AG Westerstede – Az.: 27 C 660/19 – Beschluss vom 30.12.2019
Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt, nachdem der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger begehrte von der Verfügungsbeklagten einstweiligen Rechtsschutz gegen eine „angedrohte“ Weitergabe persönlicher Daten.
Die Verfügungsbeklagte ist eine Inkassogesellschaft. Hintergrund für den Rechtsstreit ist, dass die Verfügungsbeklagte mit dem Einzug einer Forderung des # gegen den Verfügungskläger in Höhe von 135,00 Euro aus einer vermeintlichen Inanspruchnahme eines Onlineshops auf der Interseite # vom 26.03.2019 beauftragt wurde.
Die Verfügungsbeklagte teilte dies mit Schreiben vom 14.10.2019 dem Verfügungskläger mit sowie, dass sie von # Stammdaten, Kommunikationsdaten, Vertragsdaten, Forderungsdaten und Zahlungsinformationen zu dem Verfügungskläger erhalten habe.
Auf einem mit „Darlegungs- und Informationspflichten gem. § 11a RDG“ überschriebenen Beiblatt zum Schreiben vom 14.10.2019 kündigte die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger an:
„Im Rahmen des Inkassoverfahrens werden wir Ihre Daten an unseren Auftraggeber # und ggf. folgende Kategorien von Empfängern übermitteln, sofern die zum Einzug der Forderung erforderlich ist: Abtretungsempfänger; Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter, Gerichte, Gerichtsvollzieher, Rechtsanwälte.“
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das der Verfügungsbeklagten am 21.10.2019 um 11:59 Uhr zuging, wies der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte darauf hin, dass die behauptete Forderung nicht bestehen würde und die Verfügungsbeklagte deshalb nicht berechtigt sei, die personenbezogenen Daten des Verfügungsklägers zu verarbeiten oder weiterzugeben. Die Verfügungsbeklagte wurde unter Fristsetzung zum 28.10.2019 unter anderem zur Unterlassung der Übermittlung der personenbezogenen Daten des Verfügungsklägers aufgefordert.
Eine Reaktion der Verfügungsbeklagten hierauf erfolgte nicht. Eine Erklärung, die Weitergabe der personenbezogenen Daten zu unterlassen, wurde seitens der Verfügungsbeklagten nicht abgegeben.
Am 07.11.2019 ging dem Verfügungskläger ein Mahnbescheid des Amtsgerichts # über die behauptete Forderung zu, der die Verfügungsbeklagte als Prozessbevollmächtigte des # ausweist.
Der Verfügungskläger beantragte ursprünglich, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis sechs Monaten zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten, es zu unterlassen: Stammdaten, Kommunikationsdaten, Vertragsdaten, Forderungsdaten und Zahlungsinformationen, wie sie von # an die Verfügungsbeklagte übermittelt wurden im Rahmen des Inkassoverfahrens gegen den Verfügungskläger zum Einzug der behaupteten Forderung des #, an Abtretungsempfänger, Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter, Gerichte, Gerichtsvollzieher oder Rechtsanwälte zu übermitteln.
Gegen die antragsgemäß am 11.11.2019 erlassene einstweilige Verfügung hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.11.2019 Widerspruch eingelegt sowie ursprünglich beantragt, den Beschluss vom 11.11.2019 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2019 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten, dass ohne einen rechtskräftig festgestellten Anspruch keine personenbezogenen Daten des Verfügungsklägers weitergegeben werden.
Daraufhin erklärte der Verfügungskläger die Hauptsache für erledigt und die Verfügungsbeklagte, dass sie sich der Erledigungserklärung anschließe.
II.
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Gemäß § 91a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen Verhandlung bedarf, über die Kosten des Verfahrens entschieden werden.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen. Die Kosten sind der Verfügungsbeklagten aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Der Antrag des Verfügungsklägers war aller Voraussicht nach zulässig und begründet.
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Westerstede ergibt sich aus § 32 ZPO, wonach der Erfolgsort einer Persönlichkeitsrechtsverletzung der regelmäßige Aufenthaltsort des Betroffenen ist.
Zudem hat der Verfügungskläger den Verfügungsanspruch und –grund durch Vorlage der Urkunden sowie durch die eidesstattliche Versicherung schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht.
Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hatte der Verfügungskläger einen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 1004 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, weil eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu besorgen war. Die Übermittlung personenbezogener Daten stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, die der Verfügungskläger in der von der Verfügungsbeklagten angekündigten Form nicht hinzunehmen braucht.
Der Verfügungskläger müsste lediglich eine solche Weitergabe seiner Daten dulden, die die Verfügungsbeklagte zur gerichtlichen Geltendmachung im Rahmen ihres vom vermeintlichen Gläubiger erteilten Auftrages vornehmen dürfte. Dies ist beispielsweise die Weitergabe im Rahmen eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Ankündigung der Verfügungsbeklagten ist auf eine solche – zulässige – Weitergabe nicht beschränkt, sondern spricht allgemein von einer Übermittlung, „sofern dies zum Einzug der Forderung erforderlich ist“.
Dabei braucht das Gericht nicht festzustellen, ob die zugrundeliegende Forderung gegen den Verfügungskläger tatsächlich besteht oder – so wie er behauptet – gar nicht existiert. Denn eine Übermittlung von personenbezogenen Daten an z.B. Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter oder Gerichtsvollzieher muss vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die streitgegenständliche Forderung vom Betroffenen nicht geduldet werden. Eine Weitergabe wäre rechtswidrig. Eine solche Weitergabe hat die Verfügungsbeklagte im Beiblatt zum Schreiben vom 14.10.2019 gerade angekündigt, ohne die Einschränkung vorzunehmen, dass dies nur nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die streitgegenständliche Forderung erfolgen würde. Letzteres wurde dem Verfügungskläger auch nicht auf sein Schreiben vom 21.10.2019 hin mitgeteilt, sondern erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.12.2019.
Aufgrund des Verhaltens der Verfügungsbeklagten musste der Verfügungskläger – auch aus Sicht eines verständigen und unvoreingenommenen Dritten – mit einer konkret bevorstehenden Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts in Form der Weitergabe der personenbezogenen Daten rechnen. Der Ansicht der Verfügungsbeklagten, wonach der Einschränkung der Datenübermittlung, „sofern dies zum Einzug der Forderung erforderlich ist“, entnommen werden könne, dass eine Weitergabe ohne rechtskräftigen Titel nicht erfolge, kann nicht gefolgt werden. Im Schreiben vom 14.10.2019 kündigte die Verfügungsbeklagte „weitere Maßnahmen“ an, sofern die geltend gemachte Forderung nicht innerhalb einer Frist bezahlt würde. In Verbindung mit dem Beiblatt „Darlegungs- und Informationspflichten“, in dem die Ankündigung der Datenübermittlung enthalten war, und auf das im Schreiben im unmittelbaren Anschluss an die Zahlungsaufforderung verwiesen wurde, musste der Verfügungskläger davon ausgehen, dass eine Datenübermittlung – insbesondere auch an eine Auskunftei wie die Schufa – erfolgen würde, sofern er keine fristgemäße Zahlung leisten würde.
Zudem hat die Verfügungsbeklagte durch ihr Verhalten auch Anlass für den Antrag auf Erlasse einer einstweiligen Verfügung gegeben. Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens rechtfertigt. Indem die Verfügungsbeklagte auf das Schreiben des Bevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 21.10.2019, mit dem sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung hinsichtlich der Weitergabe von personenbezogenen Daten des Verfügungsklägers aufgefordert wurde, keinerlei Reaktion zeigte, musste der Verfügungskläger aufgrund der Ankündigung im Beiblatt zum Schreiben vom 14.10.2019 von der ungerechtfertigten Weitergabe seiner Daten an Dritte ausgehen.
Nach alldem entsprach die Kostenauferlegung auf die Verfügungsbeklagte dem billigen Ermessen.