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Jagdpachtvertrag: irrtümlich mitverpachtete Flächen – AGB-Klausel

OLG Celle

Az.: 7 U 199/02

Urteil vom 21.05.2003

Vorinstanz: LG Lüneburg – Az.: 4 O 88/02


Leitsatz:

Die in Jagdpachtverträgen weit verbreitete (Mustervertrags) Klausel: „Flächen, die nicht zum Jagdbezirk gehören, aber irrtümlich mitverpachtet sind, gelten als nicht mitverpachtet; Flächen, die irrtümlich bei der Verpachtung ausgeschlossen sind, treten zu dem Jagdbezirk hinzu“ erfasst – anders als § 119 I BGB – auch Rechts und Motivirrtümer.


In dem Rechtsstreit hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2003 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der
4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 26. September 2002
wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschwer für den Kläger: unter 20.000 EUR.

G r ü n d e

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit eines mit dem Beklagten abgeschlossenen Jagdpachtvertrages. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts Bezug genommen, die wie folgt ergänzt werden:

Mit Jagdpachtvertrag vom März 1996 (Bl. 5 GA) hatte der Beklagte dem Kläger zum 1. April 1996 für die Dauer von 12 Jahren seinen in ####### gelegenen Eigenjagdbezirk zu einem Pachtzins von 5.000 DM jährlich verpachtet. In dem schriftlichen Vertrag, einem Formularvertrag, wurde das Jagdrevier als Hochwildrevier bezeichnet. In § 1 Abs. 2 des Vertrages heißt es formularmäßig: „Flächen, die nicht zum Jagdbezirk gehören, aber irrtümlich mitverpachtet sind, gelten als nicht mitverpachtet; Flächen, die irrtümlich bei der Verpachtung ausgeschlossen sind, treten zu dem Jagdbezirk hinzu.“

Der Eigenjagdbezirk des Beklagten war dem Kläger durch das Maklerunternehmen ####### zur Pacht angeboten worden, welches ihm nach seinem Vorbringen vor Abschluss des Jagdpachtvertrages den Abschussplan für das Jagdjahr 1992 (Bl. 106 GA) und eine Revierkarte (Bl. 109 GA) zugeleitet hatte, in der der Eigenjagdbezirk des Beklagten eingezeichnet war. In dem Abschussplan war die Größe des Reviers mit 116 ha ausgewiesen worden.

Das Vertragsformular wurde von dem Kläger am 25. März 1996 ausgefüllt und unterschrieben, welches er sodann an den Beklagten weiterleitete. In § 2 des Vertrages hatte der Kläger den Jagdbezirk als „landwirtschaftliche Nutzfläche und Wald“ umschrieben, wobei er die Größe der Fläche mit etwa „116 ha“ angab. Diese Flächenangabe wurde von dem Beklagten durchgestrichen, der in § 2 des Vertrages den Zusatz „gemäß anliegender Aufstellung und Lageplan“ aufnahm. Im Übrigen wurde der Vertrag von dem Beklagten um seine Kontoverbindung sowie um eine Regelung über den Wildschadenersatz ergänzt. Das so geänderte und ohne Datumsangabe unterschriebene Vertragsformular übersandte der Beklagte unter Beifügung einer Aufstellung über die verpachteten Flächen und eines Lageplans an das Maklerunternehmen ####### mit der Bitte um Weitergabe an den Kläger. Aufstellung und Lageplan waren von dem Beklagten jeweils unter dem
30. März 1996 unterzeichnet worden (Bl. 139/140 GA). In der Aufstellung hatte der Beklagte als Pachtflächen seine zum Eigenjagdbezirk ####### gehörenden Eigentumsflächen im Einzelnen aufgelistet, während er die ebenfalls zum Jagdbezirk zugehörigen Zuschlagsflächen (Angliederungsflächen) nicht mit aufführte.

Das Vertragsformular nebst Anlagen wurde anschließend von dem Maklerunternehmen ####### unter dem 12. April 1996 mit einem Anschreiben an den Kläger übersandt, in dem dieser um Unterzeichnung der Aufstellung und des Lageplans sowie um Übersendung der UnterIagen an den Beklagten gebeten wurde. Unter dem 17. April 1996 bestätigte der Landkreis ####### als untere Jagdbehörde auf der letzten Seite des Vertragsformulars, dass der Vertrag ihr gemäß § 12 Abs. 1 BJG angezeigt worden ist (Bl. 8 GA). Mit Schreiben vom 21. April 1996 (Bl. 132 GA) bestätigte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Erhalt des unterschriebenen Jagdpachtvertrages nebst Anlage. In dem Schreiben heißt es u.a. „Nach Unterzeichnung durch die untere Jagdbehörde in ####### schicke ich Ihnen wunschgemäß die Anlage zu. Vorab darf ich Sie jedoch bitten, die beiliegenden Abschusspläne zu unterzeichnen und schnellstmöglich zuzuschicken.“ Der Abschussplan für das Jagdjahr 1996/97 war zuvor von dem Kläger unter dem
16. April 1996 unterzeichnet worden; der Beklagte unterschrieb unter dem
22. April 1996 (Bl. 67 GA). Sowohl in diesem Abschussplan als auch in den Abschussplänen der folgenden Jahre bis einschließlich 2002 (Bl. 70ff. GA), die jeweils von beiden Parteien abgezeichnet wurden, ist die Größe des Reviers mit
116 ha angegeben worden. Der Lageplan, den der Beklagte bereits unter dem
30. März 1996 unterschrieben hatte, wurde von dem Kläger erst am 17. Juni 1997 gegengezeichnet.

Da der Kläger seit Abschluss des Pachtvertrages kein Rotwild in dem Jagdbezirk erlegte, sprach er mit Anwaltsschreiben vom 1. März 2002 wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft die Kündigung des Jagdpachtvertrages zum
31. März 2002 aus. Die Kündigung wurde von dem Beklagten mit Schreiben vom 8. März 2002 zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Pachtvertrag sei wegen Formverstoßes nichtig, weil das Schriftformerfordernis gemäß § 11 Abs. 4 BJG nicht eingehalten worden sei. Hilfsweise hat er sich auf seine Kündigung berufen.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Jagdpachtvertrag vom 25. März 1996 nichtig ist, hilfsweise festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 25. März 1996 geschlossene Jagdpachtvertrag durch die vorzeitige Kündigung des Klägers vom 1. März 2002 zum 31. März 2002 beendet worden ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass durch den schriftlichen Jagdpachtvertrag die Schriftform des § 11 Abs. 4 BJG gewahrt worden sei.

Durch Urteil vom 26. September 2002, auf das verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts ist der Vertrag unter Einhaltung der Schriftform gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 BJG, § 126 BGB wirksam zustande gekommen, und die ausgesprochene Kündigung des Vertrages ist unwirksam.

Gegen dieses Urteil, bezogen auf den abgewiesenen Hauptantrag, wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung. Er beruft sich darauf, dass der Jagdpachtvertrag wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 BJG i.V.m. § 11 Abs. 6 BJG nichtig sei, weil ihm nicht der gesamte Eigenjagdbezirk des Beklagten verpachtet worden sei. Der Beklagte habe ausweislich seiner Flächenaufstellung, auf die er in § 2 des Vertrages hingewiesen habe, nur die dort genannten Grundstücke verpachtet, wobei eine Addition der Flächen unstreitig eine Größe von 85,9767 ha ergebe. Tatsächlich umfasse der Eigenjagdbezirk des Beklagten unstreitig die seinerzeit von dem Maklerunternehmen angebotene Fläche von
116 ha. Er, der Kläger, sei auch davon ausgegangen, dass der Jagdbezirk 116 ha groß sei, ihm aber nur ein Teil hiervon, nämlich die Eigentumsflächen des Beklagten unter Ausschluss der Zuschlagsflächen, verpachtet worden seien.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der Beklagte könne sich nicht auf § 1 Abs. 2 des Jagdpachtvertrages berufen. Von dieser Vertragsklausel würden nur solche Flächen erfasst, die versehentlich nicht mitverpachtet worden seien. Der Beklagte dagegen habe bewusst nur seine Eigentumsflächen, nicht aber auch die Zuschlagsflächen verpachtet. Ihm mag zwar nicht bekannt gewesen sein, dass er seinen Eigenjagdbezirk wirksam nur als Ganzes habe verpachten dürfen unter Einschluss der nicht in seinem Eigentum stehenden Angliederungsflächen. Dieser Irrtum, der der Verpachtung in dem gewollten Umfang vorausgegangen sei, werde aber durch die Auffangklausel in § 1 Abs. 2 des Vertrages nicht geschützt, zumal anderenfalls das Schriftformerfordernis des § 11 Abs. 4 BJG nicht mehr gewahrt sei.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Jagdpachtvertrag vom 25. März 1996 nichtig ist.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte macht geltend, er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass er nur die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke von ca. 86 ha habe verpachten dürfen, nicht aber auch die Zuschlagsflächen. Wegen der Auffangklausel in § 1 Abs. 2 des Jagdpachtvertrages, der auch Rechtsirrtümer erfasse, sei es aber zu einer Verpachtung des gesamten Eigenjagdbezirks zur Größe von 116 ha gekommen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Jagdpachtvertrages vom 25. März 1996 zu.

Zwar ist es dem Kläger nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verwehrt gewesen, sich erstmals in seiner Berufungsbegründung auf die Bestimmung des § 11 Abs. 2 BJG zu berufen, wonach ein Pachtvertrag grundsätzlich nur über den gesamten Jagdbezirk wirksam abgeschlossen werden kann. Denn § 531 Abs. 2 ZPO, der die Zulassung neuer Angriffs und Verteidigungsmittel von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht, gilt nicht für solches Vorbringen, welches in der Berufungsinstanz unstreitig ist, sowie für die Geltendmachung von Rechtsansichten. Vorliegend stehen die maßgeblichen Umstände fest, die im Zusammenhang mit der Frage der Einhaltung der Bestimmung des § 11 Abs. 2 BJG von Bedeutung sind.

Der Einwand des Klägers, wonach die Vorschrift des § 11 Abs. 2 BJG bei Abschluss des streitbefangenen Jagdpachtvertrages nicht eingehalten worden sei, greift aber nicht durch. Denn der Pachtvertrag ist über den gesamten Eigenjagdbezirk des Beklagten von 116 ha, der sich aus Eigentums und Zuschlagsflächen zusammensetzt, zustande gekommen, so dass er nicht gemäß § 11 Abs. 6 BJG wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 BJG nichtig ist.

Nach § 1 Abs. 1 des abgeschlossenen Formularvertrages ist dem Kläger die gesamte Jagdnutzung auf den zum Eigenjagdbezirk „####### “ gehörigen Grundstücken verpachtet worden, soweit sie nicht durch § 2 des Vertrages ausgeschlossen worden sind. In § 2 des Pachtvertrages, welcher von dem Kläger vorbereitet und sodann unterzeichnet worden ist, hat dieser die Gesamtgröße des verpachteten Jagdbezirks zutreffend mit 116 ha angegeben. Diese Größenangabe ist zwar anschließend von dem Beklagten anlässlich der von ihm vorgenommenen Vertragsunterzeichnung durchgestrichen worden, der wegen der Pachtfläche in § 2 des Vertrages auf eine Aufstellung Bezug nimmt, in der er seine zum Jagdbezirk gehörenden Eigentumsflächen von insgesamt 85,9767 ha im einzelnen aufgelistet hat. Danach hat der Beklagte zwar die zu seinem Eigenjagdbezirk hinzugekommenen Zuschlagsflächen (siehe hierzu § 5 I BJagdG, Art. 6 IV, 10 II 3 LJagdG) von der Verpachtung ausgenommen. Dennoch erstreckt sich der von ihm unterzeichnete Jagdpachtvertrag auf den gesamten Eigenjagdbezirk „####### “ einschließlich der Angliederungsflächen von ca. 29 ha. Denn diese sind über § 1
Abs. 2 des Vertrages, dessen Voraussetzungen hier gegeben sind, zu den im Eigentum des Beklagten stehenden verpachteten Grundstücken hinzugetreten.
In § 1 Abs. 2 des Vertrages ist bestimmt worden, dass Flächen, die irrtümlich bei der Verpachtung ausgeschlossen sind, zu dem Jagdbezirk hinzu treten. Diese Vertragsklausel, die formularmäßig in dem von den Parteien verwendeten Vertragsvordruck enthalten ist und deshalb dem AGBGesetz unterfällt, unterliegt der objektiven Auslegung. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen sind „gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden“ (std. Rspr, BGH, NJW 2001, 2145, 2146; BGH, NJW 1992, 2629 m. w. N.). Vorliegend ergibt die Auslegung der streitgegenständlichen Vertragsbestimmung, dass diese sich auf solche zum Jagdbezirk gehörenden Flächen erstreckt und in den Pachtvertrag mit einbezieht, die irrtümlich nicht mitverpachtet worden sind, wobei Grund und Anlass des Irrtums unbeachtlich sind. Denn die Vertragsklausel sieht bereits nach ihrem Wortlaut hinsichtlich der Art des Irrtums keine Einschränkung vor; zudem ist sie nach ihrem objektiven Sinn und im beiderseitigen Interesse der potentiellen Vertragsparteien weit auszulegen.

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Ihre Aufnahme in das Vertragsformular ist ersichtlich vor dem Hintergrund der in
§ 11 Abs. 2, 6 BJG enthaltenen Regelung erfolgt, wonach die Verpachtung eines Teiljagdbezirks die Nichtigkeit des Pachtvertrages zur Folge hat, sofern nicht die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgröße eingehalten wird. Durch die in § 1
Abs. 2 enthaltene Bestimmung soll der Eintritt dieser Rechtsfolge verhindert werden, wenn von den Vertragsparteien die Verpachtung des vollständigen Jagdbezirks angestrebt wird, infolge eines Irrtums aber Teile hiervon ausgenommen werden. Denn in diesem Fall geht das Interesse der Vertragsparteien regelmäßig dahin, unter Erstreckung des Pachtvertrages auf den gesamten Jagdbezirk an dem Vertrag festzuhalten. Diese Interessenlage ist nicht nur gegeben, wenn die Vertragsschließenden infolge Unkenntnis über die genaue Größe oder Zugehörigkeit einzelner Grundstücke zum Jagdbezirk den Pachtvertrag irrtümlich nicht über sämtliche Flächen abschließen, sondern auch dann, wenn es bei der Verpachtung infolge eines Motiv oder Rechtsirrtums zum Ausschluss von Teilen des Jagdbezirks kommt. Auch insoweit greift § 1 Abs. 2 des Vertrages ein, der nach seinem objektiven Sinn und Zweck das Scheitern des Vertrages nach § 11 Abs. 2, 6 BJG ausschließen will und dabei jeglichen Irrtum umfasst, unabhängig davon, ob es sich um einen Tatsachenirrtum oder Rechtsirrtum handelt und ob der Irrtum unverschuldet oder vermeidbar war. Stattdessen wird es gemäß § 1 Abs. 4 des Vertrages dem betroffenen Pächter überlassen, im Einzelfall selbst zu entscheiden, ob er am Pachtvertrag festhalten will. Denn diese Vertragsbestimmung sieht vor, dass der Pächter, wenn der Pachtbezirk infolge des Hinzutretens der irrtümlich ausgeschlossenen Flächen größer als ein Fünftel wird, auf das Ende des Pachtjahres kündigen kann.

Entgegen der Auffassung des Klägers steht der weiten Auslegung der Auffangklausel in § 1 Abs. 2 des Formularvertrages nicht das Schriftformerfordernis aus
§ 11 Abs. 4 BJG entgegen. Die Vertragsparteien werden zwar die Pachtsache im Vertrag in der Regel nicht zutreffend bezeichnen, wenn (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) irrtumsbedingt Flächen von der Verpachtung ausgeschlossen sind, die indes über § 1 Abs. 2 des Vertrages zu dem verpachteten Jagdbezirk hinzutreten. Diese Falschbezeichnung des Pachtgegenstandes steht der Einhaltung des Schriftformerfordernisses durch den Formularvertrag aber nicht entgegen. Denn nach allgemeiner Ansicht sind unabsichtliche Falschbezeichnungen auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften unschädlich (vgl. Palandt, BGB,
60. Auflage, zu § 133 Rdnr. 19, zu § 313 Rdnr. 37). Eine unabsichtliche Falschbezeichnung des Pachtgegenstandes liegt nicht nur bei einem Tatsachenirrtum, sondern auch bei einem Rechtsirrtum vor. Denn in beiden Fällen hätten die Vertragsparteien, wenn ihnen der Irrtum nicht unterlaufen wäre, die betroffenen Flächen als zum verpachteten Jagdbezirk gehörend in den Pachtvertrag mit aufgenommen.

Vorliegend hat der Beklagte aufgrund eines Rechtsirrtums nur die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke, nicht jedoch die ebenfalls zu seinem Eigenjagdbezirk gehörenden Zuschlagsflächen in der Anlage zum Pachtvertrag als die nach dem Vertrag verpachteten Flächen aufgeführt. Dabei hat er den Pachtvertrag zwar bewusst auf seine Eigentumsflächen beschränkt. Er hat aber nicht zielgerichtet nur einen Teil seines Eigenjagdbezirks verpachten wollen. Vielmehr ging er, was zwischen den Parteien auch unstreitig ist, irrtümlich davon aus, dass er nicht berechtigt war, die Angliederungsflächen mitzuverpachten, weil er nicht Eigentümer dieser Grundstücke ist. Gleichwohl sollte dem Kläger, wie aus den von dem Beklagten gegengezeichneten Abschlussplänen folgt, in denen jeweils die Gesamtgröße des Bezirks von 116 ha als die von dem Pächter bejagbare Fläche aufgeführt worden ist, der gesamte Eigenjagdbezirk für die Jagd zur Verfügung stehen. Hat der Beklagte sonach ausschließlich aufgrund eines Versehens die Zuschlagsflächen nicht mit in den Pachtvertrag einbezogen, unterlag er einem unter die strittige vertragliche Bestimmung fallenden Irrtum mit der Folge, dass die Zuschlagsflächen gemäß § 1 Abs. 2 des Vertrages zu den in der Anlage zum Pachtvertrag aufgeführten Grundstücke als Pachtflächen hinzugetreten sind.

Für den Abschluss des Pachtvertrages, der wegen seiner in § 1 Abs. 2 enthaltenen Bestimmung den gesamten Eigenjagdbezirk zum Pachtgegenstand hat, ist zwar, nachdem der Beklagte in dem vorab von dem Kläger unterzeichneten Vertragsformular Änderungen vorgenommen hatte, gemäß § 150 BGB eine Annahme des Angebots durch den Kläger erforderlich geworden. Diese Annahme, die nach § 151 BGB dem Beklagten nicht ausdrücklich zugehen musste, ist hier darin zu sehen, dass der Kläger nach Erhalt der Vertragsurkunde diese dem Landkreis ####### als untere Jagdbehörde vorgelegt hat. Ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Vorstellung hatte, dass der Beklagte ihm seinen Eigenjagdbezirk in voller Größe verpachtet hat, ist unerheblich. Denn für eine Einigung über den Inhalt des Vertrages ist es ausreichend, dass die abgegebenen Erklärungen in ihrer objektiven Bedeutung übereinstimmen. Dies ist vorliegend der Fall. Der von dem Beklagten abgeänderte und unterzeichnete Pachtvertrag erstreckt sich nach seinem objektiven Erklärungswert auf den gesamten Eigenjagdbezirk, wobei dieses von ihm abgegebene Angebot ohne Änderung durch den Kläger angenommen worden ist. Damit ist der Pachtvertrag über den Jagdbezirk in seiner Gesamtheit zustande gekommen.

Der Jagdpachtvertrag ist auch nicht gemäß § 11 Abs. 6 BJG wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis aus § 11 Abs. 4 Satz 1 BJG nichtig. Ist – wie
hier – gesetzlich die Schriftform vorgeschrieben, muss gemäß § 126 BGB das Rechtsgeschäft schriftlich in einer Urkunde abgefasst werden, die bei einem Vertrag von den Parteien eigenhändig zu unterzeichnen ist. Wie das Landgericht zutreffend in seinem angefochtenen Urteil ausgeführt hat, ist vorliegend bei Abschluss des Pachtvertrages das Schriftformerfordernis gewahrt worden. Der Einhaltung der Schriftform steht hier insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger den Pachtvertrag nach Vornahme der Ergänzungen durch den Beklagten nicht nochmals unterschrieben hat. Das Landgericht hat hierzu bereits darauf hingewiesen, was von dem Kläger mit seiner Berufung auch nicht angegriffen wird, dass nachträglich vorgenommene Änderungen in der Vertragsurkunde oberhalb der Unterschrift von dieser mit umfasst sind, wenn die Vertragsparteien sich darüber einig sind, dass die Unterschrift für den geänderten Inhalt des Vertrages Gültigkeit behalten soll (vgl. BGH NJW 1994, 2300; Palandt, a. a. O., zu § 126 Rdnr. 5
a. E.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen gewesen. Die Frage, ob die Vertragsklausel gemäß § 1 II des Vertrages, die allgemein in den im Handel erhältlichen Formularverträgen enthalten ist, (siehe § 1 II des Mustervertrages bei Meyer/Ravenstein, Jagdrecht in Niedersachsen 1989, S. 396) auch Rechts und Motivirrtümer abdeckt, ist über den hiesigen Rechtsstreit hinaus von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden.

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