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Internetkauf: Bestätigungsmail, Falschlieferung, Kaufvertrag

Landgericht Gießen

Az.: 1 S 413/02

Verkündet am 04.06.2003

Vorinstanz: Amtsgericht Gießen – Az.: 46 C 1294/02


In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Gießen – 1. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4.6.2 0 03 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.11.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gießen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreit hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die auf Erfüllung des Kaufvertrags über das im Klageantrag näher bezeichnete Computerzubehör gerichtete Klage ist unbegründet.

Zur Berufung und zur amtsgerichtlichen Entscheidung ist auszuführen (§ 540 ZPO):

Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO), welche auch die Berufung zugrundelegt. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, oder neue, in der Berufungsinstanz berücksichtigungsfähige Tatsachen bezeichnet die Berufungsbegründung nicht (§ 529 ZPO).

In rechtlicher Hinsicht teilt die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Parteien einen bindenden Kaufvertrag über die drei im Klageantrag näher bezeichneten Computer-Switches zum Preis von insgesamt 237 € zuzüglich Versandkosten geschlossen haben, nicht.

Dabei geht die Kammer – ebenso wie das Amtsgericht und auch die Parteien – davon aus, dass die Werbung auf der Web-Site der Beklagten kein verbindliches Angebot, sondern lediglich eine sog. invitatio ad offerendum darstellt. Das Angebot zum Kauf von drei Switches „D-Link DES-1024″ zum Einzelpreis von 79,00 € ist in der klägerischen E-Mail vom 18.3.2002 zu sehen.

Die Antwort-E-Mails gleichen Datums um 18.38 und 20.51 Uhr stellen bei objektiver Betrachtung keine Annahme des klägerischen Angebots dar. Hinsichtlich der zeitlich früheren Nachricht an den Kläger ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut („keine Auftragsbestätigung“). Der abschließende Satz „Wir wünschen Ihnen viel Freude mit der Sie in Kürze erreichenden Bestellung“ kann aus Sicht des Empfängers nicht als bindende Vertragsannahme angesehen werden (§§ 133, 157 BGB). Dagegen spricht die erwähnte, eindeutige Klarstellung zwei Zeilen zuvor, dass keine Auftragsbestätigung erklärt wird. Dagegen spricht auch der Erklärungsinhalt des letzten Satzes, der bei lebensnaher Betrachtung nur viel Freude an den bestellten Sachen wünscht, welche zeitnah beim Besteller eingehen werden. Unter Berücksichtigung des kurzen Zeitablaufs kann dieser Erklärung nicht die für jeglichen Versandhandel unübliche Bedeutung beigemessen werden, verbindlich das Vertragsangebot ohne weitere Prüfung beispielsweise auch der Lagerkapazität oder auch der Angaben der Bestellung bereits jetzt zu den Konditionen der Bestellung annehmen zu wollen. Bei der – möglicherweise automatisierten – Antwort des X handelt es sich vielmehr nur um eine höfliche Bestätigung des Eingangs der Bestellung und die sinngemäße Zusage, diese zeitnah zu bearbeiten.

Ähnlich verhält es sich bei der E-Mail von 20.51 Uhr. Mehr als eine Mitteilung der Kundennummer und der Abgabe an die Versandabteilung ist in dieser Nachricht nicht zu sehen.

In diesem Zusammenhang ist zudem festzuhalten, dass sich die Bestellung per E-Mail insoweit nicht von sonstigen Versandhandelsbestellungen per Telefon oder Fax unterscheidet. Beim Versandhandel entspricht es der Verkehrssitte (vgl. § 151 S. 1 BGB), dass das Vertragsangebot in Form der Bestellung nicht gesondert vor Auslieferung der Ware angenommen wird (vgl. Palandt-Heinrichs, 62. Aufl., § 151 BGB, Rz. 4; Staudinger-Bork, 12. Aufl., § 151 BGB, Rz. 2, 7, 17; MüKo-Kramer, 4. Aufl., § 151 BGB, Rz. 51 jeweils m.w.N.). Die Lieferung der bestellten Sache stellt in solchen Fällen entweder die (konkludente) Annahmeerklärung dar (so dass es keines Rückgriffs mehr auf die Regelung des § 151 BGB bedarf, vgl. Staudinger-Bork, a.a.O.) oder die äußere Kundgabe des Annahmewillens durch die Erfüllungshandlung selbst (vgl. MÜKo-Kramer a.a.O., Rz. 50).

Wird, wie vorliegend, nicht bestellte Ware zugesandt, stimmen Angebot und Annahme oder Kundgabe des Annahmewillens nicht überein, mit der Folge, dass der Vertrag zu den Bedingungen, wie sie die Bestellung des Kunden vorgegeben hat, nicht zustande gekommen ist (vgl. Staudinger-Bork, a.a.O., Rz. 17; MüKo-Kramer, a.a.O., Rz. 50 m.w.N.). Insoweit folgt die Kammer der Argumentation der Berufungserwiderung nicht. Die objektiv erkennbare Betätigung des Annahmewillens durch Vornahme der Erfüllungshandlung setzt auch im Sinne des § 151 BGB voraus, dass beide Parteien von der identischen Kaufsache ausgehen. Dies muss auch dann gelten, wenn im Sinne der Berufungserwiderung die Manifestierung des Annahmewillens auf den Zeitpunkt der Absendung der Ware vorverlegt wird. Denn auch zu diesem Zeitpunkt will der Vertragspartner nur das Angebot annehmen, das sich auf die zum Versand gebrachte Ware bezieht und nicht eine Warenbestellung, die andere Kaufgegenstände zum Inhalt hatte. Nur die diesbezüglich vorgenommenen Dispositionen können eine objektiv erkennbare Ausübung des Annahmewillens darstellen.

Das in der Übersendung der anderen X liegende neue Vertragsangebot (§ 150 II ZPO) hat der. Kläger nicht angenommen; Anhaltspunkte für die Annahme, dass die vom Kläger mit der Bestellung gewollte Lieferung auch ohne Vereinbarung über den Typ der Switches geschlossen worden wäre (§ 155 BGB), liegen nicht vor. Mangels Vertragsschluss kommt es schließlich auf die Problematik der (rechtzeitigen) Vertragsanfechtung nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen; die Voraussetzungen des § 543 II ZPO liegen nicht vor.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 analog, 711, 713 ZPO.

 

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