Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Immobilienkaufvertrag: Wichtige Aspekte für Investoren und Mieterträge erläutert
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Bedeutung haben Zusicherungen im Kaufvertrag für spätere Mängelansprüche?
- Wie können Käufer Sachmängel rechtssicher dokumentieren und nachweisen?
- Welche Schadensersatzansprüche bestehen bei falschen Zusicherungen des Verkäufers?
- Ab welchem Zeitpunkt müssen Mängel geltend gemacht werden?
- Welche Rolle spielt die Beweislastverteilung bei Sachmängeln?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
- Datum: 06.11.2023
- Aktenzeichen: 12 U 84/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Kaufrecht, Baurecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Gesellschaft, die als Käuferin einer Immobilie auftritt und Ansprüche wegen Sachmängeln an besagter Immobilie geltend macht. Die Klägerin argumentiert, dass die Immobilie aufgrund des Fehlens einer Baugenehmigung für das Dachgeschoss mangelhaft ist und deshalb Minderungsansprüche bestehen.
- Beklagte: Die Verkäuferin der Immobilie, die behauptet, dass ein vertraglicher Ausschluss der Sachmängelhaftung wirksam sei und keine Beschaffenheitsvereinbarung bestehe. Sie bestreitet Vorsatz oder Arglist und weist auf die bestehende Vermietung aller Wohneinheiten hin.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Es handelt sich um einen Streit um eine Immobilie, bei der die Klägerin geltend macht, dass die Immobilie hinsichtlich ihrer Vermietbarkeit mangelhaft sei, da für die Dachgeschosswohnung keine Baugenehmigung vorliege. Die Immobilie wurde als Mehrfamilienhaus mit acht vermietbaren Einheiten verkauft, was nicht dem tatsächlichen Zustand entspricht.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob das Fehlen einer Baugenehmigung des Dachgeschosses als Sachmangel gilt und ob ein vertraglicher Ausschluss der Sachmängelhaftung diesen Mangel abdeckt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 108.793,54 Euro zuzüglich Zinsen ab dem 23. September 2022 sowie 2.571,17 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ebenfalls ab diesem Datum zu zahlen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass das Fehlen der Baugenehmigung für das Dachgeschoss einen Sachmangel darstellt und somit die vereinbarte Beschaffenheit der Immobilie verletzt wurde. Daher ist der Anspruch auf Minderung des Kaufpreises berechtigt. Der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung greift nicht, da eine Beschaffenheitsvereinbarung besteht.
- Folgen: Die Beklagte muss die Minderungsbeträge und vorgerichtlichen Kosten tragen. Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer klaren Beschaffenheitsvereinbarung in Immobilienkaufverträgen und den begrenzten Umfang von Haftungsausschlüssen bei individuell vereinbarten Beschaffenheiten. Die Revision wurde nicht zugelassen, sodass das Urteil endgültig ist.
Immobilienkaufvertrag: Wichtige Aspekte für Investoren und Mieterträge erläutert
Der Immobilienkaufvertrag stellt eine zentrale Grundlage für jeden Eigentumserwerb dar und regelt nicht nur den Kaufpreis, sondern auch zahlreiche weitere wichtige Aspekte der Vermietung. Besonders für Investoren und Käufer von Renditeimmobilien sind Mieterträge von entscheidender Bedeutung. Diese können als Beschaffenheitsvereinbarung im Vertrag festgehalten werden und beeinflussen die wirtschaftliche Rentabilität einer Immobilie.
Insbesondere bei der Immobilienbewertung spielen Mietverhältnisse und deren rechtliche Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle. Eine klare und rechtssichere Regelung zu Fragen wie Kaufpreisfälligkeit, Nebenkosten und Schadensersatzansprüchen ist essenziell für die erfolgreiche Immobilieninvestition. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte beleuchtet und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Wasserschaden im Keller: Käuferin erhält Kostenerstattung für mangelhafte Abdichtung
Ein Streit um einen undichten Keller beschäftigte das Landgericht Coburg. Die Käuferin einer Immobilie hatte die Verkäufer auf Schadensersatz in Höhe von 16.000 Euro verklagt, da die im Kaufvertrag zugesicherte Trockenheit des Kellers nicht gegeben war.
Fehlende Horizontalsperre führt zu erheblichen Feuchtigkeitsschäden
Nach dem Einzug stellte die Käuferin massive Feuchtigkeitsschäden im Kellerbereich fest. Eine Untersuchung ergab, dass die im Kaufvertrag ausdrücklich zugesicherte Horizontalsperre zur Abdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit fehlte. Die Verkäufer hatten im Kaufvertrag erklärt, dass „keine Feuchtigkeit im Keller“ vorhanden sei und eine „Horizontalsperre eingebaut“ wurde.
Gericht bestätigt Anspruch auf Schadensersatz
Das Landgericht Coburg gab der Klage der Käuferin weitgehend statt. Die Richter stellten fest, dass die fehlende Horizontalsperre einen erheblichen Sachmangel darstellt. Die Verkäufer hätten durch ihre Zusicherung im Kaufvertrag eine Garantie für die Trockenheit des Kellers übernommen. Diese Zusicherung erwies sich als falsch, wodurch die Verkäufer nach § 444 BGB verschuldensunabhängig für den entstandenen Schaden haften.
Verkäufer müssen Sanierungskosten tragen
Das Gericht sprach der Käuferin einen Schadensersatz in Höhe von 13.000 Euro zu. Diese Summe entspricht den Kosten für den nachträglichen Einbau einer Horizontalsperre durch ein spezialisiertes Fachunternehmen. Die Verkäufer müssen zudem die Kosten für ein privates Sachverständigengutachten in Höhe von 1.000 Euro übernehmen, da dieses für die Feststellung des Mangels erforderlich war. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen.
Beweislast liegt bei den Verkäufern
Das Gericht betonte, dass die Verkäufer sich nicht darauf berufen können, vom Fehlen der Horizontalsperre nichts gewusst zu haben. Durch die ausdrückliche Zusicherung im Kaufvertrag hätten sie das Risiko für die Richtigkeit ihrer Angaben übernommen. Die Beweislast für das Vorhandensein der zugesicherten Eigenschaft liegt bei den Verkäufern. Da sie den Nachweis einer vorhandenen Horizontalsperre nicht erbringen konnten, müssen sie für die Kosten der nachträglichen Installation aufkommen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass eine im Kaufvertrag enthaltene Mieterliste mit konkreten Angaben zu Wohneinheiten als verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung gilt – auch wenn der Vertrag einen allgemeinen Gewährleistungsausschluss enthält. Fehlt für eine der aufgeführten Wohneinheiten eine erforderliche Baugenehmigung, liegt ein Sachmangel vor, der trotz Gewährleistungsausschlusses zu Minderungsansprüchen führt. Die Minderung bemisst sich prozentual am Anteil der mangelhaften Wohneinheit an den Gesamtmieteinnahmen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Immobilienkäufer können Sie sich auf Angaben zu Wohneinheiten und deren Vermietbarkeit in der Kaufvertragsdokumentation verlassen – diese gelten als verbindliche Zusicherung, selbst wenn der Vertrag einen Gewährleistungsausschluss enthält. Fehlen notwendige Genehmigungen für eine der Wohneinheiten, haben Sie das Recht auf eine erhebliche Kaufpreisminderung, auch wenn die Wohnung tatsächlich vermietet ist. Die Minderung orientiert sich am Anteil der betroffenen Wohnung an den Gesamtmieteinnahmen und umfasst auch anteilige Nebenkosten wie Makler- und Notargebühren.
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Wenn Sie als Käufer einer Immobilie von fehlenden Genehmigungen oder Abweichungen von der vereinbarten Mieterliste betroffen sind, kann dies weitreichende finanzielle Folgen haben. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre Vertragsdokumentation und prüfen, ob Ihnen Minderungsansprüche zustehen – auch bei bestehendem Gewährleistungsausschluss. Lassen Sie uns gemeinsam die rechtlichen Möglichkeiten für Ihre spezifische Situation ausloten. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Bedeutung haben Zusicherungen im Kaufvertrag für spätere Mängelansprüche?
Eine Zusicherung im Kaufvertrag stellt eine verbindliche Vereinbarung über bestimmte Eigenschaften der Kaufsache dar. Wenn der Verkäufer eine Eigenschaft ausdrücklich zusichert, haftet er für deren Vorhandensein – selbst wenn im Vertrag ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Rechtliche Grundlagen der Zusicherung
Die zugesicherte Eigenschaft muss vom Verkäufer als verbindlich gewollt sein. Dies kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung oder einer Garantieerklärung ergeben. Eine Zusicherung liegt nicht nur bei ausdrücklicher Nennung im Kaufvertrag vor, sondern kann sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen ergeben.
Haftung bei fehlenden zugesicherten Eigenschaften
Fehlt eine zugesicherte Eigenschaft, stehen dem Käufer umfangreiche Rechte zu:
- Rücktritt vom Kaufvertrag mit vollständiger Rückabwicklung
- Kaufpreisminderung bei Wertminderung durch den Mangel
- Schadensersatz einschließlich Folgekosten wie Reparaturen oder Gutachten
Abgrenzung zur normalen Beschaffenheitsangabe
Eine bloße Beschreibung der Beschaffenheit unterscheidet sich rechtlich von einer Zusicherung. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass bei einer Zusicherung der Verkäufer eine besondere Einstandspflicht für das Vorhandensein der Eigenschaft übernimmt. Dies ist besonders relevant bei Immobiliengeschäften, wo etwa die Zusicherung bestimmter Eigenschaften wie „keine ausstehenden Erschließungskosten“ oder „Baugrundstück“ weitreichende Folgen haben kann.
Verhältnis zum Gewährleistungsausschluss
Ein im Kaufvertrag vereinbarter Gewährleistungsausschluss – etwa durch Formulierungen wie „gekauft wie gesehen“ – erfasst nicht die zugesicherten Eigenschaften. Die Zusicherung setzt sich als speziellere Regelung durch und führt dazu, dass der Verkäufer trotz Gewährleistungsausschluss für diese spezifische Eigenschaft haftet.
Wie können Käufer Sachmängel rechtssicher dokumentieren und nachweisen?
Sofortige Dokumentation bei Entdeckung
Bei der Entdeckung eines Mangels ist eine umfassende und systematische Dokumentation entscheidend. Fertigen Sie detaillierte Fotos und Videos des Mangels an, die den Schaden und dessen Ausmaß deutlich zeigen. Erstellen Sie zudem eine schriftliche Beschreibung des Mangels, einschließlich Art, Umfang und Zeitpunkt der Entdeckung.
Professionelle Begutachtung
Ein zertifizierter Bausachverständiger kann den Mangel fachkundig bewerten und ein gerichtsverwertbares Gutachten erstellen. Der Sachverständige dokumentiert nicht nur den Schaden, sondern kann auch:
- Die Schadensursache identifizieren
- Den Zeitpunkt der Schadensentstehung eingrenzen
- Die voraussichtlichen Sanierungskosten beziffern
Rechtssichere Mängelanzeige
Die Mängelanzeige sollte formal und nachweisbar erfolgen. Versenden Sie diese per Einschreiben mit Rückschein oder als digital signiertes PDF per E-Mail. Die Anzeige muss eine präzise Beschreibung des Mangels und eine angemessene Frist zur Nacherfüllung enthalten.
Beweissicherung für Rechtsstreitigkeiten
Für eine erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen müssen Sie als Käufer nachweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe der Immobilie vorlag. Dokumentieren Sie daher bei der Schlüsselübergabe den Zustand der Immobilie in einem detaillierten Übergabeprotokoll. Ziehen Sie wenn möglich Zeugen hinzu.
Arglistige Täuschung
Bei einem Verdacht auf arglistige Täuschung tragen Sie als Käufer die Beweislast für sämtliche Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen. Ein Sachverständigengutachten kann dabei helfen nachzuweisen, dass der Verkäufer vom Mangel gewusst haben muss.
Welche Schadensersatzansprüche bestehen bei falschen Zusicherungen des Verkäufers?
Bei falschen Zusicherungen des Verkäufers einer Immobilie können Sie als Käufer umfangreiche Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Verkäufer haftet für vorsätzlich falsche Angaben über Eigenschaften der Immobilie oder das vorsätzliche Verschweigen von Mängeln.
Arten der Schadensersatzansprüche
Als Vertrauensschaden können Sie den Betrag verlangen, um den Sie die Immobilie zu teuer erworben haben. Dies bedeutet, Sie erhalten die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der Immobilie und dem gezahlten Kaufpreis.
Bei arglistig verschwiegenen Mängeln steht Ihnen sogar ein Recht auf vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags zu. Dies gilt selbst dann, wenn im Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart wurde.
Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche
Der Schadensersatzanspruch setzt voraus:
- Ein wirksamer Kaufvertrag muss vorliegen
- Eine Pflichtverletzung durch den Verkäufer muss nachweisbar sein
- Der Verkäufer muss schuldhaft gehandelt haben
- Ein konkreter Schaden muss entstanden sein
Umfang des Schadensersatzes
Der Schadensersatz kann verschiedene Positionen umfassen:
Sie können die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten auch dann verlangen, wenn Sie die Mängel noch nicht beseitigt haben. Der Bundesgerichtshof hat bestätigt, dass Sie als Käufer einer Immobilie diese sogenannten fiktiven Mängelbeseitigungskosten einklagen können.
Der Schadensersatzanspruch umfasst auch die Kosten für die Durchsetzung Ihrer Rechte. Wenn Sie einen technischen Sachverständigen zur Feststellung der Schäden benötigen, sind auch diese Kosten erstattungsfähig.
Durchsetzung der Ansprüche
Für die erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist es wichtig, dass Sie die Schäden sorgfältig dokumentieren. Ein technischer Sachverständiger sollte die Mängel im Einzelnen feststellen und beziffern.
Bei der Berechnung des Schadensersatzes ist zu beachten: Die Umsatzsteuer können Sie erst dann geltend machen, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Sie können jedoch gerichtlich feststellen lassen, dass der Verkäufer Ihnen weitere Schäden aus dem Schadensereignis ersetzen muss.
Ab welchem Zeitpunkt müssen Mängel geltend gemacht werden?
Die gesetzliche Verjährungsfrist für Mängel an Bauwerken beträgt fünf Jahre ab Übergabe der Immobilie. Bei unbebauten Grundstücken gilt eine kürzere Frist von zwei Jahren ab Übergabe.
Besonderheiten bei arglistig verschwiegenen Mängeln
Wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis des Käufers von dem Mangel. In diesem Fall beträgt die reguläre Verjährungsfrist drei Jahre, gerechnet ab dem Ende des Jahres, in dem der Käufer den Mangel und die arglistige Täuschung entdeckt hat.
Maximale Verjährungsfristen
Die absolute Obergrenze für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen arglistig verschwiegener Mängel liegt bei zehn Jahren ab Übergabe der Immobilie. Bei Rechtsmängeln, die im Zusammenhang mit dinglichen Rechten oder im Grundbuch eingetragenen Rechten stehen, gilt sogar eine Verjährungsfrist von 30 Jahren.
Hemmung und Unterbrechung der Verjährung
Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse gehemmt oder unterbrochen werden. Dies geschieht beispielsweise durch:
- Die Einreichung eines Mahnbescheids
- Eine Klageerhebung
- Einen Nacherfüllungsversuch des Verkäufers
Wenn Sie einen Mangel entdecken, müssen Sie diesen unverzüglich dem Verkäufer anzeigen. Bei der Mängelanzeige sollten Sie den Mangel detailliert beschreiben und dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Die Frist muss dabei so bemessen sein, dass der Verkäufer den Mangel prüfen und beseitigen kann.
Bei einem Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag können Sie Mängelrechte nur geltend machen, wenn:
- Eine bestimmte Beschaffenheit im Kaufvertrag vereinbart wurde
- Der Mangel zwischen notarieller Beurkundung und Besitzübergang entstanden ist
- Der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat
Welche Rolle spielt die Beweislastverteilung bei Sachmängeln?
Die Beweislastverteilung bei Sachmängeln folgt einem klaren Grundprinzip: Der Käufer muss grundsätzlich das Vorliegen eines Mangels und dessen Bestehen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs beweisen. Wenn Sie als Käufer einen Mangel geltend machen, müssen Sie auch nachweisen, dass dieser bereits bei der Übergabe der Immobilie vorlag.
Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf
Bei beweglichen Sachen gilt seit 2022 eine wichtige Erleichterung für Verbraucher: Zeigt sich innerhalb eines Jahres nach Übergabe ein Mangel, wird vermutet, dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Immobilien.
Besonderheiten bei versteckten Mängeln
Bei versteckten Mängeln an Immobilien gelten spezielle Regeln. Wenn Sie als Käufer einen versteckten Mangel entdecken, müssen Sie beweisen, dass der Verkäufer diesen kannte und vorsätzlich verschwieg. Dies kann durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, das belegt, dass der Mangel bereits vor dem Hauskauf bestand.
Bedeutung von Verkäufererklärungen
Eine Erklärung des Verkäufers im Kaufvertrag, dass „keine unsichtbaren Mängel bekannt“ seien, ändert nichts an der Beweislastverteilung. Die Beweislast verbleibt beim Käufer, auch wenn der Verkäufer eine solche Erklärung abgegeben hat. Dies hat der Bundesgerichtshof in einer wegweisenden Entscheidung klargestellt.
Sekundäre Darlegungslast
Bei der Beweisführung gibt es eine wichtige Erleichterung: Wenn Sie als Käufer behaupten, nicht über einen Mangel aufgeklärt worden zu sein, muss der Verkäufer konkret darlegen, wann und wie er Sie informiert hat. Diese sekundäre Darlegungslast bedeutet, dass der Verkäufer den Inhalt, Ort und Zeitpunkt der angeblich erteilten Informationen genau beschreiben muss.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachmangel
Ein Sachmangel liegt vor, wenn eine Kaufsache nicht die vereinbarte oder zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Nach §434 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Bei Immobilien können dies beispielsweise Feuchtigkeitsschäden, fehlende zugesicherte Eigenschaften oder versteckte Baumängel sein. Ein Sachmangel berechtigt den Käufer zur Nacherfüllung, Minderung oder zum Rücktritt vom Vertrag.
Horizontalsperre
Eine Horizontalsperre ist eine bauliche Maßnahme zum Schutz von Mauerwerk gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Boden. Sie wird horizontal in die Wand eingebracht und verhindert, dass Wasser durch die Kapillarwirkung nach oben steigt. Nach DIN 18195 ist sie bei erdberührenden Bauteilen vorgeschrieben. Die Sperre kann bereits beim Bau durch spezielle Folien oder nachträglich durch Injektionen oder mechanische Verfahren eingebracht werden.
Beschaffenheitsvereinbarung
Eine vertragliche Festlegung bestimmter Eigenschaften einer Kaufsache gemäß §434 BGB. Bei Immobilien können dies etwa Ausstattungsmerkmale, Größe oder technische Eigenschaften sein. Anders als bei einer bloßen Beschaffenheitsbeschreibung wird die vereinbarte Eigenschaft verbindlich geschuldet. Fehlt diese Eigenschaft, liegt ein Sachmangel vor, der Gewährleistungsrechte auslöst.
Garantie
Eine Garantie ist ein zusätzliches Versprechen des Verkäufers über bestimmte Eigenschaften oder die Beschaffenheit einer Sache nach §443 BGB. Der Garantiegeber haftet verschuldensunabhängig für die zugesicherte Eigenschaft. Bei Immobilien kann sich eine Garantie etwa auf die Bausubstanz oder bestimmte technische Eigenschaften beziehen. Im Garantiefall muss der Verkäufer auch ohne eigenes Verschulden für Schäden aufkommen.
Beweislast
Die Beweislast bestimmt, welche Partei in einem Rechtsstreit bestimmte Tatsachen beweisen muss. Nach §363 BGB muss grundsätzlich derjenige den Beweis erbringen, der sich auf eine für ihn günstige Regelung beruft. Bei Garantien muss der Verkäufer beweisen, dass die garantierte Eigenschaft vorhanden ist. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, trägt er die rechtlichen Konsequenzen.
Schadensersatzanspruch
Ein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleich eines entstandenen Schadens nach §§249 ff. BGB. Er umfasst alle Kosten, die zur Beseitigung des Schadens notwendig sind. Bei Immobilienmängeln können dies Reparaturkosten, Gutachterkosten oder Mietausfälle sein. Der Geschädigte muss so gestellt werden, wie er ohne den Schaden stehen würde. Die Höhe richtet sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 437 BGB: Diese Vorschrift regelt die Rechte des Käufers bei einem Sachmangel. Gemäß § 437 Nr. 2 BGB hat der Käufer das Recht auf Minderung des Kaufpreises, wenn die Kaufsache mangelhaft ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu 1) dieses Recht ausgeübt, da die Dachgeschosswohnung mangels Baugenehmigung nicht vermietbar ist, was einen erheblichen Mangel darstellt und somit zu einer Minderung des Kaufpreises führt.
- § 441 Abs. 4 BGB: Hier wird die Möglichkeit der Minderung des Kaufpreises bei einem Sachmangel näher geregelt. Der Kaufpreis kann so herabgesetzt werden, dass er dem Wert der mangelhaften Ware entspricht. Im vorliegenden Fall führte die fehlende Baugenehmigung der Dachgeschosswohnung zu einer erheblichen Minderung des Wertes der Immobilie, was die Klägerin mit einem Minderungsschreiben formal geltend gemacht hat.
- § 280 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph ermöglicht den Anspruch auf Schadensersatz, wenn einer Partei eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt wird. Die Beklagte hat durch die nicht vorliegende Baugenehmigung ihre Pflicht zur Gewährleistung der Vertragsgemäßheit verletzt. Die Klägerin zu 1) hat damit einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die durch die mangelhafte Genehmigung entstanden sind.
- § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Dieser Paragraph beschreibt die Voraussetzungen für die Berufung. Es wird auf die Tatsachen Feststellungen der Vorinstanz verwiesen, die hier entscheidend sind, da die Klägerin zu 1) ihre Ansprüche zur Begründung des Berufungsverfahrens auf die Entscheidungen des Landgerichts stützt. Die Referenz auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils untermauert die geltend gemachten Ansprüche und die rechtlichen Argumente.
- Bauordnungsrecht (Landesbaurecht): In diesem Zusammenhang ist das Bauordnungsrecht von Bedeutung, da die Beklagte eine Immobilie verkauft hat, für die keine Baugenehmigung vorliegt. Dies stellt gemäß den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen einen erheblichen Mangel dar, da die baurechtlich erforderliche Genehmigung nicht vorhanden ist, was die Nutzbarkeit der Immobilie beeinträchtigt und die Ansprüche der Klägerin zu 1) untermauert.
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Das Landgericht Ellwangen entschied, dass Käufer keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises haben, wenn sie über wesentliche Mängel informiert waren oder diese hätten erkennen können. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss und fehlender Nachweis für arglistiges Verschweigen führten zur Abweisung der Klage. → → Rücktrittsmöglichkeiten bei Sachmängeln im Kaufvertrag
Das vorliegende Urteil
OLG Naumburg – Az.: 12 U 84/23 – Urteil vom 06.11.2023
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