LG Stuttgart, Az.: 4 S 93/16
Beschluss vom 30.05.2016
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 01.03.2016, Az. 9 C 6415/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.
Gründe
1. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wendet sich der Kläger dagegen, dass das Amtsgericht im angegriffenen Urteil seine Klage deshalb abgewiesen hat, weil es die Rechtsauffassung vertreten hat, vier Räder, die in einer zwar abgeschlossenen, aber insgesamt 15 unterschiedlichen Mietparteien zugänglichen Sammeltiefgarage ohne weitere Sicherung verwahrt werden, seien keine „unter Verschluss gehaltene Teile “ nach A.2.1.2 f AKB (Stand 02.09.2010).
Mit der Berufung verfolgt er seinen erstinstanzlichen Klagantrag, Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 808,21 € zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren, in vollem Umfang weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils ebenso Bezug genommen wie auf den Parteivortrag im Berufungsverfahren.
2. Die Berufung ist zwar zulässig, sie hat in der Sache jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und da auch die weiteren Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen, ist beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Kammerbeschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Die amtsgerichtliche Entscheidung, nach welcher der vom Kläger gegen die Beklagte, seine Vollkaskoversicherung, geltend gemachte Anspruch wegen Nichtvorliegens der für ein solchen Anspruch erforderlichen Voraussetzungen abgewiesen wurde, ist rechtsfehlerfrei.
Die gegen diese Entscheidung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
Soweit mit der Berufung eingewandt wird, das vom Amtsgericht zitierte Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg (2 C 1111/06 vom 05.09.2006) sei deshalb nicht einschlägig, weil dieser Entscheidung ein nicht vergleichbarer Sachverhalt, nämlich eine große Sammelgarage mit etwa 120 Stellplätzen, zugrunde lag, überzeugt nicht.
2.1. Nach A.2.1.2.1. f AKB, welche auf das streitgegenständliche Versicherungsverhältnis anwendbar sind, erstreckt sich der Versicherungsschutz auf einen zusätzlichen Satz Räder, wie vorliegend die vier Sommerräder, wenn sie nicht am Fahrzeug montiert sind nur dann, wenn diese „unter Verschluss“ verwahrt werden. Bei dieser AKB-Bestimmung handelt es sich um eine allgemeine Versicherungsbedingung, welche nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dies beachtend ist das Merkmal „unter Verschluss“, worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat, nicht schon dann erfüllt, wenn ein Rädersatz ohne eine besondere Wegnahmesicherung in einer abschließbaren Sammeltiefgarage verwahrt wird.
„Unter Verschluss“ bedeutet, dass der freie Zugriff auf die mitversicherten Teile durch besondere Schutzmaßnahmen verhindert wird, welche nur durch Einsatz eines besonderen Aufwands überwunden werden können. Die Tatsache, dass die Tiefgarage durch ein Außentor und nach innen durch eine nur mit Schlüssel zu öffnende Tür abgeschlossen ist, stellt keine solche Schutzmaßnahme dar. Anders als bei einer Verwahrung in einer nur vom Versicherungsnehmer und seinen Angehörigen genutzten Garage, zu welcher auch nur er und diese ihm alle persönlich bekannten Personen Zugang haben, kann von einer Verwahrung „unter Verschluss“ schon dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Anzahl der Mitnutzer derselben Sammelgarage, wie vorliegend, jedenfalls 15 unterschiedliche Parteien sind, welche insgesamt 24 Stellplätze belegen. Es mag sein, wie der Kläger vorträgt, dass er die anderen Stellplatzmieter persönlich kennt. Darauf kommt es aber bei dieser Anzahl von Personen nicht an, weil zum einen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die anderen Mitmieter nicht einmal untereinander alle persönlich kennen und zudem davon auszugehen ist, dass nicht nur jeweils der Mieter, sondern auch andere von diesem mit einem Schlüssel versehene Personen Zugang zur Tiefgarage haben können, so dass auch der Kreis der berechtigten Nutzer schon größer ist als die dem Kläger bekannte Personengruppe. Dies hat aber zur Folge, dass auch ein Nichtberechtigter in die Garage hineinkommen kann, weil er -wegen der Anonymität- die Berechtigung leicht vortäuschen und so sich auch ohne Schlüssel Zutritt verschaffen werden kann.
Der Kläger wird aufgefordert innerhalb der genannten Frist mitzuteilen, ob er, um weitere Kosten zu vermeiden, die Berufung zurücknehmen will.