LG Duisburg – Az.: 4 O 175/20 – Urteil vom 12.10.2021
Das Versäumnisurteil vom 30.03.2021 wird aufrechterhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfall geltend.
Der Kläger ist Halter des PKW P. mit dem amtlichen Kennzeichen pp. Der Beklagte zu 2) fuhr am 06.01.2020 gegen 20:00 Uhr den auf die Beklagte zu 1) als Halterin zugelassenen Pkw O. mit dem amtlichen Kennzeichen pp., welcher bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist. Das Fahrzeug wird von der Beklagten zu 1) auf Anfrage vermietet. Zu dem Zeitpunkt war das Fahrzeug von dem Beklagten zu 2) angemietet. In dem Fahrzeugmietvertrag, Bl. 70ff d.A., wurde eine Selbstbeteiligung des Beklagten zu 2) in Höhe von 0,00 EUR vereinbart.
Der Kläger war im Januar 2019 mit dem Pkw P. in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem die rechte Fahrzeugseite beschädigt wurde. Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 157.063 km auf. Es entstand hierbei ein Schaden, für dessen Beseitigung Nettoreparaturkosten in Höhe von 2.972,31 EUR erforderlich waren. Die Reparatur des Schadens erfolgte anlässlich eines Urlaubs in der Türkei. Eine Rechnung ist nicht vorhanden.
Am 20.05.2019 ließ der Kläger von der Firma pp. einen am Fahrzeug eingetretenen Wasserschaden beseitigen, anlässlich dessen jedenfalls der Tachometer ausgetauscht wurde. Es wurde laut Rechnung eine gebrauchte Instrumententafel eingebaut, die einen Kilometerstand von 132.328 km aufwies. Insgesamt wurde für die Reparaturarbeiten ein Betrag in Höhe von 3.663,89 EUR in Rechnung gestellt. Für weitere Einzelheiten der Reparaturen wird auf die zu den Akten gereichte Kopie der Rechnung, Bl. 106 d.A., Bezug genommen.
Nach Angaben des Klägers, der sich dabei auf eine polizeiliche Unfallmitteilung vom 06.01.2020 (Bl. 4 d.A.) stützt, kam es am 06.01.2020 auf der T.-Straße zu einem Zusammenstoß der genannten Fahrzeuge, bei dem der Beklagte zu 2) in den PKW P. des Klägers hineingefahren sein soll.
Der Beklagte zu 2) gab in einer ihm von der Beklagten zu 3) übersendeten Schadensanzeige an, „ich bin in ein[pp.] parkendes Fahrzeug reingefahren“. Für weitere Einzelheiten der Schadensanzeige wird auf die zu den Akten gereichte Kopie, Bl. 48ff d.A., Bezug genommen.
Unter dem 20.01.2020 führte der Kläger sein Fahrzeug der pp. vor und ließ ein Gutachten über die vorhandenen Schäden und voraussichtlichen Reparaturkosten erstellen. In dem Gutachten wird auf Seite 2 unter „reparierte Vorschäden“ aufgeführt „instand gesetzter Schaden vorne links“. Der Kilometerstand des Fahrzeugs wird im Gutachten mit 148.658 angegeben. Für weitere Einzelheiten des Gutachtens wird auf die zu den Akten gereichte Kopie, Bl. 5ff d.A., Bezug genommen.
Die Beklagte zu 3) wurde mit anwaltlichem Schreiben zur Schadensregulierung aufgefordert. In der Folge wurde eine Ortsbesichtigung durchgeführt, zu der der Kläger mit dem Pkw P., der Beklagte zu 2) sowie ein von der Beklagten zu 3) beauftragter Privatsachverständiger erschienen.
Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer des Pkw P.. Am 06.01.2020 sei es auf der T.-Straße zu einem Verkehrsunfall gekommen. Er habe das Fahrzeug vor dem Unfallzeitpunkt ordnungsgemäß am Unfallort geparkt. Sämtliche im von ihm eingereichten Schadensgutachten aufgeführten Schäden seien auf das gegenständliche Unfallereignis zurückzuführen. Die dazu erforderlichen Nettoreparaturkosten würden 9.875,16 EUR betragen. Anders als im eingereichten Gutachten jedoch vom Privatsachverständigen angegeben, liege an dem Fahrzeug kein instand gesetzter Schaden vorne links vor. Ein solcher Schaden sei nicht in seiner Besitzzeit entstanden und das Fahrzeug sei ihm als unfallfrei übergeben worden. Der Schaden an der rechten Fahrzeugseite sei sach- und fachgerecht repariert worden.
Er bestreitet, dass es sich um einen manipulierten Verkehrsunfall handele. Der Beklagte zu 2) sei ihm nicht bekannt.
Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.900,16 EUR sowie weitere 887,03 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2020 zu zahlen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.03.2021 keinen Antrag gestellt hat, hat das Gericht die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen, welches dem Kläger am 03.05.2021, den Beklagten zu 1) und 3) am 23.04.2021 und dem Beklagten zu 2) am 24.04.2021 zugestellt wurde. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.05.2021, bei Gericht taggleich eingegangen, Einspruch erhoben.
Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 30.03.2021 aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.900,16 EUR sowie weitere 887,03 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) und 3) beantragen, das Versäumnisurteil vom 30.03.2021 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte zu 3) beantragt für den Beklagten zu 2) als Nebenintervenientin, das Versäumnisurteil vom 30.03.2021 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten zu 1) und 3) behaupten, es handele sich – sofern ein Zusammenstoß der Fahrzeuge so wie klägerseits vorgetragen stattgefunden hat – um einen manipulierten Verkehrsunfall. Der Zusammenstoß sei allenfalls vorsätzlich herbeigeführt worden. Die Unfallschilderung des Beklagten zu 2) sei nicht plausibel. Auch die im vom Kläger selbst eingereichten Privatgutachten nicht erwähnten, ggf. reparierten, Vorschäden, sowie der nicht mehr nachvollziehbare Tachostand des Fahrzeugs, sprächen für eine Unfallmanipulation. Die Schadensspuren an den Fahrzeugen sei außerdem nicht mit dem Unfallhergang in Einklang zu bringen.
Weder der korrekte Kilometerstand des Fahrzeugs noch die Reparatur der diversen Vorschäden sei nachvollziehbar, sodass schon der Rest-/Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nicht zu ermitteln sei.
Die Klage ist den Beklagten zu 1) und 3) am 22.07.2020, dem Beklagten zu 2) am 21.07.2020 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 30.07.2020, der taggleich bei Gericht einging, ist die Beklagte zu 3) dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin des Beklagten zu 2) beigetreten.
Entscheidungsgründe
A. Durch den zulässigen Einspruch des Klägers ist der Prozess in die Lage vor Eintritt der Versäumnis zurückversetzt worden (§ 342 ZPO). Das klageabweisende Versäumnisurteil war jedoch aufrechtzuerhalten, weil die Klage unbegründet ist (§ 343 S. 1 ZPO).
B. Die Stellung des Klageabweisungsantrages für den Beklagten zu 2) in der Eigenschaft als Nebenintervenientin steht der Beklagten zu 3) als Versicherer zu, da sie behauptet, dass ein fingierter Verkehrsunfall vorliegt. In diesem Fall darf sie auf Seiten des Fahrzeugführers beitreten und einen Klageabweisungsantrag stellen, auch wenn der Beklagte zu 2) selbst nicht anwaltlich vertreten ist (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 765 ff; OLG Hamm, Urt. v. 29.03.2000,13 U 99/99).
C. Die Klage ist unbegründet.
I. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 9.900,16 EUR zu.
1. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es sich um einen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) fingierten Unfall handelt. Dies stellt eine Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Eigentums dar, so dass eine Schadensersatzpflicht aus den §§ 823 BGB, 7, 18 StVG entfällt. Für das Vorliegen dieser Einwilligung sind die Beklagten beweispflichtig (vgl. BGH, VersR 1979, 514; BGHZ 71, 339, OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 95). Der Beweis der Einwilligung in die Fahrzeugbeschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Koblenz, Urteil vom 04.10.2005 – 12 U 1114/04 m.w.N.)
Dieser Nachweis ist hier erbracht.
a) Zunächst sprechen die am Unfallereignis beteiligten Fahrzeuge für eine Manipulation.
Bei dem PKW des Klägers handelte es sich um ein älteres, hochwertiges Fahrzeug, bei dem in der Regel teurere Schäden zu erwarten sind als bei einem preiswerteren Fahrzeug, mit einer hohen Laufleistung von jedenfalls 160.000 km. Es wies auch erhebliche Vorschäden auf, die der Kläger bei der von ihm veranlassten Bewertung durch den Sachverständigen nicht angegeben hat. Einer dieser, nach Vortrag des Klägers anlässlich eines Urlaubs in der Türkei reparierten, Vorschäden, ist seinerseits bei einem Unfall mit klarer Haftungslage entstanden und auf fiktiver Basis abgerechnet worden.
Auch bei dem von dem Beklagten zu 2) gefahrenen PKW handelt es sich um ein für Unfallfiktionen typischerweise verwendetes Fahrzeug; nämlich um einen Mietwagen, für den eine Vollkasko-Versicherung bestand und für den eine Selbstbeteiligung nicht vereinbart wurde, sodass der Beklagte zu 2) auch nicht fürchten musste, selbst finanziell an der Beseitigung des Schadens beteiligt zu werden.
Vor diesem Hintergrund ist in der Gesamtschau der Indizien auch zu berücksichtigen, dass die vom Kläger begehrte Abrechnung auf Gutachtenbasis in der Rechtsprechung als Indiz für einen manipulierten Unfall gewertet wird (OLG Frankfurt ZfSch 2004, 501, 503).
b) Hinzu kommt, dass der Kläger seine Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten zu 3) mittels eines erkennbar falschen Gutachtens bezifferte und durchzusetzen versuchte. Zum einen ist im Gutachten ein reparierter Vorschaden im betroffenen Unfallbereich angegeben, den der eigene Privatgutachter des Klägers festgestellt haben will, der Kläger selbst aber bestreitet. Es kann dahinstehen, ob an der Stelle tatsächlich ein Schaden repariert wurde, oder ob der Kläger hiervon ggf. auch nichts wusste, da dies vor seiner Besitzzeit repariert wurde. Jedenfalls hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und bei einmaligem Durchblättern des Gutachtens auffallen müssen, dass das Gutachten diesbezüglich nicht stimmen kann.
Gleiches gilt für den unstreitig vormals vorhandenen Vorschaden auf der rechten Fahrzeugseite sowie den im Mai 2019 behobenen Wasserschaden, bei dem auch das Tachometer ausgewechselt wurde. Es kann dahinstehen, ob der Kläger diese Schäden gegenüber seinem Gutachter erwähnt und dieser sie fahrlässig nicht aufgenommen hat, wobei der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung zunächst angegeben hat, diese nicht erwähnt zu haben und auf erneute Nachfrage dann angab, dass man „bestimmt“ darüber gesprochen habe. Bezüglich des unrichtigen Tachostandes erscheint dies im Übrigen zweifelhaft, da jedenfalls davon auszugehen ist, dass der Gutachter nicht den abgelesenen Tachostand in das Gutachten aufgenommen hätte, wenn offengelegt worden wäre, dass der richtige Tachostand nicht bekannt ist. Unabhängig davon hat der Kläger aber vor Einreichung des Gutachtens bei der Beklagten zu 3) zwecks Schadensregulierung auch an diesen für ihn offenbaren Unrichtigkeiten – insbesondere, wenn er die Schäden gegenüber dem Gutachter erwähnt hätte, hätte ihm dies auffallen müssen – keinerlei Anstalten gemacht, das Gutachten diesbezüglich berichtigen zu lassen und so in Kauf genommen, dass die Beklagte auf Grundlage eines für sie aufgrund des Weglassens von Vorschäden ggf. nachteiligen Gutachtens reguliert.
c) Der behauptete Unfall fand im Winter abends in einer ruhigen Straße statt, in der zu dieser Zeit mit neutralen Zeugen nicht zu rechnen ist.
d) Zwar ist das an sich weiter heranzuziehende Indiz für eine Unfallmanipulation, das Nichterscheinen der beklagten Partei in der mündlichen Verhandlung, hier nicht gegeben. Der Beklagte zu 2) war nämlich im Termin anwesend und hat Angaben zur Sache gemacht.
Der von Ihm im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegebene Ablauf, der zu seiner Anwesenheit am Unfallort geführt haben soll, ist jedoch unplausibel. So gab er an, kurz zuvor seine Mutter am Düsseldorfer Flughafen abgesetzt und sich nunmehr auf dem Rückweg zu seiner damaligen Wohnung in Oberhausen befunden zu haben. Er sei dann von der Autobahn abgefahren, um in der Umgebung des Unfallorts etwas zu essen und konnte sich auch noch erinnern, dass er einen Döner essen wollte. Auf Nachfrage konnte er weder den Laden benennen, in dem er essen war oder zumindest essen gehen wollte, noch konnte er Restaurants in der Umgebung benennen. Stattdessen gab er – wiederholt – an, dass dort „viele“ Läden seien, wie bereits ausgeführt ohne Nennung derer Namen, und er einen Parkplatz finden wollte, um einen der dort ansässigen Imbisse auszusuchen. Sodann gab er selbst an, dass er die T.-Straße, auf der die Fahrgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist, mit 40 km/h befahren habe. Auf die Frage des Gerichts, warum er denn zu schnell gefahren sei, räumte er dann zwar ein, dass dies nicht richtig sei, konnte jedoch nicht erklären, wieso er mit 40 km/h eine Straße befuhr, in der er nach eigenen Angaben einen Parkplatz suchte, obwohl er bereits nach eigenen Angaben aufgrund der links stehenden Transporter und dem rechts stehenden Fahrzeug des Klägers ohnehin nur einen geringen Spielraum zum Fahren hatte.
Gleichermaßen konnte er nicht erklären, weshalb er in der Umgebung des Unfallorts, die er nach eigenen Angaben nicht kannte, einen Imbiss aufsuchen wollte, den er ebenfalls nicht kannte, und dies nicht in der Nähe seines Wohnorts tat. Die Antwort des Beklagten zu 2), in D. würden die Döner einfach besser schmecken, ist nicht geeignet, um den Hergang plausibel erscheinen zu lassen.
Für den von ihm angegebenen Grund der Anmietung des Fahrzeugs, sein eigenes Fahrzeug habe sich in Reparatur befunden, gibt es, da die Reparatur nach seinen Angaben durch einen Freund ohne Rechnung erfolgte, keinerlei nachvollziehbare objektive Anknüpfungspunkte.
Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 2) – auch wenn er glaubhaft erklärt hat, dass er im Vorlauf zum Termin keinen Anwalt beauftragt habe, weil die Versicherung ihm mitgeteilt habe, dies sei nicht notwendig – auch im Nachgang des Termins, in dem ihm ausführlich erklärt wurde, dass die Versicherung ihm einen Betrug vorwirft, keine Schritte unternommen hat, um seine Rechte entsprechend zu verteidigen. Auch in der Verhandlung selbst äußerte er Empörung nicht etwa darüber, dass ihm ein versuchter Betrug vorgeworfen wird, sondern darüber, dass ihm nicht bewusst war, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) und 3) nicht seine Interessen vertrete. Obwohl er sodann ausführte, dass er nicht eigens aus Berlin angereist wäre, wenn er gewusst hätte, dass er nicht anwaltlich vertreten ist und damit auch keine Anträge stellen kann, und dies getan hätte, wenn ihm nicht seitens der anderen Beklagten mitgeteilt worden wäre, dass er sich nicht kümmern müssen, beauftragte er auch nach dem Erlass des Versäumnisurteils und der Anberaumung des Einspruchstermins keinen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte.
e) Auch der Schadenshergang spricht für eine Unfallmanipulation. Der Schaden entstand durch das Auffahren des PKW der Beklagten gegen den am Straßenrand geparkten Pkw des Klägers. Dieser Schadenshergang ließ sich leicht steuern. Dabei entstanden für den Beklagten zu 2) keine nennenswerten gesundheitlichen Risiken. Zugleich aber konnte, wie an dem langen Streifschaden am Fahrzeug des Klägers zu sehen ist, ein hoher Schaden verursacht werden. Außerdem brauchte bei der eindeutigen Schuldzuweisung nicht mit einer Anspruchskürzung durch den Einwand von Mitverschulden oder mitwirkende Betriebsgefahr gerechnet zu werden (vgl. OLG Hamm OLG-Report Hamm 2001, 58, 60 und VersR 2002, 700 f.).
Weiterhin begründet die Art des Schadens, ein „lukrativer“ Streifschaden, ein Indiz für eine Unfallmanipulation (vgl. LG Essen, Urt. v. 16.12.2010, 3 O 190/10). Bei dem Schaden an dem auf Klägerseite beteiligten Fahrzeug handelt es sich um einen Streifschaden über eine beachtliche Länge des Fahrzeuges.
f) Bei der genannten auffälligen Häufung manipulationstypischer Indizien wird der sich hieraus ergebende Anscheinsbeweis für einen gestellten Unfall (vgl. OLG Celle OLG-Report Celle 2004, 175 ff.) nicht dadurch erschüttert, dass die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen kompatibel sind (vgl. HansOLG Bremen VersR 2003, 1553, 1554). Es kann hier also dahinstehen, ob die Schäden der Fahrzeuge kompatibel sind und zu der Schadensschilderung passen, was die Beklagten zu 1) und 3) bestreiten. Damit entfällt nämlich nur ein Einzelindiz, ohne dass die Indizienkette aufgrund der übrigen Umstände reißt.
Nach alledem reichen die Indizien aus, um dem Gericht die Überzeugung des Vorliegens eines fingierten Verkehrsunfalls zu verschaffen. Der Umstand, dass ein vorheriger persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) nicht nachgewiesen werden konnte, vermag diese Überzeugung nicht infrage zu stellen, da die nicht erwiesene Bekanntschaft der Beteiligten aufgrund der Beweisschwierigkeiten der KFZ-Versicherer ohnehin nur ein schwaches Indiz darstellt.
2. Darüber hinaus kann die Klage deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger – trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts – die Beseitigung der unstreitig vorhandenen Vorschäden sowie den (tatsächlichen) Kilometerstand des Fahrzeugs nicht dargelegt hat.
Der Geschädigte eines Kfz-Unfalls ist bezüglich eines Kfz-Schadens verpflichtet, die Vorschäden im Einzelnen, das heißt die konkret beschädigten Fahrzeugteile und die Art ihrer Beschädigung sowie die für die Beseitigung erforderlichen einzelnen Reparaturschritte und die tatsächlich vorgenommenen Reparaturarbeiten schlüssig darzulegen; selbst die Vorlage von Rechnungen genügt allein der Darlegungslast nicht (KG Berlin, Beschl. v. 29.05.2012 – 22 U 191/11, DAR 2013, 464). Auch im Falle eines – wie hier vom Kläger behauptet – reparierten Vorschadens treffen den Kläger besondere Darlegungs- und Beweispflichten nach dem Maßstab des § 286 ZPO. Denn ohne detaillierte Kenntnis über den Umfang des Vorschadens und seine gegebenenfalls erfolgte Reparatur kann der aktuelle Wiederbeschaffungswert nicht bestimmt werden. Selbst wenn der Vorschaden sich auf einen anderen Schadensbereich als der neue Schaden bezieht, lässt sich ohne weitere Angaben ein erstattungsfähiger Fahrzeugschaden nicht feststellen. Hier treffen den Geschädigten genau dieselben Anforderungen wie bei einem überlagerten Schadensbereich und es ist sowohl der Umfang des wertbestimmenden Vorschadens wie auch seiner Reparatur genau darzulegen (OLG Celle, Beschl. v. 20.9.2018 – 14 U 124/18, BeckRS 2018, 37483 Rn. 4, beck-online mit Hinweis auf: OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.05.2015 – 1 U 116/14, juris).
Dies hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Wiederbeschaffungswert (und -aufwand) des Fahrzeugs schon nach den Feststellungen des Gutachters des Klägers ohne Berücksichtigung der höheren Laufleistung des Fahrzeugs und der erheblichen Vorschäden nicht wesentlich über den Reparaturkosten liegt und deswegen auch in Rede steht, dass die Reparaturkosten den Wert des Fahrzeugs übersteigen und damit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen ersatzfähig sind.
Unstreitig hat das Fahrzeug im Januar 2019 einen Schaden an der rechten Fahrzeugseite erlitten, der mit einem Betrag von 2.972,31 EUR abgerechnet worden ist, und der im eingeholten Privatgutachten des Klägers nicht berücksichtigt wurde. Einzelheiten hierzu sind nicht dargelegt worden. Ob und wie diese genannten Vorschäden beseitigt worden sind, hat der Kläger im Einzelnen nicht vorgetragen. Soweit schriftsätzlich in der Klage vorgetragen wurde, die Reparatur sei anlässlich eines Urlaubs in der Türkei ohne Rechnung „sach- und fachgerecht“ erfolgt, hat der Kläger im Rahmen der informatorischen Anhörung angegeben, dass eine Rechnung nicht vorhanden sei und ihm auch keine Angaben dazu möglich seien, auf welche Weise die Reparatur erfolgt sei. Er habe das Fahrzeug in einer Werkstatt in der Türkei abgegeben und „um Reparatur“ gebeten. Da er kein Automechaniker sei, habe er keine Kenntnisse darüber, wie die Reparatur erfolgt sei.
Diese Angaben sind insoweit nicht ausreichend, worauf der Kläger seitens des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist (Bl. 151 d. A.). Auch die Beklagten haben hierauf hingewiesen. Mangels näherer Erkenntnisse über die Reparatur oder bereits den Umfang des Vorschadens – das in Bezug genommene Gutachten der Firma T. wurde insoweit nicht mehr vorgelegt – lässt sich deshalb eine zuverlässige Bestimmung des Widerbeschaffungswertes des Fahrzeuges nicht vornehmen. Substantiierter Vortrag zu den Einzelheiten der Reparaturschritte fehlen völlig. Dies ist aber erforderlich, um eine Vergleichsrechnung zu den geltend gemachten Nettoreparaturkosten herzustellen. Im Rahmen der Schadensminderungspflicht ist der Geschädigte nämlich verpflichtet, zwischen mehreren Ersatzmöglichkeiten diejenige zu wählen, welche für den Geschädigten günstiger ist. Dies mag auch eine Abrechnung auf der Basis des Widerbeschaffungswerts unter Berücksichtigung des Restwerts sein, die ohnehin dann allein in Betracht kommt, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug nach dem Unfall veräußert (Vgl. BGH NJW 2006, 2179). Ohne weitere Hinweise auf Reparaturen vorangegangener Schäden, insbesondere im Bereich der jetzigen Schadensstellen, ist eine solche Vergleichsrechnung indes nicht möglich. Es ist auch nicht ein Mindestschaden ermittelbar, weil der Kläger zu den Reparaturen überhaupt nicht vorträgt.
Gleiches gilt für die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs. Im Mai 2019 wurde ein Wasserschaden behoben, anlässlich dessen Reparatur das vorhandene Tachometer ausgewechselt wurde. Der aktuelle angezeigte Kilometerstand entspricht unstreitig nicht der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs. Wie hoch der Kilometerstand des Klägers vor Auswechslung des Tachometers war, konnte er im Rahmen der informatorischen Anhörung nicht sagen. Auch eine Schätzung der Laufleistung, beispielsweise anhand der von ihm durchschnittlich zurückgelegten Strecke mit dem Fahrzeug, war ihm trotz mehrerer Nachfragen des Gerichts nicht möglich, da er, was verständlich ist, angab, sich nicht für den Kilometerstand des Fahrzeugs zu interessieren. Da er über mehrere Fahrzeuge verfüge, die er unterschiedlich viel nutze, könne er auch keine durchschnittliche Fahrleistung angeben, die eine Rück- oder Hochrechnung ermögliche.
II. Aufgrund der obigen Ausführungen steht dem Kläger auch kein Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung einer Schadenpauschale, vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten oder Zinsen zu.
D. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 9.900,16 EUR festgesetzt.