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Karenzentschädigung – Wettbewerbsverbot

Landesarbeitsgericht Hamburg

Az: 8 Sa 35/08

Urteil vom 12.01.2009


Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 05.02.2008 (25 Ca 293/07) sowie die Klageerweiterungen in der Berufungsinstanz werden zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung aufgrund eines Wettbewerbsverbots.

Der Kläger war auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 15.06.2000 (Anlage K1, Bl. 7ff. d. A.) bis zum 30.06.2007 als Referent für Logistik und allgemeine Verwaltung bei der Beklagten tätig. § 10 IV des Arbeitsvertrages lautete:

„Im Hinblick auf sein besonderes Tätigkeits- und Aufgabengebiet in der Firma erklärt sich der Mitarbeiter bereit, nach Ablauf der Probezeit jederzeit auf Verlangen der Firma das als Anlage zu diesem Vertrag beigefügte Wettbewerbsverbot abzuschließen.“

Dem Arbeitsvertrag war ein als „Wettbewerbsverbot“ betiteltes Schriftstück (Anlage K 3, Bl. 12f. d. A.) beigefügt, welches von keiner der Parteien unterzeichnet worden ist.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete infolge betriebsbedingter Kündigung der Beklagten. Die Kündigungsschutzklage des Klägers blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.07.2007 (Anlage K 4, Bl. 14f. d. A.) begehrte der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Karenzentschädigung mit der Begründung, er beabsichtige, sich an das dem Arbeitsvertrag als Anlage beigefügte, auf zwei Jahre befristete Wettbewerbsverbot zu halten, so dass ihm für diesen Zeitraum ein Zahlungsanspruch aus der vertraglichen Abrede zustehe. Die Beklagte wies den Anspruch mit Schreiben vom 15.08.2007 (Anlage K 5, Bl.16 f. d. A.) zurück, welchen der Kläger mit seiner am 11.09.2007 erhobenen Klage weiter verfolgt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aus § 10 IV des Arbeitsvertrages ergebe sich eine Entschädigungspflicht der Beklagten, da ihm aus der unverbindlichen, aber nicht nichtigen Wettbewerbsabrede ein Wahlrecht erwachsen sei, mit der Beklagten in Wettbewerb zu treten oder sich – mit der Folge der Entstehung eines Anspruchs auf Karenzentschädigung – an das Wettbewerbsverbot zu halten. Die im Arbeitsvertrag dem Kläger auferlegte Verpflichtung, „jederzeit auf Verlangen (ein) Wettbewerbsverbot abzuschließen“ , stelle jedenfalls unter Berücksichtigung der gleichzeitigen Übersendung eines nicht unterzeichneten „Wettbewerbsverbots“ eine Umgehung der gesetzlichen Verpflichtung der Beklagten dar, für die Einhaltung eines Wettbewerbsverbots an den Kläger eine Entschädigung zu zahlen. Da er, der Kläger, sich an das Wettbewerbsverbot zu halten beabsichtige, stehe ihm bei Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.582,50 monatlich (Anlage K 6, Bl. 45f. d. A.) eine Karenzentschädigung von € 1.891,02 pro Monat zu, da er über die Leistungen der Agentur für Arbeit hinaus keinerlei zusätzliche Einnahmen erziele.

Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren nach der Beendigung des mit Wirkung ab dem 15.06.2000 begründeten Arbeitsverhältnisses besteht und die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Dauer des Verbots eine Entschädigung in Höhe von 50% der vom Kläger im Jahr vor der  Beendigung  des Arbeitsverhältnisses bezogenen vertragsmäßigen Leistungen unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs gemäß § 74 c HGB zu zahlen; sowie die Beklagte zu verurteilen

2) an den Kläger als Karenzentschädigung für Juli 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2007 zu zahlen;

3) an den Kläger als Karenzentschädigung für August 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in  Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu zahlen;

4) an den Kläger als Karenzentschädigung für September 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 zu zahlen;

5) an den Kläger als Karenzentschädigung für Oktober 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2007 zu zahlen;

6) an den Kläger als Karenzentschädigung für November 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 zu zahlen;

7) an den Kläger als Karenzentschädigung für Dezember 2007 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen;

8) an den Kläger als Karenzentschädigung für Januar 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in  Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ein Wettbewerbsverbot bzw. eine vertragliche Verpflichtung zum Abschluss eines solchen sei zwischen den Parteien des Rechtsstreits zu keinem Zeitpunkt zustande gekommen. Aus dem Umstand, dass das Schriftformerfordernis (§ 74 HGB i.V.m. § 126 BGB) nicht gewahrt sei, folge die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots. Auch aus § 10 IV des Arbeitsvertrages könne der Kläger keinen Zahlungsanspruch herleiten, da es sich hierbei lediglich um eine Absichtserklärung zu einer möglichen künftigen Vereinbarung, mithin um einen Vorvertrag zu einem Wettbewerbsverbot, gehandelt habe. Gegen die Maßgeblichkeit der Klausel im Arbeitsvertrag spreche auch das Fehlen einer Entschädigungszusage. Zudem mangele es an einer festen Verbindung der Wettbewerbsabrede mit dem Anstellungsvertrag, so dass diese mangels Verbindung beider Urkunden zu einer Gesamturkunde jedenfalls nicht wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 64 – 67 Bezug genommen).

Gegen das am 05.02.2008 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.2008 Berufung eingelegt und diese am 13.05.2008 begründet.

Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und ist nach wie vor der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf Karenzentschädigung gegen die Beklagte aus einem unverbindlichen, bedingten Wettbewerbsverbot zu. Das Arbeitsgericht habe insbesondere die tragenden Gründe der Entscheidung des BAG vom 13.05.1986 (3 AZR 85/85 – NZA 1986, 828) nicht zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet. Der zu beurteilende Sachverhalt entspreche im Wesentlichen demjenigen der genannten Entscheidung. Die Wertungen des Senats behielten ihre Gültigkeit auch in Fällen, in denen der Arbeitgeber – wie vorliegend – den Arbeitnehmer vertraglich verpflichte, sich auf seine Anforderung hin einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu unterwerfen; die Entstehung eines Wahlrechts des Arbeitnehmers sei insoweit situativ nicht an den einseitigen vertraglichen Vorbehalt der Auferlegung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gebunden, der der zitierten Entscheidung des BAG zugrunde gelegen habe. Auch die Rechtsprechung des BAG zur Unverbindlichkeit von Vorverträgen mit Blick auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote vom 18.04.1969 (3 AZR 154/68 – WM 1969, 1246) sei in diesem Zusammenhang durch das Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassen worden. Die Unverbindlichkeit einer derartigen Absprache ziehe immer ein Wahlrecht des Arbeitgebers nach sich. Die hier zu beurteilende Situation gehe über die vom Arbeitsgericht angenommene bloße „Übermittlung eines Entwurfs einer Wettbewerbsvereinbarung ohne Unterschrift“ hinaus. Zudem unterstelle das Arbeitsgericht dem juristisch nicht versierten Kläger, sich über die Unverbindlichkeit der vertraglichen Regelung im Klaren gewesen zu sein und für den Fall einer Aufforderung der Beklagten, gemäß der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abzuschließen, vor Augen gehabt zu haben, dieser nicht nachkommen zu müssen. Tatsächlich sei der Kläger davon ausgegangen, zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet gewesen zu sein, sofern die Beklagte dies eingefordert hätte. Auf diese Weise aber habe die Beklagte gerade ihr Ziel erreicht, die Karenzentschädigung „einzusparen“, nachdem sie zu dem Schluss gekommen sei, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit dem Kläger sei nicht erforderlich, da von ihm kein konkurrierendes Verhalten zu befürchten gewesen sei. Dieser habe indes im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte Kenntnisse auch im Bereich der Kaffee-Veredelung und Koffein-Aufbereitung gewonnen. Unerheblich sei, dass das dem Vertrag beigefügte Wettbewerbsverbot nicht unterzeichnet worden sei; der Schriftform sei bereits durch die Unterzeichnung des Vorvertrages genügt worden. Rechtsfolge aus einem solchen Vorvertrag, der keine zeitliche Beschränkung vorsehe, sei stets die Entstehung eines Wahlrechts des Arbeitnehmers dahingehend, ob er sich – gegen Zahlung der vorgesehenen Karenzentschädigung – an das Wettbewerbsverbot hält oder aber auf die Karenzentschädigung verzichtet und in Wettbewerb treten will; dies sei sämtlichen bedingten Wettbewerbsverboten immanent, sofern diese nur vom subjektiven Wollen des Arbeitgebers abhingen.

Der Kläger beantragt,

1) das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und nach den Klaganträgen erster Instanz zu erkennen; sowie die Beklagte zu verurteilen

2) an den Kläger als Karenzentschädigung für Februar 2008 €1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2008 zu zahlen;

3) an den Kläger als Karenzentschädigung für März 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2008 zu zahlen;

4) an den Kläger als Karenzentschädigung für April 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2008 zu zahlen;

5) an den Kläger als Karenzentschädigung für Mai 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2008 zu zahlen;

6) an den Kläger als Karenzentschädigung für Juni 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2008 zu zahlen;

7) an den Kläger als Karenzentschädigung für Juli 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2008 zu zahlen;

8) an den Kläger als Karenzentschädigung für August 2008 € 1.891,02 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage auch bzgl. der Klageerweiterung abzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen. Entscheidend sei zum einen, dass der Kläger erst einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt habe, sich an die Wettbewerbsabrede halten zu wollen und von der Beklagten Karenzentschädigung zu verlangen. Der Kläger verkenne, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Vorvertrag auf Abschluss einer Wettbewerbsabrede einem bedingten und damit unverbindlichen Wettbewerbsverbot nicht gleichstehe. Ob der Kläger sich als juristischer Laie an das Wettbewerbsverbot gebunden gefühlt habe oder nicht, sei völlig unerheblich, da er jedenfalls nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wusste, dass die Beklagte ihn nicht mehr auf Abschluss der Wettbewerbsabrede in Anspruch nehmen würde. Der Kläger vermenge insoweit in unzulässiger Art und Weise die Begriffe des „bedingten Wettbewerbsverbots“ und des bloßen „Vorvertrages“. Für das bedingte Wettbewerbsverbot sei charakteristisch, dass dieses ohne jedes weitere Zutun des Arbeitnehmers durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers als Rechtsfolge die Entstehung eines Wettbewerbsverbotes herbeiführe. Im vorliegend zu beurteilenden Fall hätte es einer Willenserklärung des Klägers bedurft, um ein Wettbewerbsverbot zu begründen. Die Beklagte hätte ggf. auf Abgabe dieser Willenserklärung klagen müssen. Die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung des BAG aus den Jahren 1969 und 1986 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zudem habe der Kläger während seiner Tätigkeit bei der Beklagten auch kein schützenswertes Wissen erworben, das der Beklagten einen – notfalls im Klagewege durchzusetzenden – Anspruch auf Abschluss einer Wettbewerbsverbotsabrede eingeräumt hätte.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht eine Karenzentschädigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu (I). Auch die erweiterte Klage ist abzuweisen (II).

I. Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung einer monatlichen Karenzentschädigung nicht verlangen.

1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht aus einer dem Schriftformerfordernis des § 74 I HGB entsprechenden Vereinbarung herleiten, denn die Parteien haben eine solche Abrede nicht getroffen. Unstreitig haben weder die Beklagte noch der Kläger ein Wettbewerbsverbot entsprechend dem als Anlage zum Arbeitsvertrag übersandten Entwurf unterzeichnet.

2. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht auch § 10 IV des Arbeitsvertrags i. V. m. § 74 HBG.

a) Nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 13.05.1986 – 3 AZR 85/85 – NZA 86, 828, Tz 19; Urt. v. 22.05.1990 – 3 AZR 647/88 – NZA 91, 263, Tz 22) ist eine Vertragsbestimmung, in der sich ein Arbeitgeber vorbehält, bei Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, für den Arbeitnehmer unverbindlich. Der Arbeitnehmer hat die Wahl, ob er sich auf die Unverbindlichkeit berufen oder aber Wettbewerb unterlassen und dafür Karenzentschädigung beanspruchen will.

b) Das Arbeitsgericht hat Zahlungsansprüche des Klägers unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu Recht verneint. Zwischen den Parteien besteht kein unverbindliches Wettbewerbsverbot i. S. der Rechtsprechung des BAG.

aa) Gemäß § 74 II HGB ist ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Karenzentschädigung zu zahlen. Der Arbeitnehmer soll also nicht ohne Entschädigung in seiner Wettbewerbsfreiheit beschränkt werden. Die Rechtsprechung zum unverbindlichen Wettbewerbsverbot dient dazu, eine Umgehung dieser Regelung zu verhindern, die darin besteht, dass zunächst kein entschädigungspflichtiges Wettbewerbsverbot vereinbart wird, der Arbeitgeber sich jedoch vertraglich vorbehält, ein solches Verbot durch einseitige Erklärung in Kraft zu setzen. Ein vom Willen des Arbeitgebers abhängiges suspensiv bedingtes Wettbewerbsverbot belaste den Arbeitnehmer in gleicher Weise wie ein resolutiv bedingtes. Auch dann, wenn sich der Arbeitgeber vorbehalte, das Wettbewerbsverbot noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verhängen, sei der Arbeitnehmer in unzulässiger Weise in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses und sogar noch nach dessen Beendigung sei der Arbeitnehmer daran gehindert, sich im gesperrten Raum zu bewerben. Er müsse gewärtigen, dass der Arbeitgeber das vorbehaltene Recht ausübe und ein Wettbewerbsverbot festsetzte, wenn er eine diesem nicht genehme Stelle antrete. Bewerbe er sich dagegen ausschließlich im konkurrenzfreien Raum, müsse er damit rechnen, dass der Arbeitgeber das Verbot nicht ausspreche und sich so der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung entziehe (BAG v. 13.05.1986 – 3 AZR 85/85 – NZA 86, 828, Tz 19).

bb) Die Vereinbarung der Parteien entspricht nicht dieser Konstellation. § 14 IV des Arbeitsvertrags räumt der Beklagten nicht die Befugnis ein, einseitig ein Wettbewerbsverbot zu verhängen. Sie kann vom Kläger lediglich den Abschluss einer solchen Vereinbarung verlangen. Es handelt sich um einen Vorvertrag, dessen Gleichsetzung mit einem Gestaltungsrecht des Arbeitgebers das BAG bereits in der Entscheidung vom 13.05.1986 (a.a.O., Tz 14) abgelehnt hat. Anders als in den vom BAG entschiedenen Fällen musste der Kläger des vorliegenden Verfahrens somit nicht damit rechnen, eine neue Tätigkeit, welche die Wettbewerbsinteressen der Beklagten berührt hätte, infolge einer Entscheidung der Beklagten nicht antreten zu können. Er war in seiner Wettbewerbsfreiheit somit auch nicht faktisch beschränkt, da er sich nicht auf die Suche nach konkurrenzfreien Tätigkeiten beschränken musste. Ein Wettbewerbsverbot konnte im vorliegenden Fall nach § 14 IV des Arbeitsvertrags nicht ohne Mitwirkung des Klägers entstehen, die dieser – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls nach Ausspruch der Kündigung zu verweigern berechtigt gewesen wäre. Im Falle der Verweigerung der Unterzeichnung des Wettbewerbsverbots wäre die Beklagte demnach gezwungen gewesen, den Kläger auf Abgabe der entsprechenden Willenserklärung zu verklagen.

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich auch aus dem Urteil des BAG vom 18.04.1969 (3 AZR 154/68 – WM 1969, 1246) nicht herleiten, dass aus einer unwirksamen vorvertraglichen Abrede der Parteien stets die Unverbindlichkeit der gesamten Regelung sowie die Entstehung eines Wahlrecht des Arbeitnehmers folgen muss. Die Entscheidung behandelt insoweit gerade den umgekehrten Fall, als dass hier der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach dessen Eigenkündigung aus der vorvertraglichen Verpflichtung zum Abschluss eines Wettbewerbsverbots „auf Wunsch der Firma“ in Anspruch nahm, dessen Inhalt sich wiederum nach den gesetzlichen Bestimmungen richten sollte. Das BAG sah in der Vertragsklausel eine unwirksame Vereinbarung, die eine nach §§ 133f GewO a. F. unbillige Fortkommensbeschwer für den beklagten Arbeitnehmer enthalte. Ausdrücklich stellte der Senat insoweit klar, dass der vereinbarte Vorvertrag insoweit unverbindlich sei, wie er eben diese unbillige Fortkommensbeschwer für den Mitarbeiter enthalte. Damit ist aber gerade noch nicht gesagt, wie das BAG die gegenteilige Konstellation entschieden hätte, in der nicht der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer klageweise verlangt, mit ihm eine Wettbewerbsverbotsvereinbarung zu treffen, sondern, wie hier, der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber die Zahlung der entsprechenden Karenzentschädigung begehrt.

cc) Der vorliegende Streitfall bietet keinen Anlass zur abschließenden Klärung der Rechtsfrage, ob für einen Arbeitnehmer mangels Kenntnis der Rechtslage die Gefahr besteht, dass er das Wettbewerbsverbot für verbindlich hält und sich bei seiner neuen beruflichen Orientierung auch danach richtet, obwohl er im Ergebnis gar keinen Entschädigungsanspruch beanspruchen kann (vgl. hierzu auch – dies offen lassend – BAG v. 18.01.2000 – 9 AZR 929/98, juris, sowie Buchner , Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, 2. Auflage 1995, Abschnitt C Tz 285ff.). Denn insoweit hat der Kläger selbst vorgetragen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Unverbindlichkeit des Verbots ausgegangen zu sein. Für das Ausschlagen einer potenziellen Stelle bei einem Mitbewerber der Beklagten noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Begründung, sich an das Wettbewerbsverbot gebunden zu fühlen, fehlt dagegen, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, jeder Sachvortrag.

dd) Ein Entschädigungsanspruch des Klägers scheitert schließlich auch an der fehlenden Vereinbarung einer Karenzentschädigung. Nach der vom nunmehr für Wettbewerbsverbote allein zuständigen Neunten Senat im Urteil vom 18.01.200 (9 AZR 929/98 – juris) bestätigten ständigen Rechtsprechung des BAG ist ein Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung nichtig (a.a.O., Tz 10). Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können daraus Rechte herleiten. Ein Wahlrecht des Arbeitnehmers, sich an ein entschädigungslos vereinbartes Wettbewerbsverbot zu halten, mache keinen Sinn (a.a.0. Tz 12).

II. Mangels Anspruchs auf eine Karenzentschädigung, sind auch die – mit den gemäß §§ 64 VI 1 ArbGG, 533 ZPO zulässigen – Klageerweiterungen geltend gemachten Ansprüche unbegründet.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 97 I ZPO.

IV. Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Die Berufungskammer folgt der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die rechtlichen Erwägungen, auf denen das Urteil beruht, haben keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 72 II Nr. 1 ArbGG.

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