, bis das Meßgerät des Sachverständigen die Geräusche der Riemenfallhämmer mit 56-64 dB(A) anzeigte. Auch insoweit fehlen in dem Berufungsurteil Darlegungen zur Vergleichbarkeit der Wahrnehmung der verschiedenen Lautstärken.

2. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung. Das Berufungsurteil kann jedenfalls deswegen keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht den Umstand, daß die Beklagte die Hammerschmiede schon seit über 30 Jahren betreibt und die Kläger das betroffene Grundstück erst vor etwa 10 Jahren erworben haben, nicht ausreichend berücksichtigt.

a) Zutreffend ist allerdings, daß nach der Rechtsprechung des Senats, die in der Kommentarliteratur Zustimmung gefunden hat, dem Gedanken der zeitlichen Priorität – anders als im Rahmen des sekundären Rechtsschutzes nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB (BGHZ 59, 378, 384 f) – beim primären Rechtsschutz nach §§ 906 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 1004 Abs. 1 BGB grundsätzlich keine Bedeutung zukommt (BGHZ 15, 146, 148; Urt. v. 6. Juni 1969, V ZR 53/66, LM BGB § 906 Nr. 32; Urt. v. 22. Oktober 1976, V ZR 36/75, NJW 1977, 146 [insoweit nicht in BGHZ 67, 252 ff. abgedruckt]; MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 906 Rdn. 93; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 906 Rdn. 51; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 906 Rdn. 28; Soergel/Baur, BGB, 12. Aufl., § 906 Rdn. 92). Maßgeblich für die Beurteilung, ob Immissionen die Benutzung eines Nachbargrundstücks wesentlich beeinträchtigen, ist nämlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Allerdings hat der Senat auch wiederholt klargestellt, daß dies nur in dem Sinne gilt, daß die zeitliche Priorität dem Störer keinen Rechtfertigungsgrund für die Eigentumsbeeinträchtigung des Nachbarn liefert (BGHZ 60, 235, 242; 135, 235, 241).

b) Andererseits hat der Senat in dem Jugendzeltplatz-Fall (BGHZ 121, 248, 254) aber auch betont, daß der Grundstückseigentümer, der sich im Grenzbereich von Gebieten mit verschiedener Qualität und Schutzwürdigkeit als erster ansiedelt, keinen Anspruch darauf hat, daß im angrenzenden Bereich eine emittierende Nutzung in Zukunft unterbleibt. Den darin liegenden Gedanken der Mitverantwortung des beeinträchtigten Eigentümers für die spätere

vorhersehbare Konfliktlage hat der Senat in seinem Tennisplatz-PappelwurzelFall (BGHZ 135, 235, 241) aufgegriffen und in den Vordergrund gestellt. Er ist die Folge der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im Nachbarrecht gilt. Aus ihm hat das Reichsgericht das sog._ nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis entwickelt; der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung übernommen und weitergebildet. Zwar ergeben sich, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont hat, die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn in erster Linie aus den gesetzlichen Bestimmungen des Nachbarrechts; sie haben dort eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Deshalb begründet der Gedanke von Treu und Glauben keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus. Aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis entspringt nämlich die Pflicht zu gesteigerter gegenseitiger Rücksichtnahme, die in Ausnahmefällen dazu führen kann, daß die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig wird (s. zu allem Senat, BGHZ 68, 350, 353 f; 88, 344, 351; 113, 384, 389; Senatsurt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634, jew. m.w.N.). Das gilt auch hier.

3. Die Beklagte betreibt die Hammerschmiede seit mehr als 30 Jahren auf ihrem in einem Industriegebiet liegenden Grundstück; der Produktionsablauf ist seit 1986 unverändert, so daß die auf die Umgebung einwirkenden Geräuschimmissionen seitdem ebenfalls unverändert sind; der Betrieb ist behördlich genehmigt; die auf das Grundstück der Kläger einwirkenden Geräuschimmissionen dauern werktäglich zwei bis fünf Stunden; die für das Grundstück der Kläger maßgeblichen Geräuschimmissionsrichtwerte werden nicht überschritten; die Kläger haben ihr insoweit situationsbelastetes Grundstück im Jahr 1990 erworben und mit dem Wohnhaus bebaut. Sie kannten die Geräuscheinwirkungen, die sie jetzt abwehren wollen, oder sie hätten sie zumindest kennen können. Das gilt auch dann, wenn sie sich – worauf ihr Prozeßbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat – darauf verlassen haben, daß die Beklagte die ihr in öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erteilten Auflagen einhielt. Denn insoweit kommt es nicht auf die Nr. 9 der Allgemeinen Bedingungen zu der Genehmigung des Landratsamts H. vom 24. August 1965 (Ausführung der Fensterfront der Westseite des Produktionsgebäudes als Doppelverglasung – Mindestabstand der beiden Glasfronten 5 cm – oder in entsprechend starken Glasbausteinen), sondern auf die den Lärmschutz konkretisierende Nr. 27 der Nebenbestimmungen zu der Entscheidung des Landratsamts H. vom 18. August 1986 an. Darin wird von der Beklagten nur verlangt, durch bauliche Maßnahmen sicherzustellen, daß der Beurteilungspegel der Geräuschimmissionen – gemessen 0,5 m vor den geöffneten, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenstern der zum Wohnen bestimmten Nachbargebäude – u.a. den hier maßgeblichen Wert für Mischgebiete von 60 dB (A) nicht überschreitet. Dieser Wert wird nach den Messungen des Sachverständigen jedoch eingehalten, obwohl die Fenster in dem Produktionsgebäude der Beklagten geöffnet sind. Den Klägern war es möglich, sich auf diese Situation einzustellen und entweder von der Ansiedelung Abstand zu nehmen oder eigene Vorkehrungen zum Schutz gegen die Geräuschimmissionen zu treffen. Beides haben sie nicht getan, sondern gleichsam „sehenden Auges“ die absehbaren Beeinträchtigungen in Kauf genommen. Das führt im Rahmen der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme zu einer gesteigerten Duldungspflicht, nachdem die Beklagte der ihr obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme dadurch nachgekommen ist, daß sie ihren Betrieb so eingerichtet S. 19; Hagen, Festschrift für Medicus, S. 161, 174; Ketteler, Sportanlagenlärmschutzverordnung, S. 323 f; Matz, Geräuschimmissionen durch Tennisanlagen, S. 133 f; Pikart, Umwelteinwirkungen durch Sportanlagen, Rechtsgutachten, S. 33 f).

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5. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, ist die Sache zur Endentscheidung reif, so daß auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

 

 

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