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Abrundung eines Jagdbezirks

VG Oldenburg

Az.: 12 B 1771/03

Beschluss vom 02.06.2003


Das VG Oldenburg hat am 02.06.2003 beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 7500 Euro festgesetzt.

G R Ü N D E :

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 10. Januar 2003 (Az.: 12 A 107/03) ist nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber unbegründet.

Die Klage der Antragstellerin gegen die die Fläche 1 betreffende Verfügung im Bescheid des Antragsgegners vom 7. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2002 hatte ursprünglich aufschiebende Wirkung. Diese entfiel jedoch, nachdem der Antragsgegner auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 22. April 2003 die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung angeordnet hat.
Diese Anordnung genügt mit den Hinweisen auf die Gewährleistung der sachgerechten Wildhege während des laufenden Klageverfahrens zunächst den formellen Anforderungen des Begründungsgebotes nach § 80 Abs. 3 VwGO, welches auch für Maßnahmen nach § 80 a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gilt.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat auch inhaltlich keinen Erfolg, da die nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 und § 80 Abs. 4 und 5 VwGO gebotene Interessenabwägung durch das Gericht zu dem Ergebnis führt, dass dem Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Verfügung der Vorrang gegenüber dem Interesse der Beigeladenen am Vollzug nicht gebührt
(zum gerichtlichen Entscheidungsmaßstab vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. September 1999 – 12 M 2125/99 -, Nds. Verwaltungsblatt 2000, 64; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rd.Nrn. 817, 839).

Denn die Klage der Antragstellerin wird aufgrund der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben.
Im Streit ist allein die auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen durch den Antragsgegner mit Bescheid vom 7. Oktober 2002 verfügte Zuschlagung einer mit „Fläche 1″ bezeichneten ca. 32 ha großen Fläche zum Jagdbezirk Nr. …….. Diese Fläche 1 ist vor 1945, wie sich aus dem Verzeichnis der Jagdbezirke im Stadtgebiet Oldenburg vom 4. Juni 1935 ergibt, durch Abrundungsverfügung dem Jagdbezirk Nr. 6 der Stadt Oldenburg zugeschlagen worden. Ab dem 1. April 1971 ist die Fläche Bestandteil des Eigenjagdbezirks E. geworden. Dieser Eigenjagdbezirk liegt innerhalb der Grenzen des Jagdbezirks Nr. 6 der Stadt Oldenburg. Am 6. Oktober 2000 ist die Fläche an eine Privatfirma verkauft, anschließend übertragen worden und damit aus dem Eigenjagdbezirk E. ausgeschieden. Die Entscheidung des Antragsgegners, diese Fläche 1 nunmehr dem angrenzenden Eigenjagdbezirk „anzugliedern“, ist nicht zu beanstanden.
Als Grundfläche, die im Gemeindegebiet E. liegt und nicht mehr zu einem Eigenjagdbezirk gehört, ist sie gem. § 8 Abs.1 BJagdG Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Nr. 10 K. geworden. Diese sich aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge
(vgl. zu dieser gesetzlichen Folge: BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1987 –3 B 16/86-, Jagdrechtl. Entscheidungen II Nr. 87)

hat der Antragsgegner in der angefochtenen Verfügung streitentscheidend festgestellt. Dabei ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners entweder aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG – die Fläche 1 liegt innerhalb der Grenzen des Landkreises Ammerland – oder aus § 36 Abs. 3 NJagdG –nach der Entscheidung der Bezirksregierung Weser-Ems als obere Jagdbehörde vom 27. August 2002 liegt die Zuständigkeit beim Antragsgegner-.
Die sich aus § 8 BJagdG ergebende Rechtsfolge ist sowohl von der Frage zu trennen, ob Belange der Jagdpflege und Jagdausübung betroffen sind, wie auch von der Frage, wie lange die ausgeschiedenen Flächen in der Vergangenheit dem Inhaber des Eigenjagdbezirks gehörten
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1987 –3 B 8/86-, Buchholz 451.16 § 7 BJagdG Nr.5).

Demnach kommt es nicht darauf an, ob die Fläche bei der Zuordnung zu einem der Jagdbezirke für eine ordnungsgemäße Ausübung der Jagd geeignet oder ungeeignet erscheint. An solche „Qualitätsanforderungen“ knüpft § 8 BJagdG nicht an. Eine Einschränkung der Wirkung des § 8 BJagdG erfolgte im vorliegenden Verfahren auch nicht durch § 14 BJagdG, der die organisatorischen Regelungen der §§ 4 – 8 BJagdG modifiziert, indem er für die Dauer eines Jagdpachtvertrages in jedem Fall den Fortbestand eines Jagdbezirks in dem jetzt angepachteten Bereich bewirkt. Diese „Fortbestandsgarantie“ bewirkt, dass die veräußerten Flächen wie an den Eigenjagdbezirk angegliederte Flächen zu behandeln sind
(vgl. OLG Oldenburg (Oldenburg),Urteil vom 28. Juli 1992 – 5 U 57/92-, Jagdrechtliche Entscheidungen II Nr. 121=AgrarR 1993, 327).

Diese Modifizierung ist aber schon deshalb nicht eingetreten, weil der Eigenjagdbezirk E. nach dem Akteninhalt im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs der Fläche 1 im Jahr 2000 nicht verpachtet war.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht die Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters aus dem Jahr 1934/35 der sich aus § 8 BJagdG ergebenden Rechtsfolge ebenfalls nicht entgegen. Der Antragsgegner weist zutreffend daraufhin, dass diese Verfügung durch die Bildung des Eigenjagdbezirks E. (Stadt Oldenburg) gegenstandslos geworden ist. Die Fläche 1 ist nämlich als Bestandteil des Eigenjagdbezirks aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk ausgeschieden. Nach dem Ausscheiden aus dem Eigenjagdbezirk fällt sie nicht wieder als Abrundungsteil dem bisherigen Jagdbezirk zu, sondern dem nach der inzwischen geltenden Gesetzesfassung dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk seiner Gemeinde. Hierzu im Einzelnen:
Grundsätzlich sind zwar Abrundungsverfügungen, die unter der Geltung des Reichsjagdgesetzes durch den Kreisjägermeister erlassen worden sind, auch heute noch gültig. Sie sind nicht bereits deshalb wegen Nichtigkeit unbeachtlich, weil sie während der Herrschaft des Dritten Reiches erlassen worden sind, noch durch Inkrafttreten der §§ 7 und 8 BJagdG oder gemeindliche Neugliederungen gegenstandlos geworden
(vgl. nur BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 1995 –3 C 15/94-, RdL. 1996, 147 = NVwZ-RR 1997,321 und vom 18. April 1996 –3 C 4.95-, BayVBl. 1997,216; BayVGH, Urteil vom 26. Januar 2000 –19 B 96.3296-, BayVBl. 2001,112; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Oktober 1984 –14 OVG A 79/82- n.v.).

Aus §§ 7 und 8 BJagdG folgt auch nicht, dass Abrundungsverfügungen nach § 5 Abs. 1 BJagdG dann außer Kraft treten, wenn die einem Eigenjagdbezirk angegliederte Fläche nunmehr wieder einen Zusammenhang mit einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk aufweist. Sind bestimmte Flächen durch eine behördliche Maßnahme der Jagdbehörde Bestandteil eines Jagdbezirks geworden, richtet sich der Fortbestand solcher Verfügungen als Verwaltungsakte nunmehr nach § 43 Abs. 2 VwVfG. Eine dieser Regelung vorgehende Bestimmung enthält das Bundesjagdgesetz nicht
(vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1995 –3 C 28/94-, RdL. 1996, 122).

Die Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters aus dem Jahr 1934/35 ist auch nicht durch eine erneute Abrundungsverfügung überholt. Eine solche erneute Verfügung nach § 5 Abs. 1 BJagdG könnte unter den dort genannten Voraussetzungen, dass Gründe der Jagdausübung und Jagdpflege dies zwingend gebieten, eine ältere Abrundungsverfügung ändern. Eine solche Grenzgestaltung nach § 5 Abs. 1 BJagdG hat hier aber nicht stattgefunden.
Die die Fläche 1 betreffende Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters aus dem Jahr 1934/35 hat sich aber – anders wohl als die Fläche 2 – deshalb erledigt, weil die Fläche 1 ab dem 1. April 1971 Bestandteil des Eigenjagdbezirks E. (Stadt O.) geworden ist. Denn mit dieser Zugehörigkeit zu einem Eigenjagdbezirk ist das Regelungsobjekt „Angliederung der Fläche an den gemeinschaftlichen Jagdbezirk Nr. 6 E.“ entfallen (vgl. zu diesem Erledigungstatbestand: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 6. Auflage, § 43 Anm. 198).

Ein Eigenjagdbezirk entsteht nach § 7 BJagdG unabhängig von den Grenzen eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks. Nach § 7 Abs. 2 BJagdG unterbrechen nicht einmal Ländergrenzen den Zusammenhang von Grundflächen, die einen Eigenjagdbezirk bilden. Dies gilt erst recht für kommunale Verwaltungsgrenzen (vgl. Meyer-Ravenstein, Jagdrecht in Niedersachsen, Erl. 37 zu § 7 BJagdG).

Damit lag der Grund in der Entstehung des Eigenjagdbezirks E. (Stadt O.) allein darin, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Entstehens eines Eigenjagdbezirks nach § 7 BJagdG, die die vorherige Zugehörigkeit der Fläche zu einem Jagdbezirk nicht fordern, vorgelegen haben. Die Zugehörigkeit der in E. gelegenen Fläche 1 zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk Nr. 6 Eversten in Oldenburg, die sie nur durch die Abrundungsverfügung des Kreisjägermeisters aus dem Jahr 1934/35 erhalten hat, war für die Zugehörigkeit der Fläche 1 zum Eigenjagdbezirk unerheblich. Damit ist für diese Eigenjagdbezirksfläche der Zweck der Abrundungsmaßnahme entfallen. Sowohl für diese wie auch für die weiteren zum Eigenjagdbezirk gehörende Flächen ist der Regelungsinhalt „Zugehörigkeit der Flächen zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk Nr. 6 E.“ weggefallen. Hat sich ein Verwaltungsakt hiernach wegen Wegfall des Regelungsobjekts erledigt, regeln sich die Folgen nunmehr neu hinzutretender Umstände nach dem bei Eintritt dieser Umstände geltenden Gesetze. Erledigte Verwaltungsakte leben nur bei entsprechenden gesetzlichen Regelungen wieder auf. Eine solche gesetzliche Regelung findet sich weder im Bundesjagdgesetz noch im Niedersächsischen Jagdgesetz noch in anderen Gesetzen. Damit verbleibt es bei der in § 8 BJagdG geregelten Gesetzesfolge für die Eigentumsübertragung von Flächen, die einem Eigenjagdbezirk angehören. Diese sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen hat der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid – wie oben ausgeführt – zutreffend festgestellt.

Der Antrag war demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat (vgl. § 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20, 13 GKG und orientiert sich am sog. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563 ff., Stichwort: Jagdrecht).

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