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Das Aufstellen von Kameraattrappen mit Ausrichtung auf die Nachbarin ist verboten!

AG Winsen

Az.: 23 C 1482/02

Verkündet am: 11.11.2002


Ein Mann stellte mehrere Kameraattrappen auf seinem Grundstück auf und richtete diese auf das Grundstück seiner Nachbarin aus. Diese hatte daraufhin das Gefühl Tag und Nacht überwacht zu werden und klagte auf Unterlassung. Das Gericht sah in dem Aufstellen der Kameras einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin und gab der Unterlassungsklage statt.


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Winsen/Luhe auf die mündliche Verhandlung vom 22.10.2002 für Recht erkannt:

1.) Die Beklagten werden verurteilt, die in einem Fenster der Südseite sowie im Fenster der Westseite ihres Hauses aufgestellte Kameras bzw. Kameraattrappen von dort zu entfernen. Die in einem Nordfenster der Kellerräume befindliche Videokamera bzw. Videokamerattrappe ist ebenfalls zu entfernen.

2.) Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in den Fenstern ihres Hauses……………….. Kameras oder Kameraattrappen aufzustellen, die auf das Grundstück der Kläger gerichtet sind.

3.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.) Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/5 und tragen die Beklagten 4/5 als Gesamtschuldner.

5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

6.) Der Streitwert wird für den Antrag zu 1.) aus der Klageschrift vom 25.04.2002 auf 2.000,00 €, für den Antrag zu 2.) auf 2.000,00 € und für den Antrag zu 3.) auf 1.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn. Auf dem gut 3000 m2 großen Grundstück der Klägerin befindet sich ein Einfamilienhaus. Auf dem Grundstück der Beklagten, welches gut 1.500 m2 groß ist befindet sich ebenfalls ein Einfamilienhaus. Die Häuser stehen etwa 30 m auseinander. Zwischen den beiden Grundstücken befindet sich ein Metallgitterzaun.

Im Dezember 1998 installierten die Beklagten in mehreren Fenstern ihres Hauses ein Gerät, dass das Aussehen einer Kamera hat und an dem sich eine regelmäßig blinkende kleine Funktionsleuchte befindet. Die Geräte sind auf das Grundstück der Klägerin mit dem darauf befindlichen Wohnhaus gerichtet. Nach der durchgeführten Augenscheinseinnahme ist unstreitig, dass es sich dabei um Videokameraattrappen handelt.

Die Parteien sind im Übrigen heftig zerstritten.

Die Klägerin beantragt,

Die Beklagten werden verurteilt, die in einem Fenster der Südseite sowie im Fenster der Westseite ihres Hauses aufgestellte Kameras bzw. Kameraattrappen von dort zu entfernen.

Die Beklagten werden ferner verurteilt, die in einem Nordfenster der Keller­räume befindliche Kamera bzw. Kameraattrappen zu entfernen.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in den Fenstern ihres

Hauses…………….  Kameras oder Kameraattrappen aufzustellen, die auf das

Grundstück der Kläger gerichtet sind.

Die Beklagten werden verurteilt, Filmaufnahmen, die die Klägerin oder ihr Grundstück zeigen, an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. Das Gericht hat durch Augenscheinseinnahme Beweis erhoben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Beseitigungsanspruch gemäß §§ 1004 BGB i. V. m. § 823 BGB zu. Die Beklagten sind verpflichtet, die Videoattrappen zu entfernen.

Das Anbringen einer Attrappe einer Videokamera, die ihrem Erscheinungsbild nach einer echten Videokamera täuschend ähnlich sieht, stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Sinne von Artikel 1, 2 Grundgesetz dar. Gegenstand des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als einheitlich umfassendes subjektives Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit und gibt dem Inhaber des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Achtung seiner individuellen Persönlichkeit auch gegenüber einer Privatperson und umfaßt zum einen das Recht, in Ruhe gelassen zu werden und gibt zum anderen das Recht auf freie Entfaltungsmöglichkeit und aktive Entschließungs- und Handlungsfreiheit. Geschütze Sphären sind zum einen die Individualsphäre, also das Selbstbestimmungsrecht, die Privatsphäre und damit das Leben im häuslichen oder sonstigen Privatleben, und zwar nicht nur im eigenen häuslichen Bereich, und die Intimsphäre, die grundsätzlich absoluten Persönlichkeitsschutz genießt.

Die Beklagten haben das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dadurch verletzt, dass sie eine funktionsfähig aussehende Videokameraattrappe in drei Fenstern ihres Hauses so angebracht haben, dass das Grundstück und das Haus der Klägerin damit scheinbar gefilmt werden kann. Die Aufstellung der Videokameraattrappe und damit die konkludente Androhung des Filmens stellt eine dauernde Androhung einer Videoüberwachung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob die Videokamera tatsächlich funktionsfähig ist oder lediglich eine Attrappe ist. Maßgeblich ist der bei der Klägerin und ihren Besuchern erweckte Eindruck, dass das angebrachte Gerät funktionsfähig sein könnte und damit Aufzeichnungen gemacht könnten. Die Klägerin muss damit ständig mit der ihren Privatbereich überwachenden Aufzeichnung rechnen.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beklagten Filme herausgeben, war die Klage abzuweisen. Mit den Attrappen konnten Filmaufnahmen nicht gemacht werden. Eine Herausgabe von Filmaufnahmen ist daher nicht möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711 ZPO.

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