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Impfschaden nach Coronaimpfung – Dienstunfall anlässlich einer dienstlichen Veranstaltung

VG Hannover – Az.: 2 A 460/22 – Urteil vom 24.11.2022

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Zusammenfassung

Impfschaden nach Coronaimpfung - Dienstunfall anlässlich einer dienstlichen Veranstaltung
(Symbolfoto: PeopleImages.com – Yuri A/Shutterstock.com)

Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Körperschadens, den sie nach einer COVID-19-Impfung als Arbeitsunfall erlitten hat. Sie war Sonderschullehrerin in Niedersachsen und wurde zum Zeitpunkt der Impfung einer anderen Schule zugewiesen. Die Schule, an der sie geimpft wurde, war nicht ihr regulärer Arbeitsplatz, und es gab keine Anweisung ihres Arbeitgebers, sich impfen zu lassen. Nach der Impfung erlitt sie eine schwere Thrombose, einschließlich eines Hirninfarkts, und war mehrere Monate lang im Krankenhaus.

Die Klägerin machte geltend, dass die Impfung Teil ihrer Arbeitspflichten war und daher als arbeitsbedingter Schaden zu betrachten sei. Die Beklagte lehnte ihre Klage jedoch mit der Begründung ab, die Impfung gehöre nicht zu ihren Arbeitsaufgaben, und der Arbeitgeber habe keine Kontrolle über den Impfvorgang gehabt.

Die Klägerin legte gegen die Entscheidung Berufung ein, die jedoch von der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen wurde, die Impfung sei nicht vom Arbeitgeber durchgeführt worden und die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, sich impfen zu lassen. Der Kläger reichte Klage ein, um die Verletzung als Arbeitsunfall anerkennen zu lassen, aber die Beklagte behauptete, die Impfung sei nicht Teil der Arbeitspflichten des Klägers gewesen.

Der Fall wirft die Frage auf, ob eine Impfung, die während der Arbeitszeit, aber außerhalb der regulären Arbeitspflichten erfolgt, einen arbeitsbedingten Schaden darstellt. […]

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung der nach einer Impfung gegen das Coronavirus bei ihr aufgetretenen Körperschäden als Dienstunfall.

Die 1960 geborene, inzwischen wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzte Klägerin stand im hier maßgeblichen Zeitraum als Förderschullehrerin im Dienst des Landes Niedersachsen. Ihre Stammschule war die – inzwischen aufgelöste – G.. Im maßgeblichen Zeitraum war sie im Rahmen der Inklusion als Förderschullehrerin an die H. abgeordnet.

Mit E-Mail vom 24. März 2021 informierte der Schulleiter der G. die Beschäftigten der Schule und unter anderem auch die Klägerin darüber, dass am Freitag, den 26. März 2021, im dortigen Schulgebäude ab 9.00 Uhr Impfungen mit dem Impfstoff des Herstellers AstraZeneca durchgeführt würden. Die Modalitäten für die Durchführung der Impfungen beruhten auf der Rundverfügung 09/2021 – Impfung von Personal an Grundschulen und Förderschulen des Regionalen Landesamtes für Schule und Bildung Braunschweig vom 5. März 2021. Zur Vorbereitung der Impfung wurde seitens der Schulleitung der G. eine Liste der impfbereiten Personen erstellt und an die Landeshauptstadt A-Stadt weitergeleitet. Die zu impfenden Personen hatten sich nach der vom Schulleiter an die Impfwilligen per E-Mail weitergegebenen Anweisung des Impfarztes um 9.00 Uhr in der Schule einzufinden. Die Klägerin wurde an dem besagten Tag im Zeitraum zwischen 9.00 und 13.00 Uhr im Schulgebäude der G. mit dem Impfstoff von AstraZeneca erstgeimpft. Die Impfung wurde von einem mobilen Impfteam des Impfzentrums A-Stadt durchgeführt. Am besagten Tag war für die Klägerin an der H. keine Vertretung notwendig, da die Förderschullehrkräfte dort in der sogenannten Doppelsteckung arbeiteten. An der G. fand an diesem Tag kein Unterricht statt.

Zum Zeitpunkt der Impfung wurde nach Auskunft der Schulleitung der H. nach den Vorgaben des Niedersächsischen Kultusministeriums (MK) je Jahrgang zeitlich gestaffelter Präsenzunterricht erteilt. Für die Einteilung zum Präsenzunterricht war der Impfstatus nicht relevant. Vulnerable Lehrkräfte (mit Vorerkrankungen) konnten sich nach dem Leitfaden des MK vom 12. November 2020 „Schule in Corona-Zeiten – UPDATE“ vom Präsenzunterricht freistellen lassen.

Am 3. April 2021 entwickelte die Klägerin zunächst Kopfschmerzen. In der Nacht zum 4. April erlitt sie einen Schlaganfall und wurde im I. in A-Stadt untersucht. Nach einer Verlegung in die J. (K.) wurde sie dort in der Zeit vom 4. bis zum 27. April 2021 stationär intensivmedizinisch behandelt. Dort wurden mehrere Operationen zur Behandlung der aufgetretenen Thrombosen durchgeführt. Im Entlassungsbericht der K. vom 27. April 2021 wurde insbesondere die Diagnose Vakzine-induzierte prothrombotische Immunthrombozytopenie (VIPIT) nach AstraZeneca COVID-19-Impfung mit malignem Media-, Posteriorinfarkt rechts und Anteriorinfarkten beidseits angegeben.

Nach ihrer Entlassung aus der K. befand sich die Klägerin bis zum Herbst 2021 in der L. als Wachkomapatientin in intensivmedizinischer Behandlung. Für sie wurde ihr Ehemann gerichtlich zum Betreuer bestellt.

Unter dem 30. September 2021 stellte sie bei dem Beklagten eine Unfallanzeige mit dem Ziel der Anerkennung als Dienstunfall und machte geltend, dass es infolge der Impfung am 4. April 2021 zu schwersten Thrombosen mit der Folge ausgedehnter beidseitiger Hirninfarkte mit hochgradiger beidseitiger Lähmung und Sprach-/Essstörung gekommen sei.

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Anerkennung der ab dem 4. April 2021 eingetretenen Folgen der Corona-Schutz-Impfung als Dienstunfall mit Bescheid vom 30. November 2021 ab. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für die Annahme eines Dienstunfalls im Sinne von § 34 NBeamtVG, also ein Körperschaden, der in Ausübung des Dienstes durch die plötzliche Einwirkung eines örtlich und zeitlich bestimmbaren äußeren Ereignisses eingetreten ist, lägen nicht vor. Bei der Impfung in der Schule habe es sich auch nicht um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt. Der besondere Schutz des Dienstunfallrechts solle dem Beamten/der Beamtin nur dann zugutekommen, wenn der Unfall sich in der vom Dienstherrn beherrschten Risikosphäre ereignet habe. Nach den regelmäßig zur Abgrenzung der dienstlichen von der privaten Sphäre herangezogenen Kriterien der Dienstzeit und des Dienstortes sei vorliegend kein Dienstunfall anzunehmen, da die Impfung nur zufällig als Serviceleistung des Impfzentrums in der Schule stattgefunden habe.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, es habe sich bei der Impfaktion in der Schule um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt. Das Impfzentrum sei in der Verantwortung des Dienstherrn, also des Landes Niedersachsen errichtet und betrieben worden. Auch die Kriterien der Dienstzeit und des Dienstortes seien erfüllt. Die Klägerin sei vom Dienstherrn als vorrangig impfberechtigt ausgewählt worden. Ihre Impfung habe im besonderen dienstlichen Interesse gestanden, um die Fortsetzung des Schulbetriebs zu ermöglichen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einem vergleichbaren Fall (Urteil vom 29. August 2013 – 2 C 1.12 -) eine vom Dienstherrn angebotene Grippeschutzimpfung als dienstliche Veranstaltung eingeordnet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2022 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Impfung sei nicht in Ausübung des Dienstes erfolgt. Der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall sei anders gelagert. Vorliegend sei die Impfaktion nicht vom Dienstherrn angeboten und verantwortet worden. Zwar sei es richtig, dass der Dienstherr ein Interesse an der Impfung gehabt habe. Es habe jedoch zu keiner Zeit eine Impfpflicht bestanden. Es sei auch davon auszugehen, dass die Klägerin sich ohnehin habe impfen lassen wollen und dies ansonsten an anderer Stelle getan hätte. Es sei auch zu keinem Zeitpunkt der Eindruck erweckt worden, dass es sich um eine dienstliche Veranstaltung handele und der Dienstherr für etwaige Risiken der Impfung aufkommen werde.

Hiergegen hat die Klägerin am 4. Februar 2022 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor, für die Impfkampagne sei das Land Niedersachsen, also der Dienstherr, zuständig gewesen. Die kommunalen Körperschaften seien lediglich mit der Durchführung der Impfung beauftragt worden, wie sich aus der Veröffentlichung „COVID-19 Impfung in Niedersachsen – Konzeption der Impfzentren“ vom 17. November 2020 ergebe.

Die Klägerin beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 30. November 2021 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2022 aufzuheben und ihre COVID-19-Schutzimpfung am 26. März 2021 mit dem daraus entstandenen Impfschaden als Dienstunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie führt ergänzend zur Begründung ihrer Bescheide aus, die Impfung sei nicht durch Personal des Dienstherrn erfolgt. Hieran ändere sich auch dadurch nichts, dass das Land das ärztliche Personal für die Impfzentren rekrutiert und bezahlt habe. Das Impfzentrum A-Stadt als solches habe unter der Trägerschaft der Landeshauptstadt und der Region A-Stadt gestanden. Es seien auch lediglich die Räume der G. genutzt worden, deren Träger die Landeshauptstadt A-Stadt sei. Das Impfangebot habe nicht der Autorität des Schulleiters unterlegen und sei nicht in seinen weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen gewesen. Entsprechende Impfangebote seien sämtlichen Bürgerinnen und Bürgern entsprechend ihrer Priorisierungsstufe gemacht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber unbegründet.

Der ablehnende Bescheid vom 30. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ihr steht kein Anspruch auf Anerkennung der bei ihr aufgetretenen Körperschäden als Folgen eines Dienstunfalls gemäß § 34 NBeamtVG zu.

Ein Dienstunfall ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehört nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen.

Das – ebenso in der wortgleichen Norm des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG enthaltene – gesetzliche Tatbestandsmerkmal „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ verlangt eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1963 – II C 10.62 -, vom 18. April 2002 – 2 C 22.01 -, vom 15. November 2007 – 2 C 24.06 – und vom 25. Februar 2010 – 2 C 81.08 -, sämtlich juris). Maßgebend hierfür ist der Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelungen. Dieser liegt in einem über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend auf Grund der Anforderungen des Dienstes tätig wird.

Ausgehend vom Zweck der gesetzlichen Regelung und dem Kriterium der Beherrschbarkeit des Risikos der Geschehnisse durch den Dienstherrn kommt dem konkreten Dienstort des Beamten eine herausgehobene Rolle zu. Der Beamte steht bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem besonderen Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge. Zu diesem Bereich zählt der Dienstort, an dem der Beamte seine Dienstleistung erbringen muss, wenn dieser Ort zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehört. Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen, sind dem Dienstherrn zuzurechnen, unabhängig davon, ob die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass diese Tätigkeit vom Dienstherrn verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2007, a.a.O., und vom 22. Januar 2009 – 2 A 3.08 -; Beschluss vom 26. Februar 2008 – 2 B 135.07 -, sämtlich juris).

Dienstort im dienstunfallrechtlichen Sinne ist derjenige Ort, an dem der Beamte die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erledigen hat. Sind dem Beamten für gewisse Zeit Aufgaben zugewiesen, die er nicht an seinem üblichen Dienstort, insbesondere nicht an seinem Arbeitsplatz in einem Dienstgebäude, sondern an einem anderen Ort wahrnehmen muss, so wird dieser Ort für die Dauer der Aufgabenerledigung vorübergehend Dienstort (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Januar 2009, a.a.O., Rn. 15 und vom 25. Februar 2010, a.a.O., Rn. 19, juris).

Mit dem Merkmal „infolge des Dienstes“ werden die Fälle erfasst, in denen die den Dienstunfall kennzeichnende Kausalkette zwischen dem den Schaden auslösenden Ereignis und dem Eintritt des Körperschadens zwar während der Erfüllung der Dienstobliegenheiten durch den Beamten begonnen, aber erst nach deren Abschluss ihr Ende gefunden hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 1971 – II C 136.67 – und vom 29. Oktober 2009 – 2 C 134.07 -; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29. August 2013 – 2 C 1.12 -, sämtlich juris).

Mit der ausdrücklichen Aufführung der dienstlichen Veranstaltung in § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBeamtVG (wortgleich mit § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG) hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Dienstunfallbegriff nicht erweitert. Es sollte lediglich klargestellt werden, dass neben dem eigentlichen Dienst auch dienstliche Veranstaltungen zum Dienst gehören (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 1967 – VI C 96.63 -, abrufbar bei beck-online).

Veranstaltungen sind kollektive – für alle Beamten des Dienstherrn oder einer Behörde oder für einen bestimmten Kreis von Bediensteten – geschaffene Maßnahmen oder Einrichtungen. Die Veranstaltung muss formell und materiell dienstbezogen sein. Um ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre zu erhalten, muss eine Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein (BVerwG, Urteile vom 13. August 1973 – VI C 26.70 – und vom 14. Dezember 2004 – 2 C 66.03 -, juris). Der Dienstvorgesetzte muss die Veranstaltung nicht ausdrücklich oder förmlich als „dienstlich“ bezeichnet haben. Maßgeblich ist, ob aus dem Verhalten des Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung aller sonstigen objektiven Umstände auf einen entsprechenden Willen geschlossen werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29. August 2013, a.a.O.).

Hieran gemessen stellt sich das vorliegende Geschehen aus Sicht der Kammer nicht als Dienstunfall dar.

Zwar erfolgte die Impfung während der üblichen Dienstzeit und in den Diensträumlichkeiten der Stammschule der Klägerin, die an eine andere Schule abgeordnet war. Diese Rahmenbedingungen reichen jedoch für sich allein nicht für die Annahme aus, dass die Impfung in Ausübung des Dienstes erfolgt wäre. Dienstort der Klägerin war die H., an die sie abgeordnet war, nicht die G., in der die Impfung stattfand. Außerdem war die Klägerin – genau wie die übrigen impfwilligen Lehrkräfte – für den Zeitraum der Impfung von ihrer Unterrichtsverpflichtung freigestellt. Die Impfung erfolgte also nicht während der Zeit der eigentlichen Dienstverrichtung. Weder die Leitung der H. noch die der Stammschule hat gegenüber der Klägerin angeordnet, dass sie sich während ihrer üblichen Arbeitszeit in ihre Stammschule begeben solle, um sich impfen zu lassen. Die Anweisung des Impfarztes, dass sich die impfwilligen Lehrkräfte alle um 9.00 Uhr in der G. einfinden sollten, gab der Schulleiter der G. lediglich weiter, ohne eine entsprechende eigene Weisung oder vergleichbare Anordnung zum Erscheinen zu erteilen. Zudem war der Schulleiter der G. gegenüber der abgeordneten Klägerin auch gar nicht weisungsbefugt.

Eine Zuordnung der Impfung zum dienstlichen Bereich folgt aus Sicht der Kammer auch nicht aus dem Umstand, dass die Förderschullehrkräfte aufgrund ihrer Tätigkeit in der Schule zu den Personen zählten, die mit hoher Priorität Anspruch auf Schutzimpfung hatten (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 vom 10. März 2021 (CoronaImpfV)), also der Priorisierungsgruppe 2 zugehörten. Dies zeigt zwar, dass auch ein dienstliches Interesse an einer schnellstmöglichen Impfung bestand, insbesondere um das Infektionsrisiko im Präsenzunterricht zu reduzieren und die Gesundheit der Bediensteten zu erhalten. Dieses Interesse des Dienstherrn an geimpftem Schulpersonal überwiegt nach Ansicht des Gerichts aber nicht das private Interesse an einer COVID-19-Impfung, welches im maßgeblichen Zeitpunkt bei dem weit überwiegenden Teil der Bevölkerung in besonderem Maße vorhanden war.

Die Förderschullehrkräfte waren auch nicht aufgrund der Durchführung von Präsenzunterricht einem derart erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, dass sich daraus eine dienstlich veranlasste Notwendigkeit für eine Impfung ergeben hätte. Neben den in den Schulen ohnehin ergriffenen Schutzmaßnahmen bestand nach dem Leitfaden des MK vom 12. November 2020 „Schule in Corona-Zeiten – UPDATE“ auch die Möglichkeit für vulnerable Personen, im Homeoffice tätig zu sein.

Die Impfaktion war auch nicht als dienstliche Veranstaltung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NBeamtVG anzusehen. Es fehlte am formellen und materiellen Dienstbezug, auch wenn allein der Umstand, dass die Teilnahme an der Impfung freiwillig war, einen Dienstbezug im Grundsatz nicht hindert. Die Veranstaltung stand aber weder im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Lehrkräfte oder den schulischen Aufgaben noch diente sie der Förderung des Miteinanders, wie dies etwa bei Betriebsausflügen oder Weihnachtsfeiern der Fall ist. Es wurden lediglich die Schulräumlichkeiten genutzt, um eine Tätigkeit des mobilen Impfteams vor Ort zu ermöglichen. Soweit es die Schulleitung übernahm, die impfwilligen Personen zu melden und Informationen an diese weitergab, lässt sich aus diesem Verhalten nicht ableiten, dass es sich um eine „Veranstaltung der Schule“ handeln sollte, die von der Autorität der Schulleitung getragen und in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein sollte. Vielmehr ermöglichte es der Dienstherr lediglich, dass die freiwillige Impfung während der sonst üblichen Dienstzeit erfolgen konnte und stellte allein den organisatorischen Rahmen für ein Tätigwerden des mobilen Impfteams in den Schulräumlichkeiten zur Verfügung.

Der Dienstherr hat durch sein Verhalten auch insgesamt deutlich gemacht, dass er selbst keine inhaltliche Verantwortlichkeit für das Impfangebot übernimmt. So hat der Schulleiter der G. lediglich per E-Mail über die Möglichkeit zur Impfung und den organisatorischen Ablauf informiert. Es wurde an keiner Stelle für die Impfung geworben oder ihr dienstlicher Nutzen hervorgehoben. Für den in § 1 CoronaImpfV bezeichneten Personenkreis und damit für sämtliche Lehrkräfte bestand ohnehin ein Anspruch auf kostenfreie Impfung. Der Umstand, dass dem Dienstherrn keine Kosten für die Impfungen entstanden sind, spricht ebenfalls gegen seine Verantwortlichkeit. Soweit die Klägerin diesbezüglich argumentiert, dass das Land Niedersachsen das Impfzentrum betrieben habe, trifft dies angesichts der Trägerschaft von Landeshauptstadt und Region A-Stadt in der Sache schon nicht zu. Auch der Umstand, dass das ärztliche Personal für die Impfzentren vom Land gestellt wurde, führt nicht zu einer Verantwortlichkeit des Landes Niedersachsen als Dienstherr der Klägerin. Denn die Rekrutierung und Bezahlung des ärztlichen Personals für die Impfzentren erfolgte im Rahmen der Gesundheitsfürsorge für die Allgemeinbevölkerung, nicht aufgrund von Aufgaben, die dem Land in seiner Funktion als Dienstherr der Klägerin gegenüber oblagen. Die Argumentation der Klägerin würde zu der Annahme führen, dass alle Beamtinnen und Beamte, die sich in Niedersachsen in einem vom Land organisierten Impfzentrum impfen ließen, bei Nebenwirkungen oder Körperschäden einen Dienstunfall beim Land Niedersachsen geltend machen könnten, auch wenn sie ihre Impfung selbst und ohne Zutun ihres Dienstherrn organisiert hätten. Eine derart weitgehende Ausdehnung des Verantwortungsbereichs des Dienstherrn widerspricht dem Sinn und Zweck der Dienstunfallfürsorge.

Für eine Zuordnung der mit einer Impfung verbundenen Risiken zum privaten Bereich spricht die Überlegung, dass sich alternativ zu der gesammelten Meldung der Impfwilligen durch die Schule und der Durchführung einer „Gruppenimpfung“ in den Schulräumlichkeiten jede interessierte Lehrkraft auch eigenständig privat um einen Impftermin hätte bemühen können und dabei eine Bescheinigung des Dienstherrn über die Zugehörigkeit zu einer Priorisierungsgruppe hätte vorlegen können. In diesem Fall wären die mit einer Impfung verbundenen Risiken allein dem privaten Bereich zuzuordnen gewesen. Vor diesem Hintergrund hielte es die Kammer nicht für sachgerecht, das Bemühen des Dienstherrn, seinen Beamtinnen und Beamten unter erleichterten organisatorischen Bedingungen beschleunigt eine Impfung zukommen zu lassen, als Anknüpfungspunkt für eine Risikoverlagerung zu Lasten des Dienstherrn zu nehmen.

Schließlich unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. August 2013 (a.a.O.) zugrundeliegenden Konstellation, in welcher eine vom Dienstherrn angebotene Grippeschutzimpfung als dienstliche Veranstaltung angesehen wurde. Anders als im vorliegenden Fall wurde dort durch den Dienstherrn per Aushang für eine Grippeschutzimpfung geworben und die Impfung während der Dienstzeit von eigenem Personal mit einem vom Dienstherrn ausgewählten Impfstoff auf Kosten des Dienstherrn vorgenommen. An derartigen Anknüpfungspunkten für eine Verantwortlichkeit des Dienstherrn fehlt es vorliegend hingegen.

Ist nach alledem die Impfung nicht dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn zuzuordnen, musste das Gericht weitergehenden Fragen nach der Kausalität zwischen der Impfung und den eingetretenen Körperschäden nicht mehr nachgehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Da ausschließlich die Klägerin kostenpflichtig ist, ist eine Entscheidung über den Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, entbehrlich (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 162 Rn. 25).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

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