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Inhaberhaftung für Anbieterkonto bei Amazon – Schutzrechtsverletzungen

LG Köln – Az.: 81 O 40/16 – Urteil vom 30.08.2016

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.752,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 7% und der Beklagte zu 93%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Forderung abzuwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% der zu vollstreckenden Forderung leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für ein anwaltliches Abmahnschreiben wegen marken-, wettbewerbs- und urheberrechtlicher Ansprüche.

Die Klägerin vertreibt im Internet bundesweit Handyzubehör, unter anderem auf der Verkaufsplattform Amazon unter dem Händlernamen „P“. Die Bezeichnung „P“ ist eine für die Klägerin eingetragene Wortmarke beim Deutschen Patent– und Markenamt (Nr. …) u.a. für die Klasse 09 – Schutzhüllen für Handys aus Kunststoff.

Der Beklagte vertreibt auf Amazon unter dem Namen „O“ ebenfalls Handyzubehör.

Unter dem Benutzernamen des Beklagten erfolgte ein Anhängen an ein Angebot der Klägerin für eine iPhone-Hülle der Klägerin mit deren ASIN (Amazon Standard Identification Number, individuelle Identifikationsnummer) …1 unter Nutzung der Marke „P“, wie in Anlage LHR 6 wiedergegeben. Durch die ASIN werden Angebote für einen bestimmten Artikel zusammengefasst. Das Angebot des Beklagten betraf jedoch kein Produkt der Klägerin.

Weiterhin wurde in einem anderen Angebot mit der ASIN …2 (Anlage LHR 7) eine Artikelbeschreibung der Klägerin übernommen.

Zudem erfolgte die Verwendung des Zusatzes ® („R im Kreis“) hinter dem Händlernamen des Beklagten. Der Beklagte hatte eine Wort-/Bildmarke „O“ angemeldet, diese Anmeldung aber wieder zurückgenommen.

Schließlich gab der Beklagte in der Amazon-Anbieterkennzeichnung keinen verantwortlichen Unternehmensvertreter namentlich an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.01.2016 forderte die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung der entstandenen Kosten auf. Die Kosten berechnete die Klägerin auf Grundlage einer Gebühr von 1,3 und nach einem Gegenstandswert von 86.000,00 EUR, wovon 50.000,00 EUR auf die Markenverletzung, je 10.000,00 EUR auf die Wettbewerbsverstöße und 6.000,00 EUR auf den Urheberrechtsverstoß entfielen.

Am 17.02.2016 gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab. Die Kostenerstattung wurde jedoch unter Hinweis auf die wirtschaftliche Lage des Beklagten zurückgewiesen.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe die Rechtsverstöße begangen. Hierfür spreche, dass das Angebot ASIN …2 mehr als sechs Monate eingestellt gewesen sei. Auch das Angebot …1 sei 12 Tage eingestellt gewesen. Selbst wenn er nicht selbst, sondern seine Mutter die Angebote eingestellt haben sollte, hafte der Beklagte hierfür.

Die Klägerin ist zudem der Ansicht, dass ihre Artikelbeschreibung urheberrechtlich geschützt sei.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie den Betrag in Höhe von 1.863,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, seine Mutter, Frau O, habe die Angebote während seiner Urlaubsabwesenheit ins Netz gestellt. Dies sei ohne sein Wissen und Wollen geschehen; die Zugangsdaten habe sie sich von einem Zettel in seinem Zimmer, den er in einer Schublade aufbewahrt habe, beschafft.

Ein Urheberrechtsverstoß liege nicht vor, da der übernommene Text nicht schutzfähig sei. Er ist der Ansicht, der Gegenstandswert sei insoweit nicht höher als 500,- EUR zu bemessen.

Der Beklagte verweist zu dem Impressumverstoß darauf, sein Name sei – unstreitig – im Amazon-Profil hinterlegt. Er ist außerdem der Ansicht, hier sei nur ein Gegenstandswert von bis zu 1.000,- EUR gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zunächst zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln folgt aus § 32 ZPO sowie § 14 II UWG, da die Angebote des Beklagten über die Internet-Verkaufsplattform Amazon bundesweit abrufbar waren, mithin auch im Bereich des Landgerichts Köln.

Die funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen folgt jedenfalls aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses der Zivilkammer gemäß § 102 Satz 2 GVG. Zwar ist die Kammer für Handelssachen grundsätzlich nicht zuständig, soweit es um den Anspruch aus UrhG geht. Die Verweisung ist insoweit auch nicht willkürlich erfolgt. Der Verweisungsbeschluss erfolgte unter Hinweis auf die Zuständigkeit wegen der Verstöße gegen das UWG. Soweit die Zivilkammer nicht die Zuständigkeit nach dem UrhG geprüft oder diese übersehen haben sollte, handelt es sich um einen Rechtsanwendungsfehler, der für sich genommen noch nicht die Annahme einer willkürlichen Entscheidung begründet.

II.

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Inhaberhaftung für Anbieterkonto bei Amazon - Schutzrechtsverletzungen
(Symbolfoto: bangoland/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.752,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 aus § 14 Abs. 6 MarkenG, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG sowie auch aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

1. Der Klägerin als Markeninhaberin stand gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG zu. Bei dem Zeichen „P“ handelt es sich um eine gemäß § 4 Nr. 1 MarkenG in das vom DPMA geführten Register eingetragene Marke (Nr. …), sie genießt somit den Markenschutz des MarkenG. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt. Gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG ist es insbesondere untersagt, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen. Dabei ist der Begriff des Anbietens weit, und zwar im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen; nicht erst ein Angebot, sondern bereits die invitatio ad offerendum erfüllt das Tatbestandsmerkmal, und zwar auch durch Einstellung des Angebots auf einer Internetplattform (Fezer, Markenrecht Rn. 850; BGH GRUR 2006, 927- Kunststoffbügel).

Der Beklagte ist auch richtiger Anspruchsgegner. Es kann dabei dahinstehen, ob der Beklagte die streitgegenständliche Handlung, die Marke „P“ in seinem Angebot zu nutzen, wie die Klägerin behauptet, selbst vorgenommen hat, oder ob dies durch die Mutter des Beklagten, Frau O, so der Vortrag des Beklagten, erfolgt ist.

Der Beklagte hat sich das Verhalten seiner Mutter zurechnen zu lassen. Der Bundesgerichtshof hat dazu Folgendes ausgeführt (BGH, Urteil vom 11.3.2009 – I ZR 114/06 – Halzband – im Folgenden zitiert nach Juris):

„Es kommt jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechts- und/oder Markenrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil dieser, auch wenn er die Verwendung der Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto bei eBay durch seine Ehefrau weder veranlasst noch geduldet hat, nicht hinreichend dafür gesorgt hat, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten und das Kennwort dieses Mitgliedskontos erlangte. Benutzt ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert hat, muss der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte. Eine insoweit bei der Verwahrung der Zugangsdaten für das Mitgliedskonto gegebene Pflichtverletzung stellt einen eigenen, gegenüber den eingeführten Grundsätzen der Störerhaftung (vgl. zu ihr im Urheberrecht etwa BGHZ 156, 1, 11 ff. – Paperboy; Schricker/Wild, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97 UrhG Rdn. 36a ff.; zur Störerhaftung im Markenrecht BGH, Urt. v. 30.4.2008 – I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Tz. 49 ff. = WRP 2008, 1104 – Internet-Versteigerung III; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 202 ff.) und den nach der neueren Senatsrechtsprechung gegebenenfalls bestehenden Verkehrspflichten im Bereich des Wettbewerbsrechts (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 22 ff. – Jugendgefährdende Medien bei eBay) selbständigen Zurechnungsgrund dar.

 (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06 – Rn. 16)

Die Kontrolldaten und das Passwort eines Mitgliedskontos bei eBay ermöglichen demnach als ein besonderes Identifikationsmittel – im vertraglichen wie auch im vorvertraglichen Bereich – ein Handeln unter einem bestimmten Namen nach außen hin. Die Identifikationsfunktion der Zugangsdaten geht dabei weit über die Verwendung etwa eines Briefpapiers, eines Namens oder einer Adresse hinaus, bei denen der Verkehr weiß, dass diese gegebenenfalls von jedermann nachgemacht oder unberechtigterweise verwendet werden können. Im Hinblick darauf besteht eine generelle Verantwortung und Verpflichtung des Inhabers eines Mitgliedskontos bei eBay, seine Kontaktdaten so unter Verschluss zu halten, dass von ihnen niemand Kenntnis erlangt. Diese Pflicht besteht allerdings nicht deshalb, weil sonst die Gefahr von Rechtsverletzungen wie insbesondere von Urheberrechts- und Markenrechtsverletzungen erhöht wäre. Solche Rechtsverletzungen können vielmehr von Dritten auch begangen werden, nachdem sie ein eigenes Mitgliedskonto bei eBay eröffnet haben, was ihnen ohne weiteres möglich ist, da die Anmeldung als Mitglied bei eBay kostenlos ist. Die ungesicherte Verwahrung von Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos erhöht daher nicht die Gefahr von Urheber- oder Markenrechtsverletzungen als solche. Der Grund für die Haftung desjenigen, der seine Kontaktdaten nicht unter Verschluss gehalten hat, besteht vielmehr in der von ihm geschaffenen Gefahr, dass für den Verkehr Unklarheiten darüber entstehen können, welche Person unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt hat, und dadurch die Möglichkeiten, den Handelnden zu identifizieren und gegebenenfalls (rechtsgeschäftlich oder deliktisch) in Anspruch zu nehmen, erheblich beeinträchtigt werden.

 (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06 -, Rn. 18)

Nach den – von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte das Passwort zu seinem Mitgliedskonto nicht unter Verschluss gehalten, sondern in dem auch seiner Ehefrau zugänglichen Schreibtisch so verwahrt, dass diese ohne Schwierigkeiten davon Kenntnis nehmen konnte. Damit hat er seine Pflicht, die Zugangsdaten so geheim zu halten, dass Dritte davon keine Kenntnis erlangen können, in einer Weise verletzt, die seine Haftung für die von seiner Ehefrau möglicherweise unter Verwendung dieser Daten begangenen Rechtsverletzungen begründen kann. Die Haftung des Beklagten setzt, soweit es um den Unterlassungsanspruch geht, hier – anders als die Störerhaftung – keinen Verstoß gegen weitere Prüfungspflichten voraus. Insbesondere ist die Haftung nicht davon abhängig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Pflicht des Beklagten bestanden hat, das Verhalten seiner Ehefrau auf mögliche Verletzungen der Rechte Dritter zu überprüfen, und ob er diese Prüfungspflicht verletzt hat. Anders als die Haftung des Betreibers einer Internetplattform, auf der Waren zum Verkauf angeboten und in diesem Zusammenhang Rechtsverstöße begangen werden können (vgl. BGHZ 173, 188 Tz. 41 f. – Jugendgefährdende Medien bei eBay), greift der hier in Betracht kommende Zurechnungsgrund auch nicht erst dann ein, wenn der Kontoinhaber die unzureichende Sicherung der Kontaktdaten andauern lässt, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, dass ein Dritter sie unberechtigterweise benutzt hat. Ihm wird vielmehr bereits die erste auf der unzureichenden Sicherung der Kontaktdaten beruhende Rechtsverletzung des Dritten als eigenes täterschaftliches Handeln zugerechnet. Das für den Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden wird allerdings im Regelfall nur zu bejahen sein, wenn der Beklagte zumindest damit rechnen musste, dass seine Ehefrau die Kontaktdaten zu dem rechtsverletzenden Handeln verwendete.

 (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06 – Rn. 20)“

Nach dem Vortrag des Beklagten hatte dieser das Passwort auf einem Zettel in einer Schublade aufbewahrt. Selbst wenn seine Mutter unter Ausnutzung dessen erstmalig unter seinem Anbieterkonto auftrat, hat sich der Beklagte ihr Verhalten damit zurechnen zu lassen. Das Passwort war für die Mutter des Beklagten unschwer auffindbar. Damit hat der Beklagte nicht ausreichend Sorge getragen, dass ein Zugriff Dritter auf das Konto ausgeschlossen ist. Auch im privaten Umfeld besteht die Möglichkeit, Passwörter so zu hinterlegen, dass sie für Dritte, insbesondere auch Familienangehörige, nicht ohne weiteres auffindbar sind. Der Beklagte hat sich ein daraus resultierendes Verhalten seiner Mutter zurechnen zu lassen.

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Auf den ergänzenden Sachvortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 9.8.2016 kommt es nicht an.

2. Der Klägerin steht gegen den Beklagten weiterhin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG zu.

a. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung dadurch vornimmt, dass er über die betriebliche Herkunft einer Ware täuscht bzw. eine Verwechslungsgefahr (Abs. 2) hervorruft. Diese liegt hier in dem Anhängen an das Angebot der Klägerin mit der ASIN deren. Ein solches Anhängen an fremde Angebote ist zulässig, jedoch nur, sofern tatsächlich dasselbe Produkt veräußert wird oder aber klargestellt wird, dass dies nicht der Fall ist und die Waren lediglich gleichartig sind (LG Berlin, Beschluss vom 25.11.2011 – 15 O 436/11). Hier hat der Beklagte jedoch gerade nicht die Handyhüllen der Klägerin geliefert, obwohl dies durch das Anhängen an das Angebot der Klägerin gerade suggeriert wurde, und auch an keiner Stelle auf diesen Umstand hingewiesen, sodass der Unterlassungsanspruch besteht.

Die Klägerin ist als Mitbewerberin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG auch Anspruchsinhaberin des Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1 UWG, da hier Klägerin und Beklagter jeweils Handyzubehör, also Waren gleicher Art, über die Amazon-Verkaufsplattform gewerblich anbieten.

Bezüglich der Frage, ob hier der Beklagte selbst oder, wie von ihm behauptet, seine Mutter gehandelt hat, gelten die obigen Ausführungen ebenso, sodass die jeweilige Handlung dem Beklagten jedenfalls zuzurechnen ist und er dafür haftet.

b. Daneben besteht der Unterlassungsanspruch auch unter dem Gesichtspunkt der Verwendung des „R im Kreis“, welcher ebenfalls eine nach §§ 3, 5 Abs. S. 2 Nr. 1 UWG wettbewerbsrechtlich relevante unlautere Handlung in Form einer Täuschung darstellt. Durch Verwendung dieses Zeichens erwartet der Verkehr, dass eine entsprechende Marke tatsächlich eingetragen ist. Zu einer Markeneintragung ist es indes nicht gekommen. Daher ist die Verwendung des „R im Kreis“ hier irreführend (vgl. BPatG, Beschluss vom 21.01.2013 – 27 W 553/12).

c. Es besteht ferner ein Unterlassungsanspruchs aus §§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 5 TMG wegen der fehlenden Namensangabe in der Anbieterkennzeichnung auf Amazon. Hier hat unstreitig der Beklagte selbst gehandelt.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG haben Diensteanbieter für Telemedien unter anderem ihren Namen leicht erkennbar verfügbar zu halten. Hier hat der Beklagte im Feld „Detaillierte Verkäuferinformationen“ auf der Angebotsseite unter „Unternehmensvertreter“ „Niemand“ angegeben. Erkennbar war lediglich der Geschäftsname „O Accessories“, wobei § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG jedoch ausdrücklich die Angabe des Namens, bzw. bei juristischen Personen des Vertretungsberechtigten fordert. Dies ist hier nicht erfolgt. Sofern der Beklagte behauptet, der fehlende Name sei im Profil hinterlegt, bleibt es bei einem Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG. Die Vorschrift verlangt eine leichte Erkennbarkeit sämtlicher Angaben. Zwar ist damit gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass alle Angaben an einer Stelle auffindbar sein müssen; die Angabe des Namens nicht im Impressum, sondern etwa gut sichtbar auf der Startseite, reicht. Bedarf es einer Suche, bis alle erforderlichen Angaben gefunden sind, ist dieser Anforderung jedoch nicht mehr genügt (vgl. BeckOK InfoMedienR, § 5 TMG, Rn. 14 ff). Vorliegend ist der Name im Profil nicht mehr leicht erkennbar, da das persönliche Amazon-Profil nicht ohne weiteres für jeden sichtbar ist.

Schließlich ist der festgestellte Verstoß nach § 3a UWG auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Durch das Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit werden Bagatellverstöße mit nur geringfügigen Auswirkungen vom Schutz des UWG ausgeklammert (LG München, Urteil vom 04.05.2010 – 33 O 14269/09, zur vergleichbaren Regelung vor Einführung des neuen § 3a UWG). Diese Schwelle ist vorliegend überschritten, da die Angebote des Beklagten einem unbegrenzten Adressatenkreis zugänglich sind, für den eine eventuelle Rechtsdurchsetzung erschwert ist. Hinzu kommt, dass für eine „O Accessories“ als Unternehmensträgerin nichts dargetan ist. Umso wichtiger ist demnach die Angabe der hinter den Angeboten stehenden natürlichen Person (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 11.04.2008 – 5 W 41/08 sowie GRUR-RR 2007, 328 f. zur vorherigen Rechtslage und der oben genannten Unterscheidung). Daher steht der Klägerin auch insofern ein Unterlassungsanspruch zu.

3. Schließlich steht der Klägerin auch ein Unterlassungsanspruch nach § 97 I UrhG zu. Bei dem Anzeigentext der Klägerin handelt es sich um ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG geschütztes Werk. Dabei ist bei Werbetexten grundsätzlich ein Urheberrechtsschutz im Gegensatz zu sonstigen Sprachwerken gesondert zu begründen und in der Regel in ihrer Funktion als bloße Anpreisung oder objektive Artikelbeschreibung, also eines rein beschreibenden Textes, nicht geschützt. Bei der Begründung kann es dabei entscheidend auf die Länge des Textes ankommen, ausführlichere Texte können eher Schutz beanspruchen als kurze Slogans (Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 2 Rn. 81 ff; 106 ff.). Weiterhin ist unter Zugrundelegung der Anforderung der „Kleinen Münze“ auch ein Werk jenseits der klassischen Literatur schutzwürdig, sofern es nur den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG entspricht. Für die Frage, ob es sich bei einem Text, insbesondere im Werbebereich, also tatsächlich um eine persönliche geistige Schöpfung handelt, ist insbesondere von Bedeutung, ob Inhalt, Form und Stil über die bloße Beschreibung hinausgehen und sich durch Individualität besonders abheben. Dies ist hier der Fall. Durch den – für eine Produktbeschreibung einer Handyhülle – relativ langen Text soll auch durch den Stil desselben die Qualität des beschriebenen Produktes unterstrichen werden. Es handelt sich nicht nur um eine bloße Aneinanderreihung von Produktmerkmalen; vielmehr sind diese eingebettet in einen Text, welcher mit Anglizismen und bildhaften Umschreibungen einen abgegrenzten Kundenkreis erreichen soll.

In der Verbreitung des Textes der Klägerin unter Austausch des vermeintlichen Markennamens durch den Beklagten auf seiner eigenen Angebotsseite liegt ein Verstoß gegen §§ 15 Abs. 2, 19a UrhG. Das insofern berührte Recht der unkörperlichen Wiedergabe durch öffentliche Zugänglichmachung, hier über eine Internetplattform, steht ausschließlich dem Urheber zu. Bei der Änderung des Markennamens handelt es sich jedoch noch nicht, wie von der Klägerin behauptet, um eine Bearbeitung des Textes im Sinne von § 23 S. 1 UrhG. Dafür fehlt es an der werkdienenden Veränderung, die es einem anderen, über das Ursprungswerk hinausgehenden Zweck zuführen soll (vgl. Spindler/Schuster/Wiebe, UrhG § 23 Rn. 4). Es liegt hierin jedoch eine andere Umgestaltung im Sinne der Vorschrift, da der Eindruck erweckt wird, der – ansonsten gleiche Text – beschreibe das Produkt einer anderen Marke. Es wird der Text der Klägerin also in abgeänderter Form genutzt (vgl. Dreier/Schulze/Schulze, UrhG § 23 Rn. 7).

4. Als Rechtsfolge hat der Beklagte der Klägerin die für die zulässige Abmahnung entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Diese richten sich nach dem jeweiligen Streitwert.

Der von dem Beklagten in Frage gestellte Streitwert für die Urheberrechtsverletzung durch Übernahme des Textes in Höhe von 6.000 EUR ist nicht zu beanstanden. Der Wert liegt hier an der Untergrenze solcher Verletzungen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der Text durch die Verbreitung im Internet einem besonders breiten Publikum zugänglich ist und gerade im Bereich des Vertriebs solcher Massenartikel ein individueller Werbetext einen – dann auch besonders schützenswerten – Verkaufsvorteil darstellen kann, zumal es sich bei dem Beklagten um einen gewerblichen Mitbewerber handelt und der geschützte Text im Übrigen für einen Werbetext relativ lang ist.

Der von der Klägerin angesetzte Streitwert für das fehlerhafte Impressum ist jedoch mit 10.000 EUR zu hoch angesetzt. Bei der Bestimmung kommt es hauptsächlich auf die durch den Verstoß begründete Gefährdungslage für den Mitbewerber, hier die Klägerin an; dies jedoch unter Zugrundelegung der Verhältnisse des Wettbewerbers, welcher den Verstoß begeht. Zum einen stellt der fehlende Name im Impressum dabei für die Klägerin nur eine mittelbare Beeinträchtigung dar; da eine für die Geltendmachung etwaiger Rechte durch Verbraucher fehlende, für die Klageschrift benötigte zustellungsfähige Adresse unmittelbar nur potenzielle Kunden des Beklagten betrifft; das Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten wird dadurch unmittelbar allerdings nicht berührt, selbst wenn die Spürbarkeitsschwelle des § 3a UWG für den materiellen Anspruch wie hier überschritten ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte hier zwar gewerblich tätig ist, das Produktangebot, mit welchem er mit der Klägerin konkurriert, aber überschaubar ist. Schließlich spielen auch seine privaten finanziellen Verhältnisse eine Rolle. Es ist daher ein Streitwert von 2.000 EUR angemessen (OLG Köln, Beschluss vom 1.6.2016 – 6 W 68/16).

Im Übrigen sind die von der Klägerin angesetzten Streitwerte unwidersprochen und auch nicht zu beanstanden.

Daher ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 78.000 EUR. Die durch den Beklagten zu tragenden Kosten für die sich danach berechnende Gebühr der Tätigkeit des klägerischen Anwalts belaufen sich danach auf 1.752,90 EUR, die sich wie folgt zusammensetzen:

1,3 Geschäftsgebühr §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG x 1333 = 1.732,90 EUR

Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

1.752,90 EUR

Im Übrigen ist die Klageforderung damit der Höhe nach unbegründet.

5. Die Nebenforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.

6. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.863,40 EUR

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