Amtsgericht Erfurt
Az.: 28 C 2354/01
Verkündet am 14.09.2001
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Erfurt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2001 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung des Kaufpreises für den Kauf eines Diamantringes im Rahmen einer Internetversteigerung.
Der Kläger und der Beklagte sind als Nutzer bei der lnternetauktion „eBay“ registriert. Der Kläger stellte unter anderem einen Diamantring, 14 kt. gelbgold mit 0,25 ct. Diamanten, auf einer Internet-Seite der zur Versteigerung ein. Die Ersteigerung erfolgte am 16.11.2000 um 12.14 Uhr zum Höchstgebot von 655,00 DM. eBay ermittelte als Höchstbietenden den Nutzer der sich mit seinem persönlichen Paßwort angemeldet hat. Unstreitig ist zwischen den Parteien, daß diese E-Mail-Adresse dem Beklagten gehört. Die X teilte dem Kläger am gleichen Tag um 12.33 Uhr per E-Mail den Namen und die Adresse des Höchstbietenden mit. Wegen der Einzelheiten wird auf die Mitteilung vom 16.11.2000 verwiesen (Gl. 4 d. A.).
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe an der streitbefangenen Online-Auktion teilgenommen und das Höchstgebot von 655,00 DM abgegeben. Noch am gleichen Tag habe er sich mit dem Beklagten, nachdem ihm eBay den Käufer mitgeteilt habe, in Verbindung gesetzt.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 655,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes ab 02.01.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe zu keinem Zeitpunkt an einer Verkaufsauktion teilgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Klageschrift sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien verwiesen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 655,00 DM aus der Ersteigerung des Ringes im Rahmen der Internetauktion am 16.11.2000, § 433 Abs. 2 BGB.
Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß der Vertrag nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, § 134 BGB. In Betracht käme ein Verstoß gegen § 34 b Abs. 1 Gewerbeordnung und § 34 b VO Nr. 5 b Gewerbeordnung. Diese Vorschriften richten sich aber nur an den Auktionsveranstalter und kann deswegen schon aus diesem Grund nicht zur Nichtigkeit des Vertrages zwischen den Parteien führen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Freischaltung der Angebotsseite durch den Kläger für die hier streitige Auktion nicht lediglich eine „invitatio an offerendum“ darstellt, sondern bereits das rechtsverbindliche Angebot auf Abschluß eines entsprechenden Kaufvertrages über den streitgegenständlichen Ring (OLG Hamm, NJW 2001, 1142). Dieses Angebot des Klägers hat der Beklagte jedoch nicht angenommen. Der Kläger hat keine tauglichen Beweise dafür angeboten, daß es der Beklagte war, der zum höchsten Gebot die Annahme erklärte. Soweit sich der Kläger auf das Zeugnis N.N. bezieht, handelt es sich um ein untaugliches Beweisangebot. Der Kläger kann sich jedoch auch nicht auf den EMail-Ausdruck berufen. Unstreitig ist zwar zwischen den Parteien, daß in dieser Mitteilung die E-Mail-Adresse des Beklagten genannt wird. Dieser Umstand allein reicht jedoch nicht aus. Eine E-Mail-Adresse allein ist jedermann bekannt und wird lediglich wie ein Briefkasten benutzt. Eine Legitimationsprüfung kann hierüber nicht erfolgen. Der Kläger behauptet zwar weiter, daß der Beklagte mittels des richtigen Paßwortes sich an dem betreffenden Tag bei der X eingeholt habe, nach Auffassung des Gerichts ist jedoch die Angabe einer E-Mail-Adresse in Verbindung mit dem Paßwort kein ausreichendes Indiz dafür, daß es auch der Beklagte gewesen ist, der an der Internetversteigerung teilgenommen hat. Grundsätzlich kann jedermann an jedem Ort unter Verwendung der E-MailAdresse des Beklagten an der Internetauktion unter dem Namen des Beklagten teilnehmen, wenn ihm das Paßwort bekannt ist. Aus dem Begriff des Paßwortes ergibt sich zwar, daß es durch den Verwender nicht weitergegeben werden soll, welche Sicherheitskriterien einzuhalten sind, ist jedoch nicht festgelegt. Bei vielen Anbietern gibt es eine Voreinstellung, in der der Verwender das Paßwort, auch wenn es nicht lesbar ist, automatisch vermerken kann.
Zudem ist zu berücksichtigen, daß dem Gericht irgendwelche Sicherheitshinweise der X hinsichtlich der Verwendung des selbstgewählten Paßwortes nicht bekannt sind. Aus verschiedenen Publikationen ist dem Gericht zudem bekannt, daß es häufig für Dritte recht leicht ist, selbstgewählte Paßwörter herauszubekommen. Es ist also nicht von der Hand zu weisen, daß Dritte, die dem Beklagten einen Streich spielen wollen, über seine Registratur ein Angebot abgegeben haben.
Schließlich kommt noch hinzu, daß das Internet selbst keine Sicherheit dergestalt gewährleistet, daß Dritte keinen Zugriff auf die entsprechenden Daten haben. Bei dem Paßwort handelt es sich um ein ständig verwendetes Legitimationsmerkmal, das durchaus von Dritten bzw. Häckern abgelesen werden kann. Sicherheitsstandards sind dem Gericht nicht bekannt. Sicherheitsstandards, die gewährleisten, daß derjenige, der den Zugriff mittels eines Paßwortes vornimmt, gibt es jedoch bereits. Im Rahmen des Internetzahlungsverkehrs mit den Banken werden dem Bankkunden sogenannte TAN-Nummern zur einmaligen Verwendung zur Verfügung gestellt, die eine dreifache Sicherung gewährleisten. Auch diese können möglicherweise durch Dritte im Rahmen des Internets gelesen werden, ein Dritter kann sie jedoch nicht mehr verwenden, wenn die TAN-Nummer bereits verwandt wurde.
Der Standard der Legitimationsprüfung im Rahmen der Internetauktion der X läßt sich auch nicht mit der Verwendung einer Euroscheckkarte vergleichen. Zwar wird bei der Verwendung einer Euroscheckkarte durch den Benutzer zur Legitimation lediglich eine vierstellige Geheimzahl eingegeben, es ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Auszahlung- bzw. Zahlungsvorgang nur in Verbindung mit der Euroscheckkarte vorgenommen werden kann und die Kommunikation des Benutzers direkt mit dem Endgerät geschieht. Dritte können also keinen Zahlungsvorgang veranlassen, wenn ihnen nur die Geheimzahl bekannt ist. Sie müssen zumindest im Besitz der Euroscheckkarte sein und der Inhaber darf den Verlust noch nicht bemerkt haben. Das sind ganz essentielle Unterschiede im Bereich der Legitimationsprüfung.
Nach alledem ist davon auszugehen, daß eine ausreichende Legitimationsprüfung nicht stattgefunden hat, die es erlaubt, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß es der Beklagte gewesen ist, der das entsprechende Angebot abgegeben hatte. Das mögliche Handeln Dritter muß sich jedoch der Beklagte nicht zurechnen lassen.
Unter den gegebenen Umständen kann es deswegen dahingestellt bleiben, ob der vorliegende Vertragsschluß unter das Fernabsatzgesetz fällt. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob das Rechtsgeschäft nicht schon deswegen anfechtbar ist, weil der Kläger einen Diamantring zum eigentlichen Verkaufspreis von 9.850,00 DM nunmehr für 655,00 DM an den Beklagten verkauft haben will.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus.§§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.