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Kapitalanlageberatungsvertrag – Voraussetzungen für Zustandekommen

OLG Frankfurt – Az.: 23 U 117/18 – Urteil vom 29.04.2019

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 30. Juni 2017, Az.: 2-07 O 386/15, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht geltend im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an ursprünglich fünf geschlossenen Immobilienfonds, von denen mittlerweile nur noch vier streitgegenständlich sind.

Wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Lebenssachverhalts wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger seine Ansprüche nicht aus der Verletzung von Beratungspflichten herleiten könne, da eine solche schon nicht hinreichend dargetan worden sei, und es jedenfalls am notwendigen Kausalzusammenhang fehle.

Dem klägerischen Vorbringen zum konkreten Hergang der behaupteten Beratungsgespräche mangele es an der notwendigen Substanz. Der Kläger trage zwar vor, dass dem Zedenten die streitgegenständlichen Beteiligungen als sichere Anlage angepriesen worden seien, ohne dass auf Funktionsweise und Risiken hingewiesen worden sei. Dem sei die Beklagte jedoch substantiiert und insbesondere unter Vorlage von Kopien der zugehörigen Beratungsbögen entgegengetreten. Aus diesen lasse sich entnehmen, dass die wesentlichen Umstände, vor allem die maßgeblichen Risiken erörtert worden seien. Dem sei der Kläger nicht in ausreichendem Maße entgegen getreten. Er lege insbesondere nicht dar, weshalb die Beratungsbögen allesamt unterschrieben worden seien, wenn sie doch den Inhalt der Beratungen nicht einmal annähernd wiedergeben würden.

Die fehlende Substanz der Darlegungen zu den Beratungssituationen spiegele sich insbesondere in Bezug auf die Beteiligungen an den beiden X-Fonds wider. Danach sei die Beratung „nahezu identisch“ gefolgt. Der konkrete Hergang werde nicht darlegt. Auch dem Vorbringen der Beklagten, wonach eine Beratung zum X-Fonds 64 ausdrücklich nicht gewünscht worden sei, welches sich aus dem zugehörigen Beratungsbogen ergebe, sei der Kläger nicht in erheblicher Form entgegengetreten. Das klägerische Vorbringen erweise sich in seiner Gesamtbetrachtung als unplausibel und widersprüchlich und damit nicht geeignet, die Annahme einer Falschberatung zu rechtfertigen.

Ungeachtet dessen fehle es auch am notwendigen Kausalzusammenhang. Zwar streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, allerdings habe die Beklagte den Kläger anlässlich der Beteiligungen an den beiden Yfonds wie auch an den X-Fonds 70 jeweils auf die für die Vermittlung an die Beklagte fließende „Gesamtvergütung“ mittels der Beratungsbögen hingewiesen. Weder der Zedent noch die tatsächlichen Zeichner hätten sich an den ausgewiesenen Vertriebsprovisionen gestört, so dass die dargestellte Vermutung als widerlegt zu erachten sei.

Der Kläger könne schließlich auch nicht die begehrte Auskunft von der Beklagten verlangen, da die Erfüllung der Informationspflichten aus § 666 BGB jedenfalls dann nicht erforderlich sei, wenn – wie vorliegend – feststehe, dass der Gläubiger des Informationsanspruchs aufgrund der Information und Rechenschaftslegung keinesfalls etwas fordern könne.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Klageanträge weiterverfolgt.

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts sowie eine fehlende Beweisaufnahme.

Zu Unrecht habe das Erstgericht eine Beratungssituation zwischen den Parteien verneint. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte hätten eine entsprechende Beratungsleistung schriftsätzlich vorgetragen. Im Hinblick auf die Beratungspflichtverletzungen habe das Landgericht die Anforderungen an die Darlegungslast verkannt. Aufgrund des vom Kläger insoweit gehaltenen Vortrags hätte das Gericht den Kläger anhören bzw. den Zeugen A vernehmen müssen.

Kapitalanlageberatungsvertrag – Voraussetzungen für Zustandekommen
(Symbolfoto: Pormezz/Shutterstock.com)

Weiterhin habe das Erstgericht verkannt, dass es sich bei den Beratungsprotokollen nur um Privaturkunden handele, die nur den Beweis für die Tatsache ergeben, dass der Unterzeichner die Erklärung abgegeben habe, nicht aber für deren inhaltlichen Richtigkeit. Die Tatsachen hätten lediglich Indizwirkung, die durch eine Beweisaufnahme hätten entkräftet werden können. Diese Möglichkeit habe das Erstgericht dem Kläger genommen, indem es keine Beweisaufnahme durchgeführt habe. Insoweit verstoße die angefochtene Entscheidung auch gegen die Rechte auf ein faires und unmittelbares Verfahren. Schließlich habe das Erstgericht auch keinen rechtlichen Hinweis nach § 139 ZPO gegeben, obgleich dieser erforderlich gewesen wäre. Zwar habe das Gericht in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es den Hergang zur Beratung und zu den Beratungsbögen als nicht schlüssig ansehe, im Urteil habe es den Vortrag für widersprüchlich und unplausibel erachtet, ohne auf die Erwiderung der Klägers vom 20.01.2017 einzugehen. Bei einem konkreten Hinweis hätte der Kläger detailliert Stellung genommen, so dass eine Klageabweisung aus diesem Grund nicht mehr möglich gewesen wäre.

Darüber hinaus habe das Erstgericht eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten wegen des Verschweigens von sog. Kick-backs übersehen. Der Kläger sei von der Beklagten nicht darüber informiert worden, dass sie von der Emittentin Provisionen erhalten habe. Nach entsprechender Information wäre er davon ausgegangen, dass die Empfehlungen des Beraters nicht objektiv gewesen seien und er hätte die Kapitalanlage nicht gezeichnet. Soweit das Erstgericht einfach davon ausgegangen sei, dass der Kläger aufgrund vorheriger Zeichnungen von einem Interessenkonflikt gewusst habe, sei dies schon deshalb grob falsch, weil der Kläger auch in der Vergangenheit nie hierüber aufgeklärt worden sei. Da die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Aufklärung über Provisionen trage, hätte das Erstgericht zwingend deren Zeugen sowie im Nachgang die von Klägerseite benannten Zeugen hören müssen.

Weiterhin habe sich die angefochtene Entscheidung nicht mit der fehlerhaften Plausibilitätsprüfung der Beklagten auseinander gesetzt. Die Beklagte hätte schon allein wegen der hohen Weichkosten bemerken müssen, dass das Geschäft so nie hätte aufgehen können.

Ebenso wenig habe sich das Erstgericht mit dem Einwand befasst, die Beklagte hätte auf die Innenprovisionen von über 15% bei X 04 und X 64 hinweisen müssen. Auch die verspätete Übergabe des Prospekts sei unberücksichtigt geblieben.

Schließlich habe das Landgericht fehlerhaft die Vermutung des anlegergerechten Verhaltens mit der Begründung, der Kläger habe auch später ähnliche Beteiligungen gezeichnet, abgelehnt. Der Kläger sei auch im Zusammenhang mit den anderen Kapitalanlagen nicht ordnungsgemäß von der Beklagten aufgeklärt worden, so dass es überhaupt keinen Raum gegeben habe, die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Kausalitätsvermutung ohne Durchführung einer Beweisaufnahme abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 208 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 7.205,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 7.205,00 seit dem 26.06.2015 Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung an der B Immobilienfonds für Z GmbH & Co. KG vom 08.11.2005 im Nennwert in Höhe von € 30.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, zu zahlen.

2. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag (Wiederanlageschaden) in Höhe von € 6.041,09 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 6.041,09 seit dem 26.06.2015 zu zahlen.

3. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 23.298,08 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 23.298,08 seit dem 26.06.2015 Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung an der C geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 01.07.2008 im Nennwert in Höhe von € 25.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, zu zahlen.

4. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag (Wiederanlageschaden) in Höhe von € 3.645,51 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 3.645,51 seit dem 26.06.2015 zu zahlen.

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5. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 47.973,96 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 47.973,96 seit dem 26.06.2015 Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung an der D geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 22.12.2010 im Nennwert in Höhe von € 50.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, zu zahlen.

6. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag (Wiederanlageschaden) in Höhe von € 4.691,91 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 4.691,91 seit dem 26.06.2015 zu zahlen.

7. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 19.778,24 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 19.778,24 seit dem 26.06.2015 Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung an der E GmbH & Co. KG vom 06.10.2006 im Nennwert in Höhe von € 60.000,00, zu zahlen.

8. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag (Wiederanlageschaden) in Höhe von € 10.936,10 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank auf einen Betrag in Höhe von € 10.936,10 seit dem 26.06.2015 zu zahlen.

9. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger von allen Forderungen im Zusammenhang mit den Beteiligungen an der B Immobilienfonds für Z GmbH & Co. KG vom 08.11.2005 im Nennwert in Höhe von € 30.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der C geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 01.07.2008 im Nennwert in Höhe von € 25.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der D geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 22.12.2010 im Nennwert in Höhe von € 50.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der F GmbH & Co. KG vom 05.10.2006 im Nennwert in Höhe von € 60.000,00, mit der Beteiligungsnummer 976306 und der E GmbH & Co. KG vom 06.10.2006 im Nennwert in Höhe von € 60.000,00, freizustellen.

10. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe der von der Beklagten angenommenen Zuwendungen Dritter im Zusammenhang mit der Vermittlung des Anteils an der B Immobilienfonds für Z GmbH & Co. KG vom 08.11.2005 im Nennwert in Höhe von € 30.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der C geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 01.07.2008 im Nennwert in Höhe von € 25.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der D geschlossener Immobilienfonds für X GmbH & Co. KG vom 22.12.2010 im Nennwert in Höhe von € 50.000,00, mit der Beteiligungsnummer 58703, der F GmbH & Co. KG vom 05.10.2006 im Nennwert in Höhe von € 60.000,00, mit der Beteiligungsnummer 976306 und der E GmbH & Co. KG vom 06.10.2006 im Nennwert in Höhe von € 60.000,00 zu geben.

11. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) in Höhe von € 4.848,77 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.06.2017, Aktenzeichen 2-07 0 386/15 wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Gegenleistung zu Ziffer 1), 3), 5), 7) und 9) im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Das Landgericht habe nach entsprechendem Hinweis in der mündlichen Verhandlung zutreffend entschieden, dass das klägerische Vorbringen zum Hergang der Beratungssituation im Vorfeld der Beteiligungen nicht hinreichend substantiiert sei. Der klägerische Vortrag sei standardisiert und gehe wenig bis gar nicht auf die konkreten Anlagen und Gespräche ein und stelle weitgehend pauschalierte Pflichtverletzungsvorwürfe dar. Mangels substantiierten Sachvortrags habe das Landgericht den angebotenen Zeugenbeweisen gerade nicht nachgehen dürfen.

Soweit die Berufung zur weiteren Begründung darauf abstelle, die vom Gericht in Bezug genommenen Beratungsprotokolle seien nicht maßgeblich, weil es sich hierbei lediglich um Privaturkunden handele, sei dies schlicht unzutreffend. Privaturkunden könnten im Zivilprozess vorgelegt werden und dienten der Substantiierung des Parteivorbringens. Allein in diesem Zusammenhang habe das Gericht auf die Beratungsbögen Bezug genommen. Trotz des Hinweises des Gerichts habe der Kläger im Schriftsatz vom 20.01.2017 erneut keinen substantiellen Vortrag geleistet. Auf knapp vier Seiten habe der Kläger einundzwanzigmal auf das Zeugnis von A verwiesen; dies allein reiche nicht aus, um der Darlegungslast nachzukommen. Wenn der Kläger im Weiteren die Auffassung vertrete, das Gericht müsse auch den Zeugen Gelegenheit geben, sich zu äußern, verkenne er die Systematik von Darlegungslast und Beweis.

Soweit der Kläger im Übrigen darauf abstelle, dass sich die Beklagte nicht von ihren Aufklärungspflichten entlasten könne, wenn sie vorgefertigte Erklärungen zum Verkaufsgespräch vorlege, möge dies zwar zutreffen; allerdings habe sich das erstinstanzliche Gericht gar nicht mit dieser Frage befassen müssen, da es schon an ausreichendem Klagevortrag gemangelt habe. Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass die Beklagte Beweis dafür angeboten habe, dass der Inhalt der Beratungsbögen jeweils mit dem Kläger bzw. dem Zeugen A erörtert worden sei.

Der weitere Vortrag zur angeblichen Pflichtverletzung wegen Nichtaufklärung über von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütungen sei ebenfalls nicht überzeugend. Ohne eine entsprechende Beratungssituation könne auch keine Pflichtverletzung vorliegen. Auch insoweit mangele es dem klägerischen Vortrag an der notwendigen Substantiierung. Überdies habe die Beklagte durch Vorlage des Schreibens vom 04.01.2011 (Anlage B8) belegt, dass der Kläger bzw. der ihn vertretene Zeuge A über das Agio verhandelt hätte. Eine entsprechende Kenntnis vom Vergütungsinteresse der Beklagten habe daher bereits zu diesem Zeitpunkt bestanden, so dass der behauptete Anspruch aus Aufklärungspflichtverletzung jedenfalls verjährt sei. Im Übrigen sei die Höhe der Vergütung zumindest auf dem Beratungsbogen zum X-Fonds 79 konkret benannt gewesen. Diesen habe der Kläger auch selbst unterzeichnet. Die weitere Kenntnis vom Vergütungsinteresse der Beklagten folge aus dem Umstand, dass der Zeuge A, dessen Kenntnis sich der Kläger zurechnen lassen müsse, weitere Abschlüsse getätigt habe, in welchen entsprechende Hinweise zu den konkreten Vergütungen enthalten waren.

Sofern der Kläger seine Berufung darauf stütze, das erstinstanzliche Urteil sei nicht auf die behauptete Pflichtverletzung der fehlerhaften Plausibilitätsprüfung eingegangen, verkenne er, dass sein Vortrag auch an dieser Stelle nicht ausreichend substantiiert sei. Wenn er im Übrigen die Rechtsauffassung vertrete, allein wegen der behaupteten verspäteten Übergabe des Prospekts treffe die Beklagte die volle Haftung, vermöge dies nicht zu überzeugen. Ein Anleger könne schließlich auch im Rahmen eines Beratungsgesprächs über die für die Anlageentscheidung maßgeblichen Aspekte informiert werden. Auch hierzu habe die Beklagte substantiiert vorgetragen und Beweis angeboten.

Schließlich sei der landgerichtlichen Entscheidung auch insoweit zu folgen, als es im Hinblick auf die Kausalität die Anscheinsvermutung ablehne.

Der Auskunftsantrag sei mangels Begründung bereits unzulässig, aber in der Sache nicht begründet. Selbst wenn Schadensersatzansprüche bestünden, wäre die Auskunftserteilung für die Durchsetzung der entsprechenden Ansprüche nicht erforderlich. In diesem Fall würde der Kläger die Rückabwicklung aller Beteiligungen begehren und damit die entsprechenden Anlagebeträge nebst Agio erstattet bekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 230ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 6. August 2018 das Verfahren, soweit der Kläger Ansprüche aus der Beteiligung F GmbH & Co. KG geltend macht, nach § 8 Abs. 1 KapMuG ausgesetzt und insoweit nach § 145 Abs. 1 Satz 1 ZPO abgetrennt.

Der Senat hat im Übrigen Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A, G und H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 18. Februar 2019 Bezug genommen (Blatt 364ff. der Akten).

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger hat keine Ansprüche gegen die Beklagte aus einer Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb der streitgegenständlichen Beteiligungen.

Die Klage kann zwar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit der vom Landgericht gegebenen Begründung, der Klagevortrag zum Zustandekommen eines Beratungsvertrages sei nicht substantiiert, abgewiesen werden. Nach dem Vorbringen in der Klageschrift hatte sich der Vater des Klägers, der Zeuge A, Anfang November 2005 mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und einen Gesprächstermin mit seinem langjährigen Berater, dem Zeugen G in der Filiale der Beklagten in Stadt1 vereinbart, um über die Möglichkeiten einer Neuanlage zu sprechen. Dieses Gespräch habe wenige Tag vor der Zeichnung des I Z 04 Fonds stattgefunden. In dem persönlichen Beratungsgespräch sei es darum gegangen, eine längerfristige Anlage zu finden, die über ihre Laufzeit regelmäßige Ausschüttungen abwerfen sollte, damit der Kläger, der Sohn des Zeugen A, während des Studiums regelmäßig einen kleinen Geldzufluss und für die Zeit nach dem Studium ein Startkapital habe. Der Berater G habe aktiv für den Fonds geworben und ihm regelmäßige Ausschüttungen von 7% versprochen. Risiken einer geschlossenen Fondsbeteiligung seien ihm hingegen nicht erklärt worden. Im Anschluss an das Gespräch habe er den Zeichnungsschein mit nach Hause genommen und der Beklagten am 8. Juli 2005 von seinem Sohn unterschrieben zurückgereicht.

Die Beratungsgespräche zur Zeichnung der Fonds X 64 und X 70 seien im Wesentlichen identisch gelaufen; die Beraterinnen J und K hätten die vollständige Vermietung der X Immobilien an solvente Mieter sowie deren gute Lage angepriesen und auf die positive Leistungsbilanz verwiesen. Nach den Gesprächen habe der Zeuge A die Zeichnungsunterlagen zunächst nach Hause mitgenommen, jeweils vom Kläger unterschreiben lassen und an die Beraterinnen zurückgereicht. Der von dem Zeugen A im eigenen Namen erworbenen Fonds F und E seien jeweils Beratungsgespräche mit dem Berater G am Tag der Zeichnung (5. bzw. 6. Oktober 2006) im Beratungscenter der Beklagten in Stadt1 vorausgegangen. Das mit dem Berater besprochene Ziel sei das Aufstocken der Erwerbsminderungsrente durch regelmäßige Ausschüttungen gewesen. Herr G habe dem Zeugen A empfohlen, einen Bausparvertrag zu kündigen und dafür den geschlossenen Immobilienfonds zu erwerben. Herr G habe dabei erklärt, dass beide Anlagen gleich sicher seien, der Fonds jedoch besser verzinst und ein Bausparvertrag nicht mehr zeitgemäß sei. Bei sämtlichen Beratungsgesprächen sei der Zeuge A nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, dies gelte vor allem im Hinblick auf Provisionen und Rückvergütungen. Die Verkaufsprospekte seien dem Zeugen A erst im Anschluss an die jeweiligen Zeichnungen ausgehändigt worden.

Dieser Vortrag genügt, um von der schlüssigen Darstellung eines Beratungsvertrags nach Ort, Zeit und Umständen bei allen fünf Zeichnungen auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes reicht es zur Annahme eines zumindest stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrags bereits aus, wenn ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden beziehungsweise zu beraten (BGH NJW 2013, 3293). Ob der Vortrag als nicht plausibel oder in einzelnen Punkten aufgrund einer abweichenden Sachverhaltsschilderung der Beklagten als nicht nachvollziehbar empfunden wird, spielt für die Frage der Schlüssigkeit nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen keine Rolle. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ist entgegen der landgerichtlichen Ausführungen für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung (BGH NJW 2015, 409).

Dies gilt umso mehr, als dass auch nach dem Vortrag der Beklagten vor der Zeichnung der jeweiligen Anlage umfangreiche Beratungsleistungen erbracht worden sind und der Abschluss der Beratungsverträge damit völlig unstreitig ist. Die Beklagte hat den Ablauf der einzelnen Gesprächstermine unter Angabe von Ort und Datum sowie der jeweiligen Kundenbetreuer nähergehend geschildert. Lediglich in Bezug auf den I-Fonds X 64 geht sie von dem Nichtvorliegen eines Beratungsvertrages aus, da der Kläger hier ausdrücklich keine Beratungsleistungen gewünscht und den Fonds von sich aus gezeichnet habe. Soweit die Beklagte mit der Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil bestätigt und sich der Ansicht des Landgerichts anschließt, dass das Zustandekommen eines Beratungsvertrags in allen Fällen nicht schlüssig dargelegt sei, ändert dies nichts am unstreitigen Sachverhalt, dass – mit Ausnahme des I-Fonds X 64 – Beratungsleistungen erbracht und entsprechende Verträge zustande gekommen sind.

Ein Beratungsvertrag kommt lediglich dann nicht zustande, wenn der Kunde eine Beratung nicht wünscht. Tritt etwa ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb eines bestimmten, von ihm zuvor ausgesuchten Produkts an eine Bank heran, darf sie im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine besondere Beratung weder gewünscht wird noch erforderlich ist (vgl. zuletzt OLG Stuttgart, EWiR 2018, 707, Rdnr. 137 m.w.N.). Dies ist hinsichtlich des I-Fonds X 64 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bislang offen geblieben. Der Zeuge A hat angegeben, er habe an ein längeres Gespräch keine Erinnerung, wenn es überhaupt ein Gespräch gegeben habe, dann ein kürzeres. Die von der Beklagten zum Beweis für ihre Behauptung benannte Zeugin J ist zu diesem Beweisthema indes nicht mehr zu vernehmen, da die Klage bereits aus anderen nachstehend dargelegten Gründen ohne Erfolg bleibt.

Inhalt und Umfang der Pflichten aus einem Beratungsvertrag hängen von den Umständen des Einzelfalles ab und sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden (anlegergerechte Beratung) und andererseits auf das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung) beziehen. Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (BGH WM 2009, 1647; OLG Frankfurt am Main WM 2011, 1893). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trägt derjenige, der eine Aufklärungs- bzw. Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür zwar die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden allerdings dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller – hier dem Kläger – obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (BGH BKR 2009, 471; NJW 2009, 3429; WM 2007, 2351; WM 2000, 1685).

Gemessen an diesen Grundsätzen kann vorliegend jedoch von einer Falschberatung nicht ausgegangen werden.

Die durchgeführte Beratung war anlegergerecht.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die Ermittlung der Kenntnisse und Erfahrungen auf die Person des Vertreters und damit auf den Zeugen A abzustellen ist. Dies folgt sowohl aus dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz der Wissenszurechnung wie auch aus dem – mittlerweile abgeschafften – § 37d Abs. 3 Satz 1 WpHG, der zu erkennen gegeben hat, dass es sich bei der Zurechnung von Vertreterwissen um einen allgemeinen rechtlichen Grundsatz handelt. Der insoweit Bevollmächtigte ist daher nach seinen Kenntnissen und Erfahrungen zu fragen; ihm gegenüber sind die erforderlichen Informationen zu erteilen (BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 – XI ZR 133/95 -, juris ; OLG Koblenz, Urteil vom 16. Juni 2000 – 10 U 1483/99 -, juris; Lang/Loy in: Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, hrsg.v. Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, 5. Aufl. 2018, Rz. 633).

Die Zeichnung der geschlossenen Immobilienfonds erscheint weder für die Anlageziele des Klägers noch für diejenigen des Zeugen A grundsätzlich als ungeeignet. Im Hinblick auf die Anlageziele „Altersvorsorge“ bzw. „Ausbildungsabsicherung mit regelmäßigen Ausschüttungen“ ist die Empfehlung eines geschlossenen Immobilienfonds nicht von vornherein fehlerhaft. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger und sein Vater – wie in der Klageschrift behauptet – mittels einer sicheren Anlage keine Verlustrisiken eingehen wollten. Richtig ist zwar, dass die Empfehlung eines geschlossenen Immobilienfonds fehlerhaft ist, wenn der Kunde nach einer Anlage sucht, bei der der Kapitalerhalt durch die Konstruktion der Anlageform garantiert ist; nur eine solche Anlage wäre absolut sicher im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BGH WM 2009, 1647). Eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds leistet dies als unternehmerische Beteiligung wegen der damit bestehenden Verlustrisiken, welche sich etwa aus der Art der Fremdfinanzierung und der Unsicherheit der Entwicklung von erzielbaren Mieten und aufzubringenden Darlehenszinsen ergeben, nicht. Andererseits rechtfertigt nicht schon allein der Umstand, dass die Kapitalanlagen auch der ergänzenden Alters- bzw. Ausbildungsvorsorge haben dienen sollten, den Schluss, die Empfehlung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds stelle keine anlegergerechte Beratung dar (BGH, NJW-RR 2014, 1075, 1078). Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – bereits eine ausreichende Absicherung für das Alter bzw. für die Ausbildung besteht und es gerade auch darum gehen soll, Steuern einzusparen; denn Letzteres ist regelmäßig nicht ohne Verlustrisiko zu erreichen (BGH, a.a.O.). Damit korrespondiert die Einlassung des Klägers im Schriftsatz vom 20. Januar 2017, in welchem auch er seine weiteren Anlageziele beschreibt und den „Wunsch nach sicheren und steuerorientierten Anlagen“ in den Vordergrund rückt (Blatt 138 d.A.). Dies deckt sich mit den Angaben des Zeugen A, der ebenfalls ausführt, er habe um sichere und steueroptimierte Anlagen gebeten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Zeugen A in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2019 überreichten Anlage „Vermögensmanagement“. Daraus ergibt sich sogar, dass der Zeuge A neben der Vermeidung von Anlagerisiken insbesondere Wert auf eine Optimierung des Vermögens, auf eine Steigerung der Erträge legte, während andere Rubriken wie „Familie, Vorsorge, Sicherheit“ überhaupt nicht ausgefüllt wurden. Angesichts des vom Zeugen selbst geschilderten Anlageverhaltens in der Vergangenheit, welches sich durch ein sehr starkes Engagement in Aktien und Aktienfonds auszeichnete, und des Kaufs der vom Zeugen G geschilderten asiatischen Titel hat der Zeuge A damit eine behauptete Veränderung seines Anlageverhaltens hin zu einer deutlich sicherheitsorientierteren Anlage mit der Folge, dass die Anlage in einem geschlossenen Immobilienfonds nicht mehr als anlegergerechte Empfehlung hätte angesehen werden können, nicht hinreichend im Verhältnis zur Beklagten deutlich gemacht.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einem geschlossenen Immobilienfonds um eine Art der Unternehmensbeteiligung handelt, bei der das Risiko eines hohen oder vollständigen Kapitalverlusts gering ist, weil selbst bei unzureichendem Mietvertrag jedenfalls der Sachwert des Immobilienvermögens normalerweise erhalten bleibt (BGH NJW-RR 2014, 1075, 1078 m.w.N.). Dass ein Teil des Fondskapitals fremdfinanziert wird, macht die Fondsbeteiligung noch nicht zu einer „hochspekulativen“ Anlage, die für eine nur ergänzende Altersvorsorge von vorneherein als untauglich angesehen werden müsste (BGH, a.a.O.). Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Zeuge A im Jahr 2000 wegen eines Hirntumors vorzeitig verrentet wurde und seitdem erwerbsunfähig ist. Er selbst hat gegenüber der Beklagten in einer Vermögensanalyse im Jahr 2004 als sehr wichtige Anlageziele die Vermögensoptimierung bei Risikovermeidung angegeben. Bei einem Nettovermögen von € 1.051.000,00 und einem monatlichen Einkommen von € 6.653,00 war es mithin nicht zwingende Voraussetzung, dass das von ihm eingesetzte Kapital in Höhe von insgesamt € 120.000,00 erhalten bleiben würde. Dies gilt auch für den Kläger, der zum Zeitpunkt der Zeichnung des ersten Fonds im Jahr 2005 bereits über ein nicht unbeträchtliches Nettovermögen von € 193.000 verfügte (Blatt 81 d.A.). Damit bleibt festzuhalten, dass die Empfehlung der geschlossenen Immobilienfonds durch die Beklagte nicht gegen die Grundsätze einer anlegergerechten Beratung verstößt.

Eine fehlerhaft objektgerechte Beratung hat der Kläger ebenfalls nicht beweisen können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann es als Mittel der Aufklärung genügen, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (BGH NJW-RR 2011, 1139; BKR 2010, 118 m.w.N.). Durch die Übergabe von schriftlichem Informationsmaterial wird für einen Anleger auch hinreichend deutlich, dass dieses der – ergänzenden – Aufklärung und Beratung für nachfolgende konkrete Anlagegeschäfte dienen soll, ohne dass es eines ausdrücklichen Hinweises auf bestimmte Seiten der schriftlichen Informationen und einer Aufforderung zu deren Lektüre bedarf (BGH WM 2015, 1055 m.w.N.). Soweit der Anleger eine nicht rechtzeitige Prospektübergabe behauptet, trägt er hierfür ebenfalls die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH NJW-RR 2013, 296; BKR 2010, 118; NJW-RR 2006, 1345). Die Beklagte hat vorliegend im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast jeweils konkret vorgetragen, die Prospekte dem Zeugen A jeweils persönlich und vor der Zeichnung übergegeben zu haben. So habe der Zeuge G dem Zedenten bereits am 26. Oktober 2015 den Verkaufsprospekt für den I-Fonds Z 04 und am 28. September 2006 die Prospekte für die Fonds F und E übergeben. Die Übergabe des Prospekts für den I-Fonds X 64 sei einige Tage vor der Zeichnung am 01. September 2008 durch die Zeugin J erfolgt; gleiches gelte im Hinblick auf den I-Fonds X 70, dessen Verkaufsprospekt die Zeugin H dem Beklagten einige Tage vor der Zeichnung am 22. Dezember 2000 überreicht habe. Dass dies nicht richtig ist und die jeweiligen Verkaufsprospekte wesentlich später oder überhaupt nicht übergeben worden seien, hat der Kläger nicht bewiesen. Der dazu gehörte Zeuge A hat angegeben, grundsätzlich habe vor der Zeichnung lediglich ein Gespräch stattgefunden, im Einzelfall auch zwei oder drei Gespräche, ohne dass er diese Beratungsgespräche noch konkreten Anlageentscheidungen zuordnen konnte. Ob bei diesem Gespräch ein Verkaufsprospekt übergeben worden sei, wisse er heute nicht mehr. Generell habe er Verkaufsprospekte erhalten, die er heute aber den einzelnen Fonds nicht mehr zuordnen könne. In einem nicht näher erinnerlichen Fall habe kein Verkaufsprospekt zur Verfügung gestanden. Damit bleibt letztlich offen, ob und gegebenenfalls in welchen einzelnen Fällen ein Verkaufsprospekt übergeben worden ist. Dies geht zu Lasten des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers. Soweit der Zeuge A in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Prospektübergabe – so sie denn stattgefunden hat – sei kurzfristig vor Zeichnung erfolgt, wäre diese Prospektübergabe gleichwohl rechtzeitig. Rechtzeitigkeit bedeutet, dass der Kunde den Prospekt noch vor der Anlageentscheidung intensiv zur Kenntnis nehmen und sich mit seinem Inhalt vertraut machen kann (BGH, Urteil vom 25. September 2007 – XI ZR 320/06). Dass dem Kläger hier kein ausreichender Zeitraum etwa aufgrund eines feststehenden Zeichnungstermins zur Verfügung gestanden hätte, ist weder vorgetragen noch aus sonstigen Gründen ersichtlich. Vielmehr ist auch nach der Schilderung des Zeugen A davon auszugehen, dass der kurze Zeitraum zwischen Prospektübergabe und Zeichnung auf der eigenen Anlegerentscheidung beruhte.

Dabei ist zu beachten, dass der Umstand, dass ein Prospekt Chancen und Risiken der Anlage hinreichend verdeutlicht, kein Freibrief für den Berater ist, Risiken abweichend hiervon darzustellen und ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise und Erläuterungen im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (BGH NJW-RR 2011, 1139; NJW-RR 2010, 1623; NJW-RR 2007, 1690; NJW-RR 2007, 1692). Solche die Prospektangaben relativierende Äußerungen hat der Kläger mit der Behauptung vorgetragen, die den Zeugen A beratenden Mitarbeiter der Bank hätten ihm versichert, dass ein geschlossener Immobilienfonds so sicher wie ein Bausparvertrag sei. Aus diesem Grunde habe er bestehende Bausparverträge gekündigt und das Kapital in die gezeichneten Anlagen investiert. Der Zeuge A hat indes diese Behauptung in seiner Vernehmung gerade nicht bestätigen können. Vielmehr konnte er sich nicht daran erinnern, dass Äußerungen gefallen wären, die die Sicherheit eines Bausparvertrages überhaupt mit der Sicherheit der empfohlenen Anlagen verglichen hätten. Sofern der Kläger weiter behauptet, der Zeuge G habe ihm erklärt, es handele sich um eine sehr seriöse, gute und sichere Anlage, stehen diese Angaben zum einen nicht im Widerspruch zu den empfohlenen Anlagen und sind zum anderen aufgrund ihres sehr allgemein gehaltenen, wertenden Charakters nicht geeignet, die jeweiligen Angaben in den einzelnen Verkaufsprospekten zu relativieren.

Die Verkaufsprospekte der Immobilienfonds waren zur Aufklärung geeignet. Eine Haftung ergibt sich demgemäß auch nicht aus dem Unterlassen einer Richtigstellung vorhandener Prospektfehler. Denn eine Bank ist aus einem Beratungsvertrag verpflichtet, eine Kapitalanlage, die sie empfehlen will, mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen (BGH NJW-RR 2010, 115; NJW 2008, 3700). Demzufolge liegt ein Beratungsfehler auch dann vor, wenn eine Bank einen Prospekt zur Grundlage ihrer Beratung macht, obwohl dieser fehlerhaft ist, und der Berater diesen Fehler nicht berichtigt (BGH BKR 2009, 471). Insgesamt weisen die Prospekte aber keine der Beklagten erkennbaren Unrichtigkeiten auf, über die gesondert hätte aufgeklärt werden müssen. Der Kläger hat bereits erstinstanzlich schon nicht aufzeigen können, dass die hier verwendeten Prospekte zur Darstellung und Funktionsweise der Kapitalanlagen sowie zur Aufklärung über die jeweils bestehenden Risiken, zu den Kosten und zu den sonstigen Umständen nicht geeignet gewesen wären oder Falschdarstellungen enthielten, die von der Beklagten nach dem oben genannten Maßstab erkennbar gewesen wären.

Entgegen der Ansicht der Klage ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Pflicht zur Prüfung der Plausibilität der jeweiligen Kapitalanlagen verletzt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Berater das Anlagekonzept, zu dem er die entsprechenden Auskünfte erteilt, zumindest auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen. Zudem muss der Vermittler, wenn er die Anlage anhand eines Prospekts vertreibt, seiner Auskunftspflicht nachkommen und im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt darauf überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen sachlich richtig und vollständig sind. Unterlässt er diese Prüfung, hat er den Interessenten darauf hinzuweisen (ständige Rechtsprechung; BGH, Urteil vom 30. März 2017 – III ZR 139/15; Urteil vom 30. Oktober 2014 – III ZR 493/13, juris).

Zwar verstößt eine unterlassene oder unzureichende Plausibilitätsprüfung der empfohlenen Kapitalanlage gegen eine aus einem Beratungsvertrag folgende Verpflichtung. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Prüfungs- und Offenbarungspflicht kann dies aber nur dann zu einer Haftung des Vermittlers führen, wenn die vorzunehmende Prüfung Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte, etwa, weil ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder, weil die Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht gewesen ist. Hiernach ist festzustellen, ob eine (hypothetische) Untersuchung des Anlagekonzepts und der dazu gehörigen Unterlagen auf Plausibilität durch den Anlagevermittler Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte oder ihr in den für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkten standgehalten hätte. Ob eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung vorliegt, kann deshalb nicht beurteilt werden, wenn nicht zuvor festgestellt wird, dass es an der notwendigen Plausibilität fehlt und woraus sich dies ergibt (BGH, Urteil vom 30. Juli 2017 – III ZR 139/15, juris).

Soweit der Kläger ohne nähere inhaltliche Darlegungen Zweifel an der Plausibilität der Fondskonzepte aufgrund zu hoher Weichkosten behauptet, kann dem nicht gefolgt werden. Über Weichkosten, die in nicht unerheblicher Höhe anfallen, muss ein Prospekt aufklären. Dem Anleger ist zu verdeutlichen, in welchem Umfang seine Leistungen nicht in das Anlageobjekt, sondern in Anschaffungs- und Herstellungskosten investiert werden (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013, III ZR 404/12Rn. 14, 15). Fehlerhaft ist es daher, wenn dem Anleger nicht vor Augen geführt wird, in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Objekt eingeht, wenn beispielsweise Werbungskosten mit einem unrichtigen Anteil am Gesamtaufwand ausgewiesen werden. Dem Anlageinteressenten ist es nicht zumutbar, zunächst durch eine Reihe von Rechengängen zu einer korrekten Feststellung zu kommen (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013, III ZR 404/12Rn. 14, 15). Vorliegend wurde die Höhe der Weichkosten konkret angegeben. Im Verkaufsprospekt I-Fonds Z 04 werden sie auf Seite 37 bis 39 im Einzelnen aufgeführt. Der Prospekt weist die Summe der Gesamtinvestitionen mit € 176.000.000 aus und weist davon beispielsweise Kosten für Platzierung, Konzeption, Objektauswahl etc. einzeln aus. Gleiches gilt im Hinblick auf Vergütungskosten und fondsabhängige Kosten. Die vom Kläger behaupteten Weichkosten in Höhe von 28,86% sind insoweit nicht nachvollziehbar. Unklar ist bereits, welche Kosten der Kläger hierunter verstehen will. In gleicher Weise enthalten auch die weiteren Fondsprospekte tabellarische Angaben zu den sonstigen Kosten der Mittelverwendung. Für den sorgfältigen Anlageinteressenten sind die Angaben nach einer Gesamtschau des Prospekts ausreichend aufschlussreich und erfordern keinen beachtlichen Rechenaufwand (ebenso BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013, III ZR 404/12Rn. 14, 15). Fehlerhafte, unzureichende oder irreführende Angaben bezüglich der Weichkosten sind nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen worden.

Ohne Erfolg rügt die Klage, die Beklagte habe nicht über ein Totalverlustrisiko sowie über angebliche Verflechtungen der Fondsgesellschaften aufklärt. Im Fall der Beratung über eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds ist ein gesonderter Hinweis auf ein Totalverlustrisiko grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 – XI ZR 31/15 -, juris; BGH, Urteil vom 11. September 2012 – XI ZR 363/10 -, juris). Gleichwohl enthält der Fondsprospekt Z 04 auf Seite 14 bis 15 mehrfach den Hinweis, dass bestimmte Risiken zu einem „teilweise oder vollständigen Verlust der Zeichnungssumme“ führen können. Auf Seite 14 des Fondsprospekts X 64 und auf Seite 16 des Fondsprospekts X 70 wird ebenfalls vor einem Totalverlust der Kapitalanlage und des Agios gewarnt. Eine gleiche Warnung enthält der Verkaufsprospekt des E Fonds auf Seite 14. Auch auf die eingeschränkte Handelbarkeit weisen die Prospekte jeweils hin.

Soweit die gesellschaftsrechtliche und personelle Verbundenheit der Treuhänderinnen der Fonds mit der Fondsgesellschaft gerügt wird, ist ein bei der gebotenen Prospektüberprüfung erkennbarer und daher von der beratenden Bank richtig zu stellender Prospektfehler nicht dargetan. Anerkannt ist, dass der Prospekt u.a. die wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, darstellen muss (BGH ZIP 2010, 1801).

Hier ist der genannte Umstand in den Prospekten jeweils offen gelegt, wie der Kläger auf Seite 17ff. der Klageschrift selbst vorträgt, so dass keine Aufklärungspflichtverletzung wegen unterlassener Richtigstellung eines im Rahmen der gebotenen Prospektprüfung zu Tage getretenen Prospektfehlers in Rede steht. Eine mündliche Hervorhebung dieses Umstands im Beratungsgespräch war dagegen nicht geschuldet. Zwar erstreckt sich die Aufklärungspflicht des Anlageberaters auch auf Umstände, die für die Seriosität und Zuverlässigkeit der Fondsverantwortlichen wichtig sind oder sein können (BGH NJW-RR 2012, 238). Es ist aber nicht dargetan, dass ein Fall gegeben wäre, in dem der Bank bei pflichtgemäßer Prüfung hätte auffallen müssen, dass eine zur Interessenwahrung der Anleger gebotene Neutralität der Treuhänderin nicht gegeben gewesen wäre (vgl. BGH NJW 1987, 1815). Die Klage führt hierzu außer zur gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit sowie der gleichen Geschäftsadresse nichts weiter aus.

Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Aufklärung über Innenprovisionen begründet. Nach der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (vgl. nur Urteile vom 15. April 2010 – III ZR 196/09, BGHZ 185, 185Rn. 9 ff und vom 3. März 2011 – III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913Rn. 10 ff.) besteht für den nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision zahlt und offen ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen sind, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden. Erst wenn die Vertriebsprovisionen eine Größenordnung von 15% des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, ändert sich dies. Denn Vertriebsprovisionen solchen Umfangs sind für die Anlageentscheidung derart bedeutsam, dass der Interessent hierüber informiert werden muss.

Diese Rechtsprechung gilt jedoch nicht ohne weiteres im Verhältnis Bank – Kunde. Nach der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 3. Juni 2014 hat eine beratende Bank Kunden aufgrund von Anlageberatungsverträgen ab dem 1. August 2014 über den Empfang versteckter Innenprovisionen von Seiten Dritter unabhängig von deren Höhe aufzuklären. Soweit diese Aufklärung im Rahmen von Anlageberatungsverträgen vor dem 1. August 2014 unterblieben ist, unterlag die beratende Bank einem unverschuldeten Rechtsirrtum (BGH, Urteil vom 3. Juni 2014 – XI ZR 147/12). Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an. Zwar hat der Kläger erstinstanzlich behauptet, dass „Innenprovisionen“ in Höhe von 15,34% (I-Fonds Z 04) und 15% (I-Fonds X 64) gezahlt wurden. Diese Einlassung ist jedoch mangels konkreten Tatsachenvortrags nicht schlüssig und auch anhand des Fondsprospekts nicht nachvollziehbar. Der Investitionsplan des I-Fonds Z 04 weist für die Vermittlung des Eigenkapitals als Platzierungskosten 2,5% sowie das von den Anlegern zu zahlende Agio in Höhe von 5% aus (Fondsprospekt, Seite 37), der I-Fonds X 64 Fonds als Platzierungskosten 5,10% sowie ein Agio von 5%. Gesetzt den Fall, die Beklagte würde sämtliche Vermittlungskosten erhalten, hätten diese maximal 7,5% bzw. 10,10% betragen.

Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschweigens von Rückvergütungen begründet. Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (BGH Urteil vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 56/05 -, BGHZ 170, 226Rn. 22 f.; BGH, Beschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925Rn. 20 und vom 20. Januar 2009 – XI ZR 510/07, WM 2009, 405Rn. 12 f.). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (BGH, Beschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, WM 2011, 925Rn. 25; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, ZIP 2012, 164 nicht zur Entscheidung angenommen; ferner BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 – XI ZR 510/07, WM 2009, 405Rn. 12 f. und BGHZ 170, 226Rn. 22).

Vorliegend hat der Kläger behauptet, dass die Beklagte Rückvergütungen aus den im Prospekt ausgewiesenen Eigenkapitalprovisionen einschließlich des Agios erhalten habe. Soweit es um den Erhalt von Rückvergütungen geht, trifft eine beklagte Bank nach der Rechtsprechung des Senats allerdings eine sekundäre Darlegungslast (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2013 – 23 U 246/12, WM 2013, 1852), so dass sie den Erhalt von Rückvergütungen entweder substantiiert zu bestreiten oder zur genauen Höhe vorzutragen hat. Diesen Anforderungen war die Beklagte zum Anlagezeitpunkt nur hinsichtlich des I-Fonds X 70 nachgekommen; der von ihr vorgelegte Beratungsbogen vom 22. Dezember 2010, welchen der Kläger unterschrieben hat, weist auf den Erhalt von Gesamtprovisionen in Höhe 7,00 % hin. In Bezug auf diesen Fonds liegt bereits keine Aufklärungspflichtverletzung vor.

Die Beklagte ist auch nicht insoweit von der sekundären Darlegungslast befreit, als dass der Prospekt – sein rechtzeitiger Zugang unterstellt – über den Erhalt von Rückvergütungen ausreichend aufgeklärt hätte. Grundsätzlich kann eine Aufklärung über Rückvergütungen zwar auch mittels der Übergabe eines Prospekts erfolgen, in dem die beratende Bank als Empfängerin der der Höhe nach korrekt angegebenen Vertriebsprovisionen ausdrücklich genannt ist (BGH BKR 2013, 386; NJW 2012, 2427). Dies war hier aber in keinem der Prospekte der Fall. Die Beklagte hat jedoch mit Schriftsatz vom 16. Juli 2018 (Blatt 298 der Akten) nach Hinweis des Senats die erhaltenen Rückvergütungen offengelegt und dargetan, dass sie bezüglich der übrigen Fonds Vergütungen zwischen 7 und 8% erhalten hat, wie sich dies näher aus der bezug genommenen Auflistung ergibt.

Schadensersatzansprüche wegen des Verschweigens von Rückvergütungen scheitern indes an der fehlenden Kausalität der Pflichtverletzung für die Anlageentscheidung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“ gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BGH NJW 2014, 2951; NJW 2012, 2427).

Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich etwa aus dem vorangegangenen oder dem nachfolgenden Anlageverhalten ergeben (vgl. BGH NJW 2013, 3574; BKR 2013, 283; NJW 2012, 2427; NJW 2011, 3229; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Januar 2015 – 14 U 113/14 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 5. September 2014 – 23 U 225/13 –). Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat der Zeuge A im Jahr 2012 für seine Ehefrau einen weiteren geschlossenen Immobilienfonds, Yfonds V 8 gezeichnet, wobei er zuvor ordnungsgemäß über eine Provision in Höhe von 6,5% aufgeklärt worden war (Beratungsbogen vom 4. Mai 2012, Bl. 187 d.A.). Bereits zuvor hatte er für einen anderen Sohn einen Yfonds V 6 gezeichnet, für den die Beklagte laut dem unterzeichneten Beratungsbogen eine Provision in Höhe von 7,00% erhalten hat (Beratungsbogen vom 23. September 2009, Bl. 80 d.A.). Zwar hat der Zeuge A die Beratungsbögen nicht selbst unterschrieben, so dass die Urkunden nicht der Beweiskraft von § 416 ZPO unterliegen, allerdings ist er dem Vortrag der Beklagten insoweit nicht entgegen getreten. Der Umstand, dass der Zeuge A in vergleichbaren Situationen Rückvergütungen in möglicherweise ähnlicher Höhe akzeptiert hat, stellt ein starkes Indiz für die fehlende Kausalität dar. Hinzu kommt, dass der Zeuge A im Hinblick auf diese – möglicherweise gewinnbringenden – Kapitalanlagen festhält und nicht unverzüglich Rückabwicklung wegen eines Beratungsfehlers begehrt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 – XI ZR 318/10; Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Dezember 2017 – 1 U 198/16 -, Rn. 52, juris). Letztlich hat der Zeuge A auch den hier streitgegenständlichen Fonds I 70 in Kenntnis der Rückvergütung in Höhe von 7% erworben. Dass der verschwiegene Erhalt von Provisionen den Zeugen A von seiner Anlageentscheidung hinsichtlich der streitgegenständlichen Fonds abgehalten hätte, ist danach nicht ersichtlich.

Entgegen der Ansicht der Berufung muss sich der Kläger auch in entsprechender Anwendung von § 166 BGB das vorangegangene bzw. nachgegangene Anlageverhalten seines Vaters zurechnen lassen. Der Kläger ist den Anlageempfehlungen seines Vaters grundsätzlich gefolgt ist und hat dabei keine eigenständigen Entscheidungen getroffen.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass auch die übrigen Anträge unbegründet sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

 

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