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Kaffeefahrten – falsche Versprechungen – Strafbarkeit?

BGH

Az.: 3 StR 11/02

Urteil vom 15.08.2002

Vorinstanz: LG Oldenburg


Zur Strafbarkeit falscher Versprechungen, mit denen zur Teilnahme an entgeltlichen „Kaffeefahrten“ gelockt werden soll.


Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. August 2002 für Recht erkannt:

1. Das Verfahren wird gemäß § 154 a StPO auf den Vorwurf der strafbaren Werbung beschränkt.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. Juli 2001 wird verworfen.

3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 1 der Urteilsgründe freigesprochen wurde; insoweit wird er wegen eines weiteren Falles der strafbaren Werbung verurteilt;

b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen.

4. Der Schuldspruch wird dahin klargestellt, daß der Angeklagte der strafbaren Werbung in sechs Fällen schuldig ist.

5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen strafbarer Werbung in fünf Fällen (II. 2 bis 6) sowie wegen Betrugs in zwei Fällen (II. 7 und 8) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und ihn vom Vorwurf strafbarer Werbung im Fall II. 1 freigesprochen.

l. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte seit Jahren in der Verkaufsfahrtenbranche selbständig tätig. Er organisierte Tagesbusfahrten mit Verkaufsveranstaltungen, die er entweder auf eigene Rechnung durchführte oder an andere Unternehmen gegen Entgelt abgab. Seine Kunden warb er mit selbst verfaßten Schreiben, von denen er pro Busreise mindestens 1.500 Stück versandte. Die bevorzugte Zielgruppe dieser Werbeschreiben bestand aus älteren und nicht berufstätigen Personen.

Um die tatsächliche Herkunft der Werbeschreiben und seine Verantwortlichkeit hierfür zu verschleiern, verwendete der Angeklagte wechselnde Phantasienamen und gab unterschiedliche Orte als Absender an. Zudem beauftragte er Ende 1998 einen früheren Mitangeklagten als „Strohmann“, der für ihn unter dem Namen einer angeblichen Firma Postfächer anmietete. Diese wurden in der Folgezeit auf den Werbeschreiben des Angeklagten als Zustellanschrift für die dort verwendeten Scheinfirmierungen genannt. Damit erreichte der Angeklagte, daß es den Empfängern der Schreiben fast unmöglich wurde, den Ab-sender und tatsächlichen Reiseveranstalter festzustellen, und daß sich Abmahnungen der Verbraucherschutzverbände an nicht existente Firmen und Personen richteten.

Im Fall II. 1 verfaßte der Angeklagte Werbeschreiben für eine Verkaufsfahrt zum Preis von 19,90 DM mit der Überschrift „Jackpot geknackt – Voucher für Herrn/ Frau…..“, wobei er den jeweiligen Namen der Empfänger einfügte. Im Text gab er wahrheitswidrig an, der Empfänger habe bei einer Verlosung unter 99 Preisen einen „Topgewinn“ erzielt und den „Jackpot“ im Wert von 500 DM gewonnen, wobei er den Gewinn auf der Tagesfahrt überreicht bekomme. Der Text war für alle etwa 1.500 angeschriebenen Adressaten gleich. Entgegen der Ankündigung hatte eine Verlosung nicht stattgefunden, vielmehr erhielten alle Reiseteilnehmer einen Reisegutschein im Wert von 500 DM, der aber nur bei der Buchung einer Auslandsreise bei der Firma des Angeklagten eingelöst werden konnte.

Im Fall II. 2 versandte der Angeklagte ein entsprechendes Werbeschreiben, versprach jedoch zusätzlich jedem Reisegast“- im Fahrpreis enthalten -ein leckeres, reichhaltiges Mittagsmenü, welches man einfach mitnehmen muß“. Die Teilnehmer erhielten neben den Kleingeschenken wiederum einen Reisegutschein wie im Fall II. 1 und anstelle des „leckeren, reichhaltigen Mittagsmenüs“ eine Konservendose Erbsensuppe zum Mitnehmen.

In den Fällen II. 3 bis 6 änderte der Angeklagte die Werbeschreiben dahin ab, daß er anstelle des Gewinns eines „Voucher“ vorspiegelte, man habe für den wiederum namentlich angesprochenen Empfänger einen Lotterieschein ausgefüllt, fünf „Richtige“ getroffen und werde den Gewinn von 483,10 DM (II. 3, 4), 452,66 DM (II. 5) und 621,74 DM (II. 6) auf der Tagesfahrt in bar auszahlen. Daneben wurde neben kleineren Geschenken ein im Reisepreis von 19,50 DM enthaltenes „leckeres, schmackhaftes Mittagessen“ versprochen. Anstelle des versprochenen Gewinns von rund 500 DM wurden den Reisegästen lediglich kleine Geldbeträge zwischen 3 und 10 DM, in einigen Fällen eine Flasche Shampoo im Wert von 2,80 DM ausgehändigt. Statt des Mittagessens erhielten sie wiederum nur eine Konservendose mit Suppe oder Brechbohnen. In den Fällen II. 4 bis 6 hatte der Angeklagte auf die Buchung von Teilnehmern hin eine „Platzbestätigung“ übersandt, die auf der Rückseite kleingedruckte Geschäftsbedingungen enthielt, deren Umfang bei der Wiedergabe im Urteil über fünf Schreibmaschinenseiten umfaßt. Unter Nr. 8. b.) ist die Klausel enthalten: „Die Mindestteilnehmerzahl an einer Verlosung/Gewinnspiel/Spielgemeinschaft auf einer Tagesfahrt beträgt 250 Reiseteilnehmer, Bargeldpreise (Lotto, Lotterie) werden ggf. gesplittet.“

2. Das Landgericht hat die unzutreffenden Angaben zum Mittagessen in den Fällen II. 2 bis 6 als strafbare Werbung nach §4 Abs. 1 UWG gewertet, während es in dem unwahren Versprechen eines Gewinns keine auf die angebotene Leistung einer Tagesfahrt bezogene unwahre Angabe über geschäftliche Verhältnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 UWG gesehen hat. Daher hat es den Angeklagten im Fall II. 1, in dem kein Mittagessen angeboten war, freigesprochen und in den Fällen II. 2 bis 6 die Ankündigung eines Gewinnes nicht dem abgeurteilten Schuldumfang zugrunde gelegt. Unter Fall-Nr. II. 7 und 8 hat das Landgericht den’Angeklagten wegen Betrugs in zwei Fällen durch die Einrichtung und den Betrieb von zwei 0190-Telefon-Servicenummern verurteilt, unter denen er Informationen angeboten, aber nicht erteilt habe. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht in allen Fällen „zu Gunsten“ des Angeklagten das Vorhandensein eines – allerdings vermeidbaren – Verbotsirrtums nach § 17 StGB angenommen und die Strafrahmen nach § 17 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert.

Die Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge dagegen, daß das Versprechen eines Gewinnes der Verurteilung wegen strafbarer Werbung nicht zugrunde gelegt und der Angeklagte im Fall II. 1 daher freigesprochen worden ist. Ferner beanstandet sie die Strafmilderung nach § 17 StGB.

Der Angeklagte macht mit der Sachrüge geltend, die Feststellung des Landgerichts, er habe entsprechend seiner Absicht in den Fällen II. 7 und 8 den Anrufern keine Informationen von Wert zukommen lassen, sei nicht belegt. Dazu hat er ferner eine Aufklärungsrüge erhoben.

Der Senat hat das Verfahren unter Ausscheidung des Vorwurfs des Betrugs auf den Tatbestand der strafbaren Werbung beschränkt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat er den Freispruch im Fall II. 1 aufgehoben und auch insoweit auf ein Vergehen der strafbaren Werbung durcherkannt, sowie den gesamten Strafausspruch aufgehoben. Die Revision des Angeklagten, die nach der Verfahrensbeschränkung nur noch die strafbare Werbung betrifft, hat er verworfen.

II. Strafbare Werbung:

1. Die Annahme einer strafbaren Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG in den Fällen II. 2 bis 6 hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Landgericht hat in der Werbeangabe, die Reisegäste erhielten ein „leckeres, reichhaltiges Mittagsmenü“, bzw. ein „leckeres, schmackhaftes Mittagessen“, obgleich sie lediglich eine verschlossene Konservendose mit einer Suppe oder mit Brechbohnen zum Mitnehmen ausgehändigt bekommen sollten, mit Recht eine wissentlich unwahre, zur Irreführung geeignete Angabe gesehen, die auch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 UWG erfüllt. Dies bedarf keiner näheren Begründung.

2. Dagegen kann dem Landgericht nicht gefolgt werden, soweit es im Versprechen eines Gewinns keine Angabe über geschäftliche Verhältnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 DWG gesehen hat, die den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorruft.

a) Die Angaben zu den versprochenen Gewinnen sind wissentlich unwahr. Für das falsche Versprechen der Auszahlung eines größeren Bargeldgewinnes in den Fällen II. 3 bis 6 hat die Strafkammer die Unwahrheit ohne Rechtsfehler selbst festgestellt. Dabei hat sie zutreffend dargelegt, daß die nicht auf dem Werbeschreiben selbst, sondern nur auf der erst später nach der Buchung einer Reise zugesandten „Platzbestätigung“ enthaltene Klausel 8. b.) der „Geschäftsbedingungen“ dieser Annahme nicht entgegensteht. Denn abgesehen davon, daß es sich um eine Passage eines längeren, sehr klein gedruckten Textes handelte, der sich weitgehend nicht auf die Verhältnisse einer Tagesfahrt bezog, konnte diese nachträgliche Einschränkung die Unwahrheit der Angabe im Werbeschreiben nicht mehr beseitigen (vgl. BGH BB 2000,1429 f.).

Unwahr sind entgegen der Annahme des Landgerichts aber auch die Versprechungen über den Gewinn eines „Voucher“ im Wert von 500 DM in den Fällen II. 1 und 2, denn bei den tatsächlich ausgegebenen Gutscheinen, die nur bei Buchung einer Auslandsreise bei der Firma des Angeklagten hätten in Zahlung gegeben werden können, handelte es sich weder um einen Gewinn, noch tatsächlich um einen „Voucher“.

Das Landgericht hat insoweit festgestellt, daß ein „Voucher“ ein Touristik-Gutschein für in voraus bezahlte Leistungen ist. Ein derartiger Gutschein wird nach der (vollständigen) Bezahlung einer bestimmten touristischen Dienstleistung, etwa eines Hotelaufenthalts oder einer Reise, ausgehändigt und berechtigt den Inhaber zur Inanspruchnahme dieser Leistung, ohne daß er dabei weitere Aufzahlungen zu erbringen hätte. Dagegen konnte hier ein Reiseteilnehmer für den „Reisegutschein“ allein keine touristische Dienstleistung erhalten, sondern mußte vielmehr erst eine Auslandsreise beim Angeklagten buchen, also eine erhebliche finanzielle Verpflichtung eingehen, um dann auf den Reisepreis diesen Gutschein angerechnet zu bekommen.

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Es kommt hinzu, daß durch die unwahre Angabe „Topgewinn“ dem Empfänger der Eindruck vermittelt wird, er sei ein gegenüber den anderen Teilnehmern einer Verlosung herausgehobener „Glückspilz“, was ihn in besonderer Weise veranlassen kann und soll, die angebotene Tagesfahrt zu buchen, um in den Genuß des Gewinnes kommen zu können (vgl. zur Befriedigung ideeller Bedürfnisse des Abnehmers BGH wistra 1987, 221). Zudem wird hierdurch auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein besonders günstiges Angebot vorgetäuscht. Denn ein Interessent wird den tatsächlichen Wert eines solchen Gutscheins höher bewerten, wenn er davon ausgehen kann, allein er – unter einer größeren Anzahl von Teilnehmern – erhalte diese Vergünstigung. Wüßte er dagegen, daß in Wirklichkeit jeder Teilnehmer diesen Rabatt erhält, läge für ihn der Schluß nahe, es handle sich in Wahrheit nicht um einen echten Gewinn, sondern lediglich um einen Scheinrabatt auf eine zuvor entsprechend verteuerte Leistung.

b) Die unwahren Angaben sind auch zur Irreführung geeignet. Dies ist bei jeder Angabe der Fall, die einen nicht ganz unbeachtlichen Teil der durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise veranlassen kann, sie für wahr zu halten und dadurch getäuscht zu werden; dabei genügt – ebenso wie bei § 3 UWG – die Gefahr einer Irreführung (BGH BB 1954, 299, 300; Otto in Großkommentar zum UWG, 1992 § 3 Rdn. 34 m. w. N.). Die näheren Ausführungen in den persönlich adressierten Werbeschreiben über die Verlosungen und Lotterieteilnahmen sowie zur Höhe des Gewinns („krumme“ Beträge wie z. B. 462,66 DM) und zur Auszahlung („garantiert in bar“, „darauf unser Wort“) vermögen jedenfalls die hier bevorzugt angesprochenen älteren und nicht mehr berufstätigen Personen zu täuschen.

c) Die unwahren Angaben betreffen auch geschäftliche Verhältnisse. Der in den §§ 3 und 4 UWG identisch verwendete Begriff der geschäftlichen Verhältnisse ist in einem weiten Sinne zu verstehen und umfaßt alle mit dem Geschäftsbetrieb unmittelbar oder mittelbar in Beziehung stehenden Umstände; lediglich persönliche Verhältnisse des Werbenden ohne Verbindung mit den Belangen des Betriebs u. ä. werden nicht erfaßt (BGHSt 36, 389, 392 m. w. N.). Danach kann nicht zweifelhaft sein, daß Angaben zu Leistungen, die den Empfänger anlocken sollen, die angebotene Werbefahrt zu buchen, auf geschäftliche Verhältnisse bezogen sind. Denn das Versprechen des Gewinns ist maßgeblich für dessen Einschätzung, ob sich die Reise lohnt oder nicht, und damit auch für seine Entscheidung, diese zu buchen.

d) Die Angaben zu den angeblichen Gewinnen stehen entgegen der Auffassung des Landgerichts auch in Zusammenhang mit der Leistung, für die geworben wird, wie das schon nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 UWG erforderlich ist, wonach die unwahren, zur Irreführung geeigneten Angaben in der Absicht gemacht worden sein müssen, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (vgl. Otto in Großkommentar zum UWG, 1992 § 4 Rdn. 99).

Allerdings ist dieser Zusammenhang in der Rechtsprechung für Fälle verneint worden, in denen Passanten mit schwindelhaften Anpreisungen („jeder Besucher bekommt 10 DM in bar“ OLG Köln, MDR 1964, 1028; Verlosung bei Verkaufsveranstaltung OLG Hamm, WRP 1963, 176 f.) von der Straße in einen Verkaufsraum gelockt wurden. Der Senat kann offen lassen, ob er dieser Rechtsprechung zum schwindelhaften Anlocken mit Geschenken in einen lokalen Verkaufsraum zustimmen würde. Dagegen könnte sprechen, daß zwar kein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Versprechen eines Geschenkes mit der angebotenen Verkaufsware im Sinne einer vertraglichen Gegenleistung, wohl aber ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Denn der Unternehmer setzt die Anpreisung von Geschenken als Werbemaßnahme zur Förderung seiner Verkaufstätigkeit ein, aus deren Erlös wiederum die Kosten der Werbung zu finanzieren sind. Umgekehrt liegt nahe, daß ein Interessent die Möglichkeit, ein Geschenk zu erlangen, mit dem Verkaufsangebot zusammen sehen und insgesamt von einem günstigen Angebot ausgehen wird.

Auch wenn man der zitierten Rechtsprechung zu lokalen Verkaufsveranstaltungen im Grundsatz folgt, kann indes in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt der erforderliche Zusammenhang zwischen der unwahren Werbeangabe und der angebotenen Leistung nicht zweifelhaft sein. Während es dort auf die Frage eines Zusammenhangs zwischen der falschen Anpreisung und der in dem Verkaufsraum angebotenen Ware ankam, wobei der Interessent bei freiem Eintritt das versprochene Geschenk auch dann erhalten sollte, wenn er keinen Einkauf tätigt, muß hier der umworbene Kunde sich erst bereit finden, eine Fahrt mit Verkaufsveranstaltung zu buchen, um in den Genuß des (vermeintlichen) Gewinns zu kommen. Denn das Angebot des Angeklagten hatte eine „Werbefahrt“ zum Gegenstand, bei der ein Teilnehmer für den Preis von 19,50 DM, bzw. 19,90 DM neben der Busbeförderung ein Mittagessen (nur Fälle II. 2 bis 6), verschiedene Sachgeschenke und schließlich einen wertvollen Gewinn erhalten sollte. Daß diese Leistungen gerade mit der angebotenen Werbefahrt und nicht mit der Verkaufsveranstaltung verknüpft worden sind, ergibt sich aus den Formulierungen der Werbeschreiben. Dies belegen Wendungen wie „im Fahrpreis enthalten“, „als Dankeschön für ihre regelmäßige Teilnahme an unseren Fahrten“, „erhalten Sie auf dieser Tagesfahrt“ und der abschließenden Bemerkung nach Aufzählung aller Leistungen „Eine tolle Werbefahrt für nur 19,50 DM – wer kann Ihnen das heute noch bieten?“ (UA S. 7, 11). Dagegen wird die mit der Fahrt verbundene Verkaufsveranstaltung eher beiläufig als Nebensache mit Hinweisen wie „Die Teilnahme an einer interessanten Produktshow ist kostenlos und jedem freigestellt.“ (UA S. 13) erwähnt.

Die Strafkammer, die insoweit ersichtlich nur auf die Leistung einer Busbeförderung (bloß mit Verköstigung ohne Berücksichtigung der versprochenen Geschenke und eines Gewinnes) wie bei sonstigen rein touristischen Ausflugsfahrten abstellt, wird mit dieser Betrachtung den besonderen, sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebenden Umständen nicht gerecht. Denn diese sind auch aus der Sicht der umworbenen Teilnehmer dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Entgelt – wenn auch nur in geringem Umfang – für die Werbefahrt entrichten und zudem durch ihre Teilnahme dem Unternehmer die Möglichkeit geben, sie im Rahmen einer Verkaufsveranstaltung in besonders intensiver Weise zu bewerben. Dieser wird dadurch in die Lage versetzt, die dort angebotenen Waren mit einem solchen Aufschlag („zu überhöhten Preisen“ – UA S. 5) zu verkaufen, daß neben der Erzielung eines erstrebten Unternehmergewinns auch die Geschenke und sonstigen „kostenlosen“ Leistungen finanziert werden können. Daher sind für die Entscheidung des Empfängers eines Werbeschreibens, ob er eine solche Verkaufsfahrt buchen soll, neben dem Ausflugserlebnis auch die angebotenen Zusatzleistungen wie Mittagessen und Geschenke von Bedeutung. Gleiches gilt in besonderem Maße für die versprochene Auskehrung eines angeblich erzielten Gewinnes. Da er nach dem Inhalt der Werbung nur auf der Reise übergeben wird, muß der Teilnehmer diese buchen, um ihn erlangen zu können. Diese erhält damit in seinen Augen auch den Anschein eines ganz besonders günstigen Angebots. Damit ist ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der angebotenen „Werbefahrt“ und der Werbeanpreisung gegeben.

3. Die Voraussetzungen strafbarer Werbung nach § 4 Abs. 1 UWG sind damit auch hinsichtlich der versprochenen Gewinnausschüttung in den Fällen II. 1 bis 6 gegeben. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen diese rechtliche Bewertung, wobei nach Sachlage ausgeschlossen werden kann, daß es bei Anlegung zutreffender rechtlicher Maßstäbe zu anderen, dem entgegenstehenden Feststellungen gelangt wäre. Der Senat entscheidet daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO im Fall II. 1 unter Aufhebung des Teilfreispruchs in der Sache und trifft den Schuldspruch selbst. In den Fällen II. 2 bis 6 erweitert sich der Schuldumfang durch die vorliegende Entscheidung im Hinblick auf die Einbeziehung der Versprechungen eines Gewinnes in den Tatbestand der strafbaren Werbung.

4. Der Strafausspruch kann danach auch in den Fällen II. 2 bis 6 keinen Bestand haben. Der neue Tatrichter wird daher über die Strafe insgesamt neu zu befinden haben. Auf die weitere Rüge der Staatsanwaltschaft, das Landgericht habe dem Angeklagten zu Unrecht einen – allerdings vermeidbaren – Verbotsirrtum zugebilligt, kommt es somit nicht an. Auch diese Rüge wäre allerdings begründet:

Für eine revisionsrechtliche Überprüfung der Annahme eines Verbotsirrtums fehlt es bereits an einer ausreichenden Darstellung der Einlassung des Angeklagten zur inneren Tatseite. Zur Frage strafbarer Werbung wird lediglich mitgeteilt, er meine, seine Angaben seien „Wort für Wort wahr“. Das besagt aber nichts dazu, ob der Angeklagte sein Tun tatsächlich für erlaubt oder verboten hielt. Sofern sich der Angeklagte tatsächlich auf fehlende Unrechtseinsicht berufen haben sollte, wäre eine Auseinandersetzung der Strafkammer mit den dagegen sprechenden Gesichtspunkten erforderlich gewesen; insbesondere die krasse Unrichtigkeit der Angaben über das versprochene Mittagessen und die in Aussicht gestellten Gewinnausschüttungen in Verbindung mit den geschilderten umfangreichen Verschleierungsmaßnahmen lassen die Annahme eines Verbotsirrtums kaum nachvollziehbar erscheinen. Im übrigen steht diese rechtsfehlerhaft, da nicht die Vorbereitungshandlung der Einrichtung der Telefonnummern entscheidend ist, sondern die mit den einzelnen Werbeaktionen verbundene Täuschungshandlung, so daß Tateinheit mit den Fällen der strafbaren Werbung gegeben gewesen wäre. Das Urteil müßte daher – auch in den Fällen der Verurteilung nach § 4 UWG – aufgehoben und das Verfahren zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. In der neuen Hauptverhandlung wäre eine möglicherweise umfangreiche Beweiserhebung zum Inhalt und Informationswert der nunmehr bereits länger zurückliegenden Telefongespräche erforderlich, die zu ihrem voraussichtlichen Ertrag nicht im Verhältnis stünde. Deshalb hat der Senat die Verfolgung nach § 154 a StPO beschränkt; die Anwendung von § 154 StPO hätte das Vorliegen selbständiger Taten des Betruges erfordert.

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