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Kaskoversicherung – Berichtung von Falschangaben in der Schadensmeldung

LG Dortmund

Az: 2 O 245/09

Urteil vom 11.03.2010


Berichtigt ein Versicherungsnehmer Falschangaben in der Schadensanzeige bevor die Kaskoversicherung eine Leistungsentscheidung trifft, so ist die Versicherung nicht dazu berechtigt, die Versicherungsleistungen zu kürzen.

Während nach altem Recht ausreichend war, dass falsche Angaben generell geeignet waren, die Feststellungen über den Versicherungsfall oder die Leistungspflicht des Versicherers nachteilig zu beeinflussen, ist nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG n.F. nunmehr erforderlich, dass die Obliegenheitsverletzung Einfluss auf die Feststellungen des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers hat. Demnach fehlt es an der erforderlichen Kausalität, wenn der Versicherungsnehmer erfolglos auf den Versicherer einwirkt oder wenn der Versicherer noch vor seiner Leistung die Unrichtigkeit der Falschangaben bei Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles erkennt.


Die Beklagte wird verurteilt, an die ………….4.692,02 Euro (in Worten: viertausendsechshundertzweiundneunzig 02/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2009 sowie weitere 489,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.05.2009 an den Kläger zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 1/10 der Kläger und 9/10 die Beklagte nach einem Streitwert von 5.192,02 Euro.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger hat vor 2008 bei der Beklagten für seinen zunächst geleasten und später kreditfinanzierten BMW 540i eine Kaskoversicherung abgeschlossen, die für das Teilkaskorisiko eine Selbstbeteiligung von 150,00 Euro vorsieht und der die AKB Stand 01.10.2006 zugrunde lagen. Im November 2008 übersandte die Beklagte dem Kläger die Rechnung über die vierteljährlich zu zahlende Prämie ab dem 01.01.2009. Zugleich wies sie den Kläger darauf hin, dass das am 01.01.2008 in Kraft getretene neue VVG nach einer Übergangsfrist von einem Jahr ab dem 01.01.2009 auch auf seinen Vertrag Anwendung finde. Dieses Informationsschreiben enthielt eine Synopse derjenigen Regelungen der AKB 2006, die nicht mehr im Einklang mit den Vorschriften des VVG 2008 standen sowie der an das VVG 2008 angepassten Regelungen, insbesondere die alten und neuen Regelungen über Obliegenheitsverletzungen in § 7 AKB.

Am 14.01.2009 wurde das Fahrzeug des Klägers entwendet. Nach Anzeige des Versicherungsfalles übersandte die Beklagte die Schadensanzeige Kfz-Kasko-Diebstahl mit einer dem § 28 VVG entsprechenden Belehrung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung. Die Belehrung war der Schadensanzeige beigefügt und wie diese vom Kläger zu unterschreiben. In der Schadensanzeige vom 21.01.2009 beantwortete der Kläger die Frage, ob das Fahrzeug zum Betriebsvermögen gehört, mit nein. Auf Nachfrage der Beklagten vom 10.02.2009, ob er selbstständig oder angestellt tätig sei und seit wann das Fahrzeug nicht mehr zum Betriebsvermögen gehöre, gab der Kläger dann an, dass er selbstständig als freier Handelsvertreter tätig sei und der Kreditvertrag bei der Steuer berücksichtigt werde.

In der Schadensanzeige gab er ferner zwei Vorunfälle an, einen davon im Jahre 2005. Als die Beklagte ihm einen Unfall aus 2004 vorhielt, teilte er mit, dass er sich im Jahr geirrt habe und der für 2005 angegebene Unfall tatsächlich 2004 stattgefunden habe. Die Beklagte ließ das Fahrzeug bewerten mit einem Wiederbeschaffungswert von netto 10.042,02 Euro. Mit Abrechnungsschreiben vom 11.03.2009 anerkannte die Beklagte ihre Eintrittspflicht für den Versicherungsfall vom 14.01.2009. Die Fahrzeugbewertung korrigierte sie wegen eines bei der Bewertung nicht berücksichtigten Ölverlustes des Motors durch die Ventildeckeldichtung um 500,00 Euro nach unten und setzte die Entschädigung unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung auf gerundet 9.400,00 Euro fest. Sodann kürzte sie ihre Leistungspflicht wegen Falschangaben zum Betriebsvermögen und wegen Gefahrerhöhung durch dauerhafte Belastung des Kfz-Scheins im Fahrzeug um 50 % und zahlte 4.700,00 Euro an die kreditierende Bank. Nachdem diese den Kläger ermächtigt hat, vermeintliche weitere Entschädigungsleistung in eigenem Namen und für eigene Rechnung geltend zu machen, verlangt der Kläger Zahlung weiterer 5.192,02 Euro.

Er wehrt sich gegen die Korrektur der von der Beklagten selbst vorgenommenen Fahrzeugbewertung und verweist darauf, dass es sich bei dem festgestellten Motorölverlust um ein unbedeutendes Motorschwitzen gehandelt habe. Die Gefahrerhöhung bestreitet er und behauptet dazu, dass er den Kfz-Schein in seiner Geldbörse gehabt habe, die er erstmals im Auto vergessen habe, so dass auch diese samt Kfz-Schein mit entwendet worden sei. Hinsichtlich der Obliegenheitsverletzung macht er geltend, dass er den Sinn der Frage, ob das Fahrzeug zum Betriebsvermögen gehöre nicht richtig erfasst habe und dass er die für die zutreffende Beantwortung der Frage erforderlichen Fakten auf Nachfrage sofort offengelegt habe.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die …………….5.192,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.04.2009 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Verzugsfolgen in Höhe von 546,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.05.2009 gemäß § 286 BGB zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer vorgerichtlichen Leistungsentscheidung fest und meint, dass sogar eine Leistungskürzung von 70 % gerechtfertigt sei. Sie wirft dem Kläger nunmehr eine weitere Obliegenheitsverletzung vor, weil er den Unfallschaden aus dem Jahre 2004 nicht angegeben habe. Zur Gefahrerhöhung behauptet sie, dass der Kläger den Kfz-Schein ständig im Pkw belassen habe, damit seine Lebensgefährtin ständig auf das Fahrzeug zurückgreifen konnte.

Das Gericht hat den Kläger zu seinen Angaben in der Schadensanzeige angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11. März 2010, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 1 VVG, 13 AKB Ersatz des bedingungsgemäßen Schadens verlangen, der ihm durch die unstreitige Entwendung seines bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs entstanden ist. Die Beklagte ist nicht berechtigt, ihre Leistung wegen Gefahrerhöhung oder Obliegenheitsverletzung zu kürzen.

I.

Auf den Versicherungsfall findet das VVG 2008 Anwendung. Zwar ist der streitgegenständliche Versicherungsvertrag vor dem 01.01.2008 abgeschlossen worden. Da jedoch der Versicherungsfall nach dem 31.12.2008 eingetreten ist, findet nach dieser einjährigen Übergangsfrist auf den Altvertrag auch das neue VVG Anwendung, da die Voraussetzungen der Ausnahmen für die Geltung des VVG 2008 auf Altverträge nach Artikel 1 Abs. 1 und Abs. 2 EGVVG nicht (mehr) vorliegen.

II.

Die Beklagte ist nicht berechtigt, gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 VVG wegen einer grob fahrlässig herbeigeführten Gefahrerhöhung durch Zurücklassen des Fahrzeugscheins im später entwendeten Fahrzeug eine Leistungskürzung vorzunehmen, da das Zurücklassen des Fahrzeugscheins im Fahrzeug bereits keine Gefahrerhöhung darstellt; bei Annahme einer solchen der Kläger jedenfalls nicht grob fahrlässig gehandelt hat.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass die Verwahrung eines Kfz-Scheins im Fahrzeug eine erhebliche Gefahrerhöhung darstellt, selbst wenn der Kläger seinen Fahrzeugschein entsprechend der Behauptung der Beklagten und gegen die Einlassung des Klägers nicht nur einmalig, sondern dauerhaft in seinem Kfz belassen haben sollte, um seiner Lebensgefährtin die jederzeitige Nutzungsmöglichkeit seines Fahrzeugs zu erleichtern. Allerdings kann sich die Beklagte mit ihrer Auffassung auf OLG Celle VersR 2008, 545 stützen. Zur Begründung hat das Gericht dort ausgeführt, dass für den Dieb, der im Besitz des Kfz-Scheins sei, die Grenzüberschreitung erleichtert werde gerade während der Zeit unmittelbar nach der Entwendung, wenn nach dem entwendeten Pkw verstärkt gefahndet wird. Für den Täter sei es generell insbesondere aber beim Grenzübertritt von Vorteil, wenn er sich durch Vorzeigen des Kfz-Scheins als scheinbar berechtigter Fahrzeugführer ausweisen kann. Außerdem brauche er für eine etwa geplante Veräußerung (nur) noch den Kfz-Brief zu fälschen bzw. könne er gegenüber dem Erwerber eher behaupten, den Brief verloren zu haben und erwecke weniger oder gar kein Misstrauen, wenn er wenigstens eines der beiden Originalfahrzeugpapiere vorweisen könne. Deshalb erscheine es aus Sicht eines Täters, der sich Zugang zu einem Pkw verschafft hat, jedenfalls „praktisch“, wenn er beim Durchsuchen des Fahrzeugs den Kfz-Schein findet. Dies könne durchaus erst den Diebstahlvorsatz hervorrufen, wenn der Täter es bisher nur auf Wertsachen im Pkw abgesehen habe und das Fahrzeug selbst zunächst nicht habe entwenden wollen. Diese Entwendung würde ihm erleichtert, insbesondere wenn er über die technischen Fertigkeiten und die erforderliche Ausstattung zur Deaktivierung der elektronischen Wegfahrsperre verfüge, mit der moderne Fahrzeuge inzwischen versehen sind.

Diese Argumentation hält das erkennende Gericht für nicht überzeugend. Es ist selbst als Versicherungskammer ständig mit der versicherungsrechtlichen Abwicklung von Fahrzeugentwendungen in der Kaskoversicherung beschäftigt. Nur in einem Bruchteil dieser Entwendungsfälle spielt ein im Fahrzeug zurückgelassener Kfz-Schein eine Rolle. Die ganz überwiegende Anzahl der Fahrzeugentwendungen geschieht, ohne dass der Fahrzeugschein im Fahrzeug zurückgelassen worden ist. Diese Erkenntnis zeigt, dass gestohlene Fahrzeuge in aller Regel weggeschafft, bearbeitet und mit neuen Fabrikationskennzeichen und gefälschten Fahrzeugpapieren versehen und damit gegebenenfalls auch über die Grenze geschafft werden. Der Originalfahrzeugschein bzw. das Fehlen desselben spielt für die Entwendung selbst wie auch für die Verwertung des gestohlenen Fahrzeugs keine, jedenfalls keine wesentliche Rolle, so dass das Zurücklassen des Kfz-Scheins im Allgemeinen nicht als entscheidende Herabsetzung des bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Sicherheitsstandards angesehen werden kann (OLG Bamberg VersR 1996, 969; Maier, Juris Praxisreport – Versicherungsrecht 6/2007 Anmerkung 1).

Jedenfalls kann unter diesen Umständen die Belassung des Kfz-Scheins im Fahrzeug nicht als grob fahrlässig gewertet werden. Denn grob fahrlässig handelt nur, wer die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten zu berücksichtigenden Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Zu diesem besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt muss der Vorwurf eines subjektiven nicht entschuldbaren Verhaltens hinzukommen, das erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgeht. Wenn aber der Kfz-Schein nur in einer verschwindend geringen Anzahl der Entwendungsfälle überhaupt eine Rolle spielt, kann die Missachtung einer Sorgfaltspflicht, die dahin geht, den Fahrzeugschein beim Verlassen des Fahrzeugs mitzunehmen, nicht objektiv wie subjektiv derart gravierend sein, dass er das Verdikt der groben Fahrlässigkeit rechtfertigen könnte. Da gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zu Leistungskürzungen nur im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 VVG besteht, nicht hingegen aber bei einer nur leicht fahrlässig verursachten Gefahrerhöhung, steht der Beklagten jedenfalls aus diesem Grunde das von ihr beanspruchte Recht auf Leistungskürzung nicht zu.

III.

Die Beklagte ist ebenfalls nicht berechtigt, ihre Leistung wegen grob fahrlässiger Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG in einem der Schwere des Verschuldens des Klägers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

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1.

Allerdings wäre die Beklagte grundsätzlich berechtigt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Kürzung ihrer Leistung vorzunehmen. Denn einerseits hat sie ihre Versicherungsbedingungen, die in der ursprünglichen Fassung insoweit unwirksam waren, als sie mit der in Leistungsfreiheit bestehenden Rechtsfolge eine Obliegenheitsverletzung gegen den halb zwingenden -§ 32 VVG- § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG verstießen unter Beachtung der in Artikel 1 Abs. 3 EGVVG aufgestellten Voraussetzungen angepasst hat, indem sie einerseits mit Wirkung zum 01. Januar 2009 im November 2008 dem Kläger die geänderten Versicherungsbedingungen unter Kenntlichmachung der Unterschiede in Form einer Synopse in Textform mitgeteilt und andererseits den Kläger gemäß § 28 Abs. 4 VVG mit der Übersendung der Schadensanzeige in einem gesonderten Schriftstück inhaltlich zutreffend auf die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung hingewiesen hat.

2.

Jedoch liegen in materieller Hinsicht die Voraussetzungen nicht vor, die die Beklagte zur Leistungskürzung berechtigen könnten. a) Allerdings ist unter den Parteien nicht streitig, dass der Kläger in der Schadensanzeige vom 21.01.2009 die Frage nach der Zugehörigkeit des gestohlenen Fahrzeugs zum Betriebsvermögen objektiv unrichtig mit „Nein“ beantwortet hat, da er Kläger selbstständiger Kaufmann war und die Kosten des Fahrzeugs steuerlich geltend gemacht hat. Der Kläger hat auch den ihm nach § 28 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz VVG obliegenden Beweis nicht geführt, dass er die Obliegenheitsverletzung mit einem geringeren Verschuldensgrad als grobe Fahrlässigkeit begangen hat.

Die Leistungskürzungsbefugnis der Beklagten scheitert jedoch an § 28 Abs. 3 VVG, wonach abweichend von Abs. 2 der Versicherer zur Leistung verpflichtet ist, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger seine Falschangabe spätestens in schriftlicher Beantwortung des Schreibens der Beklagten vom 10.02.2009 berichtigt hat, indem er auf seine selbstständige Tätigkeit als freier Handelsvertreter hingewiesen und die Berücksichtigung der Kreditraten für den Ankauf des Fahrzeugs bei der Steuer offengelegt hat. Diese noch vor Leistungsentscheidung der Beklagten erfolgte Berichtigung der Falschangabe verhinderte einen Einfluss derselben auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten, so dass der Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz VVG unstreitig ist. Denn bei der in dieser Vorschrift geregelten Kausalität handelt es sich im Gegensatz zum alten Recht um eine rein objektive Kausalität. Während nach altem Recht ausreichend war, dass falsche Angaben generell geeignet waren, die Feststellungen über den Versicherungsfall oder die Leistungspflicht des Versicherers nachteilig zu beeinflussen, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG nunmehr erforderlich, dass die Obliegenheitsverletzung Einfluss auf die Feststellungen des Versicherungsfalles oder die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers hat. Demnach fehlt es an der erforderlichen Kausalität, wenn der Versicherungsnehmer erfolglos auf den Versicherer einwirkt (Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, § 28 Rdnr. 84) oder wenn der Versicherer noch vor seiner Leistung die Unrichtigkeit der Falschangaben bei Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles erkennt (Marlow in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Auflage § 13 Rdnr. 147; Marlow/Spuhl, Das neue VVG Kompakt 3. Auflage Seite 107). Damit ist auch der bisherigen Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Berichtigung von Falschangaben eine neue, geänderte Grundlage gegeben (Wandt in Münchener Kommentar zum VVG, § 28 Rdnr. 273; Felsch in HK-VVG, § 28 Rdnr. 204). Während nach der bisherigen Rechtsprechung eine nachträgliche Berichtigung von Falschangaben bereits dann nicht mehr beachtlich war, wenn die Berichtigung den Versicherer erreichte, nachdem der zuständige Mitarbeiter auf der Grundlage der vorrangegangenen unrichtigen Angabe bereits in die Sachprüfung eingetreten war (BGH VersR 2002, 173; Felsch a.a.O.), bleibt unter Geltung des VVG 2008 wegen der objektiv erforderlichen Kausalität einer Falschangabe die Möglichkeit eröffnet, bei Erfüllung einer nach dem Versicherungsfall aufgegebenen Obliegenheit ohne richtige Angaben bis zur Leistungsentscheidung des Versicherers zu korrigieren, ohne dass dies nachteiligen Einfluss auf die Leistungspflicht des Versicherers hat (Rixecker, zfs 2009, 463, Anmerkung zu BGH vom 04.05.2009 – IV ZR 62/07; Wandt, a.a.O. § 28 Rdnr. 297). Es kommt nunmehr auch nicht mehr darauf an, ob die Berichtigung der Falschangaben freiwillig oder unfreiwillig gewesen ist, da die Frage der Freiwilligkeit/Unfreiwilligkeit ohne Bedeutung für die rein objektiv zu beurteilende Kausalität ist (anderer Auffassung offenbar Felsch a.a.O., der eine „unverzüglich und freiwillig“ vorgenommene Korrektur fordert). Allerdings wäre die Beklagte trotz fehlender Kausalität der vom Kläger gemachten Falschangabe nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG an ihrem Leistungskürzungsrecht nicht gehindert, wenn der Kläger die Falschangabe arglistig gemacht hätte. Dies hat die Beklagte jedoch nicht bewiesen. Denn der Kläger hat bereits in einem Beiblatt zu der Schadensanzeige, in der er die Falschangabe hinsichtlich der Zugehörigkeit des entwendeten Fahrzeugs zum Betriebsvermögen gemacht hat angegeben, dass er von Beruf Kaufmann ist. Damit lag, da mit dem Begriff des Kaufmannes regelmäßig Selbstständigkeit in der Berufsausübung verbunden ist, die Unrichtigkeit der Angabe des Klägers zur Zugehörigkeit des Fahrzeugs zum Betriebsvermögen nicht fern. Dies hat auch die Beklagte so verstanden, weil sie beim Kläger nachgefragt hat, ob der Kläger selbstständiger oder angestellter Kaufmann ist. Daraufhin hat der Kläger den Sachverhalt richtig gestellt, nach seinen Angaben bereits in einem Telefongespräch, unstreitig aber mit der schriftlichen Beantwortung des Schreibens der Beklagten vom 10.02.2009. Bei seiner Anhörung vor dem erkennenden Gericht hat der Kläger hinsichtlich der unstreitigen Falschangabe erläutert, dass er diese infolge einer unrichtigen Einschätzung gemacht hat. Denn er hat in den letzten Jahren vor dem Versicherungsfall die Kosten für Anschaffung und Unterhalt des Fahrzeugs steuerlich nicht mehr geltend gemacht, weil er über keinerlei Einkünfte mehr verfügt hat. Daraus hat der Kläger – wie er dargelegt hat – den Schluss gezogen, dass eine Betriebszugehörigkeit des Fahrzeugs nicht mehr vorgelegen hat. Er hat weiter dargelegt, dass er nach Rücksprache mit dem Sachbearbeiter der Beklagten erfahren hat, dass diese Einschätzung unrichtig sei und dann sofort eingeräumt habe, dass bei der ursprünglich vorgenommenen steuerlichen Berücksichtigung der Kreditkosten von einer Betriebszugehörigkeit des entwendeten Fahrzeugs auszugehen sei. In Anbetracht dieser von der Beklagten nicht widerlegten Angaben des Klägers vermag das Gericht dessen Arglist nicht festzustellen, die erfordert, dass der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben zumindest für möglich gehalten und auch den Willen gehabt hat, auf die Regulierungsentscheidung der Beklagten Einfluss zu nehmen. Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken (BGH VersR 2009, 968). b) Auch die objektive Falschangabe zu einem Vorunfall, den der Kläger in das Jahr 2005 gelegt hat, obwohl er sich tatsächlich im Jahre 2004 ereignet hatte, berechtigt die Beklagte nicht zur Leistungskürzung. Denn zum einen liegt hier ein Versehen des Klägers vor, das allenfalls den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit rechtfertigt, was unter Geltung des VVG 2008 generell folgenlos bleibt und zum anderen fehlt es auch hier an der Kausalität der Falschangabe für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten, da der Kläger auch diese Angabe auf den Vorhalt der Beklagten berichtigt hat.

IV.

Dem Kläger steht demnach die ungekürzte bedingungsgemäße Versicherungsleistung zu. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs beträgt nach den eigenen Feststellungen der Beklagten netto 10.042,02 Euro. Dieser Betrag ist um den nicht berücksichtigten Ölverlust des Motors um 500,00 Euro nach unten zu berichtigen. Es liegt insoweit ein die Wertbildung beeinflussender Mangel vor, selbst wenn es sich – wie der Kläger formuliert – um ein Motorschwitzen gehandelt haben sollte. Ein Motorölverlust egal welchen Ausmaßes führt zu einer Verringerung des Wiederbeschaffungswertes, den das Gericht mit 500,00 Euro annimmt. Da von der Versicherungsleistung ferner die Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 Euro in Abzug zu bringen war, beträgt die Entschädigungsleistung der Beklagten 9.392,02 Euro, auf die sie bereits 4.700,00 Euro gezahlt hat, so dass eine Restforderung von 4.692,02 Euro verbleibt, die das Gericht dem Kläger zugesprochen hat.

V.

Die vorgerichtlichen Anwaltskosten kann der Kläger aus dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen, da die Prozessbevollmächtigten des Klägers erst nach Leistungsablehnung eingeschaltet worden sind. Die Forderung war der Höhe nach insoweit zu korrigieren, als das Gericht einen Gegenstandswert von bis zu 5.000,00 Euro zugrunde gelegt hat.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und deren Abwendung auf §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.

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