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Kachelofen – Informationspflichten über Heizleistung etc.

OLG Saarbrücken

Az.: 4 U 146/04-28

Urteil vom 19.10.2004

Vorinstanz: LG Saarbrücken, Az.: 14 O 362/02


In dem Rechtsstreit hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2004 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Februar 2004 – 14 O 362/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 30.697,63 € festgesetzt.

Tatbestand:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte, die u. a. Kachelöfen vertreibt und einbaut, im vorliegenden Rechtsstreit auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger bestellte aufgrund einer schriftlichen Bestellung vom 10.8.2000 (Bl. 11 d. A.) bei der Beklagten die Lieferung und Montage eines Kachelofens. Sowohl in der schriftlichen Bestellung, der Auftragsbestätigung (Bl. 12 d. A.), der Abnahme- und Übernahmebescheinigung (Bl. 122 d. A.) als auch in der Rechnung (Bl. 123 d. A.) findet sich der beschreibende Begriff der „wechselseitigen Beheizung“. Der vereinbarte und nach dem Einbau des Ofens bezahlte Werklohn betrug 25.500 DM.

Die Kachelofenanlage verfügt über Rohre, über die warme Luft in die oberen Räume geleitet werden kann. Diese enden in einem älteren, entkernten Ofen, aus dem die warme Luft austreten soll. Nach dem Einbau des Kachelofens stellte sich heraus, dass der Ofen nicht über die notwendige Heizleistung verfügt, die erforderlich ist, um beide Geschosse des Hauses in einem ausreichenden Maße zu erwärmen. Die Heizleistung des Ofens ist Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens gewesen (LG Saarbrücken, 14 OH 1/01). Mit Schreiben vom 13.5.2002 (Bl. 14 d. A.) bot die Beklagte nach Maßgabe der vom Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren vorgetragenen Anregungen Nachbesserung an. Mit Schreiben vom 2.7.2002 wies der Kläger die Leistung der Beklagten zurück und forderte unter Fristsetzung zum 12.7.2002 Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bereits nach dem Inhalt des Vertrages habe die Kachelofenanlage nicht nur das Erdgeschoss, sondern auch das Obergeschoss seines Hauses beheizen sollen. Denn dies sei mit dem Begriff der wechselseitigen Beheizung gemeint gewesen. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe davon Kenntnis gehabt, dass die Kachelofenanlage die einzige Heizquelle des Hauses sein solle. Bei den Vertragsverhandlungen habe der Geschäftsführer der Beklagten ihm außerdem versichert, dass der Ofen in einer normalen Heizperiode mit ungefähr 7 Kubikmeter Holz zu beheizen sei. Tatsächlich habe er aber in beiden Heizperioden annähernd 30 Kubikmeter Holz verbraucht, ohne dass hierdurch ausreichende Temperaturen geherrscht hätten. Wenn er von der Beklagten darauf hingewiesen worden wäre, dass der Kachelofen als einzige Heizquelle in dem Haus nicht ausreiche, so hätte er den Auftrag nicht erteilt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte über diesen Umstand entsprechend informieren müssen, weshalb ein Pflichtverstoß der Beklagten bei der Beratung gegeben sei.

Im Einzelnen hat der Kläger den Ausgleich folgender Schadensbeträge begehrt: Rückzahlung des Werklohnes (13.037,94 €), Ausgleich eines Zinsschadens (1.825,24 €), Zahlung einer Entschädigung für die Nutzungsbeeinträchtigung (3.681,30 €), Rückbau der Ofenanlage (2.000 €), Wiederherstellung des früheren Zustandes (9.000 €) und Ausgleich der Selbstbeteiligung bei der Rechtsschutzversicherung (153,39 €).

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.697,63 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.7.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit der Bezeichnung „in wechselseitiger Beheizung“ sei gemeint gewesen, dass der Kachelofen entweder das Erdgeschoss oder das Obergeschoss beheizen solle. Davon, dass der Kachelofen eine Zentralheizung habe ersetzen können, sei in den Gesprächen keine Rede gewesen.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme im angefochtenen Grund- und Teilurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet und die Beklagte zur Rückzahlung des Werklohnes verurteilt. Es hat dazu ausgeführt:

Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, da die Beklagte dem Kläger aus dem Gesichtspunkt der c. i. c. schadensersatzpflichtig sei. Sie habe die ihr gegenüber dem Kläger obliegende vertragliche Nebenpflicht zur Beratung und Aufklärung schuldhaft verletzt, indem sie es unterlassen habe, den Kläger dahingehend zu informieren bzw. zu beraten, in welchem Umfang der Kachelofen zur Beheizung des Hauses tauge, d. h. ob er als Beheizung für das gesamte Gebäude fungieren könne oder nur als Zusatzheizung eingesetzt werden könne.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte vertritt die Auffassung, Schadensersatzansprüche aus dem Gesichtspunkt der c. i. c. seien bereits durch den Vorrang der Sondervorschriften über die werkvertragliche Mängelhaftung ausgeschlossen. Nur dann, wenn sich der Käufer/Besteller beim Unternehmer als Fachmann im Zuge der Verhandlungen Rat hole und dadurch die Stellung einer Vertrauensperson einnehme, treffe ihn die Verpflichtung zur sachgemäßen und umfassenden Aufklärung über die besonderen Eigenschaften des von ihm angebotenen Produktes. In jedem Fall habe die Beklagte bereits dadurch eine ausreichende Aufklärung geleistet, dass sie auf vier schriftlichen Unterlagen den Begriff der wechselseitigen Beheizung verwandt habe. Dieser Begriff sei ein branchenüblicher Fachbegriff und bedeute, dass gerade keine gleichzeitige Heizung stattfinde. Könne ein Geschoss nur im Wechsel beheizt werden, so bedeutet dies zwangsläufig, dass das nicht beheizte Geschoss einen Zustand erreiche, bei dem keine ausreichenden Temperaturen für den ständigen Aufenthalt von Menschen in der kalten Jahreszeit gewährleistet seien. Selbst einem Laien müsse bekannt sein, dass ein Kachelofen normalerweise nicht geeignet sei, ein ganzes Haus mit mehreren Etagen gleichzeitig zu beheizen. Schließlich seien die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts verfahrensfehlerhaft getroffen, da das Landgericht den Beweisantritt der Beklagten, im Wege der Parteivernehmung über den Inhalt der Vertragsverhandlungen durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten Beweis zu erheben, übergangen habe.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Grund- und Teilurteils des Landgerichts Saarbrücken vom 6.2.2004 – Az. 14 0 362/02 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Bzgl. der weiteren Einzelheiten Sachestreitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

A.

Die Berufung ist zulässig. Bei der Prüfung der Formalien haben sich keine Beanstandungen ergeben. Gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bestehen in Kombination mit dem Grundurteil hinsichtlich des selbständigen, auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichteten Teilstreitgegenstandes keine Bedenken.

B.

Das Landgericht hat eine Haftung der Beklagten aus dem Rechtsinstitut der c.i.c. dem Grunde nach anerkannt. Die Entscheidung des Landgerichts hält den Angriffen der Berufung stand.

1.

Ein Anspruch aus c.i.c. setzt zunächst voraus, dass die Beklagte im Wege einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht zur Beratung des Klägers verpflichtet war.

a) Zwar ist es grundsätzlich Sache des Bestellers, sich darüber klar zu werden, welcher Erfolg durch den Werkvertrag erreicht werden soll (Bamberger/Roth/Voit, BGB, § 631 Rdn. 49; MünchKomm(BGB)/Emmerich, 4. Aufl., vor § 275 Rdn. 77). Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. So werden – abgeleitet aus dem Grundsatz von Treu und Glauben – beim Werkvertrag Aufklärungs- und Beratungspflichten des Unternehmers anerkannt, die den Unternehmer auch ohne ausdrückliche Abrede dazu verpflichten, den Besteller auf das mit der Verwendung des Werks verbundene Risiko oder darüber aufzuklären, ob das bestellte Werk für den vertraglich vorgesehenen Zweck tauglich ist und den Bedürfnissen des Bestellers entspricht (BGH, Urt. v. 25.11.1986 – X ZR 38/85, NJW-RR 1987, 664; Staudinger/Soergel, BGB, 13. Aufl., § 631 Rdn. 139). Ob den Unternehmer eine Beratungspflicht trifft, kann nicht generell beantwortet werden; vielmehr ist der Umfang der Beratungspflicht unter Berücksichtigung aller in Wechselwirkung zueinander stehenden Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. So kann der Besteller eine Beratung insbesondere dann erwarten, wenn der Unternehmer mit besonderer Fachkunde wirbt und er aufgrund seiner Fachkenntnisse einen Wissensvorsprung gegenüber dem Besteller besitzt, der sich die Kenntnisse hinsichtlich der aufklärungswürdigen Aspekte nicht ohne weiteres verschaffen kann. Auch die technische Komplexität der Werkleistung kann ein Indiz dafür sein, dass der Besteller zur sachgerechten Einschätzung des mit der Werkleistung verbundenen Risikos nicht aus eigener Fach- und Sachkunde in der Lage ist. Daneben darf die wirtschaftliche Bedeutung der Werkleistung nicht unbeachtet bleiben. Von Relevanz ist weiterhin, ob die Aufklärung eine Fehlvorstellung über einen Nebenaspekt betrifft oder einen Umstand aufklären soll, der für den Besteller erkennbar so gewichtig erscheint, dass der Vertrag mit der richtigen Vorstellung über den aufklärungsbedürftigen Aspekt gewissermaßen steht und fällt. Schließlich kommt eine Aufklärung umso eher in Betracht, je kleiner der zur sachgerechten Aufklärung erforderliche Aufwand des Unternehmers ist (zur Kasuistik: BGH, NJW-RR 1987, 664; Staudinger/Soergel, aaO., § 631 Rdn. 139; MünchKomm(BGB)/Emmerich, aaO., vor § 275 Rdn. 78 f. mit umfangreichem Nachweis in FN 147). Demgegenüber setzt die Anerkennung nicht voraus, dass der Besteller ausdrücklich mit dem Wunsch um Beratung an den Unternehmer herantritt. Vielmehr reicht es aus, wenn der Unternehmer nach Lage der Dinge die Notwendigkeit einer Beratung erkennen muss und er mit der Entgegennahme des Angebots zugleich die Pflicht zur Beratung des Bestellers gewissermaßen konkludent übernimmt (MünchKomm(BGB)/Emmerich, aaO., vor § 275 Rdn. 102; vgl. BGHZ 47, 312, 315 f.).

b) Wendet man diese Rechtsgrundsätze an, so hat das Landgericht die Aufklärungspflicht mit zutreffenden Erwägungen begründet:

Mit Recht leitet das Landgericht die Verpflichtung zur Beratung aus der nicht unerheblichen Höhe der Investition, dem konkreten Wissensvorsprung der als Fachunternehmen werbenden Beklagten und aus dem geringen Aufwand her, den die Beklagte für eine sachgerechte Aufklärung des Klägers hätte aufbringen müssen: Der Werklohn übersteigt die Grenze einer im Rahmen der regelmäßigen Haushaltsführung üblichen Ausgabe erheblich. Der Anschaffung eines Kachelofens liegt eine Verwendungserwartung zugrunde, deren Verfehlung der Besteller nicht leichthin in Kauf nimmt. Mithin entspricht es gerade bei Investitionen der vorliegenden Art der berechtigten Verbrauchererwartung, in einem Fachunternehmen einen kompetenten Vertragspartner zu erhalten, um eine Fehlanschaffung zu verhindern. Der Kunde nimmt das im Regelfall höhere Preisniveau des Fachhandels gerade im Hinblick auf die vom Fachunternehmen beworbene Beratungskompetenz in Anspruch.

Auch war die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag zur sachgerechten Aufklärung des Klägers ohne detaillierte Berechnungen des erforderlichen Wärmebedarfs für einen mit der Herstellung von Öfen befassten Fachbetrieb unschwer in der Lage: Nach Auffassung der Beklagten ergebe sich die fehlende Eignung des bestellten Kachelofens zur Vollbeheizung des gesamtem Hauses bereits denknotwendig daraus, dass die warme Luft nicht gleichzeitig in beide Stockwerke einfließen könne; eine wechselseitige Beheizung könne nie gleichzeitig und nach Auffassung der Beklagten nie hinreichend beheizen (zur Schlüssigkeit dieser Argumentation siehe sogleich). Wenn sich dieser Sachverhalt tatsächlich so vordergründig ergeben sollte, so wäre mit einer sachgerechten Aufklärung des Klägers kein messbarer Aufwand verbunden gewesen. Hätte sich doch die fachliche Beratung auf die schlichte, verständliche und eindeutige Darstellung dieses konstruktionsbedingten Zusammenhangs beschränken können.

Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Nutzungserwartung nicht von vorneherein auf der Hand lag: Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Kachelöfen nicht stets als Zusatzheizungen betrieben werden, sondern mitunter zur ausschließlichen Beheizung eingesetzt werden. Diese Verwendungsmöglichkeit lag aus Sicht der Beklagten bereits deshalb nicht fern, weil sie selbst – worauf der Kläger mit Recht hinweist – in ihrem Firmenzusatz „A. H.“ eine entsprechende Verwendungsmöglichkeit der von ihr vertriebenen Produkte bewirbt. Erst recht lag die Absicht des Klägers, den Ofen zur Heizung des gesamten Hauses verwenden zu wollen, deshalb nahe, weil der Kläger sich für eine Werkgestaltung entschied, die durch Lüftungsschlitze eine Beheizung des oberen Geschosses technisch ermöglichen sollte. Diese gewünschte Ausführungsart musste aus Sicht der Beklagten ein deutliches Indiz dafür sein, dass der Kläger den Ofen nicht lediglich zur Verbesserung der Raumästhetik anschaffen wollte, sondern dass der Ofen in erster Linie als Heizquelle zum Einsatz kommen sollte.

Zusammenfassend entsprach es der berechtigten Verbrauchererwartung des Klägers, in der Beklagten nicht lediglich einen Vertragspartner zu erhalten, dessen Interesse sich auf den bloßen Absatz der vertriebenen Produkte und angebotenen Dienstleistungen beschränkt. Vielmehr durfte der Kläger nach Treu und Glauben erwarten, dass die Beklagte dem Kläger zur Vorbereitung einer sachgerechten Entscheidungsfindung beratend zur Seite stand. Hierzu gehörte es insbesondere, die konkrete Nutzungserwartung des Klägers zu erfragen und ihn darauf hinzuweisen, dass der ausgewählte Ofen zur Beheizung des gesamten Hauses technisch nicht in der Lage war.

c) Entgegen Rechtsaufassung der Berufung ist die Heranziehung des Rechtsinstituts der c.i.c. nicht deshalb ausgeschlossen, weil der aufklärungswürdige Aspekt der Heizleistung des Ofens eine Eigenschaft des Werkes i. S. des § 633 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung betrifft. Denn der grundsätzliche Vorrang der Werkvertrag liehen Sonderregelungen für fahrlässig unrichtige Angaben gilt gerade nicht, wenn der Unternehmer nach Maßgabe der vorskizzierten Kriterien zur Beratung des Bestellers über Eigenschaften der Werkleistung verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 16.6.2004 – VIII ZR 303/03, NJW 2004, 2301; Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 238/96, NJW 1997, 3227; Wolf, WM Sonderbeilage Nr. 2/1998, S. 26; MünchKomm(BGB)/Emmerich, aaO., vor§275Rdn. 101).

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d) Schließlich kann es dahinstehen, ob die Aufklärungspflicht eine werkvertragliche Nebenpflicht darstellt oder ob die Umstände des Einzelfalles den Schluss rechtfertigen, dass der Unternehmer aufgrund eines selbstständigen, neben dem Werkvertrag stehenden Beratungsvertrages zur Aufklärung verpflichtet ist. Auf diese Differenzierung kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da sich die Rechtsfolgen der Verletzung einer rechtlich selbständigen und einer unselbstständigen Beratungspflicht nur hinsichtlich der Frage der Verjährung unterscheiden, auf die es im vorliegenden Fall nicht ankommt (vgl. BGH, NJW 2004,2301).

2.

Auch soweit das Landgericht nach Durchführung der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die Beklagte ihrer Beratungs- und Informationspflicht nicht in gebotener Weise nachgekommen ist, sind die Feststellungen am Maßstab des § 529 ZPO nicht zu beanstanden.

a) Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, sie habe ihre Aufklärungspflicht bereits deshalb erfüllt, weil sowohl in der Bestellung, als auch in der Auftragsbestätigung und in zwei weiteren Schreiben der Hinweis auf eine „wechselseitige Beheizung“ enthalten sei.

aa) Nach Auffassung des Landgerichts trägt dieser Hinweis zur Beantwortung der entscheidenden Frage nach der Heizleistung des Ofens nichts bei, da eine abwechselnde Beheizung von Ober- und Untergeschoss nicht zwangsläufig besage, dass in einem oder in beiden Geschossen keine ausreichende Temperatur erreicht werden können. Diese Erwägungen überzeugen.

Im Ausgangspunkt widerspricht die Auffassung der Beklagten dem wörtlichen Verständnis: Der Begriff der Wechselseitigkeit beschreibt lediglich die Art der Beheizung, nicht hingegen die Heizleistung eines entsprechenden Heizsystems. Der Schluss, dass eine wechselseitige Beheizung stets eine unzureichende Beheizung sein muss, liegt jedenfalls nach lexikalischem Verständnis nicht nahe. Entgegen der Auffassung der Berufung erscheint es auch aus technischer Sicht keineswegs denknotwendig, dass eine wechselseitige Beheizung zweier Stockwerke bereits deshalb gewissermaßen zwingend keine ausreichende Beheizung beider Stockwerke erzielen könne, weil das von der Beheizung jeweils ausgeschlossene Stockwerk zwangsläufig abkühle. Diese Schlussfolgerung überzeugt schon deshalb nicht, weil ein ausreichend beheizter Raum selbst bei einem völligen Ausfall der Heizung nicht schlagartig, sondern kontinuierlich abkühlt. Hierbei hängt die Zeit, die verstreichen muss, um den Heizvorgang zur Erreichung einer ausreichenden Temperatur wieder in Gang zu setzen, zum einen von der Ausgangstemperatur, mithin von der Heizleistung des Ofens, zum andern von der Isolierung des Raumes ab. Wenn es möglich ist, unter den Schlagwörtern „Niedrig-Energie-Haus“, „Energie-Sparhaus“ oder gar „Null-Energie-Haus“ Gebäude zu konstruieren, die mit einem minimalen Einsatz von Heizenergie auskommen, so ist es keineswegs abwegig, dass ein Kachelofen der vom Kläger bestellten Art selbst bei wechselseitigem Betrieb ausreichende Temperaturen zu erzeugen vermag. Darüber hinaus verkennt die Berufung, dass die Heizwirkung des Kachelofens im Untergeschoss selbst beim Umleiten der Warmluft nach oben nicht völlig ausfällt. Denn mit der Verbrennung des Holzes wird zumindest Strahlungswärme freigesetzt, die nicht unerheblich ist. Diesen Zusammenhang hat die Beklagte im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.5.2003 (Bl. 55 d. A.) ausdrücklich aufgezeigt. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts mag es mit den Argumenten des Klägers gerechtfertigt sein, die Frage zu stellen, ob die Beheizung des bestellten Systems tatsächlich in Wechselseitigkeit erfolgt.

Soweit die Berufung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.9.2004 darauf abstellt, dass der Kläger aufgrund der beschriebenen wechselseitigen Beheizung keine gleichzeitige Beheizung der Stockwerke erwarten durfte, verhilft auch diese Erwägung der Berufung nicht zum Erfolg. Die Berufung verkennt, dass auch eine im Wechsel erfolgende Beheizung nach einer entsprechenden Vorlaufzeit bei entsprechenden physikalischen Rahmenbedingungen (Ausgangsheizleistung, Isolationswerte, zu beheizende Wohnfläche) durchaus eine ausreichende Wärme produzieren kann. Der Kläger stützt sein Schadensersatzbegehren nicht darauf, dass der Kachelofen keine gleichzeitige Erwärmung beider Stockwerke bewerkstelligen kann. Gegenstand der Beanstandungen ist es allein, dass der Ofen entgegen den Erwartungen des Klägers unter keinen Umständen, also selbst nicht nach einer angemessenen Vorlaufzeit, dazu in der Lage ist, für eine ausreichende Beheizung beider Stockwerke zu sorgen.

b) Auf den Beweisantrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass es sich bei dem Begriff der wechselseitigen Beheizung um einen Fachbegriff handele, war nicht zu erkennen, da der Beweisantritt eine unerhebliche Fragestellung aufklären soll: Die Beklagte legt nicht dar, dass die Branche aus einem den Heizmodus beschreibenden Fachbegriff Rückschlüsse auf die unzureichende Heizwirkung eines entsprechend eingesetzten Heizsystems zieht. Selbst wenn sich in der Branche der Beklagten ein entsprechendes, nach dem Wortsinn nicht nahe liegendes Verständnis herausgebildet haben sollte, ist nicht ersichtlich, weshalb sich dieser Sinn gerade dem Kläger erschließen musste, der den Fachkreisen nicht angehört.

c) War der bloße Hinweis auf die wechselseitige Beheizung nicht geeignet, eine ausreichende Aufklärung des Klägers zu beweisen, so findet sich in den erstinstanzlichen Schriftsätzen kein detaillierter Sachvortrag darüber, bei welcher Gelegenheit der Kläger im vorbezeichneten Sinne über die Heizleistung des bestellten Systems in einem Gespräch aufgeklärt worden ist. Denn die Beklagte hat ihren Sachvortrag auf die Behauptung gestützt, es sei zu keinem Zeitpunkt davon die Rede gewesen, dass der Ofen das gesamte Haus heizen solle (etwa Bl. 28 d. A.). Erst auf den gerichtlichen Hinweis des Landgerichts vom 17.10.2003 (Bl. 101 d. A.) trägt die Beklagte im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2003 vor, durch die Aussage des Zeugen H. und durch den urkundlichen Beweis stehe fest, der Kläger sei darüber informiert worden, dass der Kachelofen nicht das gesamte Haus gleichmäßig erwärmen könne. Es kann offen bleiben, ob dieser Vortrag eine neue Tatsachenbehauptung enthält oder nur eine Bewertung der Zeugenaussage darstellen soll. In jedem Fall wird der Vortrag durch die Beweisaufnahme widerlegt:

Der Zeuge hat gerade nicht bestätigt, in irgendeiner Weise über die Heizwirkung des Ofens einen Beitrag zur Aufklärung des Kunden geleistet zu haben. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, dass er sich an das konkrete Gespräch mit dem Kläger bzw. an die Situation vor Ort nicht mehr konkret erinnern könne. Bei Licht besehen beschränkt sich die Aussage des Zeugen im wesentlichen auf eine Wiedergabe dessen, was der Zeuge selbst unter dem Begriff der wechselseitigen Beheizung versteht. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge aus eigenem Antrieb irgendeinen positiven Beitrag dazu leistete, im konkreten Fall die Verwendungserwartungen des Klägers zu erfragen oder konkrete Alternativen in der Art der Werkgestaltung aufzuzeigen, finden sich in der Aussage des Zeugen H. nicht. Auffallend ist, dass der Zeuge seinen Handlungsbeitrag in erster Linie passiv beschreibt („Ich habe immer nur das in den Bestellungen notiert, was die Kunden wollten …“). Auch hat der Zeuge eher den Eindruck erweckt, trotz seiner langjährigen Tätigkeit für die Beklagte mit der technischen Seite des von ihm vertriebenen Produkts nur unzureichend vertraut gewesen zu sein, indem er darauf hingewiesen hat, nur Verkäufer, kein Techniker und kein Handwerker zu sein; er hat sich ohne Rücksprache mit Technikern zur Beantwortung der grundsätzlichen Frage außer Stande gesehen, ob ein Kachelofen dazu geeignet ist, ein ganzes Haus zu beheizen.

d) Schließlich leidet die Tatsachenfeststellung des Landgerichts nicht deshalb unter einem Verfahrensfehler, weil das Gericht auf den im Schriftsatz vom 22.1.2004 (Bl. 116 f. d. A.) enthaltenen Beweisantrag, den Geschäftsführer der Beklagten als Partei zu vernehmen, nicht erkannt hat.

Der Beweisantritt war ungeeignet, da die Beklagte bei genauer Betrachtung lediglich die Behauptung unter Beweis gestellt hat, der Kläger sei über die Bedeutung des Begriffs der wechselseitigen Beheizung informiert worden. Dass dem Kläger in diesen Gesprächen hierbei nicht nur der Modus des wechselseitigen Beheizens nahe gebracht worden sei, sondern er zugleich darüber informiert worden sei, dass mit einer solchen Beheizungsart eine unzureichende Heizwirkung erzielt werde, hat die Beklagte nicht unter Beweis gestellt.

Darüber hinaus scheidet eine Parteivernehmung aus prozessualen Gründen aus: Eine Parteivernehmung des Geschäftsführers der Beklagten kommt nur unter den Voraussetzungen des § 448 ZPO in Betracht. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits einiger Beweis für die Richtigkeit der streitgegenständlichen Behauptung erbracht war. Daran fehlt es, da keiner der Zeugen von einer Aufklärung des Klägers berichtete. Entgegen der Auffassung der Berufung erbringt nicht bereits der Inhalt der Bestellung einigen Beweis für die Aufklärung des Klägers: Wie bereits dargelegt, trifft die Auslegung der Beklagten zum Inhalt des Begriffs der wechselseitigen Beheizung nicht zu.

3.

Die weiteren Voraussetzungen eines auf Erstattung des negativen Interesses gerichteten Schadenersatzanspruchs sind gegeben: Die Beklagte handelte schuldhaft, da das Unterlassen der gebotenen Aufklärung zumindest fahrlässig geschah. Schließlich gilt die Kausalitätsvermutung, wonach es grundsätzlich Sache des sich pflichtwidrig verhaltenden Vertragsteiles ist, darzulegen und zu beweisen, dass der andere Vertragsteil den Vertrag auch bei korrekter Aufklärung in gleicher Weise abgeschlossen hätte (MünchKomm (BGB) / Emmerich, aaO, vor § 275 Rdn. 188; vgl. BGHZ 72, 92, 106; 124, 151, 159; Palandt / Heinrichs, aaO, § 280 Rdn. 39). Einen solchen Zusammenhang hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Auch spricht nach den Umständen des Sachverhalts nicht dafür, dass der Kläger sich in Kenntnis der tatsächlichen Heizleistung dennoch für das aufwendige Heizsystem entschieden hätte.

4.

Auch hinsichtlich des tenorierten Zahlungsanspruchs ist die Entscheidung des Landgerichts frei von Beanstandungen: Da sich der Kläger als Rechtsfolge aus der Verletzung der Aufklärungspflicht zur Aufhebung des Werkvertrags entschieden hat (vgl. hierzu: BGHZ 69, 53, 56 f.; 111, 75, 82; 114, 87, 94 f.; MünchKomm (BGB) / Emmerich, aaO., vor § 275 Rdn. 189 mit umf. Nachweis in FN 483), ist die Beklagte zur Rückzahlung des Werklohns verpflichtet.

5.

Schließlich ist die landgerichtliche Entscheidung nicht aufgrund der erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Einrede des Zurückhaltungsrechtes zu korrigieren. Denn hierbei behandelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, das nur nach Maßgabe des § 531 ZPO im zweiten Rechtszug Beachtung finden kann. Es ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung des Verteidigungsmittels gegeben sind. Auch der Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder Aspekte der Prozessökonomie rechtfertigen eine Zulassung des Verteidigungsmittels nicht (vgl. hierzu OLGR Saarbrücken 2003, 440), da die Beklagte Gelegenheit hat, das Zurückbehaltungsrecht gegenüber den noch erstinstanzlich rechtshängigen Klageansprüchen geltend zu machen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 707 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

 

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