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Jahressonderzahlung und Altersgrenzenregelung

Landesarbeitsgericht München

Az: 6 Sa 252/11

Urteil vom 28.06.2011


In dem Rechtsstreit hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2011 für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Feb. 2011 – 22 Ca 10139/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifliche Jahressonderzahlung für 2009.

Der am 0.0.1944 geborene Kläger war bei der Beklagten seit 1. Okt. 1968 als Angestellter im technischen Dienst beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 1. Okt. 1968 (Anlage K 1, Bl. 4 ff. d. A.) lautet auszugsweise:

㤠2

Das Arbeitsverhältnis regelt sich nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) sowie nach den einschlägigen Tarifverträgen und den für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst jeweils geltenden Bestimmungen.

§ 3

Künftige Änderungen des BAT oder ein an seine Stelle tretender Tarifvertrag sowie die sonstigen tarifvertraglichen Vereinbarungen gelten vom Tage des Inkrafttretens an für das vorstehend bezeichnete Arbeitsverhältnis.“

Wegen Erreichens der gesetzlichen Regelaltersrente mit dem 65. Lebensjahr schied der Kläger zum 31. Okt. 2009 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Mit Schreiben vom 5. Feb. 2010 forderte er von der Beklagten die Auszahlung der Jahressonderzuwendung 2009, was diese mit Schreiben vom 15. Feb. 2010 zurückwies.

Mit seiner am 10. Aug. 2010 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 23. Aug. 2010 zugestellten Klage vom 9. Aug. 2010 verfolgt der Kläger die Auszahlung der Jahressonderzuwendung 2009 weiter.

Er ist der Ansicht, die Regelung in § 20 TVöD, welche ein bestehendes Arbeitsverhältnis am 1. Dezember des Auszahlungsjahres verlange, stelle eine Altersdiskriminierung dar.

Arbeitnehmer, die altersbedingt vor dem 1. Dezember ausschieden, erhielten keine Jahressonderzahlung, während im Dezember geborene und ausscheidende Arbeitnehmer diese in voller Höhe bekämen. Die Norm verfolge nicht durchgängig das Ziel eines Anreizes zu künftiger Betriebstreue. Ohne Sachgrund differenziere § 20 Abs. 6 TVöD auch zwischen Altersteilzeit und Erreichen der Altersgrenze.

Demgegenüber ist die Beklagte der Ansicht, das Alter stelle bei § 20 Abs. 1 TVöD kein Differenzierungskriterium dar. Eine eventuelle mittelbare Beeinträchtigung sei durch die Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien gedeckt. Die Stichtagsregelung erstrebe auch, künftige Betriebstreue der Arbeitnehmer zu belohnen. Hierbei handle es sich um ein zulässiges Differenzierungskriterium.

Das Arbeitsgericht München hat mit Endurteil vom 10. März 2011 (Bl. 65 ff. d. A.) die Klage vollumfänglich abgewiesen. Wegen des weitergehenden unstreitigen und streitigen Vortrags, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts im Einzelnen, wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, § 20 Abs. 1 TVöD gewähre nach seinem Wortlaut den begehrten Anspruch nicht, da das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 33 Abs. 1 lit. a TVöD mit Ablauf des 31. Okt. 2009 geendet habe. Die Zahlung könne aber auch nicht als Schadenersatzanspruch wegen einer altersdiskriminierenden Regelung in dieser Norm verlangt werden. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters sei in § 20 Abs. 1 TVöD nicht zu erkennen. Aber auch eine mittelbare Benachteiligung sei nicht gegeben. Jedenfalls verfolgte die Stichtagsregelung ein rechtmäßiges Ziel, nämlich das der Honorierung der Betriebstreue. Dieses stelle in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein anerkanntes Differenzierungsmerkmal dar. Diese Regelung sei angemessen und erforderlich. Die Gesamtabwägung lasse erkennen, dass § 20 TVöD den primären Zielen des europarechtlichen Diskriminierungsverbots nicht zuwiderlaufe. Die Regelung führe nicht zum Ausschluss älterer Arbeitnehmer vom Arbeitsmarkt und trage auch nicht zur Verschlechterung ihrer beruflichen Chancen bei. Zudem scheitere ein Schadenersatzanspruch an § 15 Abs. 3 AGG, da die Beklagte jedenfalls bei der Anwendung der kollektiven Norm weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt habe. Ein Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei mangels eines Gleichbehandlungsverstoßes ebenso ausgeschlossen.

Gegen dieses ihm am 15. Feb. 2011 zugestellte Endurteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10. März 2011, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht per Telefax eingegangen war, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. Apr. 2011, der am 4. Apr. 2011 eingegangen war, begründet.

Er hält, unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Vortrags, daran fest, die Regelung in § 20 Abs. 1 TVöD sei wegen Diskriminierung älterer Arbeitnehmer unwirksam. Sie nehme ohne sachlichen Grund ältere Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse in Kauf. Im Dezember geborene Arbeitnehmer schieden erst zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres nach § 33 Abs. 1 lit. a TVöD aus. Diese erhielten aber ohne dass es auch einen Anreiz zu künftiger Betriebstreue ankäme, die volle Jahressonderzuwendung, während die in den Vormonaten geborenen davon ausgeschlossen wären. Der Ausscheidenszeitpunkt wegen Erreichens der Altersgrenze sei von den einzelnen Mitarbeitern nicht zu beeinflussen.

Die Darstellung der sachlichen Gründe im Ersturteil sei abwegig.

Weiterhin liege der Verweis im Ersturteil auf § 15 Abs. 3 AGG neben der Sache. Die Tarifnorm sei unwirksam wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsgebot. Auf § 15 Abs. 3 AGG komme es daher nicht an. Weiter habe das Arbeitsgericht übersehen, dass der Gleichbehandlungsanspruch wegen Verstoßes einer kollektiven Regelung gegen § 7 Abs. 2 AGG unberührt bleibe.

Er b e a n t r a g t, das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 03.02.2011 Az. 22 Ca 10139/10 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 2.310,38 brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte b e a n t r a g t, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Nach ihrer Ansicht bestehe kein Rechtsanspruch auf die Jahressonderzuwendung. Die Tarifnorm stelle weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Altersdiskriminierung dar. Weder sei das Alter ein Leistungsmerkmal, noch stelle sie ausschließlich auf altersbedingt ausscheidende Mitarbeiter ab. Differenzierende Regelungen seien möglich, wenn diese erkennbar in einem Sachzusammenhang zu einem rechtmäßigen Ziel stünden; dies sei hier der Fall. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit sei auch vom Europäischen Gerichtshof als zulässiges Unterscheidungskriterium anerkannt. Die Stichtagsregelung weise zudem darauf hin, dass der Jahressonderzuwendung kein Entgeltcharakter, sondern Gratifikationscharakter zukomme.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei durch die Tarifnorm nicht verletzt.

Zudem habe die Beklagte, eine Diskriminierung unterstellt, bei Anwendung der kollektiven Norm nicht vorsätzlich oder fahrlässig diskriminiert. Angesichts der bislang nicht entschiedenen Rechtsfrage hätte sich die – vermeintliche – Unwirksamkeit der Tarifnorm auch nicht aufdrängen müssen.

Wegen des Sachvortrag der Parteien im Einzelnen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 9. Aug. 2010 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 28.Okt. 2010 (Bl. 52 f. d. A.), vom 1. Apr. 2011 (Bl. 110 ff. d. A.), vom 28. Apr. 2011 (Bl. 128 f. d. A.) und vom 28. Apr. 2011 (Bl. 134 d. A.), der Beklagten vom 1. Okt. 2010 (Bl. 19 ff. d. A.), vom 18. Apr. 2011 (Bl. 120 ff. d. A.) und vom 9. Juni 2011 (Bl. 136 ff. d. A.) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 28. Juni 2011 (Bl. 135 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2b ArbGG statthaft sowie in rechter Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO).

II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen. Der Kläger hat weder aus der nach seinem Arbeitsvertrag anwendbaren Norm des § 20 Abs. 1 TVöD einen Anspruch auf die Jahressonderzuwendung 2009 noch kann er wegen einer etwaigen unmittelbaren oder mittelbaren Altersdiskriminierung dieser Tarifnorm einen Schadenersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG beanspruchen. Unabhängig von der Übertragung der Regelung des § 15 Abs. 3 AGG auf den Schadenersatzanspruch des § 15 Abs. 1 AGG ist in § 20 Abs. 1 TVöD bereits keine Diskriminierung wegen des Alters zu erkennen. Es wird nicht zwischen Arbeitnehmern unterschiedlichen Alters differenziert, sondern die vom Kläger gerügten Ergebnisse rühren aus den unterschiedlichen Geburtsdaten und den dadurch bedingten verschiedenen Ausscheidenszeitpunkten wegen Erreichens der Altersgrenze des § 33 Abs. 1 lit. a TVöD. Zudem stellt die Stichtagsregelung des § 20 Abs. 1 TVöD ein sachliches Differenzierungsmerkmal dar. Mangels einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist zudem kein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz begründet.

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1. Der TVöD findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft arbeitsvertraglichen Bezugnahme Anwendung. Die Vereinbarung in §§ 2, 3 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der dynamischen Inbezugnahme des BAT bzw. der an seine Stelle tretenden Tarifverträge erfasst mit hinreichender Deutlichkeit auf die nunmehrige Geltung des TVöD, der den BAT seit 1. Okt. 2005 ersetzt hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 TVöD). Einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. BAG v. 18. 5. 2011 – 5 AZR 213/09, juris) bedarf es danach nicht.

2. Einen unmittelbaren Anspruch auf die Jahressonderzuwendung aus dem Wortlaut des durch die vertragliche Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren § 20 Abs. 1 TVöD, den das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung verneint hatte, behauptet der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr.

3. Der Kläger kann aber keinen Schadenersatzanspruch wegen unmittelbarer Altersdiskriminierung (§ 15 Abs. 1 AGG) durch § 20 Abs. 1 TVöD geltend machen. Eine unmittelbare Diskriminierung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AGG) scheidet bereits aus, da ein bestimmtes Alter keine Leistungsvoraussetzung nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 TVöD darstellt.

Die Tarifregelung unterscheidet mithin nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Kriteriums, hier: des Alters. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

4. Ebenso liegt aber auch keine zum Schadenersatz verpflichtende unzulässige mittelbare Diskriminierung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 2 AGG) wegen des Alters durch § 20 Abs. 1 TVöD vor.

a. Eine mittelbare Diskriminierung nach § 3 Abs. 2 AGG ist dann anzunehmen, wenn eine nachteilige Maßnahme oder Regelung zwar nicht an einem der in § 1 AGG genannten Kriterien anknüpft, jedoch die neutral formulierten Voraussetzungen häufiger von Angehörigen einer geschützten Gruppe (z.B. älterer Menschen) gegenüber den Angehörigen der anderen Gruppe (z.B. jüngerer Menschen) erfüllt werden. In diesem Fall ist „wegen der typischerweise überwiegend gruppenangehörige Personen treffenden nachteiligen Wirkung zu vermuten, dass die Gruppenzugehörigkeit maßgebliche Ursache der Benachteiligung war.“ (ErfK/Schlachter, 11. Aufl. § 3 AGG, Rz. 6 unter Hinweis auf EuGH v. 27. 10. 1993 – Rs C-127/92 „Enderby“ AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 50; BAG v. 8. 6. 2005 – 4 AZR 412/04, NZA 2006, 611; BAG v. 18. 5. 2006 – 6 AZR 631/05, AP TV SozSich § 8 Nr. 1).

Die Feststellung einer mittelbaren Benachteiligung ist durch die Bildung von Vergleichsgruppen feststellbar. Deren jeweils unterschiedlich intensive Begünstigung oder Benachteiligung lässt den Rückschluss darauf zu, die Vorschrift bzw. Maßnahme benachteilige die Merkmalsträger im Vergleich zu anderen Personen (vgl. BAG v. 23. 2. 1994 – 4 AZR 219/93, AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 51; LAG Berlin-Brandenburg v. 26. 11. 2008 – 15 Sa 517/08, DB 2008, 2707 [jeweils zu geschlechtsbedingter Benachteiligung]; LAG Nürnberg v. 12. 4. 2011 – 7 Sa 575/10, juris; ErfK/Schlachter, aaO., Rz. 7). Bei Tarifverträgen ist auf den gesamten Kreis der von der konkreten Vorschrift erfassten Normunterworfenen abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüber zu stellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im vorstehenden Sinn besonders benachteiligt sind (LAG Nürnberg v. 12. 4. 2011, aaO.; vgl. ferner BAG v. 27. 1. 2011 – 6 AZR 526/09, ZTR 2011, 357 [Geschlechtsdiskriminierung]).

b. Gemessen daran scheidet eine mittelbare Diskriminierung der wegen Erreichens der Altersgrenze des § 33 Abs. 1 lit. a TVöD vor 1. Dezember eines Jahres ausscheidenden Arbeitnehmer wegen ihres Alters aus.

Hier kann offen bleiben, ob die Regelung des § 33 Abs. 1 lit. a TVöD (dazu nachfolgend 5.), wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem die Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Altersrente beziehen können, wirksam ist (bejahend BAG v. 8. 12. 2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586). Jedenfalls führt das tariflich vorgesehene Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der „Regelaltersgrenze“ zu keiner altersbedingten Differenzierung im Hinblick auf die Zahlung der Jahressonderzuwendung nach § 20 Abs. 1 TVöD. Denn es lassen sich bereits keine unterschiedlichen Vergleichsgruppen bilden, die von der Gewährung bzw. dem Ausschluss der Jahressonderzahlung betroffen sind. Solche behauptet der Kläger auch nicht in nachvollziehbarer Weise.

aa. Soweit er von altersbedingt ausscheidenden Mitarbeitern 1. und 2. Klasse, also Arbeitnehmern, die nach § 33 Abs. 1 lit. a TVöD vor dem 1. Dezember und nach dem 1. Dezember des jeweiligen Jahres, ausscheiden, spricht, so liegt hierin keine Unterscheidung wegen des Alters. Denn, von wenigen Wochen oder Monaten abgesehen, sind diese Mitarbeiter im gleichen Alter: Die Unterscheidung wegen des jeweiligen Geburtstages innerhalb eines Kalenderjahres ist derart marginal, dass hieran keine Rechtsfolgen zu knüpfen sind.

bb. Eine Vergleichsgruppe jüngerer Mitarbeiter, von der auch das Arbeitsgericht ausgegangen war, ist vorliegend nicht gegeben.

aaa. Das Arbeitsgericht sieht durch die Altersgrenzenregelung in § 33 Abs. 1 lit. a TVöD allein ältere Arbeitnehmer von einem möglichen Ausschluss von der Jahressonderzuwendung betroffen. Deren Arbeitsverhältnis ende mit Ablauf des Monats, in dem sie die gesetzliche Altersgrenze erreichten. Ende danach das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag des § 20 Abs. 1 TVöD, so seien die Betreffenden, ohne dies beeinflussen zu können, von der Gewährung der Jahressonderzuwendung ausgeschlossen (§ 20 Abs. 1 TVöD). Die Vergleichsgruppe nahm das Arbeitsgericht augenscheinlich in der Gruppe jüngerer Arbeitnehmer an, die, wenngleich Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst von Kontinuität und Dauerhaftigkeit geprägt seien, Aufhebungsverträge abschließen oder kündigen oder gekündigt werden könnten. Bei Ausspruch einer Eigenkündigung hätten es diese Mitarbeiter in der Hand, ob das Arbeitsverhältnis am Stichtag des § 20 Abs. 1 TVöD noch bestehe.

bbb. Dieser Argumentation ist allerdings aus Sicht der Kammer nicht zuzustimmen. Die Gruppe der Arbeitnehmer, die noch nicht die nach § 33 Abs. 1 lit. a TVöD erforderliche Altersgrenze erreicht haben, ist keine Vergleichsgruppe zu den bereits abschlagsfrei ruhegeldberechtigten Arbeitnehmern. Es werden hier unterschiedliche Beendigungsmodalitäten miteinander verglichen. Das Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze trifft allein ältere, nicht auch jüngere Arbeitnehmer. Dieses zwingende Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze ist vorliegend aber nicht Gegenstand der Betrachtung. Der Kläger rügt allein, dass er es mit Erreichen der Altersgrenze nicht mehr in der Hand gehabt habe, den Stichtag für die Zahlung der Jahressonderzuwendung zu erreichen. Jüngere Arbeitnehmer können dies steuern, allerdings auch nur bei Ausspruch einer Eigenkündigung oder (bedingt) bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf eigenen Wunsch. Dabei handelt es sich jedoch um andere Beendigungsmodalitäten als diejenige, nach der der Kläger aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden war.

5. Doch selbst wenn man eine Ungleichbehandlung älterer Arbeitnehmer durch die Stichtagsregelung in § 20 Abs. 1 TVöD annehmen wollte, wäre diese jedenfalls durch ein erstrebtes rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt, da auch die dazu eingesetzten Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind (§ 3 Abs. 2 AGG). Für die unterschiedliche Behandlung gibt es billigenswerte Gründe (BAG v. 22. 10. 2008 – 10 AZR 360/08, NZA 2009, 962; BAG v. 10. 11. 1994 – 6 AZR 486/94, NZA 1994, 693). Die – unterstellte – Ungleichbehandlung ist jedenfalls durch objektive Gründe gerechtfertigt, die nichts mit einer Ungleichbehandlung – hier wegen des Alters – zu tun haben (vgl. dazu BAG v. 22. 10. 2008, aaO.; BAG v. 26. 5. 1993 – 5 AZR 184/92, NZA 1994, 413; vgl. auch EuGH v. 3. 10. 2006 – Rs. C – 17/05, NZA 2006, 1205; BAG 18. 10. 2005 – 3 AZR 506/04, NZA 2006, 1159).

a. Die Tarifvertragsparteien haben, unabhängig vom Bestehen ihrer unmittelbaren Tarifbindung, jedenfalls auf Grund der Schutzpflichten der Grundrechte den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2, 3 GG zu beachten (BAG v. 22. 3. 2011 – 10 AZR 701/09, juris m.w.N.; ferner BAG v. 16. 12. 2010 – 6 AZR 437/09, NZA-RR 2011, 322). Doch gewährt ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen zu (BAG v. 22. 3. 2011 aaO. m.w.N.). Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genügt es, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG v. 22. 3. 2011, aaO.; BAG v. 27. 10. 2010 – 10 AZR 410/09, ZTR 2011, 172). Der Gleichheitssatz ist erst dann verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen, außer Betracht gelassen haben (BAG v. 27. 10. 2010, 22. 3. 2011, jeweils aaO.).

b. Ein vorstehend beschriebener Verstoß ist angesichts einer Stichtagsregelung und insbesondere der in § 20 Abs. 1 TVöD enthaltenen, nicht gegeben. Eine Stichtagsregelung, wie diejenige des § 20 Abs. 1 TVöD, ist als Ausdruck einer pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, sofern sich die Wahl des Zeitpunkts am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (BAG v. 22. 10. 2008, aaO.; BAG v. 18. 3. 2004 – 6 AZR 199/03, ZTR 2004, 424). Dabei beurteilt sich die diskriminierende Wirkung jeweils nach dem Zweck, den der Arbeitgeber mit seiner Leistung verfolgt (BAG v. 22. 10. 2008, aaO. m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welcher sich die erkennende Kammer vorliegend anschließt, sind Stichtagsregelungen mit ihrer notwendigen Pauschalierung aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich und ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung begünstigter Personenkreise, gerechtfertigt. Allerdings muss sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientieren und vertretbar erscheinen (BAG v. 22. 3. 2011, aaO.; m.w.N.).

c. Die nach § 20 Abs. 1 TVöD zu zahlende Jahressonderzuwendung entspricht diesen Anforderungen. Sie ist als Gratifikation ausgestaltet, wie die strikt an den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses anknüpfende Stichtagsregelung belegt. Sie will – ggf. neben der zusätzlichen Entlohnung der im Bezugszeitraum erbrachten Arbeitsleistung (vgl. Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD, 5. Aufl. § 20 Rz. 5) – die Betriebstreue der jeweils am 1. Dezember des Auszahlungsjahres in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter belohnen. Demzufolge erhalten Arbeitnehmer, welche die geforderte Betriebstreue im Bezugszeitraum nicht (voll) erbringen, keine entsprechende Leistung. Auf die in der Vergangenheit vom Kläger unbestreitbar erbrachte Betriebstreue kommt es danach nicht an.

Damit bestehen, wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, für die getroffene Stichtagsregelung sachliche und am gegebenen Sachverhalt orientierte Differenzierungsgründe.

In den Genuss der Zahlung sollen nur diejenigen Mitarbeiter kommen, welche die geforderte Betriebstreue auch erbracht haben, was beim vorher zum 31. Okt. 2009 ausgeschiedenen Kläger gerade nicht der Fall war.

d. Dem steht aber auch nicht entgegen, dass das Ausscheiden des Klägers nicht freiwillig, sondern auf Grund Erreichens der Altersgrenze (§ 33 Abs. 1 lit. a TVöD). Diese Folge rührt aus einer ebenso zulässigen und am Sachverhalt orientierten tariflichen Regelung (vgl. BAG v. 8. 12. 2010 – 7 AZR 438/09, NZA 2011, 586, insbes. Rz. 26 ff., zur Altersgrenzenregelung i.d.F. bis 30. 6. 2008). Dieser Ansicht schließt sich die Kammer für die hier in Rede stehende Altersgrenzenregelung an. Die angestellten Überlegungen treffen auch auf die aktuelle Fassung der tariflichen Altersgrenzenregelung, nach welcher der Kläger ausgeschieden war, zu.

aa. Das Bundesarbeitsgericht hatte seine Entscheidung zur früheren Fassung des § 3 Abs. 1 lit. a TVöD (Urt. v. 8. 12. 2010, aaO.) im Wesentlichen wie folgt begründet:

Im Bereich des arbeitsvertraglichen Bestandsschutzes sei im Interesse der Gewährleistung der durch Art. 12. Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein staatlicher Mindestschutz unverzichtbar. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichte die staatlichen Grundrechtsadressaten, einzelne Grundrechtsträger vor unangemessener Beschränkung ihrer Grundrechte zu bewahren. Dies erfolge für den Bereich der Befristung von Arbeitsverhältnissen seit dem 1. Jan. 2001 durch die Bestimmungen des TzBfG.

Von dessen zwingenden Regelungen in § 14 TzBfG können nach § 22 Abs. 1 TzBfG auch nicht durch einen Tarifvertrag zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Auch tarifliche Normen über Befristungen bedürften zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrundes, wenngleich den Tarifvertragsparteien bei ihrer Normsetzung eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Regelungsfolgen zustehe. Zudem verfügten diese hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelungen über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum, ohne dass aber das Sachgrunderfordernis der Befristung dadurch entfalle.

Dessen Bestehen hätten die Gerichte im Rahmen der Befristungskontrolle unter Respektierung den Tarifvertragsparteien zustehende Einschätzungsprärogative, zu überprüfen.

Letztere sein nur dann überschritten, wenn für die getroffene Regelung plausible, einleuchtende Gründe nicht erkennbar seien.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei die Altersgrenze in § 33 Abs. 1 lit. a TVöDV (entspricht § 33 Abs. 1 lit. a TVöD) i.d.F. bis 30. Juni 2008 nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht zu beanstanden, wenn mit Erreichen der Altersgrenze und dem dadurch mit dem Verlust der Arbeitsvergütung verbundenen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer an eine rentenrechtliche Versorgung angebunden sei. Diese Anbindung stelle einen teil des rechtfertigenden Sachgrundes dar. Eine auf das 65. Lebensjahr abstellende Altersgrenzenregelung einer in Kollektivnorm könne, wie das Bundesarbeitsgericht bereits früher entschieden habe (BAG v. 18. 6. 2008 – 7 AZR 116/07, NZA 2008, 1302), die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigen. Zwar verfolge ein Arbeitnehmer mit einem Wunsch auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über das 65. Lebensjahr hinaus legitime wirtschaftliche und ideelle Anliegen, nämlich die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage und die berufliche Selbstverwirklichung. Doch sei er mit Erreichen der Regelaltersgrenze wirtschaftlich abgesichert und habe bereits ein langes Berufsleben hinter sich. Das Interesse an der Fortführung der beruflichen Tätigkeit bestehe voraussichtlich nach nur noch für eine begrenzte Zeit. Fernerhin habe der Arbeitnehmer typischerweise Vorteile bei Anwendung der Altersgrenzenregelungen. Dadurch hätten sich seine Einstellungs- und Aufstiegschancen verbessert. Diesen Interessen des Arbeitnehmers stünde allerdings das Bedürfnis des Arbeitgebers an einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung gegenüber. Er müsse beizeiten geeigneten Nachwuchs einstellen oder bereits beschäftigte Arbeitnehmer fördern können.

Dem sei bereits mit der Entscheidung vom 18. 6. 2008 (aaO.) Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers eingeräumt worden, sofern der von der Altersgrenzenregelung betroffene Arbeitnehmer durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres wirtschaftlich abgesichert sei. Diese wirtschaftliche Absicherung sei aus der Schutzpflicht des Staates bei privatautonomer Beendigung von Arbeitsverhältnissen (Art. 12 Abs. 1 GG) geboten. Denn mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Altersgrenze verliere der Arbeitnehmer den Anspruch auf die seinen Lebensunterhalt bislang sichernden Arbeitsvergütung. Die Rechtfertigung der Altersgrenzenregelung erfordere daher, dass an die Stelle der Arbeitsvergütung ein dauerhafter Bezug von Leistungen aus einer Altersversorgung trete.

Allerdings sein die Wirksamkeit der Befristung nicht von der konkreten wirtschaftlichen Absicherung bei Erreichen der Altersgrenze abhängig. Das verfassungsrechtliche Untermaßverbot erfordere keine am individuellen Lebensstandard des Arbeitnehmers und seinen subjektiven Bedürfnissen orientierte Altersversorgung zur Annahme einer wirksamen Altersgrenzenregelung. Der Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG sei genügt, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt und der Vertragsdauer eine Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben könne oder bei Vertragsschluss bereits die für den Bezug einer Altersrente erforderliche rentenrechtliche Wartezeit erfüllt habe. Auf die Höhe der sich im Einzelfall aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Ansprüche komme es nicht an (so bereits BAG v. 18. 6. 2008, aaO.).

Danach sei die Altersgrenzenregelung in § 33 Abs. 1 lit. a TVöD-V nicht zu beanstanden, wenngleich die Regelung (i.d.F. bis 30. Juni 2008) an die Vollendung des 65. Lebensjahres anknüpfe und nicht ausdrücklich auf die Vollendung des gesetzlich festgelegten Alters für den Erwerb einer Regelaltersrente abstelle. Dies habe der früheren Gesetzeslage entsprochen; nach § 35 Nr. 1 SGB VI i.d.F. vom 19. Februar 2002 (BGBl. I, S. 754) hätten alle Beschäftigten mit dem 65. Lebensjahr die Regelaltersrente erreicht. Dem habe die bis 30. Juni 2008 gültige Tarifnorm entsprochen.

bb. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 8. 12. 2010, aaO.), der sich die erkennende Kammer ebenso anschließt, steht der tariflichen Altersgrenze des § 33 Abs. 1 lit. a TVöD auch das Verbot der Altersdiskriminierung (§ 7 Abs. 1, § 1 AGG) nicht entgegen.

Mit ihr sei zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters verbunden, die jedoch durch § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG erlaubt sei. Weder diese gesetzliche Bestimmung noch die ausgestaltende tarifliche Regelung sind unionsrechtlich zu beanstanden. Das Erreichen des in einer tariflichen Altersgrenze wie § 33 Abs. 1 lit. a TVöD-V für den Eintritt in den Ruhestand festgesetzten Alters führt automatisch zur Auflösung des Arbeitsvertrags.

Arbeitnehmer, die dieses Alter erreicht haben, erfahren somit eine weniger günstige Behandlung als alle anderen Erwerbstätigen. Dies führe somit unmittelbar zu einer auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung bei den Entlassungsbedingungen; die betroffenen Arbeitnehmer würden demnach benachteiligt i.S. § 7 Abs. 1, § 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AGG. Doch verfolge der deutsche Gesetzgeber mit der Altersgrenzenregelung in zulässiger Weise rechtmäßige Ziele, auch insoweit, als er den Tarifvertragsparteien gestattet, mit § 33 Abs. 1 lit. a TVöD-V den ihnen durch das Gesetz eröffneten Spielraum unionsrechtskonform auszugestalten. Diese unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Benachteiligung sei demnach gem. § 10 Satz 1, 2 und 3 Nr. 5 AGG in europarechtkonformer Weise gerechtfertigt.

cc. Diese Überlegungen gelten erst Recht für die tarifliche Neuregelung (§ 33 Abs. 1 lit. a TVöD i.d.F. ab 1. Juli 2008), mit der nicht mehr auf eine starre Altersgrenze abgehoben ist, mit deren Erreichen ein Arbeitnehmer auszuscheiden hat, sondern die vor dem Hintergrund des Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I, S. 554), das die Regelaltersgrenze für die Geburtsjahrgänge ab 1947 nach § 35 Satz 2, § 235 Abs. 2 SGB VI schrittweise auf die Vollendung des 67. Lebensjahres anhebt. Zudem stellt der Wortlaut des § 33 Abs. 1 lit. a TVöD auf das Erreichen „des gesetzlich festgelegten Alters zum Erreichen der Regelaltersrente“ ab, also auf das Erreichen einer abschlagsfreien Altersrente (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 16 ÄndTV Nr. 2), wie dies ausdrücklich in der vergleichbaren Regelung des – hier allerdings nicht anwendbaren, inhaltlich jedoch vergleichbaren – § 33 Abs. 1 lit. a TV-L festgehalten ist.

6. Vorliegend bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob eine – unterstellte – Diskriminierung wegen der verweigerten Zahlung der Jahressonderzuwendung 2009 an den Kläger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit einen Schadenersatzanspruch bedingte, da die Beklagte eine kollektive (tarifliche) Vereinbarung angewandt hatte.

a. Teilweise bejaht man die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 3 AGG trotz seines Wortlauts auch auf den Schadenersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG, selbst dann, wenn der Tarifvertrag nicht kraft beidseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) oder Allgemeinverbindlichkeit (§ 5 TVG), sondern allein kraft vertraglicher Bezugnahme Anwendung findet (MünchKomm-BGB/Thüsing, 5. Aufl., § 15 AGG Rz. 37). Die höhere Richtigkeitsgewähr, auf die der Arbeitgeber bei Anwendung kollektiver Normen vertrauen dürfe (vgl. Münch-Komm-BGB/Thüsing, aaO., Rz. 36), sei in gleicher Weise bei Schadenersatzansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG von Bedeutung (Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl., § 15 Rz. 45; Meinel/Heyn/Herms, AGG, 2. Aufl., § 15 Rz. 61; Annuß, BB 2006, 1629, 1635; Bauer/Evers, NZA 2006, 893, 897).

b. Von anderer Seite wird mit guten Gründen eingewandt, das Kollektivvertragsprivileg des § 15 Abs. 3 AGG finde nach seiner systematischen Stellung allein für den Anspruch auf Ersatz des materiellen wie des immateriellen Schadens im Rahmen von § 15 Abs. 2 AGG Anwendung. Der Begriff der „Entschädigung“ werde typischerweise für den Ersatz immaterieller Schäden gebraucht, die nur bei § 15 Abs. 2 AGG auftauche. Eine Übertragung auf den materiellen Schadensersatzanspruch des Absatzes 1 müsse ausscheiden (Däubler/Berzbach/Deinert, AGG, 2. Aufl., § 15 Rz. 92; ErfK/Schlachter, 11. Aufl., § 15 Rz. 11; Schlachter, ZESAR 2006, 391, 398).

c. Vorliegend spricht mehr für die Nichtanwendbarkeit des § 15 Abs. 3 AGG im Rahmen des geltend gemachten Schadenersatzanspruches nach § 15 Abs. 1 AGG. Allerdings bedarf es nach dem Vorstehenden keiner näheren Erörterung dieser Frage, ebenso wenig der Frage, inwieweit § 15 Abs. 3 AGG im Falle eines – hier unterstellten – Verstoßes der Tarifnorm gegen § 7 Abs. 2 AGG noch anwendbar wäre.

4. Schließlich hat der Kläger auch keinen Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Insoweit kann vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil Bezug genommen werden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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