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Insichgeschäft – Genehmigung durch Vertreter

OLG Rostock – Az.: 3 W 7/17 – Beschluss vom 19.01.2017

Auf die Beschwerde der Beteiligten werden die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Greifswald vom 07.07.2016 und 30.08.2016 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 26.01.2016 veräußerten die Beteiligten zu 2. bis 7. das im Rubrum näher bezeichnete Grundstück an die Beteiligte zu 1.

Für beide Seiten handelte Frau Dr. M., für die Beteiligte zu 1. aufgrund einer vom Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1. für diese unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB erteilten Vollmacht vom 10.05.2010 und für die Beteiligten zu 2. bis 7. als vollmachtslose Vertreterin. Die Beteiligten zu 2. bis 7. genehmigten die Erklärungen von Frau Dr. M. formgerecht. Im Hinblick auf die Beteiligten zu 2. und 7. liegen zudem die nachlassgerichtlichen bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigungen vor.

Der Vorstandsvorsitzende der Beteiligten zu 1. ist selbst nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Mit Zwischenverfügung vom 07.07.2016 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe. Frau Dr. M. habe sowohl für den Erwerber als auch für die Veräußerer gehandelt. Zu den von ihr abgegebenen Erklärungen habe es daher der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bedurft. Diese könne seitens der Vollmachtgeber nur erteilt werden, wenn sie selbst von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien. Für den Vorstandsvorsitzenden des Beteiligten zu 1. sei dies aber nicht der Fall. Daher habe er in seiner Vollmachtserteilung vom 10.05.2010 keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilen können und könne dies auch nicht in einer Nachgenehmigung. Mithin seien die schuldrechtlichen und dinglichen Erklärungen in der Urkunde nicht wirksam und könnten auch nicht wirksam werden.

Es bedürfe im Ergebnis einer umfänglichen, die obigen Hinderungsgründe vermeidenden, Neubeurkundung.

Hierauf hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten eingeräumt, dass Frau Dr. M. in der Tat als Doppelvertreterin gehandelt habe, obwohl ihr dies mangels Befreiung des Vorstandes der Beteiligten zu 1. von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht möglich gewesen sei.

Dennoch sei die Zwischenverfügung nicht richtig, denn der Vertrag sei nicht nichtig, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht überschreite, sondern schwebend unwirksam. Er könne also durch Genehmigung der vertretenden Personen wirksam werden.

Hier komme hinzu, dass die Erschienene die Verkäufer nicht aufgrund von Vollmachten vertreten habe, sondern als vollmachtslose Vertreterin gehandelt habe. Auf eine solche Vertretung, die der Genehmigung bedarf, sei § 181 BGB nach inzwischen ganz herrschender Meinung nicht anwendbar. Dem Genehmigenden liege der Vertragsinhalt endgültig vor. Eine Beeinträchtigung seiner Rechte, der § 181 BGB vorbeugen wolle, sei nicht eingetreten. Allenfalls könnte demnach noch eine Genehmigung vonseiten der Beteiligten zu 1. erforderlich sein. Diese könne auf entsprechenden Hinweis, dass dies für notwendig erachtet werde, kurzfristig eingeholt werden.

Daraufhin hat das Amtsgericht mit weiterer Zwischenverfügung vom 30.08.2016 an seiner Zwischenverfügung vom 07.07.2016 festgehalten und darauf verwiesen, dass § 181 BGB auch bei vollmachtlosen Handeln des beidseitigen Vertreters für anwendbar gehalten werde. Deshalb sei die Genehmigung des Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1. erforderlich. Dieser könne das Insichgeschäft aber nur genehmigen, wenn er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender selbst von § 181 BGB befreit sei. Dies sei aber nicht der Fall. Daher sei entweder erforderlich, dass er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werde und sodann den Kaufvertrag genehmige oder es müsse neu beurkundet werden.

Gegen beide Zwischenverfügungen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde vom 10.10.2016. Sie nehmen Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und sind der Auffassung, dass bei dem Handeln der Erschienenen als Vertreterin eines Beteiligten einerseits und als vollmachtsloser Vertreterin der anderen Beteiligten andererseits § 181 BGB hier nicht anwendbar sei.

Selbst wenn man die Frage der Anwendbarkeit des § 181 BGB bei vollmachtloser Vertretung bejahe, ergebe sich die weitere Frage, wie sich dies auf den vorliegenden Fall auswirke. Nach allgemeiner Meinung könnten schwebend unwirksame Insichgeschäfte durch Genehmigung des Vertretenden, der wiederum Organ einer juristischen Person sein könne, Wirksamkeit erlangen. Entscheidend sei insofern, ob dieses Organ der juristischen Person, hier also der Vertreter der Stiftung, der Beteiligten zu 1., seinerseits von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein müsse. Gerade dies werde von der neueren Rechtsprechung und Literatur aber ausdrücklich verneint, soweit die Genehmigung selbst – wie hier – kein Insichgeschäft sei.

Nach alledem sei der Eintragungsantrag vollzugsreif. Allenfalls könne das Grundbuchamt eine Genehmigung des Kaufvertrages durch den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung verlangen. In keinem Falle könne eine Satzungsänderung der Stiftung bezüglich der Befreiung des Vorstandsvorsitzenden von § 181 BGB verlangt werden, schon gar nicht eine Neubeurkundung des Vertrages.

Mit Beschluss vom 27.12.2016 hat das Amtsgericht an seiner Auffassung festgehalten und der Beschwerde nicht abgeholfen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat auf den Inhalt der Nichtabhilfeentscheidung Bezug.

II.

Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig und auch in der Sache begründet.

Die vom Grundbuchamt in den angefochtenen Zwischenverfügungen aufgezeigten Eintragungshindernisse im Sinne von § 18 GBO bestehen nicht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedarf es weder einer Neubeurkundung, noch des Nachweises einer Befreiung des Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1. von den Beschränkungen des § 181 BGB – entweder durch Änderung der Satzung der Beteiligten zu 1. oder durch Einzelfallbefreiung – für eine von ihm noch zu erteilende Genehmigung des beurkundeten Geschäfts.

Allerdings ist vorliegend Frau Dr. M. für beide Vertragsparteien aufgetreten und hat für beide Erklärungen abgegeben, zum einen für die Verkäufer als vollmachtslose Vertreterin und zum anderen aufgrund Vollmacht für die Käuferin, so dass die Anwendbarkeit des § 181 BGB zunächst in Betracht kommt und zu prüfen ist.

Dabei kann hier dahinstehen, ob § 181 BGB auch bei einem Handeln als vollmachtsloser Vertreter für die eine Partei anwendbar ist (zum Streitstand vgl. etwa Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 3559 a, Fußnote 30; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 19 Rn. 90). Durchgreifende Zweifel daran, ob diese umstrittene Frage bejaht werden kann, hegt der Senat schon deshalb, weil in derartigen Fällen keine Gefahr besteht, dass das Rechtsgeschäft durch die Erklärungen des für beide Vertragsparteien Handelnden unmittelbar wirksam wird, sondern hierfür ohnehin die Genehmigung der vollmachtslos vertretenen Partei nach § 177 BGB zwingend notwendig ist. Erst durch die Genehmigung dieser Vertragspartei, der dann aber auch der gesamte Vertragsinhalt vorliegt, kann das Rechtsgeschäft wirksam werden (vgl. insoweit etwa Schneeweiß, MittBayNot 2001, 341 m.w.N.).

Unterstellt, man hielte die Vorschrift des § 181 BGB auch in derartigen Fällen für anwendbar, bestehen die vom Amtsgericht reklamierten Eintragungshindernisse dennoch nicht.

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass ein Rechtsgeschäft bei einem Verstoß gegen § 181 BGB nicht nichtig, sondern entsprechend § 177 BGB lediglich schwebend unwirksam und damit – beidseitig – genehmigungsfähig ist (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl., § 181 Rn. 15 m.w.N.). Hier liegen entsprechende Genehmigungen der Beteiligten zu 2. bis 7. bereits vor. Die nachträglichen Genehmigungen der vollmachtlos Vertretenen umfassen nicht nur das Handeln ohne Vertretungsmacht, sondern – soweit § 181 BGB anwendbar ist – auch die Gestattung eines Insichgeschäftes, da die Genehmigung das vorgenommene Geschäft erfasst, wie es abgeschlossen ist (vgl. Schöner/Stöber, a.a.O. Rn. 3559 b; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.01.2012, 3 W 99/11, MittBayNot 2012, 377).

Darüber hinaus ist allgemein anerkannt, dass die vertretenen Vertragspartner schwebend unwirksame Insichgeschäfte nicht nur persönlich genehmigen können, sondern auch durch einen Vertreter (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O. m.w.N.; Demharter, a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts muss der das schwebend unwirksame Insichgeschäft genehmigende Vertreter selbst regelmäßig nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sein. Dies entspricht – soweit ersichtlich – der vorherrschenden Auffassung in der jüngeren Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O. mit zustimmender Anmerkung von Auktor; Demharter, a.a.O.; Schöner/Stöber, a.a.O. Rn. 3559 a; Dr. Tebben, DNotZ 2005, 173), der sich der Senat unter Bezugnahme auf die Begründung der Entscheidung des OLG Zweibrücken (a.a.O.) anschließt. Soweit dies im Einzelfall anders sein mag, wenn sich die Genehmigung selbst im konkreten Fall als Insichgeschäft darstellt, liegt eine derartige Fallgestaltung hier nicht vor.

Mithin fehlt es vorliegend allenfalls noch an der Genehmigung der Beteiligten zu 1., die auch deren Vorstandsvorsitzender ohne weiteres formgerecht erteilen kann. Die Vorlage einer solchen schlichten Genehmigungserklärung hat das Grundbuchamt aber mit den angefochtenen Zwischenverfügungen nicht verlangt; die Beteiligte zu 1. hat die kurzfristige Vorlage der Genehmigung auf entsprechenden Hinweis – insoweit erfolglos – angeboten.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; Gerichtskosten fallen für das Beschwerdeverfahren nicht an (vgl. Nr. 14510 KV-GNotKG).

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