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Gebühren eines Immobilienfonds als Werbekosten?

BUNDESFINANZHOF
Az.: IX R 10/96

Urteil vom 8. Mai 2001

Vorinstanz: FG Nürnberg


Leitsätze:

Dem Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten, die ein Anleger, der sich an einem Immobilienfonds beteiligt, als „Gebühren“ für in gesonderten Verträgen vereinbarte Dienstleistungen (z.B. Mietgarantie, Treuhänderleistung) entrichtet, steht § 42 AO 1977 entgegen, wenn aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller Verträge diese Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des Eigentums an der bezugsfertigen Immobilie stehen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

Normen:

AO 1977 § 42
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1


Gründe

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Gesellschafter eines in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds (im Folgenden: GbR). Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen (Treuhandgebühren, Gebühren für die Übernahme von Notar- und Gerichtskosten, Mietgarantiegebühr) der Kläger als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für den Veranlagungszeitraum 1991 (Streitjahr).

Mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Januar 1991 erwarben die zwischenzeitlich mit und zur Firma der Klägerin zu 1 verschmolzene X-GmbH sowie der Kläger zu 2 Grundstücksflächen in W, auf denen ein Selbstbedienungsmarkt (SB-Markt) errichtet und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vermietet werden sollte.

Zu diesem Zweck haben die X-GmbH und der Kläger zu 2 –als Vermieter– stellvertretend für den noch zu benennenden Erwerber der Immobilie mit der Y-KG –als Mieter– am 5. November 1990 einen Vertrag betreffend die Vermietung des noch zu erstellenden SB-Marktes abgeschlossen. Darin verpflichteten sich die Vermieter, auf dem –noch zu erwerbenden– Grundstück in W entsprechend den Vorgaben der Mieterin ein Supermarktgebäude zu errichten. Der für die Dauer von 15 Jahren abgeschlossene Mietvertrag kann durch schriftliche Erklärung der Mieterin dreimal um jeweils 5 Jahre verlängert werden.

Im Februar 1991 beantragten die Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 2 die Baugenehmigung für den Neubau eines SB-Marktes mit 47 PKW-Einstellplätzen auf dem erworbenen Baugrundstück. Die Baugenehmigung wurde mit Bescheid des zuständigen Landratsamts vom 16. September 1991 erteilt.

Am 4. November 1991 gründeten die Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 2 durch schriftlichen Gesellschaftsvertrag die GbR, deren Zweck in der Errichtung, der Vermietung und der Verwaltung der Fondsimmobilie liegt. Die Gründungsgesellschafter, die Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 2, sind berechtigt, ihre Gesellschaftsanteile durch privatschriftlichen Vertrag ohne Zustimmung weiterer Gesellschafter jederzeit an einen Dritten unter der Voraussetzung zu veräußern, dass diese Dritten die Verpflichtungen der Gründungsgesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag übernehmen und den Gesellschaftsvertrag in vollem Umfang anerkennen. Geschäftsführerin der GbR ist die Klägerin zu 1.

Unter dem 5. November 1991 wurde zwischen der GbR –als Treugeberin– und der Z-OHG –als Treuhänderin– ein Treuhand- und Garantievertrag abgeschlossen. Darin hat die GbR die Treuhänderin u.a. mit der Wahrnehmung und Vertretung ihrer Interessen beauftragt. Im Rahmen der Treuhandabwicklung hat die Treuhänderin für die Treugeberin unter dem 5. November 1991 eine Reihe von Verträgen mit der Klägerin zu 1 –insbesondere einen Generalübernehmervertrag, der die schlüsselfertige Erstellung der Fondsimmobilie durch die Klägerin zu 1 zum Gegenstand hat, einen Kostenersatz- und Höchstpreis-Garantievertrag, einen Mietgarantievertrag, einen Vermittlungsvertrag für die Endfinanzierung und einen Ausbietungsgarantievertrag– abgeschlossen.

Ebenfalls am 5. November 1991 hat der Kläger zu 2 aus seinem Gesellschaftsanteil Anteile an die Kläger zu 3 bis 6 veräußert und abgetreten. Die Kläger zu 3 bis 6 sind als Neugesellschafter der GbR beigetreten.

In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für den Veranlagungszeitraum 1991 machten die Kläger als Gesellschafter der GbR Aufwendungen für die Mietgarantie, Treuhandgebühren sowie Gebühren für die Übernahme der Notar- und Gerichtskosten als Werbungskosten geltend. Die genannten Aufwendungen wurden nicht auf die Gründungsgesellschafter –die Klägerin zu 1 sowie den Kläger zu 2–, sondern lediglich auf die Neugesellschafter –die Kläger zu 3 bis 6– verteilt und bei diesen als Sonderwerbungskosten behandelt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte die genannten Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 848 veröffentlichten Urteil die Auffassung, dass die GbR nicht Bauherrin, sondern Erwerberin eines mit einem SB-Markt bebauten Grundstücks sei, da sie das Baugeschehen nicht beherrscht und ein Baukostenrisiko nicht getragen habe. Aus diesem Grund stellten die streitigen Aufwendungen Anschaffungskosten der Fondsimmobilie dar, da es sich insoweit lediglich um gesondert ausgewiesene Rechnungsposten des Erwerbspreises handele, die die GbR nicht habe abwählen können.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Feststellungsbescheid unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. April 1993 dahingehend zu ändern, dass die strittigen Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet; sie ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Die rechtliche Beurteilung des FG, dass die streitigen Aufwendungen für die Übernahme der Treuhandschaft, für die Übernahme von Notar- und Gerichtskosten sowie für die Mietgarantie nicht als Werbungskosten sofort abziehbar seien, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

a) Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299; vom 11. Januar 1994 IX R 82/91, BFHE 174, 127, BStBl II 1995, 166) entschieden, dass Anleger, die sich an Immobilienfonds der im Streitfall zu beurteilenden Art beteiligen, regelmäßig nicht als Bauherren, sondern als Erwerber des bebauten Grundstücks zu beurteilen sind.

Die Kläger haben sich zu einer GbR zusammengeschlossen, deren Zweck in der Errichtung, der Vermietung und der Verwaltung der Fondsimmobilie bestand. Rechtliche Grundlage des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses war ein Bündel von vorformulierten Verträgen, mit deren Abschluss sich die Kläger an der Fondsgesellschaft beteiligt haben. Die –von einer Treuhänderin abgeschlossenen– Verträge konnten nur in ihrer Gesamtheit zu dem von den Klägern erstrebten Ziel, einen SB-Markt zu errichten und zu vermieten, führen. Eine Möglichkeit der Kläger zu 3 bis 6, auf die Planung und Durchführung des Bauvorhabens Einfluss zu nehmen und damit das Baugeschehen zu beherrschen, bestand dabei praktisch nicht; hinsichtlich der Planung des Bauvorhabens bestand sie schon deshalb nicht, weil diese –durch Erteilung der Baugenehmigung für das Fondsobjekt– im Zeitpunkt der Gründung der GbR bereits abgeschlossen war. Daneben waren die Kläger zwar grundsätzlich berechtigt, Änderungen der Baubeschreibung vorzunehmen (vgl. § 8 Nr. 2 des Generalübernehmervertrages), jedoch konnte andererseits der Generalübernehmer (die Klägerin zu 1) ohne Rücksprache mit den Klägern zu 3 bis 6 auf Wunsch des Mieters bzw. in Abstimmung mit dem Mieter Änderungen an den Plänen und der Baubeschreibung vornehmen, soweit diese Änderungen den Wert des Objekts nicht minderten (vgl. § 3 Nr. 4 des Generalübernehmervertrages). Eine Möglichkeit der Kläger zu 3 bis 6, auf die Durchführung des Bauvorhabens Einfluss zu nehmen, bestand danach allenfalls theoretisch. Vor diesem Hintergrund ist die Würdigung des FG, dass die Kläger das Baugeschehen nicht beherrscht und ein Baukostenrisiko nicht getragen haben, jedenfalls möglich und deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

b) Sind die Kläger zu 3 bis 6 demnach nicht als Bauherren, sondern als Erwerber eines bebauten Grundstücks zu beurteilen, so steht § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) dem Abzug solcher Aufwendungen als Werbungskosten entgegen, die zwar in gesonderten Verträgen als „Gebühren“ für einzelne Dienstleistungen (im Streitfall: Erteilung der Mietgarantie, Treuhänderleistungen, Übernahme der Notar- und Gerichtskosten) vereinbart werden, die aber aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller Verträge regelmäßig in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des Eigentums an der bezugsfertigen Immobilie stehen. Die gesondert vereinbarten „Gebühren“ geben die wirtschaftliche Veranlassung nicht zutreffend wieder; sie lassen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort abziehbarer Ausgaben erklären und sind deshalb missbräuchlich i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977.

Dementsprechend hat der BFH die Vorschrift des § 42 AO 1977 in Fällen der vorliegenden Art schon bisher angewendet, wenn die gesondert vereinbarten Entgelte nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1985 IX R 107/82, BFHE 145, 351, BStBl II 1986, 217; vom 1. Dezember 1987 IX R 170/83, BFHE 152, 101, und in BFHE 174, 127, BStBl II 1995, 166). Die angemessene Gestaltung i.S. des § 42 Satz 2 AO 1977 bestünde in derartigen Fällen in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises, so dass die strittigen „Gebühren“ wie Anschaffungskosten zu werten sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299).

c) Nach diesen Grundsätzen hat das FG die Aufwendungen für die Treuhandtätigkeit des Treuhänders zu Recht nicht als sofort abziehbare Werbungskosten beurteilt. Eine Aufspaltung dieser Aufwendungen in solche, die auf den Erwerb des Fondsobjektes gerichtet sind und solche, die auf die treuhänderische Vertretung des Beteiligten entfallen, kommt nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299).

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Zutreffend hat das FG auch die Aufwendungen für die Übernahme von Notar- und Gerichtskosten nicht als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt. Auch wenn es sich insoweit u.a. um Kosten im Zusammenhang mit der Finanzierung und der Besicherung des Objektes handelt, bilden diese Aufwendungen schon deshalb keine sofort abziehbaren Werbungskosten, weil es sich nach den insoweit getroffenen bindenden Feststellungen des FG nicht um Leistungen gehandelt hat, die die Kläger hätten abwählen können oder deren Nichtinanspruchnahme das Gesamtentgelt ermäßigt hätte.

Entsprechendes gilt für die Aufwendungen zur Übernahme der Mietgarantie; die vertraglichen Regelungen sehen insoweit keine Abwahlmöglichkeit vor. Zudem fehlt es schon an einer den Aufwendungen entsprechenden wirtschaftlichen Gegenleistung, wenn eine Fondsimmobilie für einen bestimmten Mieter errichtet wird, mit dem bereits vor dem Beitritt der Kläger ein Mietvertrag geschlossen wurde und die darin vereinbarte Festmietzeit von 15 Jahren die Dauer der Mietgarantie von 10 Jahren deutlich übersteigt.

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