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Internetkostenfalle – Gewinnabschöpfung

OLG Frankfurt

Az: 6 U 33/09

Urteil vom 20.05.2010


Die Berufung gegen das am 13.01.2009 verkündete Teilurteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt wird unter Abweisung der Widerklage auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Beklagten boten im Internet auf den im Tenor des angefochtenen Urteils aufgeführten Websites den Abruf von Informationen an. Innerhalb der Websites warben sie jeweils blickfangartig mit der Aussage „heute gratis!“, und zwar bezogen auf „Bastelanleitungen …“, „Fabrikverkaufsadressen …“, „500 Gedichte …“, „Lehrstelleninfos …“, „Alles zur Kunstgeschichte …“, „Vornamen … finden!“. „Witze …“, „Alles über Wohnungen und Immobilien …“, „Steuertipps und Tricks …“, „Tierheime und Tipps …“, „Alles zu Sternzeichen …“, „Zum Nichtraucher werden …“, „Alle Pflanzeninfos …“, „Alles über Tiere …“, „5000 Tattoovorlagen …“, „Linklisten …“. Am Ende der Seite wurde jeweils in kleiner Schrift neben anderen Informationen mitgeteilt, dass durch die Betätigung des Buttons „Anmelden“ ein Auftrag erteilt werde und dass sich die „Gratis Testzeit“ mit Ablauf des Tages in ein Abonnement zum Preis von € 7,00 pro Monat mit einer Laufzeit von 24 Monaten verändere.

Nach Abmahnung durch den Kläger vom 22.03.2006 (Anlage K 4) gab die Beklagte zu 3) unter dem 10.04.2006 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 5).

Der Kläger sieht in der beanstandeten Werbung einen vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß und nimmt die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Herausgabe des hierdurch erlangten Gewinns gemäß § 10 UWG in Anspruch.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Teilurteil (Bl. 231 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten gemäß dem Hilfsantrag des Klägers zur Auskunftserteilung für den Zeitraum ab dem Zugang des Abmahnschreibens vom 13.02.2006 (Anlage K 6) verurteilt, das die Website „www………..“ betraf. Wegen des Zeitraums davor hat das Landgericht den Auskunftsantrag abgewiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Außerdem begehren sie im Wege der Widerklage die Feststellung, dass sie nicht zur Herausgabe des Gewinns gemäß dem Leistungsantrag des Klägers verpflichtet sind.

In der Berufungsverhandlung haben die Beklagten klargestellt, dass sich die Widerklage – entsprechend der erstinstanzlichen Verurteilung zur Auskunftserteilung – nur auf die Zeit nach dem Zugang der Abmahnung vom 13.02.2010 bezieht.

Die Beklagten vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag und wenden insbesondere ein, es fehle an der Erzielung eines auf einem vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß beruhenden Gewinns, weil die Abnehmer der Beklagten erst nach der, spätestens durch die Übersendung der Rechnung vermittelten, Kenntnis von der – angeblichen – Wettbewerbswidrigkeit und damit in Kenntnis der Anfechtbarkeit bzw. der Nichtschuld Zahlung geleistet hätten. Da Rückzahlungsansprüche der Abnehmer an § 144 Abs. 1 BGB bzw. §§ 142 Abs. 2, 814 BGB scheiterten, bestehe auch der – gegenüber den Individualinteressen der Abnehmer subsidiäre – Gewinnabschöpfungsanspruch nicht.

Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Weiter beantragen sie widerklagend, festzustellen, dass die Beklagten nicht verpflichtet sind, den über die Internetportale

……………………..

– in den aus Anlagenkonvolut K 3, Ziffern 1 bis 16 ersichtlichen Fassungen – erzielten Gewinn oder Teile dieses Gewinns an den Bundeshaushalt herauszugeben.

Der Kläger beantragt, die Berufung und die Widerklage zurückzuweisen.

Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen sowie die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. II. Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Dies gilt auch für die in zweiter Instanz erhobene Widerklage.

Die Beklagten haben in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass sich die Widerklage nur auf den Zeitraum nach der Abmahnung vom 13.02.2006 bezieht.

Mit der Frage, ob für diesen Zeitraum ein Gewinnabschöpfungsanspruch gemäß § 10 UWG dem Grunde nach besteht, muss sich der Senat bei der Überprüfung des angefochtenen Teilurteils ohnehin befassen. Mithin handelt es sich bei der Widerklage um eine Zwischenfeststellungswiderklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO, für die die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 533 ZPO nicht erfüllt sein müssen (vgl. Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 533 Rn 9). Die hier mit der Zwischenfeststellungswiderklage angestrebten Rechtswirkungen können nicht schon durch die Rechtsverteidigung gegen den Auskunftsantrag erreicht werden. Denn die Entscheidung in der Auskunftsstufe erzeugt für den auf der letzten Stufe verfolgten Zahlungsanspruch weder materielle Rechtskraftwirkungen noch eine innerprozessuale Bindungswirkung gemäß § 318 ZPO (vgl. BGH, ZIP 1999, 447). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Zwischenfeststellungswiderklage fehlt auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht im Falle einer Verneinung des Anspruchs aus § 10 UWG die Stufenklage als solche abweisen könnte (vgl. BGHZ 94, 268). Denn das Berufungsgericht könnte sich im Falle der Anspruchsverneinung auch auf die Abweisung des Auskunftsantrags beschränken, der den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet.

In der Sache haben die Berufung der Beklagten und ihre Widerklage jedoch keinen Erfolg. Dem Grunde nach besteht gegen die Beklagten ein, von dem Kläger berechtigterweise geltend gemachter, Gewinnabschöpfungsanspruch gemäß § 10 UWG. An der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestehen aus den vom Landgericht bereits dargelegten Gründen keine Zweifel. Die Verpflichtung der Beklagten, die begehrten Auskünfte zur Ermöglichung der Anspruchsberechnung zu erteilen, folgt aus § 242 BGB.

Aufgrund der beanstandeten Internetauftritte haben die Beklagten durch vorsätzlich wettbewerbswidriges Verhalten zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt (§ 10 Abs. 1 UWG).

Die Beklagten haben in grober Form gegen das Verbot der irreführenden Werbung (§§ 3, 5 UWG) verstoßen, indem sie die Entgeltlichkeit der angebotenen Dienstleistungen verschleiert haben. Der Senat verweist insoweit vorab auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen er sich in vollem Umfang anschließt.

Durch die blickfangartig herausgestellte Werbeaussage „heute gratis!“ wird dem durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher suggeriert, dass seine … abgegebene Willenserklärung keine Kostenfolgen habe. Den Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Verbraucher keinen Anlass für die Annahme hat, die gratis abrufbare Leistung der Beklagten erstrecke sich auf einen über den heutigen Tag hinausgehenden Zeitraum. Der Verbraucher rechnet jedoch nicht damit, dass er sich bereits durch seine Anmeldung ohne Abgabe einer weiteren Willenserklärung für einen längeren Zeitraum bindet und insoweit bereits eine Vergütungsverpflichtung übernimmt. Die im kleingeschriebenen Text am Ende der Webseite enthaltene Aufklärung ist völlig unzureichend. Der Durchschnittsverbraucher erwartet dort keine Erläuterungen, die die vorherige Ankündigung der Unentgeltlichkeit in ihr Gegenteil verkehren. Ihm wird die Tragweite seiner Anmeldung erst durch die Übersendung der Rechnung nach Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist bzw. dem Erlöschen des Widerrufsrechts (§ 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB) deutlich gemacht.

Der Umstand, dass die Anmeldung erst nach der Erklärung, die Teilnahmebedingungen zu akzeptieren, möglich ist, ändert an der Irreführung schon deshalb nichts, weil die meisten Verbraucher umfangreichere Klauselwerke wie Allgemeine Geschäftsbedingungen und Lizenzbedingungen zu akzeptieren pflegen, ohne sie vorher gelesen zu haben. Im Übrigen lässt sich aus der Sicht eines Verbrauchers, der auf eine Vergütungspflicht nicht gefasst ist, das Vorhandensein von „Teilnahmebedingungen“ zwanglos damit erklären, dass dort urheberrechtliche Bestimmungen, Regelungen zur Unterbindung von Missbräuchen und Falscheingaben oder die Bedingungen einer zugleich angebotenen Gewinnspielteilnahme („schnell anmelden und gewinnen“) enthalten sind.

Die Beklagten haben im Sinne von § 10 UWG vorsätzlich gehandelt. Neben den tatsächlichen Umständen, die den Wettbewerbsverstoß begründeten, war ihnen auch die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst. Der Senat hat angesichts der Offensichtlichkeit des Wettbewerbsverstoßes keinen Zweifel daran, dass die Beklagten es zumindest billigend in Kauf nahmen, wettbewerbswidrig zu handeln.

Der Feststellung, dass die Beklagten jedenfalls mit dolus eventualis handelten, steht deren Vortrag, sie seien durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten und Herrn Rechtsanwalt RA1 aus …, der nachfolgend das Inkasso betrieb, dahingehend beraten worden, dass die in Rede stehenden Internetauftritte wettbewerbsrechtlich zulässig seien, im Ergebnis – jedenfalls für die Zeit nach der Abmahnung vom 13.02.2006 – nicht entgegen.

Die anwaltliche Überprüfung fand nach dem Vortrag der Beklagten (erstmals) Anfang Februar 2006 statt. Mit der Abmahnung vom 13.02.2006 beanstandete der Kläger – danach – eine Website (www………….), in der ebenso wie in den streitgegenständlichen Internetauftritten mit dem Slogan „heute gratis!“ für den Abschluss eines kostenpflichtigen Laufzeitvertrages geworben wurde. Gerade die hierin liegende Irreführung wurde in dem Abmahnschreiben thematisiert und als wettbewerbswidrig gerügt.

Der Text der geforderten Unterlassungserklärung passt hierzu allerdings nicht, da es dort nach der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform heißt: „… ohne über die mit einem Anruf verbundenen Kosten zu informieren.“ Es ging nicht um einen (Telefon-) Anruf, sondern um eine Online-Anmeldung. Auf diesen Lapsus des Klägers stützen die Beklagten ihre Behauptung, sie hätten die Abmahnung, ohne deren Begründung näher zur Kenntnis zu nehmen, auf eine damalige Verwendung von Dialern bezogen. Dem kann indes nicht gefolgt werden. Die vorformulierte Unterlassungserklärung ist in diesem Sinne keineswegs klar und die tatsächliche Beanstandung des Klägers ist dem Abmahnschreiben schon bei oberflächlicher Lektüre deutlich zu entnehmen. Sollten sie nicht bewusst die Augen verschlossen haben, so haben die Beklagten erkannt, dass die Abmahnung zu einer Website mit der ersichtlich heiklen Aussage „heute !“ die Irreführungswirkung gerade dieser Aussage betraf.

Durch die Abmahnung ist den Beklagten vor Augen geführt worden, dass eine Beurteilung der Aussage „heute gratis!“ als wettbewerbswidrig jedenfalls ernsthaft in Betracht kommt. Damit war ihnen die Möglichkeit bewusst, durch die Fortsetzung der „heute gratis!“-Werbung innerhalb anderer Websites einen Wettbewerbsverstoß zu begehen. Der Umstand, dass Rechtsanwalt RA1 nach dem Vortrag der Beklagten nochmals nach seiner Einschätzung gefragt wurde und bei seiner Rechtsmeinung blieb, ändert nichts.

Die Beklagten hatten keinen vernünftigen Grund, darauf zu vertrauen, dass die Bewertung des von ihnen beauftragten und mit der Angelegenheit vorbefassten Rechtsanwalts ……….zutreffend und die Beurteilung des Klägers unzutreffend sei. Sie handelten jedenfalls ab der Abmahnung vom 13.02.2006 bewusst auf eigenes Risiko. Ein gleichwohl bestehender ernsthafter Wille, wettbewerbskonform zu handeln, erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht daraus, dass die Beklagten gehofft haben mögen, wegen der streitgegenständlichen Internetauftritte wettbewerbsrechtlich nicht belangt zu werden.

Das für eine vorsätzliche Zuwiderhandlung gemäß § 10 UWG erforderliche Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ergibt sich ferner auch daraus, dass die Beklagten – wie später noch auszuführen ist – die Täuschung eines Teils der angesprochenen Verkehrsteilnehmer bezweckt haben. Insoweit genügt es, wenn die Beklagten die Vorstellung hatten, von der großen Zahl der Internetnutzer, die die fraglichen Internet-Seiten besuchen, (lediglich) diejenigen zu übervorteilen, die dem Leitbild des Durchschnittsverbrauchers nicht entsprechen.

Durch ihren vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß haben die Beklagten zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt.

Betroffen sind diejenigen Internet-Nutzer, die durch die Betätigung des Anmelde-Buttons mit der Beklagten zu 3) Verträge geschlossen haben, ohne die Entgeltlichkeit der fraglichen Dienstleistung zu erkennen, und die sodann Zahlung geleistet haben, wodurch sie zum Gewinn der Beklagten beitrugen. Dass diese Kunden eine „Vielzahl“ i.S.v. § 10 UWG ausmachten, wird von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Zwar wird ein Teil der Kunden, die die Entgeltlichkeit nicht erkannt hatten, die Bezahlung der ihnen später übermittelten Rechnung verweigert haben. Erfahrungsgemäß ist aber davon auszugehen, dass zahlreiche Kunden sich den Mühen und Risiken einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten zu 3) wegen eines Betrages von zunächst 84,– EUR für das erste Jahr bzw. 168,– EUR für die Vertragslaufzeit insgesamt nicht unterziehen wollten und deshalb Zahlung geleistet haben.

Der von den Beklagten erzielte Gewinn beruht kausal auf dem vorsätzlichen Wettbewerbsverstoß. Ohne die Irreführung hätten die getäuschten Abnehmer keinen Vertrag geschlossen und demzufolge keine Rechnung erhalten, die sie dann bezahlten. Der Kausalverlauf ist nicht jeweils durch den Entschluss des Abnehmers zur Zahlung unterbrochen worden. Eine – psychisch vermittelte – Kausalität besteht auch für Willensentschlüsse des Verletzten, die durch die haftungsbegründende Handlung „herausgefordert“ bzw. wesentlich mitbestimmt wurden und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf diese Handlung darstellen (vgl. Palandt, BGB, 69. Auflage, vor § 249 Rn 41). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ohne weiteres gegeben. Dies gilt zunächst für diejenigen Abnehmer, die sich mangels juristischer Kenntnisse zur Zahlung verpflichtet glaubten und denen ihre Berechtigung zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts nicht oder nicht hinreichend deutlich bewusst war. Aber auch für diejenigen Kunden, die die Sachlage juristisch einigermaßen überblickten, bedeutete die Bezahlung der Rechnung angesichts bestehender Beweisprobleme und des zu besorgenden Prozessrisikos eine naheliegende Reaktion zur Vermeidung weiteren Ärgers. Diese Zusammenhänge sind den Beklagten durchaus bekannt. Die nachhaltige, auf Einschüchterung angelegte, Verfolgung ihrer vermeintlichen Vergütungsansprüche unter Einschaltung eines Rechtsanwalts ist Teil ihres Geschäftskonzepts (Anlagen K 8 bis K 10).

Der Gewinn wurde zu Lasten der Abnehmer erzielt, die über die Entgeltlichkeit der Dienstleistung getäuscht wurden und Zahlung geleistet haben. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „zu Lasten“ ist umstritten. Teilweise wird vertreten, das Merkmal sei bereits dann erfüllt, wenn durch den Lauterkeitsverstoß die Abnehmerinteressen verletzt wurden (vgl. Gärtner, GRUR Int. 2008, 817, 820 f.). Andere halten eine wirtschaftliche Schlechterstellung der Abnehmer für erforderlich, die aber schon im Abschluss des – ungewollten – Vertrags liegen könne (vgl. OLG Stuttgart, GRUR 2007, 435, 437; Piper/ Ohly / Sosnitza, UWG, 5. Auflage, § 10 Rn 8 f.). Schließlich wird zum Teil zusätzlich verlangt, dass den Abnehmern auf Grund des Geschäfts, das für den Verletzer einen Gewinn abwirft, an sich bürgerlichrechtliche Rechte und Ansprüche gegen den Verletzer zustehen, weil durch § 10 UWG gerade der Gewinn abgeschöpft werden solle, der dem Verletzer verbleibt, weil seine Abnehmer die ihnen zustehenden Rechte und Ansprüche nicht geltend machen (vgl. Köhler / Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 10 Rn 10).

Im vorliegenden Fall muss nicht entschieden werden, welcher dieser Ansichten zu folgen ist, da hier auch die bei enger Auslegung des § 10 UWG anzunehmenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Die (zahlenden) Kunden, die vor der Abgabe ihrer Anmeldeerklärung übersehen hatten, dass sie sich auf ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis einlassen, haben eine wirtschaftliche Schlechterstellung jedenfalls deshalb erfahren, weil ihnen für ein Entgelt i.H.v. 168,– EUR eine für sie nicht voll brauchbare Leistung aufgedrängt worden. Denn ein Interesse an einer zweijährigen Nutzung kann bei einem Abnehmer, der die Vergütungspflicht einschließlich der Mindestvertraglaufzeit übersehen hat, nicht unterstellt werden.

Des Weiteren waren die betreffenden Kunden zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigt (§ 123 Abs. 1 BGB). Die Beklagten handelten nach der Überzeugung des Senats in der Absicht, einen Teil der Verbraucher über die Entgeltlichkeit ihrer Angebote zu täuschen, und damit arglistig.

Denn nur so ist die durch den Slogan „heute gratis!“ geprägte Gestaltung der Internetauftritte zu erklären, die darauf ausgerichtet ist, Internetnutzer zur Betätigung des Anmeldebuttons zu bewegen, die die im Kleingedruckten und in den „Teilnahmebedingungen“ niedergelegten Folgen der Anmeldeerklärung nicht erkennen. Für einen Verbraucher, der sich bewusst auf den angebotenen Zwei-Jahres-Vertrag einlassen möchte, bietet die Blickfangwerbung mit „heute gratis!“ hingegen keinen Anreiz, denn ein kostenfreier Tag fällt bei einer Gesamtlaufzeit von zwei Jahren nicht ins Gewicht. Die Beklagten wenden sich auch nicht an diejenigen, die das vergütungspflichtige Angebot als solches erfassen und die Leistung der Beklagten kostenlos testen möchten. Zwar ist im Kleingeschriebenen von einer „Gratis Testzeit“ die Rede. Die Beklagten zeigen aber noch nicht einmal an dieser Stelle oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf, was der Verbraucher tun soll, um die gleichsam automatische Überleitung der „Testzeit“ in die Abonnementphase zu verhindern.

Die Gewinnerzielung zu Lasten der Abnehmer kann nicht mit dem Argument verneint werden, dass die betroffenen Abnehmer erst nach Erhalt der Rechnung und somit in Kenntnis der Irreführung geleistet hätten, weshalb ihnen ein Anfechtungsrecht bzw. ein Rückforderungsrecht aus § 812 BGB nicht mehr zustehe (§ 144 bzw. §§ 142 II, 814 BGB).

Nach der bereits erwähnten Ansicht von Köhler (a.a.O., § 10 Rn 10), ist der Gewinn nur dann zu Lasten der Abnehmer erzielt, wenn diesen aufgrund des fraglichen Geschäfts gegen den Verletzer Ansprüche zustehen. Herauszugeben sei der Gewinn, der dem Verletzer verbleibt, weil und soweit seine Abnehmer die ihnen zustehenden Rechte und Ansprüche zur Sicherung ihrer Vermögensinteressen nicht geltend machen. Diese dem Wortlaut nicht zwingend zu entnehmende Einschränkung des § 10 UWG wird damit begründet, dass der Sinn und Zweck des §-10 UWG ausweislich der Gesetzesbegründung darin liege, das Marktversagen zu korrigieren, das darin bestehe, dass Abnehmer zwar entsprechende Rechte und Ansprüche gegen den Verletzer haben, diese aber nicht geltend machen.

Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn auch auf ihrer Grundlage ist der auf einen Verlust des Anfechtungs- bzw. Rückforderungsrechts der Abnehmer gestützte Einwand der Beklagten unerheblich.

Zunächst kann jedenfalls nicht generell von einem zahlungsbedingten Verlust des Anfechtungsrechts bzw. des Kondiktionsanspruchs ausgegangen werden. Die Bestätigung nach § 144 BGB ist eine Willenserklärung, der ein Rechtsfolgewillen zugrunde liegen muss, welchen man denjenigen Abnehmern, die aus rechtlicher Unkenntnis von einem ihnen möglicherweise zustehenden Anfechtungsrecht nichts wussten, nicht unterstellen kann. Die Folgen des § 814 BGB treten nur dann ein, wenn Kenntnis der Nichtschuld bzw. der Anfechtbarkeit (§ 142 II BGB) vorliegt. Auch diese Voraussetzungen werden bei rechtsunkundigen Abnehmern in der Regel nicht erfüllt sein.

Der Gewinn ist darüber hinaus auch zu Lasten derjenigen (rechtskundigen) Abnehmer erzielt worden, die tatsächlich ihr Anfechtungsrecht durch Bestätigung des Rechtsgeschäfts verloren haben bzw. denen wegen Leistung in Kenntnis der Nichtschuld (Anfechtbarkeit) kein Bereicherungsanspruch zusteht.

Die Wirkungen des § 10 UWG bleiben auch dann auf die Abschöpfungsfunktion der Vorschrift beschränkt, wenn die Rechte der Abnehmer mangels Geltendmachung bereits erloschen oder verjährt sind. Maßgebend ist, dass die Abnehmer aufgrund des wettbewerbswidrigen Verhaltens individuelle Rechte erlangt haben, die sie in die Lage versetzen, die zu dem Gewinn des Anbieters spiegelbildliche Vermögenseinbuße rückgängig zu machen oder zu vermeiden. Machen sie von diesen Rechten keinen Gebrauch, so liegt darin das über § 10 UWG zu korrigierende Marktversagen. Ob sie insoweit passiv bleiben oder die Rechte dadurch verlieren, dass sie dem Zahlungsverlangen der Gegenseite Folge leisten, um einer Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, ist unerheblich.

Der Zweck des § 10 UWG erfordert nicht, dass die individuellen Rechte der Abnehmer bei der Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs noch bestehen müssten. Es ist gleichfalls unschädlich, wenn die individuellen Rechte bereits durch die Bezahlung erloschen sind. Denn auch dann geht es um die Korrektur des Marktversagens, das darin besteht, dass Abnehmer von den ihnen zustehenden Rechten und Ansprüchen keinen Gebrauch gemacht haben.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel einschließlich der in zweiter Instanz erhobenen Widerklage erfolglos geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§-543 Abs. 2 ZPO).

Auf die bei der Auslegung des § 10 UWG diskutierten Streitfragen kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im Ergebnis nicht an.

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